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— Zittau. Der im 76. Lebensjahre stehende Einwohner und Tagearbeiter Gottlieb Herzog aus Niederleutersdorf wurde am 22. Juni auf einem Kartoffelfelde an der Eibau-Leutersdorfer Flur grenze, nahe der Günzelmühle, vom Blitze erschlagen. Man fand den entseelten Körper 5—6 m weit von der Arbeitsstelle hinweggeschleudert mit demAngesicht am Erdboden liegend, tot auf. Deutliche Spuren starker Verletzungen durch elektrisches Feuer, namentlich am Kopfe und besonders am Gesicht bestätigten sofort die Annahme zur Gewißheit, daß ein Blitz strahl dem Leben des Verunglückten ein so uner wartetes und jähes Ziel gesetzt hatte. 8 Suhl, 23. Juni. In Viernau bei Suhl hat ein zehnjähriges Mädchen beim Grasmähen den achtjährigen Bruder mit der Sense aus Ungeschick so schwer am^Unterleib verwundet, daß der Tod er folgt ist. 8 Berlin, 25. Juni. Der König von Griechen land hat sich heute zunächst nach Homburg zum Besuch der Kaiserin Friedrich begeben. Von dort aus reist er über Paris nach Aix le Baines, um dort einen dreiwöchentlichen Kuraufenthalt zu nehmen. — Prinz Heinrich hat sich von hier nach Danzig begeben. — Das erste Verzeichnis der bei dem Unterstützungs komitee für die Opfer der Wassersnot in Pennsylvanien eingelaufenen Beiträge schließt mit ca. 35500 Mark ab, wovon 35000 Mark bereits dem deutschen Gene ralkonsul in New-Jork überwiesen worden sind. 8 Berlin. Dieser Tage hat im Grunewald ein Pistolenduell zwischen einem Studierenden der Medizin in Königsberg und einem hiesigen Bankbuchhalter stattgefunden. Beide Duellanten wurden am Arme schwer verwundet. 8 Von Sr. Majestät dem Kaiser erzählt man sich in Oldenburg bei Gelegenheit seines Besuches: Der Kaiser besuchte auch den preußischen Gesandten, Grafen Eulenburg, der eine stattliche Schar munterer Knaben besitzt. Da fragt einer der Kleinen: „Onkel Kaiser, wo hast Du denn aber Deine Krone?" — Antwort: „Ja, mein lieber Junge, die setze ich nur des Sonntags nachmittag auf." 8 Ueber eine mutige Lebensrettung berichtet die „Berl. Ztg.": Die 19jährige Anna R., welche bei einer hiesigen Familie als Erzieherin in Stelle war, wurde am Dienstag vormittag plötzlich entlassen, weil man bei ihr Bürger's Gedichte entdeckt hatte. Das Mädchen, die Tochter eines Geistlichen aus Sachsen, kränkte sich darüber derart, daß sie beschloß, ihrem Leben ein Ende zu machen. Angesichts einer Menge Zuschauer sprang sie direkt von der Weidendammer Brücke, indem sie sich über die Brüstung schwang, hinab in die Spree. Alles schrie um Hüffe, doch niemand wagte der Ertrinkenden nachzuspringen. Da endlich kam ein Leutnant eines hiesigen Garderegiments, übergab seinen Säbel einem Soldaten und wagte den kühnen Sprung. Das alles spielte sich in wenigen Augenblicken ab, und als der mutige Retter mit dem Mädchen, das er mit Aufbietung aller Kräfte über Wasser hielt, den zur Rettung herankommenden Nachen erkletterte, erscholl hundertstimmiger Jubel und Bei fallsrufen. Der brave Offizier schwang sich mit der Geretteten in eine Droschke und brachte das Mädchen nach einem Krankenhaus, worauf er, ohne seinen Namen zu nennen, davonfuhr. 