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— Die Fenster-Rouleaux, welche zur Abhaltung der Sonnenstrahlen im Innern der Fenster angebracht zu werden pflegen, scheinen im Bereich der preußischen Finanzverwaltung auf den Aussterbeetat gesetzt zu sein. Ein Rundschreiben des Finanzministers hat die sämt lichen äußeren Berwaltungsstellen des Ressorts davon in Kenntnis gesetzt, daß die Anschaffung solcher Jnnen- Rvuleaux nur dann erfolgen solle, wenn dies zum Schutze der betreffenden Räume gegen die Einwirkung der Sonnenstrahlen erforderlich sei, und wenn die Anbringung äußerer Schutzvorrichtungen, namentlich Jalousien und Markisen, nicht geniigend oder nicht sür zweckmäßig erachtet werden. In jedem Einzelfalle, wo die Anbringung von Innen - Rouleaux nachgesucht werden, soll diesem Gesuche eine entsprechende Begrün dung im Sinne dieser Verordnung beigefügt sein und künftig die Anschaffung von JnnewRouleaux sür Dienst wohnungen von der Genehmigung der Zentralbehörde in jedem Einzelfalle abhängig sein. 8 Berlin. Der Besitzer eines blühenden Kolonialwarengeschäfts in der Potsdamer Vorstadt, Kaufmann M., hatte sich vor etwa einem Viertel jahre mit der Tochter eines Subalternbeamten ver heiratet. Vor etwa 14 Tagen mußte Herr M. eine Geschäftsreise nach Hamburg antieten, und als er bald darauf von derselben zurückkehrte, fand er seine in der Bülowstraße belegene Wohnung verschlossen. Auch in dem Geschäft war die junge Frau nicht an wesend, und da dieselbe auch bei ihren Eltern nicht zu finden war, so stellte der beherzte Gatte sofortige Nachforschungen nach der Vermißten an. Auf fallenderweise fehlte seit einigen Tagen auch der 1. Ladenverkäufer des Kaufmanns, angeblich krankheits halber, und als Herr M. sofort zu dem iu Cham- bregarni wohnenden jungen Mann eilte, hörte er von dessen Wirtin, daß lhr Mieter in Begleitung einer jungen Dame abgereist sei; wohin, wußte die Frau nicht zu sage». Nun erst ging dem betrogenen Gatten ein Licht auf; eine sofortige Untersuchung des Geldschrankes, dessen Kassenführung er während seiner Abwesenheit seiner Frau anvertraut, ergab, daß Wertpapiere in der Höhe von 5000 Mk. sowie sämtliche Schmucksachen fehlten. Von dem flüchtigen Paar, welches, wie sich nachträglich herausgestellt, ein Liebesverhältnis unterhalten, fehlt bis jetzt jede Spur. Der bedauernswerte Gatte liegt infolge der furchtbaren Aufregung schwer krank in einem hiesigen Krankenhause darnieder. § Berlin, 18. Juli. Vor einiger Zeit verstarb in Japan der frühere Berliner Polizeiwachtmeister Figaszewsky, welcher Anfangs 1885 auf drei Jahre in den japanischen Pvlizeidienst getreten war. Zu Gunsten der Witwe des Verstorbenen veranstalteten die japanischen Polizeibeamten eine Sammlung, welche das stattliche Ergebnis von über 10,000 Mark auf wies. Dieser Betrag ist von der hiesigen japanischen Gesandtschaft dem auswärtigen Amte zugegangen und durch dessen Vermittelung der Witwe ausgehändigt worden. — Der hiesige Bäckerstreik ist beendet. Der auf heute vormittag in Aussicht genommene Einigungs- Versuch zwischen den streikenden Gesellen und den Meistern hat deshalb auch nicht stattgefunden. 8 Nach den nunmehr zum Abschluß gelangten Berechnungen stellt sich der auf Preußen entfallende Gesamtbetrag aus den Getreide- und Viehzöllen für das letzte Etatsjahr auf rund 45 Millionen Mark. Nach dem Verwendungsgesetz verbleiben davon der Staatskasse 15 Millionen, so daß also rund 30 Mil lionen zur Verteilung an die Gemeindeverbände ge langen würden. 