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Regierung hat s. Z. wohlweislich davor» Mstand getzommen, die- G«tachten jenes Obermedizinal- KsSeaktmL zu veröffentlichen^ z Bremen, 4. JE. Der englische Dampfer „Victoria" (3192 Ton-), von Montevideo nach Baltimore unterwegs, und der amerikanische Dampfer „Hahtian Republik" (1089 Tons), von Newyork n»ch San Francisco bestimmt, sollen nach einer Kollision unweit Pernambuco gesunken sein; beide Besatzungen, siebzig Personen, ertranken. * * Paris, 4. Juni. Die Zahl der Opfer der Katastrophe von Saint-Etienne ist noch nicht möglich anzugeben; bis jetzt sind 16 Leichen und 10 Verwundete, deren Zustand hoffnungslos ist, heraus geholt. Die Rettungsarbeiten haben dann wegen Ueberschwemmung der Gruben von Saint-Louis, welche mit denen von Verpilleux Zusammenhängen, eingestellt werden müssen. Truppen bewachen die Gruben und hindern das Eindringen der Volksmenge. Zwei Ingenieure, welche einfahren wollten, mußten halb erstickt schleunigst wieder an die Oberfläche be fördert werden. Präsident Carnot und der Minister der öffentlichen Arbeiten sandten Hilfsmittel. —In der heute abend abgehaltenen Sitzung der Deputierten kammer wurde auf eine Anfrage wegen der Kata strophe in den Gruben bei Saint - Etienne leitens dec Regierung mitgeteilt, daß nach den zuletzt einge laufenen Nachrichten dieZahlder dabei Umgekommenen sich auf 196 belaufe. Die Kammer setzte sodann die Beratung des Budgets fort und beschloß, morgen vormittag eine Sitzung abzuhalten, um die Budget beratung zu erledigen. — Die Minister Constans und Guyot begaben sich heute abend nach Saint- Etienne. Hilfsmittel sind schon abgeschickt; Nach tragskredite werden nach der Rückkehr der Minister gefordert. Z Rom, 4. Juli. Der „Kapitan Fracassa" bringt an offiziöser Stelle eine merkwürdige Mit teilung über das am Montag stattgehabte Konsi storium der Kardinäle. Nach Verlesung seiner Allokution habe der Papst im Gespräche mit den Kardinalen die Möglichkeit seines baldigen Todes erörtert und als seinen Nachfolger den französischen Kardinal Lavigeri bezeichnet; der neue Papst, so sagte er, dürfe nicht Italien, sondern müsse einer wahrhaft katholischen Macht entnommen werden. * * K o n st a nti n o p e l ,4. Juli. Nachrichten aus Erzerum melden die Verhaftung einiger Arme nier wegen Verdachtes der Beteiligung an Kom plotten gegen die Regierung. Wie versichert wird, beabsichtigt die Pforte, den in Armenien sehr popu lären und verehrten Erzbischof von Krimian nach ArVenien zu senden, um die aufgeregten Gemüter zu beschwichtigen. * * China. Uebcr die Nerven der Chinesen macht ein in China lebender englischer Arzt folgende Mit teilungen, welche gewiß den Neid manches Europäers erregen werden: „Das Fehlen der Nervosität ist das unterscheidende Merkmal in der Geistesbildung dieser Rasse. Der Chinese kann den ganzen Tag schreiben, den ganzen Tag arbeiten, den ganzen Tag in einer Stellung stehen, er kann weben,Gold schlagen, Elfen bein schnitzen, immer und ewig die eintönigsten lang weiligsten Arbeiten verrichten, ohne sich jemal angegriffen, ermüdet oder gereizr zu zeigen. Der Chinese lebt wie eine Maschine, die, einmal in Gang gekommen, nicht wieder still steht. Diese Eigenschaft macht sich schon im frühesten Alter bemerkbar. In China giebt es keine unruhigen oder trotzigen Kinder. Sie sind alle „schrecklich" artig und sitzenTag für Tag in der Schule ohne Frei-Vier- telstunde und Erholungsspiele. Der Chinese kann jede Dunkel! Erzählung von Friedrich Friedrich. H (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Dieses schnelle, leichte Erfüllen seiner liebsten