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Nm Geld und Geldeswert. Nomnu von M. Widdern. — (Nachdruck verboten.) Fortsetzung. Und das um so furchtloser, als auch die Toilette der Toten ziemlich genau zu der Beschreibung Paßte, die wir von dein Anzng Lillis gemacht, als wir öffentlich in den Blättern nach ihren letzten Resten forschen ließen. Ueb- rigens weiß ich jetzt auch, wer die Fremde gewesen." „Du weißt es?" fragte Katharina atemlos. ' Er nickte. „Signora Maria Caronetti — eine unglückliche — gänzlich alleinstehende Person. Keine Seele interessiert sich für sie und keine Seele denkt daran, nach ihrer Leiche zu forschen, da niemand Lust hat, die Begräbniskosten zu tragen. Daß sie den Tod gesucht, weiß man in dem Dorf, in welchem sie lebte. Signora hinterließ natürlich ein Schreiben, worin sie die Absicht anssprach, ihrem Dasein in den Fluten des T—stroms ein Ende zu machen, weil ihr jedes Existenzmittel fehlte. Damit begnügte man sich vollständig. Katharina atmete tief auf. „Du nimmst mir einen Stein vom Herzen, Guido," sagte sie danu: „Und doch werde ich mich vollkommen beruhigt erst dann fühlen, wenn wir mit unserem Reichtum auf dem Ozeau schwimme», um uns in Adelaide eine neue Heimat zu schaffen." Guido zuckte die Achseln, dann sagte er: „Eh ich's vergesse, Herz, ich habe Alfred gestern geschrieben, er möge sich sobald als möglich ein- schiffen, um uns ans australischem Boden empfangen zu können. — Haha —" lachte er Plötzlich höhnisch auf, wenn der alte Senator wüßte, in welche Hände seine Million nun doch noch kommt. Meinst Du nicht auch, Schatz, daß er sich in seinem Grabe um wenden würde? — Doch still, ich höre Schritte ans dem Flur. Die liebenswürdige Mamsell schickt uns jedenfalls das Abendessen. Schnell die Trauermiene angelegt, Schatz! Vergiß auch nicht, daß wir hier bis zum letzten Augenblick Geschwister sein müssen." Keine irdische Gerechtigkeit vermag den Ver brecher schwerer zu strafen, als die Reue, wenn er nicht eine so gänzlich verrohte Natur ist, daß das Gewissen in ihm bereits erstickt worden ist. Katha rina empfand die Wahrheit dieser Behauptung, empfand sie jetzt um so furchtbarer, da sie wieder in dem Hause lebte, in welchem Lilli sie barmherzig aufgenommen. Ueberall verfolgte sie das süße Ge sichtchen der jungen Witwe. Und des Nachts, wenn sie sich ruhelos in ihrem Bett nmherwarf, glaubte sie in jeder dunklen Zimmerecke die Gestalt der Unglücklichen zu sehen, welche ihr Grab in den Fluten gefunden. Was hätte sie darum gegeben, wenn sie um diese Zeit ein lebendes Wesen um sich gehabt? Aber da ihr wahres Verhältnis zu Guido der Welt ein Geheimniß bleiben mußte, durfte sie gerade ihren natürlichen Schützer nicht in ihrer nächsten Nähe behalten. Andrerseits hätte es be fremdet, wenn sie eines der Dienstmädchen mit hinauf in ihre Wohnung genommen haben würde. Und doch war dieses Alleinsein so entsetzlich — so grauenhaft. Dw andauernde Schlaflosigkeit während der Nächte — die Seeleugualen, welche Katharina marterten — gaben ihr schnell ein durchaus verändertes Aussehen, während Guido der alte blieb, aber auch die Rolle des trauernden Bräuti gams mit einer Natürlichkeit spielte, um die ihn der beste Schauspieler hätte beneiden müssen. Dennoch verging auch ihm die Zeit in kaum erträg licher Langsamkeit, daß er keinerlei Beschäftigung hatte und nicht die innere Ruhe besaß, nm sich etwa durch Lektüre zu zerstreuen. Trotz alledem mußte sich aber doch Stunde au Stunde reihen, und der Tag der Testamentöeröffnung kam. Was er ihnen bringen würde, wußte das ver brecherische Paar, und doch klopften ihre Herzen fast zum Zerspringen, als mau ihnen in aller Feierlich keit verkündete, daß sie — die Universalerben der Witwe Lilli Vormissen seien — und nur die Ver pflichtung übernehmen