8 Ueber das Postwesen in den deutschen Schutz- Dunkel! Erzählung von Friedrich Friedrich. HO (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Nur kurze Zeit bleiben Sie noch," sprach er. „Es ist mir unbegreiflich, wo der Förster das Geld gelassen hat. In seinem Hause ist es schwerlich, denn zu genau habe ich dasselbe durchsucht. Sollte er es vergraben, im Walde versteckt haben?" Körber zuckte schweigend mit den Achseln. „Herr Commissär," fuhr Pintus fort, „ist der Förster seit jenem Tage in der Stadt gewesen?" „Nein," erwiderte Körber. „Er fühlte sich ja unwohl." „Sie wissen es genau?" „Ich weiß es," versicherte Körber. „Es ist mir lieb," sprach der Richter. „Wäre er hier — bei seiner Mutter gewesen, so hätte ich auch bei ihr Haussuchung halten müssen, und wenn es geht, möchte ich die Frau schonen." Der Commissär zuckte heftig auf. Er faßte sich indes sofort wieder. „Haben Sie noch etwas?" fragte er ruhig, fast gleichgiltig. „Nein — ich danke Ihnen," erwiderte Pintus. „Es hat Ihnen diese unglückliche Geschichte viel Mühe gemacht — es freut mich, daß Sie nun mehr Ruhe haben werden." Hastig verließ er das Zimmer. Kopfschüttelnd blickte der Richter ihm nach. „Er ist ein so Heller, ruhiger Kopf", sprach er gebieten und Kolonien lesen wir folgende Vervoll kommnungen: Es ist jetzt in dem Gebiete der Marschall-Inseln seitens der deutschen Regierung der Postzwang eingeführt, d. h. die Beförderung von Sen dungen, Briefen, Postkarten u. s. w. aus dem Gebiete nach fremden Gebieten, in denen keine Post besteht, darf in keiner andren Weise geschehen, als durch die deutsche Post. Sodann sind in dem Gebiete von Kamerun nunmehr die ersten Briefkasten zur Auf stellung gelangt, eine Einrichtung, welche die größte Bewunderung unsrer schwarzen Landsleute erregt. Endlich ist in Westafrika im Togo-Gebiete zwischen Klein-Popo und Lome eine regelmäßige Botenpost eingerichtet worden. 8 Ein deutscher Lehrer, so berichtet die „Lib. Corr.", war iu Rußland viele Jahre Vorsteher einer dortigen deutschen Lehranstalt. Ein russischer Be amter sah in seinem Zimmer das Bild des deutschen Kaisers und machte davon höheren Orts Anzeige. Der Lehrer wurde infvge dessen aus Rußland aus gewiesen. Er hatte kürzlich eine Anstellung zu Pill- kallen in Ostpreußen gefunden. § An dieser Stelle sei eine Zuschrift erwähnt, welche Rudolf Falb an die „Nordd. Allg. Ztg." ge richtet hat. Dieselbe lautet: „Im „Deutschen Reichs-Anzeiger" hat der Geheime Regierungs rat, Prof. Ur. Förster, Direktor der Königl. Sternwarte, anläßlich eines fernen Erdbebens (wahr scheinlich jenes von Dscharkent), das sich in der Nacht vom 11. zum 12. Juli auch auf der Sternwarte in seinen leisesten Schwingungen noch bemerklich machte, auch meiner Auffassung über den Einfluß des Mondes aus diese Erscheinungen gedacht und zwar in einer Weise, welche von den gänzlich absprechende» Urteilen, wie sie noch vor Jahren und zum teil jetzt noch fachlicherseits ost in nichts weniger als akademischer Form geäußert wurden, sehr vorteilhaft absticht. Ich kann hier nur bemerken daß ich die in diesem Artikel geäußerten Anschauungen vollständig teile, aber auf Grund meines umfangreichen Beobachtungsmaterials und meiner zwanzigjährigen Beschäftigung mit diesem Gegenstände einzelnen allgemein gehaltenen Behaup tungen durch sachliche Vertiefung eine bestimmtere Form zu geben im stände bin. So zeigt es sich z. B., daß Fälle, die ans den ersten Blick gegen die Theo rie zu sprechen scheinen, wie jener zitierte vom 2. Au gust 1855, bei näherer Beachtung des ganzen Verlaufs der damit verbundenen langen Reihe von zahlreichen Erschütterungen am Orte der Katastrophe wieder zu Gunsten derselben Zeugnis geben; so daß man sich zur Annahme gezwungen sieht, es bewirkten Hinder