8 Ein eigentümlicher Vorfall, bei welchem das Telephon als Lebensretter diente, wird aus Berlin berichtet. Der in der Großen Frankfurterstraße woh nende Rentier Adolph H. ließ sich mit dem in der Landsbergerstraße wohnenden ihm befreundeten Kauf mann F. telephonisch verbinden, und beide Herren Dunkel! Erzählung von Friedrich Friedrich. ... iNaLdrack verboten.) (Fortsetzung.) Paula erwiderte kein Wort. Regungslos saß sie da. Es war ihr, als ob die Worte ihres Vaters sie nicht beträfen. Sie war nicht im stände, an ihre eigene Zukunft zu denken, wo die Wirklichkeit so schmerzvoll an sie herantrat. „Du bist noch jung, Paula", fuhr der Steuerrat, seine Kräfte zusammenraffend, fort. „Du kannst jetzt noch nicht allein im Leben dastehen — auch dafür habe ich Sorge getragen, folge meinen Rat schlägen — meinen Bitten, die Du bald erfahren wirst." „Ich will alles — alles thun, nur verlaß mich nicht, Vater!" ries Paula, aufs neue in Schluchzen ausbrechend. — „Mein Kind, Leben und Sterben hängt nicht vondes Menschen Willen ab", erwiderte der Kranke, selbst mächtig ergriffen. „Eine mächtigere Kraft steht über uns — ihr müssen wir uns mit Vernunft fügen. Und es ist gut, daß es so ist!" fügte er halb in Gedanken versunken hinzu. Nach seinem Willen würde er sich nimmer von seiner Tochter getrennt haben. „Noch um eins möchte ich Dich bitten, Paula", fuhr er nach wenigen Augenblicken fort. „Es betrifft die Wahl Deines zukünftigen Gatten. Ich will Deinem Herzen keine Vorschriften machen, denn ich wünsche, daß Du bei der Wahl Deinem Herzen am meisten folgst, das ist ja die beste Bürgschaft des Glückes, allein weise auch die ruhige Stimme I plauderten mehrere Minuten geschäftlich mit einander, als Plötzlich der Rentier hindurchrief, daß ihm sehr übel würde und er die Anzeichen eines Schlaganfalles verspüre. Auf die Frage des Freundes, ober zu ihm kommen solle, hörte F. nur noch die Worte: „Arzt holen!" F. eilte schnell zu seiiiem Hausarzt und fuhr mit demselben nach der Wohnung seine« Freundes. Da auf mehrfaches Klingeln nicht geöffnet wurde, ließ Herr F. den Schlosser holen, und nun fand man den Rentier bewußtlos und nur noch leise atmend neben dem Telephon liegend vor. Den ärztlichen Bemühungen gelang es nach Stundenfrist, den alten Herrn wieder ins Leben zurückzurufen, und dürfte derselbe binnen einigen Tagen wieder hergestellt sein. Ohne Dazwi schenkunft des Arztes würde H., welcher seiner Wirt schafterin an diesem Nachmittag auszugehen erlaubt und sich ganz allein in der Wohnung befand, hilflos gestorben sein. 8 Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt aus Anlaß des Jubiläums: „Als König Karl von seinem ver ewigten Vater das Land übernahm, fühlte sich dieses beglückt durch eine Verfassung, hervorgegangen aus freier Vereinbarung zwischen Fürst und Volk, und durch eine Verwaltung, deren Vorzüge vornehmlich dem eminent praktischen Sinn König Wilhelm's zu ver danken waren. An die Regierung König Karl's trat die Aufgabe heran, die inzwischen zum unabweisbaren Bedürfnis gewordene Eingliederung des schwäbischen Sondertums in ein national-deutsches Gemeinwesen zu vollziehen. Dieser Aufgabe im Einklang mit der großen Mehrheit des Volkes gerecht zu werden, konnte niemand berufener sein, als eine Persönlichkeit von der milden, gerechten, sympathischen Art des gegenwärtigen Königs. Mochte das politische Urteil auf Augenblicke irren, das nationale Gefühl der Schwaben war ein echtes und starkes geblieben auf dem Herzensgründe dieses tüchtigen Stammes. Und es brach mächtig hervor in jenen Sommertagen des Jahres 1870, als der Wälsche dem deutschen Helden könig auf Preußens Thron glaubte eine Beleidigung bieten zu dürfen. Das lassen wir uns nicht gefallen, war der einmütige Sinn von König und Württemberg. Und wie nachdrücklich diese Worte auch in Thaten sich kundgeben sollten, das zeigte der Heldcnkampf der Söhne Württembergs bei Champigny, das zeigten die Wahlen vom Dez. 1870, welche die undeutsche Kammermehrheit wie im Sturme wegfegten. Das Deutsche Reich erstand, und „furchtlos und treu" haben seitdem Württembergs König und Volk innig vereint znm Deutschen Reiche