Volltext Seite (XML)
Wochen- und Nachricht-Malt zugleich 8tsch«B-Ai>zei-er siir HchüSns, WSlih, Zerns-orf, Nsdsrf, St. KAm, HmriPort, Marieimii ms Msm. Amtsblatt für den Stadtrat z« Lichtenstein. ——— —— — SS. Jahrgang. ———— Nr. 139. Dienstag, den 18. Juni 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden' Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer ö Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 17S, alle Katserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Bekarmtmachrmg, die Verunreinigung der Straßen und Plätze hiesiger Stadt und Flur betreffend. Alles Verunreinigen der Straßen und Plätze hiesiger Stadt und Flur bei Schutt-, Stroh-, Kohlen- und anderen dergleichen Fuhren infolge Herabfallens von der Ladung, sowie alles das, wodurch gegen das Gebot der steten Reinhal tung der Straßen und Plätze verstoßen wird, ist auf das sorgfältigste zu ver meiden. Jngleichen ist das Herauswerfen von Gegenständen irgend welcher Art aus den Häusern, sowie das Herausgießen von Abfall- oder sonstigen Wässern aus denselben untersagt. Geschieht die Verunreinigung bei Fuhren, so hat der betreffende Geschirr führer für sofortige und gründliche Beseitigung des Herabgesallenen Sorge zu tragen. Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werden mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen geahndet werden. Lichtenstein, am 15. Juni 1889. Der Rat zu Lichtenstein. Fröhlich. Bekarmtmachmeg. Da die für Sonntag abend geplante Beleuchtung des Helmgartens wegen des eingetretenen Regens unterbleiben mußte, so soll bei günstiger Witterung Mittwoch, den IS. Juni L88S, als am Tage des Dresdner Huldigungszuges, abends 8 Uhr Freiconeert im Garten des Gasthofs zum goldnen Helm mit Illumination des Gartens stattfinden. Dem Concert folgt Ball. Lichtenstein, den 17. Juni 1889. Der Rat zu Lichtenstein. — Fröhlich. Sparkassen-Expeditronstage in Lichtenstein: Dienst« gs, Donnerstags und Sonn abends. Geschäftslage der Sparkasse zu CaUnberg: Montag, Donnerstag und Sonnabend. Einlagen werden mit 3/.V» verzinst, Zinsen für Ausleihungen möglichst billig vereinbart. Tagesgefchichte. *— Lichtenstein, 17. Juni. Die 800jährige Wettinfeier, ein Jubiläum, wie es wohl einzig in der Geschichte dasteht, und wie solches noch keinem regierenden Hause vergönnt war, zu begehen, hat gestern seinen Anfang genommen. Ganz Sachsen hatte sich lange zuvor gerüstet, um dieses Fest zu einem nationalen zu gestalten und allerorts haben sich die Behörden sowohl wie auch Vereine und Korporationen in den Vorbereitungen übertroffen und damit zugleich ihre Liebe und unverbrüchliche Treue zum Herrscher hause, zu unserm allgeliebten Kgl. Landesherrn, zu er kennen gegeben. Auch unsere Stadt hat gleich andern Städten Veranlassung genommen, dieses Fest würdig zu begehen. Ein reicher Flaggenschmuck am gestrigen Tage legte Zeugnis ab, von dem echt patriotischen Sinn unserer Bewohnerschaft und der Liebe zum sächs. Herrscherhause. Früh 6 Uhr fand Reveille statt, an welcher sich je eine Abteilung des Kriegervereins, Mi litärvereins, der Schützen, der Freiw. Feuerwehr und des Turnvereins beteiligten. Der Gesangverein Lie derkranz brachte zu Ehren des Festes in früher Mor genstunde auf dem Marktplatze folgende Gesänge zum Vortrag: 1) Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren, von Hille; 2) Sachsenlied, dem