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gewesen sind, welche von der gerade vor 25 Jahren gelegentlich der Hohensteiner Konferenz von dem da maligen Pastor Meuer in Callenberg bei Walden burg veranstalteten Ausstellung von kirchl. Geräten und Paramenten ausgegangen sind. — Hartenstein, 24. Juli. Am gestrigen Tage wurde im benachbarten Thierfelder Pfarrwalde ein weibliches Exemplar der Kreuzotter getötet, welches nicht weniger als 10 Junge im Leibe hatte. Dieselben waren bereits vollständig entwickelt und gaben, als sie herausgenommen worden, schon Lebenszeichen von sich. Man kann hiernach berechnen, wie stark die Vermehrung dieses gefährlichen Reptils in wenigen Jahren sein muß. Im öffentlichen Interesse wäre daher sehr zu wünschen, daß die Verfolgung desselben namentlich auch von feiten der Behörden ernstlich ins Auge gefaßt und vielleicht ein Preis auf jedes erlegte Exemplar gesetzt würde. Hierbei möge zugleich hingewiesen werden auf die Bestrebungen des Wanderlehrers Geuthe aus Volkmarsdorf bei Leipzig, welcher ebenso durch lehr reiche und interessante Vorträge, als durch persönliche Verfolgung der Kreuzotter in unserem engeren Vater lande sich ein großes Verdienst erwirbt. Vereinen und Schulanstalten können die genannten Vorträge nicht genug empfohlen werden. — Z w i ck a u, 24. Juli. Oeffentliche Verhand lung vor dem Königlichen Landgericht, Ferienstraf kammer II. Der Bergarbeiter Gottlob Knobus aus Neudörfel bei Ortmannsdorf, welcher am 23. Mai d. I. versucht hatte, verschiedene Bergarbeiter zum Unterlassen ihrer Arbeit auf dem Schachte „Vereinigt feld" zu bewegen, indem er sich ihnen entgegen und ihnen unter Fluch- und Schimpfreden „Prügel" in Aussicht stellte, wurde wegen Vergehens gegen Z 153 der Gewerbeordnung zu einer Gefängnisstrafe von 6 Wochen verurteilt. — Waldenburg, 24. Juli. Eine wohl seltene Ueberraschung wurde im Laufe des vormittags dem Schönburger Hof hierselbst zu teil. Ueber den Kirch platz sah man plötzlich einen feisten Rehbock gehetzt kommen, welcher, durch hinzukommende Personen ver scheucht, seinen Weg durch das offen stehende Fenster in die rechts befindliche Gaststube des Schönburger Hofes nahm und in dem dahinter befindlichen Zimmer erschöpft liegen blieb. Es sand sich, daß der Rehbock eine Schußwunde im Leibe hatte und außerdem an an einem Beine verletzt war. Durch den hinzukom menden fürstlichen Forstbeamten, welchem alsbald Meldung gemacht worden war, wurde der verirrte Waldbewohner abgcstochen. — Plauen i. V., 24. Juli. (12. Mitteldeutsches Bundesschießen.) Gestern abend 8 Uhr fand programm mäßig in der Festhalle auf dem Schützenplatz ein großes Concert statt, gegeben vom Plaucn'schen Sän gerbund unter Mitwirkung des Stadtorchesters. Der Vorsitzende des Sängerbundes, Herr Rechtsanwalt Hähnel, begrüßte die Schützen, welche mit Turnern und Sängern vereint ein einiges Vaterland erstrebt, und brachte ihnen ein Hoch aus, welches durch de» Bundesvorsitzenden, Herrn Trietschler erwidert wurde. Das Concert selbst kann in allen seinen Teilen als gelungen bezeichnet werden. Prächtig kam der „Fest gesang an die Künstler" von Mendelssohn zur Vor führung. Ergreifend wirkten die Schiller'schen Volks lieder: „Der Schweizer" und „Der Soldat." Freitag abend erfolgt ein zweites Concert. Prämien im Schießen erwarben sich: Zenker-Chemnitz, Glaß-Zwickau, Hintze - Ohrdruf, Säuberlich - Zwickau, Roch-Leipzig, Schneider-Schlettau, Dallinger-Braunschweig, Müller- Chemnitz, Reichardt-Arnstadt, Meyer-Lößnitz, Wolff- Parchwitz (2 Preise), Schmidt-Zwönitz, Zenker-Chemnitz, Hunger-Lößnitz, Hager-Oberkotzau, Kühnel-Chemnitz. Die Zahl der Ehrenpreise hat sich auf nahezu 100 erhöht, von