und zum Deutschen Kaiser gestanden. Mit jenem feinen Gefühl für die zarteMittellinie, in welchergegenüberstehendeAnsprüche ihren gerechten Ausgleich finden, hat König Karl ins besondere dem Verhalten Württembergs in nationalen Fragen ein hervorragendes Gepräge der Loyalität ver liehen. Dies anerkennen mit aufrichtigem Dank in diesen festlichen Tagen nicht blos die Württemberger, sondern weit über Schwabens Grenzen hinaus alle patriotischen Deutschen. Das gesamte große Vaterland' wird das Verdienst des Königs Karl in dankbarer Erinnerung behalten, wenn jetzt und künftig überall, wo der Ruf erklingt „Hie gut Württemberg allewege", in gleicher Weise die Losung gilt: „Hie allewege deutsches Land!" 8 Buttstädt, 23. Juni. Bei Buttstädt wurde dieser Tage ein kräftiger 25jähriger Landwirt von einer Giftfliege in die Lippe gestochen. Bald stellte sich starke Geschwulst und der Tod infolge Blutver giftung ein. 8 Stuttgart, 25. Juni. Ihre Majestäten der Kaiser, die Kaiserin und der König von Sachsen > trafen heute 9 Uhr 50 Minu.,n vormittags hier I ein und wurden von dem Prinzen Wilhelm wie f sämtlichen Fürstlichkeiten empfangen. Am Bahnhofe waren zwei Ehrenkompanien für den Kaiser und den König von Sachsen aufgestellt. Nachdem der Kaiser die Front der Ehrenkompanie abgeschritten und sämtliche Fürstlichkeiten begrüßt hatte, fuhren Ihre Majestäten mit dem Prinzen Wilhelm unter enthusiastischen Hochrufen der zahlreichen Menschen menge durch die prachtvoll dekorierten Straßen nach dem Residenzschloß. Im Schlosse wurden Ihre Majestäten vom Könige, der Königin, sowie sämt lichen Prinzessinnen oes Königlichen Hauses am Portal des Weißen Saales empfangen. Die Begrüßung zwischen denMajestäten war eine äußerst herzliche. Bei der Fahrt vom Bahnhofe nach dem Schlosse wurden die hier anwesenden Souveräne, sowie der Großfürst-Thronfolger und Erzherzog Franz vom Publikum überaus sympathisch begrüßt. 8 Stuttgart, 25. Juni. Nach halbstün digem Aufenthalte fuhren der Kaiser und König zu sammen zur Parade auf den Cannstatter Wasen unter begeisterten Hochrufen der Bevölkerung auf dem ganzen Wege. Die Kaiserin und Königin fuhren ebenfalls zusammen nach dem Paradefelde, von sämtlichen Fürstlichkeiten gefolgt. Der Corso durch die Anlagen bei wunderschönem Wetter war äußerst glänzend. ** Wien, 25. Juni. Die „Presse" sagt: Der Ausdruck ernster selbstbewußter Entschlossenheit in der Thronrede würde an gewissen Stellen im Aus lande als kriegslustige Drohung aufgefaßt, jedoch mit Unrecht. Die Thronrede enthalte keine einzige derartige Wendung. Sie klinge für jeden, der den Frieden wolle, friedfertig. Nur diejenigen, die den Frieden nicht wollen, haben das Recht, zwischen den Zeilen der Thronrede herauszulesen, daß Oesterreich- Ungarn bereit ist, für seine Stellung als kontinentale Großmacht und für seine Interessen im Oriente mit aller Kraft und Würde einzutreten. ** In Kladno (Böhmen) ist, wie gemeldet, das Haus des Bürgermeisters in grauenvoller Weise von den Arbeitern verwüstet worden, als aus einer nich tigen Ursache ein Tumult ausbrach. Ein Berichter statter hatte eine Unterredung mit Herrn Hrabe. „Nicht der materielle Schaden ist es," sagte derselbe, „welcher mich beim Wiederbetreten meiner geplün derten Wohnung so schmerzlich berührte, sondern der schnöde Undank, der mir für meine uneigennützigen Bestrebungen gerade von jener Klasse der Bevölke rung zu teil geworden ist, für deren Interessen ich stets mit Wärme eintrat. Ich war immer ein Freund der Arbeiter. In Kladno geboren, liebe ich unendlich meine Vaterstadt. Daß seitens meiner Mitbürger mir Sympathien entgegengebracht wurden, können Sie daraus