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Wochen- und NachnchtMM zugleich 8eschiifts-Aiizchtr für WMrf, Röülitz, Pmskrf, St. Wüten, ßeiNiDnt, Rnrtenan «nü Wsen. Amtsblatt für de« Stadtrat za Lichtenstein. — — — — Jahrgang. ——— — — — Nr. 155. Sonnabend, den 6. Juli 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postan statten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergesvalten Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. BekaMtmachurrg, den Schluß der öffentl Impfungen in Cnllnberg betr. Nächsten Dienstag, den S. Juli, nachm. von 4 bis 8 Uhr, findet im laufenden Jahre hier die letzte uueutgeldliche Impfung in dem bekannt gemachten Lokale statt, womit die öffentliche» Impfungen geschloffen werden und haben alsdann alle diejenigen Eltern, Pflegecltern und Vormünder, deren impf pflichtige Kinder bis dahin der Impfung entzogen geblieben sind, solche auf eigene Kosten impfen zu lassen. Callnberg, den 5. Juli 1889. Der Bürgermeister. Schmidt. Tagesgeschichte. — Die Heuer in vielen Gegenden beklagte außerge wöhnliche Zunahme des Ungeziefers, namentlich der Raupen an den Fruchtbäumen, wird neuerdings mit einer gleichfalls auffallenden Verminderung der Schwalben in Zusammenhang gebracht. In vielen Landstrichen zeigen sie sich nur ganz vereinzelt im Fluge. Bekannt lich vertilgen die Schwalben eben während ihres Fluges zahllose Insekten. — Wie zu bemerken gewesen ist, besteht in den Kreisen unfallversicherungspflichtiger Betriebsunterneh mer vielfach Unklarheit darüber, an welche Behörde die Unfallanzeige in denjenigen Fällen zu erstatten ist, in welchen der Ort, woselbst der Unfall sich ereignet hat, nicht zugleich der Sitz des betr. Betriebes ist. Wir machen deshalb darauf aufmerksam, daß die Unfallanzeige an diejenige Ortspolizcibehörde, in deren Bezirk der Un fall sich ereignet hat, zu erstatten ist und eine Ausnahme hiervon für die unter das Ausdchnungsgcsetz fallenden Transportbetriebe nur in sofern eintritt, als denselben nachgelassen ist, bei Unfällen, die sich auf der Fahrt ereignen, entweder die Unfallanzeige an diejcnigeOrts- polizeibehörde im Jnlande zu richten, in deren Bezirk der Unfall sich ereignet hat oder der erste Aufenthalt nach demselben genommen wird. — Das Baden und Schwimmvergnügen wird von den meisten Knaben öfters im Uebermaß getrieben und an manchen Tagen zwei und mehrere Male ge badet. Das Schwimmen ist zwar eine der besten gymnastischen Hebungen, indem eS dem Körper Kraft und Gewandtheit giebt und ihn gegen Witterungsein- flüsse und raschen Temperaturwechsel abhärtet, aber auch hierin muß Maß gehalten werden, weil bekanntlich, was zu viel getrieben wird, oft mehr schadet al» nützt. Die Erfahrung haben denn auch bereits viele Väter gemacht, denen die plötzliche Verstimmung, Ermattung, starke Blässe der Knaben auffiel, bis dann diese Er scheinungen in dem übermäßig vielen Baden ihre Wurzel fanden. — Eine sehr praktische Einrichtung, welche bisher nur sehr wenig benutzt wird, ist die der Bestellung von ganzen Wagenabteilungen. Bis 20 Minuten vor Abgang des zu benutzenden Zuges ist die Bestellung zulässig. Es müssen so viel Fahrkarten gelöst werden, als Plätze in der betreffenden Wagenabteilung vor handen sind. Namentlich leicht ist es für den Sommer, wo viele Reisende ein gemeinschaftliches Ziel haben, daß sich 4, 6 bez. 8 Personen behufs Bestellung einer Wagenabteilung zusammenfinden. Sie gehen auf diese Weise vielen