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Wagenklassen ein Zuschlag von */- Pf. für das Kilo meter zu bezahlen, wozu bei einer Rückfahrkarte vierter Klasse selbstverständlich noch die Klassendifferenz tritt. Al» Giltigkeitsdauer dieser Karten gilt die jetzt bei den preußischen Staatsbahnen eingesührte. 5) Für die unter allen Umständen beizubehaltenden zusammen stellbaren Rundreisehefte und festen Rundreisekarten wird die bisherige Preisermäßigung auch fernerhin gewährt. Dagegen bleibt es den Einzelverwal tungen überlassen, welche Ermäßigungen sie in be sonderen Fällen (z. B. für Saison- und Sonntags- fahrkarten) zugestehen wollen. — Man nimmt an, daß mit der allseitigen Durchführung dieser Vorschläge die Grenze der zulässigen Fahrpreisermäßigung erreicht sein und damit über den „Zonentarif in Deutschland" zur Tagesordnung übergegangen werden könne. — Der Allgemeine Deutsche Schulverein zur Erhaltung des Deutschtums im Auslande, Haupt leitung Berlin, veröffentlicht folgende Erklärung: „Die Auflösung des Wiener Schulvereins fürDeutsche" durch die Kaiserlich österreichische Regierung hat zu Mißverständnissen Anlaß gegeben, welche uns be stimmen, ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß der aufgelöste Verein, von dem früheren österreichischen Abgeordneten von Schönerer gegründet, mit dem „Allgemeinen Deutschen Schulverein zur Erhaltung des Deutschtums im Auslande" nichts gemein hatte, im Gegenteil dem österreichischen deutschen Schul verein, welcher gleiche Zwecke mit uns verfolgt, nur feindlich und hemmend entgegengetreten ist. Die Auflösung des Schönerer'schen sogenannten Schul vereins, welcher vorwiegend antisemitische Zwecke verfolgte, kann also für die Aufgaben unseres Schul vereins nur förderlich sein. Diese bestehen lediglich in der Unterstützung des bedrängten Deutschtums durch Erhaltung von Schulen und Lehrern undstverden von uns wie von dem befreundeten deutsch-öster reichischen Schulvereine ohne Unterschied der Religion und ohne politische Nebenzwecke satzungsmäßig ihrer Lösung zugeführt." — Der Ueberschuß, den der über ganz Deutsch land verbreitere Verband deutscher Handlungsgehülfen im letzten Jahre erzielt hat, beziffert sich auf 19,000 Mart. Nach Vorschlag des Vorstandes soll die Ver teilung wie nachstehend verzeichnet erfolgen: 5000 M. der Altersversorgungs- und Jnvaliditätükasse des Ver bandes, 5000 M. der Witwen- und Waisenkaffe, 5000 M. dem Fond zur Unterstützung bei Stellen losigkeit und 4000 M. dem Vcrbandsvermögen resp. Velriebsfond. — Ein französischer Arzt, vr. Motais, hat aus gedehnte Untersuchungen über die Vererbung der Kurz sichtigkeit angestellt und ist dabei zu folgenden Schlüssen gelangt, welche die allgemeine Beachtung verdienen: 1) Der erbliche Einfluß der Kurzsichtigkeit ist unleugbar. 2) Von 330 jungen Leuten ist sie bei 216 d. h. in 65 pCt. der Fälle nachweisbar erblich. 3) Die ver erbte Kurzsichtigkeit unterscheidet sich von der erworbenen durch ihr frühzeitigeres Auftreten, ihre schnellere Ent wickelung und ihre schwerere Erscheinung. Die Kurz sichtigkeit wird in 86 pCt. vom Vater auf die Tochter vererbt, von der Mutter auf den Sohn in 79 pCt. der Fälle. Die erbliche Uebertragung der Kurzsich tigkeit wird begünstigt durch den Aufenthalt in schlecht beleuchteten Räumen. Diese Thatsachen beweisen wieder einmal die Notwendigkeit einer strengen Hygiene für Kinder in Schule und Haus. — Recht günstig entwickelt sich, wie aus Berlin geschrieben wird, die Lage der sächsischen Textilin dustrie. Die Lebhaftigkeit des zeitigen Geschäftsganges hat auch die Preise beeinflußt, und die Fabrikanten D u n k e l! Erzählung von Friedrich Friedrich. . (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Wieder stand er