ersehen, daß mich dieselben zum vierten Male zum Bürgermeister gewählt haben. Ich bekleidete diese Ehrenstelle durch 11 Jahre. Meinen Gehalt als Bürgermeister im Betrage von 600 fl. habe ich jährlich in dreifacher Höhe wohlthätigen und gemein nützigen Zwecken zugewendet. Daß mir Aehnliches widerfahren würde, habe ich niemals geahnt. Gerade der Gunst des Arbeiterstandes hielt ich mich voll kommen sicher." Seinen Schaden schätzt Herr Hrabe auf mindestens 15,000 fl. In der einbruchsfesten Cassa, deren Sprengung den gewaltsamen Versuchen der Plünderer widerstand, befanden sich 11,700 fl. in Barem. Die Schlüssel zu derselben lagen in einem verschlossenen Wäschekasten. Diesen haben die Exce- denten erbrochen, sämtliche Wäsche wurde von den selben geraubt. Zum Glück sind ihnen die Schlüssel des Verstandes nicht zurück. Prüfe Dein Herz, ehe Du es verschenkst. Mancher glaubt ja zu lieben und sein Herz hat sich durch äußeren Schimmer täuschen lassen. Ich weiß, daß der junge Berger Dich gern hat, daß er Dich liebt. Ich gestehe es offen, daß ich mit Freuden ihn als meinen Schwiegersohn begrüßt haben würde, denn ich kenne ihn von Jugend auf — er ist ein guter, ein edler Mensch. Sollte er je um Deine Hand anhalten, Paula, dann weise ihn nicht zurück, ehe Du Dein Herz wiederholt geprüft hast. Das — versprich mir — mehr verlange ich ;a nicht." Paula versprach es schluchzend. Sie würde in diesem Augenblicke alles versprochen haben, weil sie unfähig war, irgend einen anderen Gedanken als ihren Schmerz zu fassen. Der Kranke war durch das Sprechen mehr angegriffen, als er befürchtet hatte. Näher und näher fühlte er den Tod an sich herantreten. Mehr und mehr seine Kräfte schwinden. Er hatte seiner Tochter so viel noch zu sagen — schon fehlten ihm die Kräfte dazu. „Schick' zum Doktor — zu Prell" sprach er mit matter Stimme. „Er soll sogleich kommen. Auch ihn muß ich noch sprechen." Paula eilte fort, um der Dienerin den Auftrag zu geben. Dann kehrte sie in das Zimmer zurück. Der Kranke lag mit geöffneten Augen da. Schmerzlich lächelnd nickte er ihr zu. Er schwieg. Den letzten, geringen Rest seiner Kräfte wollte er auf sparen bis der Gerufene kam. Der war sein Arzt und langjähriger Freund. Paula saß neben ihm. Die Augen hatte sie angstvoll auf ihn gerichtet. Jetzt entging es auch ihr nicht mehr, welche Veränderung in seinem Gesichte vorgegangen war. Das waren schon die Züge des Todes. Der Morgen brach herein. Die ersten Sonnen strahlen schimmerten fflbst durch die dicht zugezogenen Vorhänge. Der K>' ke bemerkte es. „Zieh die Vorz üge zurück," bat er. Die Worte wurden ihm schon schwer, er sprach sie gebrochen. Die Sonnenstrahlen fielen auf ihn. Ein Lächeln glitt über sein Gesicht. Mit peinlicher Ungeduld erwartete Paula die Ankunft des Arztes, auf ihn waren ihre letzten Hoff nungen gesetzt. Draußen in Lem Vorzimmer saß die langjährige Dienerin, welche den Arzt gerufen hatte, auch sie wartete auf seine Ankunft. Da wurde die Thür leise geöffnet und ein mittel großer, fast zierlich gebauter Mann trat leise, fast unhörbar ein. — Es war der Doktor Prell. Er ließ die dunklen Augen schnell durch das Zimmer gleiten. Es lag etwas Stechendes in diesem Blicke, das sich indes verlor, als er sich an die Die nerin wandte. „Wie steht et?" fragte er. „Der Herr scheint sehr — sehr krank zu sein," erwiderte die Dienerin. „Hm! ich weißes," entgegnete der Doktor, indem er mit der Rechten über das glatt rasierte Gesicht fuhr. „Ich weiß es," wiederholte er, „und ich kann ihm auch nicht mehr helfen. Der Tod läßt sich nicht bezwingen. „Hat er oder Paula zu mir geschickt?" „Das Fräulein gab mir den Auftrag, Sie zu