Belästigungen aus dem Wege und sind insbesondere vor den leider so häufig vorkommenden Ueberfüllungen geschützt. — Dem Vernehmen nach ist die Zahl der zum deutschen Turnfest in München erscheinenden Turner auf 13,000 Mann gestiegen. Augemeldet sind auch Turner aus den entlegendsten Ländern, wie Amerika u. s. w. — Aus Dresden wird geschrieben: Gutem Vernehmen nach soll der mit dem gestrigen Tage zu Ende gegangene hiesige Johannismarkt (Jahr markt) der letzte gewesen sein, welcher abgehalten worden ist. Die "Agitation gegen die Jahrmärkte im Kreise der hiesigen Bürgerschaft ist wieder eine sehr lebhafte. — Zwickau. Der Verband sächsischer Berg- und Hüttenarbeiter veranstaltete hier im Gasthaus zum „Deutschen Haus" am vergangenen Sonntag sein 13. Stiftungsfest. Das Festlokal war gefüllt, Herr C. Ebert, Vorsitzender des Verbands, hielt die Festrede, welche sich mit der Gründung und Entwickelung des Verbandes befaßte und mit einem „Glückauf" auf diesen endete. Der gemeinsame Gesang von Festliedern, Deklamationen ernster und heiterer Art, ein Concert der Kautzfch'schen Kapelle brachten ein unterhaltendes Festprogramm. — St. Egidien, 4. Juli. Am Montag nach mittag in der 5. Stunde wurde bei dem Gutsbesitzer Auerswald hier ein Gelddiebstahl verübt. Der Dieb ist während der Zeit, als sämtliche Leute auf dem Felde beschäftigt waren, in das Gehöfte eingeschlichen und hat seinen Weg durch den Kuhstall genommen und ist dann in die oberen Stuben gelangt. Aus einem, in einer Nebenkammer befindlichen Koffer entwendete der selbe 400 Mark Geld und eine alte, silberne Cylinder- uhr mit dreireihiger, feingliedriger Kette und hat sich damit auf demselben Wege, wie er gekommen, wieder entfernt. Begründeter Verdacht auf eine bestimmte Person läßt sich bis jetzt nicht aussprechen. — Gersdorf, 3. Juli. Gestern nachmittag in der 4. Stunde verunglückte der aus Erlbach ge bürtige, im 21. Lebensjahre stehende und unverheira tete Zimmermann Heinrich beim Abriß einer alten, dem Gutsbesitzer Schwalbe gehörigen Scheune davurch, daß ihm ein Balken auf die Brust fiel, so daß er eine Viertelstunde später seinen Geist aufgab. — Die Familie eines Arbeiters in Einsiedel ist in diesen Tagen von einem herben Mißgeschick betroffen worden. Nach dem Genüsse von Pilzen erkrankten mit Ausnahme der Mutter und der Großmutter der Vater und vier Kinder. Am Abend des vergangenen Donnerstag starb ein Mädchen von 10 Jahren, in der folgenden Nacht ein Kind von 2 Jahren und am Freitag früh verschied ein Mädchen von 8 Jahren. Ein Mädchen von 15 Jahren, sowie der Vater liegen noch schwerk krank darnieder. Da Mutter und Großmutter, welche ebenfalls von den Pilzen genossen, gesund blieben, bezweifelt man, daß die Pilze die Ursache der Erkrankungen sind. — Hammerbrücke. Der Schneckenstein, der vielbesuchte Aussichtspunkt hiesiger Gegend, wäre vor wenig Tagen fast der Schauplatz eines großen Un glücks geworden. Eine Anzahl junger Leute aus der Umgegend besuchte den Felsen. Während einige nun einen kleinen mitgebrachten Imbiß verzehrten, bestieg ein anderer die steile Höhe. Plötzlich vernahmen die ersteren ein Rauschen und einen leichten Schrei. Nichts gutes ahnend, sprangen sie auf und eilten um den Felsen herum. Ihre Ahnung hatte sie nicht betrogen, denn der Freund war abgestürzt und lag regungs los da. Ein aus dem Felsen herausgewachsenes Bäumchen, auf welches der Abgestürzte zunächst ge fallen, hatte den Fall aus so bedeutender