denen der Markneukirchner jedenfalls am eigenartigsten ist: eine Violine mit Bogen und Futteral, Wert 150 Mark. — Eine nach Tausenden zählende Menschenmenge hatte sich heute abend auf dem Fest- Platze eingefunden, um das Schauspiel des großartigen Feuerwerks zu genießen. Einen überaus schönen An blick gewährte das zum Schluß stattfindende Bombar dement einer Stadt, welche letztere bei Rotfeuer als Ruine ein schauerlich-schönes Bild bot. — In verschiedenen Zeitungen liest man, die Festschrift zum Mitteldeutschen Bundesschießen in Plauen sei beschlagnahmt worden. Diese Mitteilung soll auf Irrtum beruhen. — Einen betrügerischen Spieltischinhaber auf dem Festplatze in Plauen erreichte am Sonntag nach mittag sehr bald die rächende Nemesis. Derselbe hatte eine das Publikum außerordentlich anziehende Vor richtung, eine um eine Mittelaxe balancierende Leiter. Der Mechanismus mochte aber infolge der Spieler gebnisse etwas verdächtig geworden sein. Wertgegen stände (Uhren und dergl ), die sogenannten „Lockvögel", konnten niemals gewonnen werden. Der Inhaber wurde zur Wache geführt, der verdächtige Tisch und sämtliche Waren auch dorthin gebracht. Unter der Wachsdecke des mit vielen sonstigen maschinellen Ein richtungen versehenen Tisches befand sich ein verborgener Knopf, mittels dessen der Betrüger den Ausfall des Spieles völlig beherrschte. Die Polizei gab sich Mühe, den einzigen Gewinner (?) einer Taschenuhr ausfindig zu machen, da sie wohl mit Recht behaupten konnte, daß er auch nur ein Komplize des Schwindlers ge wesen sei. — Reichenbach in der Oberlausitz bietet jungen Handlungsbeflissenen ein wahres Paradies. Ein dortiger Detailgeschüstsbesitzer erläßt nämlich in einem Görlitzer Blatte folgendes verlockende Gesuch: „Kommis-Gesuch. Für ein größeres Detailgeschäft wird ein junger Mann gesucht. Gehalt monatlich 30 Mark abzüglich 1 Mark für Stiefelputzen, vorzügliche Kost und Logis im Hause. Es wird nur auf eine erste Kraft reflektiert, welche, wenn es nötig, auch den Handwagen fährt. Bei zufriedenstellenden Lei stungen ist Erhöhung obigen Gehaltes nicht ausge- schivssen, auch wird bei eventueller Veränderung ein vorzügliches Zeugnis garantiert. Junge Leute, welche noch nicht ganz firm in Korrespondenz und Buchfüh rung sind, finden hier genügende Gelegenheit zur weiteren Ausbildung. Offerten beliebe man unter P. O. 27 postlagernd Reichenbach O/L. einzusenden." — Der Mörder Stöckigt aus Pausa ist am Mittwoch früh mit dem Zuge 7 Uhr 37 Minuten von Pausa durch zwei Transporteure von Planen abgeholt und in das Plauener Gerichtsgefängnis ein geliefert worden. Bei allen, welchen der Verbrecher zu Gesicht kam, gab sich eine tiefe Entrüstung über seine verabscheuungswürdige That kund. Stöckigt ist eine cingedrungene Gestalt mit verschmitzten Augen. tz Berlin, 25. Juli. Durch einen eigenartigen Unglücksfall wurden heute die Bewohner des Grund stücks Wassergasse 21 in große Aufregung versetzt. Im Hintergebäude des fast nur von Fabriken und Büreau- raumen eingenommenen großen Grundstücks befindet sich in den Parterre-Räumlichkeiten die Rohprodukten- handlnng von S. Cohn jun. Hier waren in den Vormittagsstunden zwei Arbeiter, beide — obgleich nicht mit einander verwandt — mit Namen Lehmann, da mit beschäftigt, Eisenvorräte zu sortieren und zu zer kleinern. Unter den Vorräten fanden sie eine alte Granate und begannen alsbald, in der Meinung, daß Dunkel! Erzählung von Friedrich Friedrich. Zg — (Nachdruck verbaten.! (Fortsetzung.) In dem Doktor zuckte es auf. „Thun Sie es nicht," warferein. „IhrWunsch trifft sie noch ganz unvorbereitet — ganz unerwartet. Lassen Sie mich Paula langsam darauf hinführen — ich bin ja ihr