Haus Wettin gewidmet, von Edmund Kretschmer; 3) Gott, Du bist meine Zuversicht. Von */s9 bis sie10 Uhr concertierte das Stadtmusikchor ebendaselbst. Hiernach ordnete sich der Festzug zur Kirchenparade. Es be teiligten sich an demselben der Militärverein, der Kriegerverein, das Schützenkorps, die freiw. Feuer wehr, der Gesangverein Licderkranz, der Turnverein, sämtlich mit Fahnen, die Kgl. und Kaiserl. Beamten, das Stadtkollegium mit Fahne, das Lehrerkollegium mit einer Anzahl Schüler und die Geistlichkeit nebst Kirchenvorstand und Kirchengemeindeglieder. Gegen 10 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung und nahm seinen Weg die Hauptstraße entlang nach der Zwickauerstraße, Bahnhofstraße in die festlich geschmückte Kirche in Callnberg. Nach Beginn des Gottesdienstes und nachdem der Kirchensängerchor unter Kirchenmu sikbegleitung den Hymnus von Späth: „Jauchzet eurem Gott" zum Vortrag gebracht, hielt Herr Oberpfarrer Naumann die Festpredigt auf Grund des Wörles der heil. Schrift Psalm 106, V. 1—5 und wählte hierzu das Thema: Wie feiern wir vor dem dreieinigen Gott die 800 jährige Jubelfeier unseres Fürstenhauses Wettin? 1) Ge denket dankbar, wie große Thaten der Herr unserm Volk und Lande gethan hat; 2) Erkennet mit Freuden, durch wie viel Ernst und Güte der Herr unser Fürstenhaus und Volk bis auf den jetzigen Stand er hoben hat; 3) Bringet viel Gebet und gläubiges Vertrauen dar, daß Gott, der die Wohlfahrt über das Königshaus, sein Volk und Land mächtig erhalte und sein Himmelreich unter uns wachsen lasse. Nach Beendigung des Gottesdienstes verfügten sich die Vereine wieder in ihre Vereinslokale. Von 12 bis 1 Uhr erfolgte Festgeläute mit sämtlichen Kirchenglocken. Nachm. 3 Uhr versammelten sich die Festgenossen und sonstige Teilnehmer beim Freiconeert im Garten des goldnen Helm, woselbst trotz der Ungunst der Witte rung ein recht zahlreiches Publikum sich eingefunden hatte. Bei gehobener Feststimmnng und bei einem Glas guten Biers, was besonders zur Ehre des Herrn Wirts auch an dieser Stelle hervorgehoben zu werden verdient, verweilten das Publikum bis gegen abend. Die Fortsetzung des Freiconcertes mit Ball und Illu mination des Helmgartens soll, wie aus der amtlichen Bekanntmachung an der Spitze d. Bl. hervorgeht, nächsten Mittwoch (am Tage des Huldigungszuges in Dresden) abend von 8 Uhr an erfolgen. Hoffentlich ist der Himmel dann freundlicher gestimmt. Am Abend erglänzten die städtischen Gasdekorationen in ihrem Lichterschmucke. Heute Montag fand in den einzelnen Klassen der hiesigen Bürgerschule Festaktus statt. — Am 3. dieses Monats und folgende Tage hat eine abermalige Auslosung Königlich sächsischer Staatspapiere stattgefunden, von welcher die 4*Vo Staatsschulden-Kassenscheine von den Jahren 1852/55/ 58/59/62/66 und /68, 4"/» (vormals 5°/») dergleichen vom Jahre 1867, 4"/o dergleichen vom Jahre 1869, 4°/o dergleichen vom Jahre 1870, die durch Abstem pelung in 3*/s o/o und 4°/o Staatspapiere umgewan delten Löbau-Zittauer Eisenbahnaktien lut. und V, ingleichen die den 1. Dezember 1889 und beziehent lich den 2. Januar 1890 zurückzuzahlenden, auf den Staat übernommenen 3sis o/o Partialobligationen von den Jahren 1839/41 und 4°/» dergleichen vom Jahre 1866 der Leipzig-Dresdener Eisenbahn-Companie be troffen worden sind. Die Inhaber der genannten Staatspapiere werden