nisse, welche durch die inneren Erdschichten dem mathe matisch genauen Eintritte des ersten oder Katastrophen stoßes entgegenstehen, diese Nichtübereinstimmung; während sie im durchbrochenen Schlote nicht mehr bestehen, weshalb sich dann im Verhalten der darauf folgenden Stöße nach Zahl und Stärke ein genauerer Anschluß an die kritischen Tage ausspricht. Auf diesen Umstand, den ich fort und fort in verschiedenen Publi kationen betonte, haben nun aber bisher meine Gegner gar keine Rücksicht genommen, so daß hier thatsächlich die „Wissenschaft" auf meiner Seite steht. Was wir also bezüglich eines bestimmten Datums wissen, be schränkt sich auf die Kenntnis des Mondeinflusses im allgemeinen, der in Wirklichkeit größer ist, als meine Gegner zugeben wollen. Und darnach haben wir in jedem Einzelfalle von vornherein unser Urteil zu bilden. Die entgegenstehenden Störungsursachen sind unserer Kenntnisnahme völlig entzogen. Demgemäß wird sich auch die wissenschaftliche Erwartung — und nur mit dieser habe ich es zu thnn — auf das Verhältnis der zu sich selbst, „und doch hat ihn die Liebe blind ge macht!" — In einer Stadt wechseln die Eindrücke fast mit jedem Tage. Das Volk ist wie ein Wasser, jeder Wind ruft auf ihm Wellen hervor, mag er von Osten oder von Westen kommen, und sein bleibender Charakter ist seine Beweglichkeit. Von dem Morde des jungen Berger wurde nur noch dann und wann gesprochen, wenn man unwillig war über die lange Untersuchung und Verhandlung gegen den Mörder desselben. Der Förster saß nun seit Wochen und Monaten im Gefängnis — er hatteBerger erschossen, weshalb macht man noch so viel Umstände mit ihm. Was jetzt die Gemüter beschäftigte, hatte mit diesem ganzen Vorfälle nichts mehr zu schaffen. Es hatte sich in der Stadt nämlich ein frommer Verein gebildet. Er zählte über fünfzig Mitglieder, und zwar waren es meist angesehene Männer, unter ihnen auch Doktor Prell. Der Verein hatte sich den Namen „Philvmen" gegeben. Ueber diesen Verein und sein Treiben unterhielt sich der Polizeikommissar mit dem Assessor Jung, demselben, der einst auf dem Ballabende den Streit zwischen Berger und Hellmann in so lustiger Weise geschlichtet hatte. „Es ist mir fast bei allen begreiflich, warum sie in diesen Verein getreten sind", bemerkte der Polizeikommissar, „nur bei einem Manne nicht." „Und bei wem nicht?" warf Jung ein. „Bei Prell nicht", antwortete Körber etwas leiser. „Auch mir ist sein Eintritt in diesen Verein berechneten Flutwerte beschränken und sich konsequenter Weise in gewissen Fällen steigern müssen. Daß dieser Standpunkt korrekt ist, wird jeder Unbefangene einge stehen, und die Natur selbst scheint sich diesen Unbe fangenen zuzugesellen. Von einer „überflüssigen Er regung" dabei ist im intelligenten deutschen.Publikum nichts zu bemerken. Wo aber, wie bei den Gruben katastrophen, noch schärfere Ergebnisse thatsächlich zur Vorsicht mahnen, wird sich weder eine überflüssige Erregung, noch der prophezeite Humor, sondern als virtus iu Möäio die überall zweckmäßige Unfallver sicherung durch verdoppelte Vorsicht von selbst ein stellen." Z Durch allerhöchste Kabinettsordre do Lato Hardangerfjord, den 8. Juli, sind aus Anlaß der Erstürmung des befestigten Lagers des Rebellenführers Buschiri bei Bagamoyo in Ostafrika zahlreiche Aus zeichnungen verliehen. ß Kassel, 18. Juli. Der König von Sachsen ist nachmittags 5 Uhr hier emgetroffen. Aller offi zieller Empfang war verbeten und am Bahnhof nur der Oberpräsident und der Polizeidirektor anwesend. Der König fuhr in offenem Wagen nach dem Hotel „König von Preußen" und besucht morgen die Aus stellung. 