Vormund und habe nur ihr bestes im Auge. Es ist ihr Glück, wenn Sie sie als Kind zu sich nehmen und ich werde sie dahin bringen, daß sie gern und freudig zu Ihnen geht." Der alte Kaufmann» drückte dem Doktor die Hand. „Thun Sie es — thun Sie es," sprach er. „Das Leben hat ja nur noch diesen einen Wunsch mir übrig gelassen; ich möchte ihn gern erfüllt sehen, ehe ich scheide!" „Das sollen Sie," entgegnete Prell scheinbar mit der größten Ruhe und dennoch schritt er im Zimmer auf und ab, nm zu verbergen, was in ihm vorging. - Endlich blieb er vor dem Alten stehen. „Stellen Sie doch Paula eine Schenkungsurkunde über das Gut aus," sprach er. „Lassen Sie mich dieselbe ihr geben — es wird sie ergreifen und sie rühren und am schnellsten ihr Herz Ihnen zuführen!" Er blickte den greisen Kaufmann prüfend an. Dieser schüttelte ablehnend mit dem Kopfe. „Noch nicht!" sprach er. - „Erst muß sie bei mir sein — erst muß ich die Gewißheit haben, daß sie mir eine wirkliche Tochter wird. So schnell hoffe ich noch nicht zu sterben, daß mir dazu nicht noch Zeit bliebe." „Sie haben Recht," erwiderte Prell. „Es war nur eine Idee — wie sie oft in uns aufsteigen. Sie gewinnen uns leicht, weil sie unerwartet neue Ge sichtspunkte zeigen und doch geben wir sie bei näherer Prüfung meist wieder auf. Sie haben Recht — es eilt damit ja nicht." Der Alte erhob sich, um fortzugehen. „Nicht wahr," fragte er noch, „Sie sprechenmit Paula bald darüber?" „Gewiß," versicherte Prell, „so bald als mög lich — so bald ich sie mit einer ruhigen, heiteren Laune treffe. Verlassen Sie sich auf mich." Die beiden Männer schüttelten sich die Hände und der Alte ging fort. Prell blieb allein zurück. Einen Augenblick blieb er regungslos stehen, die dunklen Augen starr auf den Boden geheftet, dann schritt er im Zimmer auf und ab. Der Alte drängte ihn — er wollte ihm die ent reißen, an der sein Herz hing — trennen sollte er sich von Paula. Ein bitteres Lächeln glitt um seinen Mund, sein Auge verriet, daß er dies nimmer mehr zugeben wollte; aber wie sollte er es verhindern? er brauchte Paula nichts davon zu sagen — konnte es noch hinausschieben — was halfen ihm wenige Tage Frist — der Alte ließ seinen Wunsch nicht fallen. Er mußte endlich für ihn znr Entscheidung kommen. Er richtete sich empor, sein Herz schlug schnell — er schöpfte tief Atem. Die Brust war ihm be engt. Es fehlte ihm zu dem, was er vor hatte, das Geschoß entladen sei, dieselbe zu zerkleinern. Während der Eine die Granate festhielt, versuchte der Andere, sie zu zerteilen. Plötzlich ertönre ein furcht barer Knall, die noch gefüllte Granate entlud sich uttd beide Arbeiter erlitten schwere Verwundungen. Der Eine, Vater von vier Kindern und in der Pallisadenstraße wohnhaft, trug so schwere Wunden an den Knien, am Leib, am Kopf und an den Armen davon, daß seine Ueberführung nach Bethanien notwendig wurde. Der Andere wurde an beiden Beinen und an den Händen verletzt und außerdem streifte ein Splitter der Granate sein linkes Auge und schlitzte hier die Gesichtshaut auf. Wie die noch geladene Granate unter die Eiscnvor- räte gelangen konnte, dürfte wohl die Untersuchung ergeben. § Berlin. Gegenüber der noch viel verbreiteten irrtümlichen Anschauung, daß die Photographie nichts weiter sei als ein billiges Mittel zur Erlangung eines Porträts, wird es sich die von der Deutschen Gesell schaft von Freunden der Photographie arrangierte, am 19. August zu eröffnende photographische JubiläumS- Ausstellung zur Hauptaufgabe machen, die wahrhaft vielseitige Anwendung, welche die Photographie gegen wärtig in Kunst, Wissenschaft, Industrie und Mckitär- weseu findet, zu zeigen. Wie wenige wissen, daß das Geldpapier, welches