Höhe derart abgeschwächt, daß er zwar bewußtlos und mit einigen Schürfungen, aber doch lebend und mit ungebrochenen Gliedern davon kam. — Die Göltzschthalbrücke bei Netzschkau ist bekanntlich das großartigsteBrückenbauwerkSachsens. Sie wurde, ebenso wie die Elsterthalbrücke bei Jocketa, in den Jahren 1846—51 von den Meistern Wilke und Dost (letzterer ein Hohensteiner) erbaut und verschlang an Millionen Ziegel. Die Göltzsch thalbrücke besteht aus 80 Bogen, die sich aus 4 Etagen verteilen, und übertrifft die Elsterthalbrücke an Länge und Höhe um ein bedeutendes, hat aber weniger kühne Bogen. Ihre Länge betrügt 574 Meter, ihre Höhe 78 Meter, während die Elster thalbrücke nur 280 Meter lang und 68 Meter hoch ist. Leider hat der Zahn der Zeit auch schon an der nun 40 Jahre alten Göltzschthalbrücke seine Spuren erkennen lassen, doch ist dieser Riesenbau alljährlich Gegenstand sorgfältigster Untersuchung für Bauverständige. Wiederholt haben namentlich morsch gewordene Schlußsteine ersetzt werden müssen. Durch die Erschütterung, welche die darüberfahrendeu Züge verursachen, ist noch nie Schaden entstanden, wohl aber durch die Nässe. Namentlich hat sich gezeigt, daß durch die in den Lust- und Wasserabzügen nistenden Dohlen die Luftzirknlation und Austrock nung der Bogen beeinträchtigt wird. Um diese massenhaft dort nistenden Vögel nach Möglichkeit wegzuschaffen, ist die Jagd auf Dohlen imGöltzsch- thal freigegeben worden, wovon die Jagdfreunde fleißig Gebrauch machen. — Elsterberg. Ein höchst bedauerlicher Unglücksfall hat sich am vergangenen Dienstag im Schulturngarten hier zugetragen. Trotz strengen Ver botes ging ein 13 Jahre alter Schulknabe in der Freiviertelstunde, welche die Kinder unter Beaufsich tigung ihrer Lehrer im Freien verbringen, an einen Barren und versuchte den Hochstand. Dabei fiel der Bedauernswerte so unglücklich ab, daß er sich einen der beiden Holme mit aller Gewalt in den Unterleib stieß und sich dadurch sehr schwere und innere Verletzungen zuzog. Nach Ausspruch des Arztes hat Zerreißung einer Niere stattgefunden. Der Knabe schwebt in ernster Lebensgefahr. Z Die eigens zur Aburteilung von 160 ange klagten Bergleuten in Görlitz festgesetzte Schwur gerichtsperiode beginnt am 22. Juli in Schweidnitz. Z Berlin, 4. Juli. Der frühere Reichstags abgeordnete Hasenclever ist gestern gestorben. Z Eine urknndliche medizinische Erinnerung an den ersten deutschen Eisenbahnbau bringt der „Fränk. Kurier": Ehe der Bau der ersten Eisenbahn in Deutschland, der am 7. Dezember 1835 eröffneten Linie Nürnberg-Fürth, vorgenvmmen wurde, ersuchte die bayrische Regierung u. a. auch das Obermedi- zinal-Kollegium um ein Gutachten über Schädlichkeit oder Unschädlichkeit des Betriebs für die Gesundheit. Dieses Gutachten, welches sich noch heute im Archiv der Nürnberg Fürther Bahn befindet, lautet dahin, daß der Fährbetrieb mit Dampfwagen im Interesse der öffentlichen Gesundheit zu untersagen sei. Die schnelle Bewegung erzeuge unfehlbar eine Gehirn krankheit bei den Passagieren, welche eine besondere Art des äslierium kuriosum darstelle. Wollten die Fahrenden der Gefahr trotzen, so müsse der Staat wenigstens die Zuschauer schützen. Der bloße Anblick eines rasch dahinfahrenden Dampfwagens erzeuge genau dieselbe Gehirnkrankheit; es sei deshalb zu verlangen, daß der Bahnkörper zubeiden Seiten mit einem dichten, mindestens 5 Ellen hohen Bretterzaun umgeben werde n. s. w. Die bayrische