8 Ueber die Gefährdung des Königs von Württemberg durch einen Blitzstrahl, von welcher bereits kurz berichtet ist, teilt der „Württemb. Staatsanz." noch folgendes mit: Bei einem furcht baren Gewitter, das sich am Sonnabend nachmittag zwischen 3 und 4 Uhr über Friedrichshafen entlud, schlug der Blitz wenige Schritte von dem König, welcher sich unter dem Vordach vor seinem Arbeits zimmer befand, im Schloßgarten ein. Er fuhr an einer hohen Akazie entlang und schlug an dem Fuß strahlenförmig verlaufende Löcher in den Boden, welche die Wurzeln bloslegten. Gleichzeitig zeigte sich auf dem Rasen eine eigentümliche Lichterscheinung in Gestalt einer großen feurigen Kugel, die mehrere Sekunden sichtbar war und unter Knistern verschwand. 8 Kreuznach, 17. Juli. Die Königin von Rumänien, die fürstliche Familie von Wied, der Kronprinz von Scl Weden, der Erbprinzvon Nassau und die Prinzessin Amelie von Bayern mit großem Gefolge haben soeben auf der Terrasse des Kurhauses in Bad Kreuznach den Kaffee eingenommen und wohnen jetzt der Aufführung von Bungerts „Hutten-Sickingen- Festspiel" bei. Morgends fand die Besichtigung des Denkmals auf der Ebernburg statt. Die hohen Herrschaften reisen abends mittelst Extrazug wieder ab. Das Wetter ist leider schlecht. Zahlreiche ru mänische und schwedige Kurgäste waren bei der An kunft der Fürstlichkeiten zur Begrüßung erschienen. 8 Posen, 17. Juli. Der steckbrieflich ver folgte Rechtsanwalt und Notar Beinert aus Kempen ist in Konstantinopel verhaftet und gestern ins Ge- richtsgefänguis zu Ostrowo eingeliefert worden. 8 Lauf (Bayern), 16. Juli. In Geiselhöring erwachte das Kind einer dortigen Familie in dem Augenblick zum Leben, als der Tischler beschäftigt war, zu dem Sarge der vermeintlich kleinen Leiche Maß zu nehmen. Den freudigen Schreck der Eltern kann man sich denken. — Im Wallfahrtsort Haader sank eine Frau, vom Sonnenstich befallen, tot nieder. ** Hamm er fest, 18. Juli. Nach Abfahrt aus Trömso gestern vormittag 11 Uhr hat „Hohenzollern" mit Se. Maj. Kaiser Wilhelm in gehobener Stimmung den siebzigsten Breitengrad passiert. Das Befinden Sr. Majestät ist vortrefflich. Die Ankunft in Hammerfest erfolgte 9 Uhr abends. Es wurde sofort nach dem Nordkap weiter gefahren, welches gegen 3 Uhr erreicht aufgefallen", erwiderte Jung, „denn ich hätte es ihm nimmer zugetraut. Vor einigen Tagen Xcaf ich mit ihm zusammen und sprach darüber; er< gestand mir offen ein, daß der Verein zwar nichM ganz nach seinem Sinne sei, allein er habe keinen anderen Verein, dem er sich anschließen könne, u,I den For derungen seines Glaubens und Herzens Genüge zu thun." X „Wie schlau!" warf der Commissär ein. „Weshalb schlau?" fragte Jung. „Aber, Assessor", erwiderte der Commissär lächelnd, „glauben Sie denn wirklich, daß er sich durch einen inneren Drang dazu habe treiben lassen? Assessor, eher würde ich das von Ihnen glauben. Seien Sie versichert, daß Prell gar nichts glaubt, daß er im Stillen über das ganze Treiben lacht — ich müßte ihn nicht schon seit Jahren kennen." „Sie haben nicht UnrechtX bemerkte der Assessor, „allein weshalb sollte er dem Verein beigetreten sein?" „Weil er irgend einen Zweck dadurch erreichen will." „Vielleicht hofft er die Zahl seiner Patienten dadurch zu vermehren, seine Praxis ist ja nicht die ausgedehnteste." Körber schüttelte zweifelnd mit dem Kopfe. „Das ist es nicht, das kann es nicht sein", erwiderte er, „denn er hat sich nie viel darum beworben. Das ist ihm gleichgiltig. Prell muß Vermögen haben, sonst könnte er nicht so leben, wie er lebt!" „Und welche Ansicht könnte ihn geleitet haben?" „Ich weiß es nicht", gestand der Commissär.