müßte», verschiedene Legate an näher bezeichnete Personen, unter denen sich auch die Diener und die Dienerinnen des Hauses Vormisseu befanden, auszubezahlen. „Und dann — dann?" Die Siegel in denr Patrizierhanse waren abge nommen und die beiden Erben durften wieder alle die schönen stattlichen Räume betreten, in denen Lilli so glücklich gewesen. Mit zitternden Hände» öffnete Guido nun das eiserne Geldspind und die Silber schränke, sperrte er jede» Behälter auf, in dem er Gegenstände von Wert wähnte. Dau» aber schwelgten die Elen den im Anschanen der prachtvolle» Gold- und Silber gefäße, der köstlichen Juwelen, mit denen der alte Senator sein junges Weib beschenkt, ohne daß Lilli je Freude daran gefunden Hütte, sich mit diesen Colliers und Armbändern, diesen Ketten, Ringen, Brocherr und Ohrgehängen zu schmücken. „Das ist jetzt alles Dem, Katharina," flüsterte Guido und seine Augen glühte». Dann setzte er leidenschaftlich hinzu: „Endlich findet Deine stolze Schönheit ihren passenden Nahmen, Geliebte! Endlich kann mein schönes junges Weib sich schmücken, wie es der Gattin eines Vormissen zukommt!" Fast entsetzt fuhr Katharina bei Nennung dieses Namens, den sie so lange verleugnet, in die Höhe. Angstvoll schaute sie nach der Thür, hinter welcher sich so leicht ein Lauscher bergen konnte. Und doch durfte es, um die Welt! Niemanderfahren, daß Guido ein Vormissen und der Name ein angenommener ge wesen, unter dessen Schutz die beiden sich in das Haus eingeschlichen. Hütte es sich doch sonst nie, nie für sie geöffnet, da Guido Niemand anders als der älteste jener beiden kurländischen Neffen war, die der alte Senator ein- für allemal der Hoffnung auf seinen Besitz beraubt hatte. So ganz gerecht handelte Herr Friedrich Vor- misscn in dieser Angelegenheit freilich seiner Zeit doch nicht. Die beiden Söhne seines leider zu früh ver- stoibeueu Bruders wäre» durch die Versprechungen des Senator« in dem feste» Glauben erzogen worden, daß sie dermaleinst die Erben einer Million sein würde». Es war »u» selbstverständlich, daß sie sich da nicht bejonders erfreut fühlen konnten, als der grese Onkel ihnen plötzlich die Mitteilung zugehen ließ, sie möchten ihre Ansprüche auf die Zukunft herabsetzen, da er ge dächte, sich binnen kurzem — zu vermählen. Wenn es nun auch keine Entschuldignnd ver dient, daß Guido und Alfred jetzt Himmel und Hölle in Bewegung setzte», um dem Senator das späte Heiraten zu verleiden, so war es doch rein menschlich gehandelt und verdiente nicht ganz die harte! Strafe, welche Herr Friedrich Vormissen seinen Neffe» zuerkannt, indem er sie vollständig ent erbte. Die Gewißheit, daß alle ihre Anstrengungen nutzlos gewesen und der Oheim wirklich diese kleine Ladeumamsell ans Kosten seiner gesetzlichen Erben zur Millionärin gemacht, raubte Gnido und Alfred fast den Verstand. Sie waren keine geborenen Ver brecher und doch brachte sie der jähe Zusammensturz all' ihrer Hoffnungen schließlich zu dem sündhaften Gedanken, sich auf irgend welche unerlaubte Weise doch noch in den Besitz des Vermögens zu setzen, das ihnen durch Lilli geraubt worden war. Zufällig wohnte nun in L—feld ein altes Fräulein, welches mit Katharina, der Gattin des älteste» Vormisse» verwandt war. Sie diente den kurländischen Brüdern zur Spionin und widmete sich ganz der Aufgabe, Haus Vormissen auf das Aufmerksamste zu beobachte». Als nun der Sena tor gestorben war und der Prozeß, in welchem die Neffe» des Testaments ihres Oiikels angefochten — z» Gunsten der Beklagte» entschiede» war, schrieb das Fräulein an Guido, mid machte ihm den Vorschlag, seine jnnge Fran nach L—feld zu senden. Sie würde dann Sorge» dafür trage», daß Katharina, imtürlich unter einem angenommenen Namen, in das Hans der Witwe Varmissen käme, um dort für Gatten und