Hoffnung setzte Berger im ersten Augenblick in Ver wirrung. Dann ergriff er hastig ihre Hand. „Paula — Paula! Und diese Hand soll mein eigen sein — mein für immer?" Zustimmend nickte sie mit dem Kopfe. „Du liebst mich — Du liebst mich!" rief er jubelnd. Er wartete ihre Antwort nicht ab, unge stüm umschlang er sie mit beiden Armen und sie ließ cs geschehen. „Ja, ich liebe Dich", erwiderte sie, sonst würde ich nimmer Dir das Versprechen gegeben haben, die Deinige zu werden!" Eine Zeit lang war Berger von seinem Glück berauscht. Er konnte es nicht fassen, daß es wahr sei, daß Paula ihm wirklich ihr Jawort gegeben, daß Sie die Seinige werden wolle. Aber er saß ja neben ihr und hielt ihre Rechte mit beiden Händen umfaßt. Er sah ihr in die Augen und sie schlug sie nicht mehr nieder, Liebe und Glück leuchtete ihm ent gegen. „Sieh, Paula," sprach Berger, Du äußertest «inst gegen mich, wenn Du Dir ein Leben ganz nach Deinem Wunsche zu wählen hättest, so würdest Du auf dem Lande in der Nähe der Stadt leben, auf einem Gute, wenn es auch noch so klein sei, wenn es nur ausreiche, Dich vor Not und Sorge zu schützen. Ich habe diese Worte noch nicht ver- körperliche Uebung entbehren. Syyrt und Spiel sind ihm unnütze Arbeit. Schlafen kann er irgen-M» unter klappernden Maschinen, betäubend«» Lärm, Mnher- geschrei oder Gezänk Erwachsener — aus dem Erd boden, im Bette, auf einem Stuhl, kurz — i» jeder beliebigen Lage." Glückliches kezoMeß Naturell! ** Chicago. Ein neusv Mordverdacht, welcher abermals den Elan-na-Gask trifft, erregt die Gemüter. In New-Dork wird John Mr. Jnery, ein hervorragender Jrisch-Amerikaner, vermißt, und es geht schon das Gerücht, daß er aus ähnlichen Gründen, wie Dr. Cronin, auf Geheiß deS Clan- na°Gael ermordet worden ist. ** Wieder eine Eisenbahn-Katastrophe in Ame rika. Bei Virginien im Unionsstaate Ohio entgleiste am Dienstag früh, wie das „W. E. Bl." meldet, ein mit Passagieren dichtbesetzter Personenzug. Durch den seit wenigen Tagen unaufhörlich niederströmenden Regen waren die Dämme erweicht und dadurch die Schienen gelockert worden. Bei einer Kurve sprang die Lokomotive ans dem Geleise, stürzte über den Damm und riß mehrere Waggons mit sich in die Tiefe. In diesen Wagen befanden sich vierzig Men schen, welche teils sofort zerquetscht wurden, teils den Tod durch Verbrennen fanden. In dem Graben, wohin die Waggons gefallen waren, gerieten diese in Brand, und von den Passagieren konnte niemand ge rettet werden. Im Luftballon. Man braucht keine große Einbildungskraft zu haben, um sich die Gefühle vorzustellen, welche jemand besitzt, der in der Gondel eines Luftballons in hoffnungsloser Einsamkeit, hoch oben schwebend, durch einen starken Wind emporgerissen, immer höher und höher steigt. Kaum hatte der Luftschiffer, Herr Louis, seinen Freunden die Hand gedrückt, als sein Ballon „Prin zeß Wilhelmina" blitzschnell in die Lüfte stieg. Der Wolkensegler erhöhte noch die Schnelligkeit, indem er noch einen Sack Sand fortwarf, alsbald war er aus dem Gesichtskreis entsmwuuden. Nun erscheint ihm die Erde mit allem, was auf ihr ist, nur als eine leblose Masse. Schon zeigt der Höhenmesser in der Gondel 3000 Meter an und noch immer steigt der Ballon. Endlich wird es selbst dem vermessenen Luftschiffer zu hoch, er greift nach dem Tau, das von dem Leib des Ballons herabhängt und an der Abzugsklappe befestigt ist. Ein Ruck, aber vergebens. Er erbleicht und läßt, erstarrt vor Schreck, das Tau los, die Hände sinken ihm mutlos am Leibe herab. Einen Augenblick stiert er wie ab wesend vor sich auf den Boden der kleinen Korb gondel, die ihn trägt, aber dann kommt