fast auf demselben Punkte wie früher. Er hatte endlich Ruhe zu finden gehofft und aufs neue mußte er sinnen und forschen, um Beweise gegen Prell zu finden, weil man seiner Zeugenaussage nicht volles Gewicht beilegte, weil man an derselben zweifelte. Dieser unglückliche Fall, der ihn schon außerordentlich viel Mühe gemacht hatte, war für ihn zu einer Lebensfrage geworden. Wieder fehlt ihm jede Spur, die er hätte aufnehmen und verfolgen können. Auch Hellmann litt unter diesen Verhältnissen. Er war in das Försterhaus und in seine Stellung zurückgekehrt, er hatte sich von den erduldeten Qua len im Gefängnisse einigermaßen erholt, allein die Hoffnung, auf welche Paula ihn hatte Hinweisen lassen, war für ihn mehr und mehr gesunken. Die peinliche Ungewißheit über oiejSchuld oder Unschuld ihres Vormundes machte sie zögernd, aus weichend. Auch sie wurde ja durch diese ganzen Verhältnisse mitberührt. — Konnte sie dem Manne die Hand reichen, gegen dessen Unschuld sich schon wieder zweifelnde Stimmen erhoben, dessen künftiger Schwager, wie man jetzt offener und offener in der Stadt aussprach, nur aus Rache gegen ihren Vor mund und durch die reiche Belohnung, die der alte Berger ausgesetzt, getrieben war, so zu handeln. Hellmann war ihrem Herzen nicht gleichgiltig, sie selbst glaubte auch fest an seine Unschuld, allein sie müssen bei der Ausführung von Bestellungen vor sichtig sein, da sowohl die Garne wie Löhne noch immer im Steigen begriffen sind. Die Erhöhung der Preise für Seidengarne um 6 bis 8 Prozent zwingt die Fabrikanten, umständliche neue Berechnun gen der Herstellungskosten vorzunehmen und es ist nicht einmal anzunehmen, daß die Seilenpreise schon die höchste Stufe erreicht haben, weil die Scidenernte in Italien um 30 Prozent schlechter ist als diejenige des Vorjahres. In einigen Artikeln sind die Auf träge auch deshalb schwer auszuführen, weil es an eingeübten Arbeitern mangelt. In scharfem Kontrast damit stehen die aus den Kreisen der englischen Textil industrie laut werdenden Klagen. Infolge dauernden Darniederliegens des Geschäfts haben die Baumwoll spinnereien von Lancashire und der angrenzenden Grafschaften mit Beginn dieser Woche ihren Betrieb um die Hälfte reduziert und die Manufakturen dürften diesem Beispiele binnen Kurzem Nachfolgen müssen. — Zahlungseinstellung in der Textilbranche. Die Berliner Manufacturwarenfirma Blumenthal L Co. befindet sich in Zahlungs-Verlegenheit. Die Passiven betragen 175,000 Mark. Es sind schlesische, sächsische und süddeutsche Fabrikanten beteiligt. — Die sozialdemokratischen Führer Deutschlands und der Schweiz sollen die Absicht haben, im kom menden Herbst in Basel ihren Parteitag abzuhalten. Es werden u. a. Bebel und Liebknecht erwartet. Als Versammlungslokal soll die Burgvogteihalle in Aussicht genommen sein. — Dresden, 12. August. Der Kaiser von Oesterreich und Erzherzog Franz Ferdinand, welche vormittag neun Uhr mittelst Extrazuges in Nieder sedlitz eintrafen, wurden daselbst von König Albert, den Prinzen Georg, Friedrich August und Johann herzlichst begrüßt. Ein zahlreiches Publikum brachte begeisterte Hochrufe. Die Königin und Prinzeß Mathilde empfingen die hohen Besuchsgäste in Pill- nch. Daselbst fand Dejeuner in der Familie und Marschalltafel statt. — Waldenburg, 11. August. Der Königl. Regierungs-Assessor Freiherr v. Wöhrmann (Döbeln) traf gestern mittag gleichfalls zum Besuche am Fürstl. Hofe hier ein. — Culitzsch bei Zwickau, 12. August. Ver gangene Woche haben nachts Diebe den reichbesetzteu Teich eines hiesigen Gutsbesitzers abgelaffen und sämt liche Fische daraus gestohlen. Die Thater sind leider nicht bekannt. — Pößneck. Dieser Tage spielte hier eine Anzahl Knaben an leeren Spiritusfässern, die vor einer