Schwager wirken zu können. Guido willigte in diese» Vorschlag »nd ließ ihn das Fundament sein, auf dem er seine ver brecherischen Pläne baute. Katharina fügte sich aber nur mit Widerstreben de» Beschlüsse» ihres Gatte». Sie war im Grunde genommen keine verderbte Natnr. Aber sie stand ganz und gar unter der Herrschaft ihres Gemahls, der sie aus der zur Bettlerin herabgewürdige» Tochter eines gänzlich heruntergekommene» Mensche» zu seiner Fra» gemacht_.hatte. Die Dankbarkeit und eine wahr- Haft leidenschaftliche Liebe für Guido zwang sie zu blindem Gehorsam. Mit gefälschten Papieren trat sie dann ihre Reise an. In L—feld angekommen fand sie zu ihrem Schreck das alte Fräulein nicht mehr am Leben. Da sie aber thatsüchlich ihrer Börse be raubt wordeu war und ihre Effekten »och nicht zur Stelle waren, so befand sie sich augenblicklich i» der fürchterlichsten Verlegenheit. Es war inzwischen später Abend geworden und so beschloß das junge Weib, gestützt auf die Mitteilungen ihrer verstorbenen Verwandten, von dem gutmütigeii Charakter Lilli Varmissens, unter irgend welchem Vorwand die Mild herzigkeit der Senatorin in Anspruch zu nehmen. Gerade als sie das Haus der junge» Witwe erreichte, traten zwei Personen ans der Thür. Sie sprachen eifrig miteinander — und aus ihren Worten hörte die Lauscherin heraus, daß sie bei der Wirtschafterin der Senatorin zum Besuch gewesen und mit derselben ungestört ei» halbes Stündchen verplaudert hätte», da die junge Herrin der ersteren zu einer Gesellschaft gefahren sei. — — — „Nun aber war es auch die höchste Zeit, daß wir uns drückten!" meinte eine der Frauen. „Jedeu- salls kommt die Gnädige bald nach Hause. Dan» aber hat Marianne keine Zeit mehr, sich um ihre Gäste zu kümmern." Also Lilli Vormisse» war nicht daheim! Katha rina war erschrocken. Nur einen Augenblick jedoch — und sie nickte mit dem Kopf: „Vielleicht ist es gerade so am besten," dachte sie sich und faßte sofort einen neuen Plan. Fest in ihren pelzgefütterten Sammctmantel gehüllt, hockte sie sich nun in eine Ecke des Portals und beschloß, auf die junge Haus herrin zu warten. Es war freilich bitter kalt, aber auch ihre kleinen Füßchen steckten in gar warmen Pelz stiefelchen und auch sonst war sie mit einer Kleidung versehen, die sie, vorläufig wenigstens, die harte Tem peratur wenig empfinden ließ. Dagegen hatte die weite Reise — die Aufregung, welche ihr gefolgt — einen hohen Grad von Müdigkeit in der Abenteurerin erzeugt, daß sie, kaum in ihre Ecke gedrückt, auch schon einschlief. Was dann folgte, weiß der Leser bereits und wir wollen ihn nicht durch eine Wiederholung der Begebenheiten langweilen. Ueberdies müssen wir das Ehepaar Vormissen vor der Hand wieder sich selbst überlassen und einige Tage zurückgreifend, Doktor Willibald Grimani auf seiner Reise begleiten. I» einer Erregung die jeder Beschreibung spottete, fuhr der junge Arzt ohne Unterbrechung zwei Nächte und ebensoviel Tage hindurch, um nur so schnell als möglich dem Ruf zu folgen, welcher an ihn ergangen war. Dennoch aber schien die Zeit Blei an den Füßen zu habe» und es war ihm, als habe er eine halbe Ewigkeit durchlebt, als er endlich sein Ziel — ein kleines Städtchen in Mittelitalien erreichte. Trotzdem er in achtundvierzig Stunden kaum eine Minute Schlaf gehabt, ließ er sich doch auch jetzt nicht so viel Rast, um in ein Gasthaus zu gehen und eine Nacht hin durch der Ruhe zu Pflegen, sondern besorgte sich, ob gleich es bereis zehn Uhr des Abends war — mühe voll genug sofort ein Gefährt. Dasselbe sollte ihn ohne jeden Verzug nach dem Fischerdörfchen W. bringen, welches drei deutsche Meilen von der Bahn station entfernt lag. Der Besitzer des Wägelchens, welches der Doktor sich gemietet, war sein eigener Kutscher und da er durch aus als ein anständiger