der Drang des Lebens wieder in ihn auf. Gleich einem Rasenden greift er nach dem hin- und herflatternden Tau und hängt sich mit der ganzen Schwere seines Leibes daran. Zähneknirschend versucht er, es mit starkem Ruck herabzureißen, während ein Fluch über seine bleichen Lippen gleitet. Ohne Erfolg. In dicken Perlen bedeckt kalter Angstschweiß ihm Stirn und Wangen, der Hals schnürt sich zu, die breite Brust hebt sich gewaltig keuchend auf und nieder. Ratlos läßt er endlich das Tau fallen und stiert über den Rand der kleinen Gondel nach unten. Die unab sehbare Tiefe erschreckt ihn so, daß er zurücktaumelt und sich festklammern muß, um nicht in die Knie zu sinken. So starrt er, mit dem Rücken gegen den Rand der Gondel gelehnt, beide Hände krampfhaft festge stemmt, mit weitgeöffneten, herausquellenden Augen gesfen. Ich bin mit dem Besitzer des Gutes in Alldorf in Verbindung getreten — es liegt ja nicht eine Stunde von hier entfernt, es liegt schön, das Wohnhaus ist rings vom herrlichsten Garten umgeben — ich habe mit ihm schon unterhandelt, bin über den Preis des Gutes mit ihm einig, nur abgeschlossen habe ich den Kauf noch nicht. Das hing ja von Deiner Antwort ab, von Deinem Ja! oder Nein! Nun eile ich heute noch zu ihm — das Gut ist mein — Dein — ich trage die erste Abzahlungssumme bei mir — sobald ich sie übergeben, bin ich Besitzer des Gutes. Es soll Dir gehören, Paula. Dort wollen wir zusam menleben. Auch ich sehne mich aus dem kaufmänni schen Leben und Treiben heraus — ich werde es auf geben, um ganz ungestört Dir leben zu können!" Paula war überrascht. Sie kannte das Gut. In einem Thale gelegen, bildete es den schönsten Punkt in der ganzen Gegend. Oefter mar der Wunsch in ihr aufgestiegen, dort leben zu können, und nun sollte der Wunsch mit einem Male erfüllt werden — erfüllt wie durch eine Zaubermacht. Auch sie erzählte dem Geliebten, wie ihr Vater ihr auf seinem Sterbebette ans Herz gelegt, ihm ihre Hand zu reichen, wenn er um sie anhalten sollte. Sie tauschten Liebe um Liebe und Geheimnis um Geheimnis, es war ja Bedürfnis für ihre Herzen, sich gegenseitig zu offenbaren und mit vollem Vertrauen einander hinzugeben. Der Abend brach bereits herein, als Berger von Paula sich trennte. Er bestand darauf, noch nach Alldorf zu eilen, um den Kauf des Gutes abzu schließen. ! in den unabsetzbaren Raum, der sich »hu« AreiM vor ihm austzeWt, und langsam durchhrmgst ihn s das Gefühl, Hatz er verloren fei. Die Spannkraft ' Nßt nach, BswMisshM übersHleicht ihn, die Auaen fiMn z«, Kit MtM wrchMH Dil Haupt Ns tu de» FiHeit, We AäMie lass« Nn Mich der Gondel ketst los, «md lstzloA -richt K asf -e» Hoden ber- feloen zlchrm«en. Immer höher steigt der Ballon! So liegt der Unglückliche einige Zeit, dann schlägt er Plötzlich die Äugen auf. Gasgeruch erfüllt das ganze Schiffchen. Eine der mitgenommenen Brieftauben ist bereits im Ersticken und macht die letzten Todeszuckungen in dem Kästchen, welches sie gefangen hält. Der Luftschiffer ermannt sich, mit einer gewaltigen Kraftanstrengung rafft er sich em por und steckt den Kopf durch die Gondel hinaus. So hängt er, mehr tot als lebend, einige Zeit, bis der frische Wind ihm das Bewußtsein wiedergeqeben hat. Die Seide des Ballons ist so straff angespannt, wie eine Eierschale. Die oberen dünnen Luftschichten geben nicht mehr genügenden Widerdruck, das Gas innen hat sich gewaltig ausgedehnt und dringt nach außen. Immer schneller wird die Fahrt, mit welcher es in die Höhe geht. Einen Augenblick steigtder Gedanke in dem Verzweifelten Manne auf an seine Frau und Kinder, an seine Freunde und Verwandten, die seine Rückkunft