hier befindlichen Spritfabrik lagen. Einer der Knaben schoß mit einem Zündplätzchenpistol in das Spundloch eines Fasses, als gerade 3 Knaben auf demselben saßen. Die in dem Fasse befindlichen Gase entzündeten sich; das Faß explodierte und schleuderte die drei Knaben hoch in die Luft. Die Knaben kamen mit dem Schrecken und etwas Schmerz davon, während ein anderer in der Nähe spielender von den umherfliegenden Holzstücken am Kopf derartig verletzt wurde, daß die Wunden durch einen Arzt genäht werden mußten. Von den in die Luft geschleuderten Knaben fiel glücklicherweise keiner in das brennende Faß, alle glitten daran vorbei. — Von der sächsisch-bayrischen Grenze, 9. August. In welch großer Anzahl die Kreuzottern bei uns vorhanden sind, geht daraus hervor, daß der Gemeiudevorstand zu Tiefenbrunu laut Bekanntmachung der Königl. Amtshauptmannschaft zu Oelsnitz bereits 82 und der zu Untertriebet 75 Exemplare bezahlt hat. Wir sind aber auch erst neuerdings wieder zu der war nicht selbständig und entschlossen genug, um allen diesen Verhältnissen zum Trotz nur ihrem Herzen zu folgen. Öefters ging jetzt Körber zum Försterhause, um sich mit Hellmann über diese unvorhergesehene und bittere Wendung zu besprechen. Er war der einzige, mit dem er offen darüber sprach. Sein sonst so heiterer Sinn, der in den größten Beschwerden und Gefahren ausgehalten, hatte sich mehr und mehr verloren und einer bitteren Stimmung Platz ge macht. „Gieb Acht", sprach er mit bitterem Lachen zu Hellmann „es kommt zuletzt noch dahin, daß man mich in Verdacht hat, den jungen Berger erschossen zu haben und daß ich schließlich noch verhaftet werde. Ich würde mich jetzt nicht mehr so darüber wundern. Dieselben Menschen, die mir nach Prells Verhaftnng die Hand gedrückt, die meinen Scharfsinn gepriesen und mir Glück gewünscht haben, weichen mir aus und sehen mich mit Mißtrauen an. Es befremdet mich sogar, daß der Kriminalrichter noch keinen Arzt zu mir geschickt hat, um meine Augen unter suchen zu lassen, ob sie auch fähig sind, auf zwei Schritte Entfernung einen Menschen wie Prell zu erkennen." Vergebens suchte Hellmann ihn zu beruhigen. „Laß nur Freund," warf Körber damit ein. „Meine gute Laune hat mir dies alles verdorben, das gestehe ich ein, aber meine Ueberzeugung hat es nicht wankend gemacht, meinen Mut nicht ge beugt. Ich werde dies Geheimnis dennoch schließlich lösen — verlaß Dich darauf. Und dann werden alle wieder meinen Scharfsinn und meinen Mut Ueberzeugung gekommen, daß dieses Reptil schon wegen seiner Mordwut verdient ausgerottet zu werden. Ein Spaziergänger hörte im Walde ein Häschen quieken, er ging darauf zu und sah nun, wie sich eine Kreuzotter fest um das Häslein geschlungen hatte, um es zu erwürgen. Nachdem er die Kreuzotter ge tötet, nahm er das geängstigte Häschen mit und gab es in die nahe liegende Försterei in Pflege. Z Berlin, 12. August. Der Kaiser von Oester reich ist mit dem Erzherzog Franz Ferdinand nebst großem Gefolge nachmittags 5 Uhr 10 Minuten bei schönstem Wetter auf dem Tiergartenbahnhvfe einge troffen, empfangen vom Kaiser Wilhelm und sämt lichen Prinzen des königlichen Hauses. Anwesend waren ferner Fürst Bismarck, die Generalfeldmarschälle Graf Moltke und Graf Blumenthal, die gesamte Generalität, Graf Herbert Bismarck rc. Die Begrüß ung beider Kaiser war die herzlichste; beide Monarchen waren sichtlich bewegt. Die Ehrenwache präsentierte und die Musik spielte die österreichische Hymne. Nach dem Abschreiten der Ehrenwache und nachdem Kaiser Franz Josef die königlichen Prinzen, den Fürsten Bismarck und die übrigen Herren begrüßt, fuhren die Majestäten in offenem Vierspänner durch die spalier- blidenden Gardetruppen, von dem nach Tausenden zählenden Publikum enthusiastisch