Mann erschien, so nahm Willibald nicht Anstand, sich mit ihm in eine Unter haltung einzulasse». Glücklicherweise war unser Doktor der italienischen Sprache ziemlich mächtig. Seine Pflegemutter halte in Roni das Licht der Welt er blickt und da auch sein Pflegevater italienischer Ab stammung gewesen, so hatten beide die schöne klang reiche Muttersprache mit Vorliebe gepflegt und sie auch ihrem Liebling gelehrt. — — Nachdem die Männer auf der einsamen Fahrt über allerlei gleichgiltige Dinge gesprochen, fragte Willi bald plötzlich: „Apropos, Lieber — ist Ihnen das Ziel unsrer Fahrt näher bekannt?" „Sie meinen das Fischeldörfchen W. — Signor?!" „O, gewiß! Aber viel zn holen ist da nicht", lachte der Gefragte. „Es besteht nur aus drei Ansiedlungen, die noch dazu so weit vou einander entfernt liegen, daß die Leutchen fast außer allem Verkehr mit ein ander leben." „Das ist mir bekannt." Doch noch eine Frage: „Hat Sie der Zufall vielleicht in W. mit einer Jutta Sorina bekannt gemacht? — Eine alte Frau meine ich, in deren Geist es nicht ganz richtig zu fein scheint." „Gewiß, gewiß, Signor —! Früher kam die unglückliche Person sogar oft in unsre Stadt — und da ich einen klciiien Kramladen habe — auch in mein Haus, um ihre Einkäufe zu besorgen. Sie ist ein gutmütiges Weib trotz mancher Eigentümlichkeiten. Deshalb läßt mail sie auch ungeschoren in ihrem kleine» Häuschen wohnen — ganz allein mit eiiiem fünfzehn jährigen Mädchen — der kleinen Babtiste — die ihre Enkelin ist — müssen Sie wissen. . . . Signor," setzte der Wagenführer »ach einer Weile fort — „die alte Julia war einst eine sehr glückliche Frau und eine be neidenswerte Mutter dazu, denn ihre Tochter Mar- garitha hieß „das schönste Mädchen" weit und breit." Noch ein halbes Kind, verheiratete sie sich mit einem stattlichen, reichen Burschen, einem Schiffer, wie Julias Gatte auch gewesen. Ein paar Jahre des Glücks folgten nun. Margaritha schenkte ihrem Mann ein Töchterchen, die kleine Babtista, über deren Geburt die Großmutter fast noch erfreuter war, als der junge Vater. Aber ich meine, Signor, die Seligkeit war aber wohl zu groß in dem kleinen Häuschen des jungen Schifferpaares, in welchem nnn auch die Alte wohnte, denn eines Tages verwandelte es sich in Schrecken und Entsetzen." „Die schöne Magaritha hatte ihren Mann hin aus auf de» Strom begleitet zum Fischfang. Bei gutem Wetter waren sie ausgefahre» — doch bald be wölkte sich der Himmel und ein Sturm erhob sich plötzlich, wie man seines Gleichen kaum erlebt. Die alte Julia, welche mit der kleinen Babtista allein in dem Schifferhäuschen zurückgeblieben, lag auf den Knieen und betete für ihre Lieben. Aber Stunde auf Stunde verging und Schwiegersohn und Tochter kehrten nicht heim." „Signor, der böse T-strom fordert viele Opfer und auch das jnnge Paar hatte er hinabgezogen in die Tiefe." — Seit dem Tage aber — an welchem man der alte» Julia die toten Kinder brachte, faßte sie der Irrsinn. Sie glaubte ihre Margaritha noch immer auf dem Strom und noch jetzt geht sie oft stunden lang am Ufer auf und nieder — weinend und weh klagend, daß ihre schöne Tochter noch gar nicht heim kehren wolle." (Fortsetzung folgt.) Redaktion, Druck und Berlag von Carl Matthes in L i ch t e n st e i n. AW Nr - Dieses B Bestellung die sehr ü! trautes ung durc hauptsüch' Wirtschaft des Stro das Vieh als Ersat wurde eil mittelt, den Wal! erhalten Mark, d darstellt. Publikum Ausführr und fürch wird fern Reichspos sundencn abgegebe: Fabrikan Fabrik«» ist eine s läums g bereits ei Ein gänz wandle i daselbst Augenunt Ur. Stoes „Erzgebir sich heran Staar" h gelang v Menschen seit 14 ' auf Koste Genesung Auge dür — L L Friede und bau Normalh die Arbei eingestellt Dienstag Dr so Gott stattfinde Alle dieser Fi zahlreich Ein, und Ver Des Ho