erwarten, und Thränen vermischten sich mit dem Angstschweiß, der sein Antlitz bedeckt. Mit verdoppelter Kraft erhebt sich in ihm der Lebensdrang, wieder greift er zum Tau und „Hilfe, Hilfe," klingt es durch den Luftraum. Erschreckt läßt er die Schnur los und sieht sich um; es ist als ob ein anderer gerufen hätte, so hat die Angst den Ton verändert, so, daß er seine eigene Stimme nicht wiedererkennt. „Hilfe, Hilfe," klingt es nochmals mit den entsetzlichsten Lauten, aber nur das Echo der Wolken antwortet ihm — und immer höher und höher steigt der Ballon. Er berechnet bei sich selbst, wie lange es noch dauern wird, bis der Ballon zerbersten muß, und dann greift er nach seinem Revolver, um der Sache ein Ende zu machen. Noch einmal schaut er nach unten, und als er die Erde noch unterscheidet, worauf er alles zurückließ, was ihm lieb war, da beginnt der mutige Mann zu weinen wie ein Kind. Er schreit vor Schmerz auf, schlägt sich das Haupt mit den Fäusten und rauft sich das Haar. Er verflucht sein Schicksal und alles, was ihn dazu trieb, diesen Aufstieg zu unternehmen. Dann wieder greift er mit zitternder Hand nach der Schuß waffe, und mehr und mehr wird ihm der Gedanke vertraut, daß es besser sei, den entsetzlichen letzten Augenblick nicht abzuwarten, wo er mit zerplatztem Ballon nicderstürzen muß, sondern den Tod lieber durch einen Revolverschuß zu beschleunigen. Seine Hand, welche die Waffe umklammert, wird fester, der Blick seines Auges ist nicht mehr stier, seine Lippen klemmen sich fest zusammen, da erinnert er sich, daß er noch einige Stunden, bevor er ausstieg zur Beichte gewesen war, und er läßt die schon erhobene Hand wieder sinken. Er fällt ins Knie und betet. Welche Erleichterung! Er kann wieder denken, und nun ist seine erste Sorge, was auch ihm geschehen möge, wenigstens einige Aussicht zu schaffen, daß seine Verwandten sein Schicksal erfahren. Ergreift zudem Kistchen, worin die erstickte Brieftaube liegt. Auf den Bretierdcckel schreibt er mit fester Hand: „Der Ballon steigt fortwährend, ich kann nicht wiederkommen, weil ein Fehler an der Abzugsklappe ist. Lebt alle wohl!" Nun diese letzte Pflicht, die er zu erfüllen hatte, voll- „Laß es bis morgen, Hugo," bat Paula. „Es wird schon abend." „Für mich giebt es heute keinen Abend!" rief Berger scherzend. „Heute noch muß das Gut unser gehören, dies ist ja ein Tag des Glückes für mich, den muß ich ausnutzen!" Er eilte fort. Paula blieb af ihrem Zimmer. Sie fühlte das Bedürfnis allein sein. Auch sie fühlte sich glücklich und sie wollte dies Glück erst allein durchkosten. Den Wunsch ihres sterbenden Vaters hatte sie erfüllt und es war ihr, als ob er befriedigt auf sie herabblicke. Wohl war sie öfter mit sich im Zweifel gewesen, ob sie Berger oder Hellmann mehr liebe — jetzt, wo die Entscheidung an sie herangetreten war, zweifelte sie nicht mehr, jetzt war sie sich bewußt, daß ihr Herz stets Berger mehr geliebt hatte. Der Abend war völlig hereingebrochen — sie bemerkte es nicht. Träumend saß sie da. Eine neue große Zukunft hatte sich ihr geöffnet, unwillkürlich weilten ihre Gedanken in derselben. Die Dienerin rief sie zum Essen. Sie eilte in daS Zimmer ihres Vormundes. Der Doktor hatte sie schon erwartet. „Nun, Paula, wie ist Deine Antwort ausge fallen?" fragte er. Sie eilte zu ihm und warf sich ihm weinend an die Brust. Er vertrat ja ihres Vaters Stelle, er war stets lieb und gut gegen sie gewesen und ein Herz mußte sie haben, dem sie ihr Glück anvertrauen konnte. Prells Augen blickten funkelnd, als er das junge Mädchen in seinen Armen hielt. Er beugte sich auf sie herab und küßte sie auf die Stirn.