begrüßt. Im zweiten Wagen saßen Erzherzog Franz Ferdinand und Prinz Heinrich, in den weiteren Wagen folgten die königlichen Prinzen und Graf Kalnocky mit dem Generalstabschef Beck. Im Schloß präsentierte eine Ehrenwache des Kaiser Franz-Regiments. Nachdem die Front abge schritten war, defilierte die Truppe im Parademarsch. Die Begrüßung des kaiserlichen Gastes durch die Kaiserin und die Kaiserin-Großmutter fand in den oberen Gemächern statt. K Das große Los der preußischen Lotterie, Nr. 140 239, ist in die Wachtmann'sche Kollekte nach Osna brück gefallen. Es war ein Ersatzlos zur dritten Ziehung. Ein Viertellos wurde in Dissen, ein anderes Viertel in Quakenbrück, ein drittes Viertel von einem Osnabrücker Fabrikanten gespielt, während das letzte Viertel von verschiedenen Webern und Arbeitern des Stahlwerkes in Osnabrück gespielt ist. Z Die Angelegenheit des Fürsten Sulkowsky, dessen Ueberführung in eine Irrenanstalt seinerzeit so großes Aussehen erregte, ist jetzt unerwartet in ein ganz neues Stadium getreten. Herr Rechtsanwalt vr. Fr. Friedmann, als Bevollmächtigter des Fürsten Alfrev Sulkowsky, hatte den Antrag gestellt, daß Fürst Josef Sulkowsky aus der Privat-Jrrenanstalt in eine staatliche Anstalt überführt werden möge. Dieser Antrag hat viel Aussehen erregt, da man in demselben einen Angriff auf die Privat-Jrrenansialten erblickte. Dennoch hat kürzlich das Amtsgericht zu Bonn durch Beschluß angeordnet, daß der angeblich geisteskranke Fürst zur genauen Beobachtung in die Provinzial-Jrrenanstalt zu Bonn überführt würde. Nun herrscht wieder in der Presse ein lebhafter Streit; denn die Fürstin Ida Sulkowska, geb. Jäger, die Gattin und Vormünderin, wird in der Bonner Zeit ung als diejenige hingestellt, welche die Ueberführung veranlaßt habe. vr. Fr. Friedmann bezeichnet diese Angaben als unrichtig und glaubt, daß es hier ein fach heiße: „Abwarten." Die Zukunft wird die Verhältnisse klarlegen. 8 In der „Nordd. Allg. Ztg." widmet Ernst v. Wildenbruch dem Kaiser Franz Joseph ein äußerst sinniges Willkomm in poetischer Form, das folgenden Wortlaut hat: Du sprachst, o Herr: „Laß nicht die Cymbeln tönen Und nicht die Wimpeln flattern hoch am Mast, preisen. Aber sich selbst mögen sie es dann zu- fchreiben, wenn ich ihnen, so bald sie sich mir wieder nähern, ins Gesicht lache." Sobald erreichte er dies indeß nicht. Im Gegenteil wurde durch die Bemühungen der Phile- mons-Mitglieder die Stimmung in der Stadt fast mit jedem Tage mißlicher gegen ihn. Man sprach offen in den Restaurationen und Wirtshäusern, daß man die Freilassung Prells von dem Gerichte fordern wollte, denn es sei unerhört, einen solchen Ehrenmann nur auf das- ungewisse Zeugnis seines erklärten Feindes im Gefängnis sitzen zu lassen. Selbst derPolizeidirektor, der bis dahin Körbers Partei benommen hatte, weil er dessen Gewissen haftigkeit kannte und seine Fähigkeiten hoch schätzte, rief ihn eines Tages zu sich. „Die Stimmung der Stadt ist gegen Sie, Körber", sprach er. „Sie wissen, daß ich viel auf Sie halte, daß ich Ihrem Worte fest vertraue, allein ich kann dieser Stimmung nicht Einhalt thun. Sie setzen sich Meßt dem äußersten aus — ich werde auf Ihre Versetzung in eine andere Stadt — in die Residenz — ja, um Ihnen nicht wehe zu thun, auf Ihre Beförderung in eine höhere Stelle antragen." Das Blut wich bei diesen Worten aus Körbers Wangen. Dies hatte er nicht erwartet. „Herr Polizeidirektor", sprach er und seine Stimme bebte vor innerer Erregung. „Ich habe nie Furcht gekannt und fürchte auch die Stimmung in der Stadt gegen mich nicht und wenn sie aufs äußerste steigt. Ich bin in meinem Rechte und ich werde — ich kann deshalb nicht einen Schritt zurück weichen. Meine Ehre verlangt, daß ich hier bleibe.