sie in der Tasche tragen, unter Mitwirkung der Photographie entstanden ist, oder daß der bekannte Andree'sche Atlas nur dadurch so billig geliefert werden konnte, daß die Photographie den Stecher ersetzte; sehr zahlreiche Bilder unserer illust rierten Journale verdanken ihre Entstehung der Photo graphie, nicht etwa, indem der Zeichner nach Photo graphien gearbeitet hat, sondern indem ohne Hilfe des letzteren das Lichtbild durch Aetzung in einen „Buch druckblock" umgewandelt wurde. So viele lachen über die Illustrationen des „Ulk" und ahnen nicht, daß auch diese durch photographische „Hochätzung" her- gestellt sind. Wenn unsere Schuljugend jetzt so billige Atlanten, so billige illustrierte Werke für den An schauungsunterricht erhält, so verdankt sie das nur der Mitwirkung der Photographie, welche ein ebenso wichtiges Kulturclement geworden ist wie die Buch druckerkunst. — Welchs großartige Rolle sie aber im Kunstleben spielt, wo sie die Meisterwerke der Malerei und die kunstgewerblichen Musterstücke unserer Museen mit Blitzesschnelle in treuer Kopie auch dem Unbe mittelten zugänglich macht, dürfte auch in weiten Kreisen bekannt und gewürdigt sein. — Es besteht die Absicht, auf der Ausstellung einige der wichtigsten photographischen Vervielfälttgungsverfahren praktisch dem Publikum vorzuführen. 8 Berlin. Die Kunde von dem Selbstmord der Opernsängerin Katharina Mucholesann in Wien, die längere Zeit in Berlin lebte, ist den Berliner Bekannten der Dame völlig überraschend gekommen. Katharina Micholesann galt als eine hervorragende Schönheit, sie war 23 Jahre alt und hatte blondes Haar und schwarze Augen. Sie stammte aus Wien und wohnte hier seit längerer Zeit in einem Pensionat in der Schützenstraße; sie harte noch kein festes Bühnen engagement angenommen und lebte einstweilen ihrer Ausbildung. Zu diesem Zweck nahm sie eifrig Unter richtsstunden bei mehreren Lehrern und hatte sich zum bevorstehenden 1. August bei einer bekannten hiesigen Gesanglehrerin angemeldet. Katharina Micholesann galt stets als außerordentlich nervös, und in ihren nervösen Anfällen hat sie mehr als einmal gedroht, sie werde sich erschießen. In Berlin stand sie nach dem „Berl. Tgbl." in nahen Beziehungen zu einem gleichfalls aus Wien gebürtigen ehemaligen Advokaten. Vor vier Wochen reiste sie nach Wien, wo ihre ver nicht an Entschlossenheit, nur die Ungewißheit des Ausganges machte ihn besorgt. Der Abend war längst hereingebrochen — er hatte es kaum bemerkt. Er zündete Licht an und klingelte der Wirtschafterin. Mit einem Auftrage sandte sie in die Stadt. Horchend blieb er am Fenster stehen, bis er sich überzeugt hatte, daß sie fortgegangen war. Er war allein mit Paula im Hause. Der Kutscher war im Pferdestalle. Einige Sekunden lang blieb er noch am Fenster stehen, er strich mit der Hand über die Stirn, dann wandte er sich entschlossen der Thür zu und schritt in Paulas Zimmer. In ihrer Stube saß Paula und las. Sie hatte den Kopf dabei auf die Hand gestützt. Ihre Wangen waren bleich, es standen auf ihnen geschrieben die Schmerzen der letzten Monate. Ein wehmütig trauriger Zug lag in ihrem Gesichte. Er machte sie noch schöner. Die bleichen Wangen, dazu das dunkle Haar und die dunklen Augen. Langsam, wie ermüdet hob sie den Kopf empor, als es an der Thür pochte. Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht, als sie Prell eintreien sah. „Ah — Sie sind es!" sprach sie. „Hattest Du einen anderen erwartet?" warf Prell lächelnd ein. „Nein", versicherte Paula. Wen hätte ich auch erwarten sollen! Aber auch Sie habe ich nicht erwartet, denn Sie kommen ja selten hierher!" Sie machte ihm Platz auf dem Sopha. (Fortsetzung folgt.)