hierauf noch besonders mit dem Hinzufügen aufmerksam gemacht, daß die Listen der gezogenen Nummern in der Leipziger Zeitung, dem Dresdner Journal und dem Dresdner Anzeiger ver öffentlicht, auch bei sämtlichen Bezirkssteuer-Einnahmen und Gemeindevorständen des Landes zu jedermanns Einsicht ausgelegt werden. Mit diesen Listen werden zugleich die in früheren Terminen ansgelosten bez. gekündigten, aber noch nicht abgehobenen Nummern wieder aufgerufen, deren große Zahl leider beweist, wie viele Interessenten zu ihrem Schaden die Auslosun gen übersehen. Es können dieselben nicht genug davor gdwarnt werden, sich dem Irrtums hinzugeben, daß, solange sie Zinsscheine haben und diese unbeanstandet eingelöst werden, ihr Kapital ungekündigt sei. Die Staatskassen können eine Prüfung der ihnen zur Zah lung präsentierten Zinsscheine nicht vornehmen und lösen jeden echten Zinsschein ein. Da nun aber eine Verzinsung ausgeloster Kapitale über deren Fällig keitstermin hinaus in keinem Falle stattfindet, so werden die von den Beteiligten infolge Unkenntnis der Auslosung zu viel erhobenen Zinsen seinerzeit am Kapitale gekürzt, vor welchem oft empfindlichen Nach teile sich die Inhaber von Staatspapieren nur durch regelmäßige Einsicht der Ziehungslisten (der gezogenen wie der restierenden Nummern) schützen können, — Die von den Schützenqesellschaften Sachsens Sr. Maj. dem König zur Erinnerung an die Feier des 800jährigen Bestehens des Hauses Wettin ge widmete Stiftung hat einen sehr hohen Betrag er geben. Die hierzu nötige Stiftungsurkunde wird von feiten der Vorstände der priv. Scheibenschützengesell schaft bei der Montag stattftndenden Audienz über reicht werden. — Alle Veröffentlichungen der periodischen Presse, welche sich auf das 800jährige Jubiläum des Hauses Wettin und dessen Feier beziehen, sollen durch das Zeitungs-Museum in Aachen gesammelt werden. Die Redaktionen, vor allem die im Königreich Sachsen erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften, werden deshalb gebeten, die bezüglichen Nummern an das Zeitungs-Museum in Aachen zu senden. Dieselben sollen, in einer besonderen Abteilung vereinigt, sowohl dem späteren Historiker und Kulturhistoriker wert volles Material liefern, als auch beredtes Zeugnis ablegen von der Liebe und Anhänglichkeit, welche das treue Sachsenvolk seinem Herrscherhause zollt und in diesen Tagen so glänzend zum Ausdruck zu bringen gedenkt. — In seinen Festbetrachtungen über die Wettin feier schreibt, das „CH. Tgbl:" Mit uns richtet das Volk der Sachsen in diesen Tagen freudig bewegten Herzens die Blicke zum Throne seines Königs und erneuert in einstimmigem Heilruf dem erhabenen Herrscherhause der Wettiner zu dessen einzig in ihrer Art dastehenden Jubelfeier das Gelübde unverbrüch licher Treue. Das Geschlecht der Wettiner gehört nicht zu den mächtigsten Fürstengcschlechtern der Erde, aber keines kommt ihm gleich im Alter der Herrschaft, und an Ruhm und Ansehen können sich nur wenige mit ihm messen. Aus kleinen Anfängen heraus hat es sich zur weltgeschichtlichen Bedeutung emporgeschwungen, und heute ist es eine der sichersten Stütze deutscher Macht und Größe. Wohl haben sich seine Geschicke im Laufe der acht Jahrhunderte seiner Herrschaft im Sachsenlande nicht immer in aufsteigender Linie entwickelt; manch' Un gemach hat es erdulden, manch' verderbendrohenden An-