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WmMMMTWU Wochen- und Nnchrichlsblatt zugleich HesWs-ÄMM fiir Hohn-orf, Mdlitz, Bwisdorf, Riisdorf, St. kzidie», Heimichsort, Raritm« mit Mtilseii. Amtsblatt fiir den Stadtrat zu Lichtenstein. Nr. 141. LS. Jahrgang. — Donnerstag, den 20. Juni 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn-und Festtags) abends für den folgenden! Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 26 Pf. — Einzelne Nummer S Pfennige.— Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. TagesgeschichLe. — Callnberg, 18. Juni. In der festlich geschmückten Aula des Seminars wurde die Wettin- feier heute vormittags 10 Uhr durch den Gesang des Liedes: Allein Gott in der Höh' sei Ehr', eingeleitet. Herr Seminardirektor Höser verlas hierauf den Dank-und Jubelpsalm 100. Der schwungvolle Fest gesang, komp. vom Herrn Musikdirektor Wermann: Heil dir, du edles Haus Wettin! diente als Ueber- qang zur Festrede des Herrn Reichel; derselbe feierte die Wettiner als des deutschen Reiches Markgrafen und des Sachsenlandes Hausväter. Die Jubelouver- ture von Weber, vierhändig von Schülerinnen gespielt, schloß sich hieran. Zwei Deklamationen: Wie die Raute in das Wappen der Wettiner kam — und — Die Sachsen bei St. Privat — und das Lied: Gott sei mit dir, mein Sachsenland! schlossen die erhebende Feier. — Callnberg, 19. Juni. Bereits seit Wochen und Monaten rüstete man sich in unserem sächsischen Lande, um die 800jährige Jubelfeier unseres allver ehrten Königlichen Hauses Wettin auf eine würdige Weise zu feiern und konnte daher auch von feiten der Einwohnerschaft unseres Städtchens nicht unter lassen werden, ein Zeichen der Liebe und Verehrung gegen unser Königshaus an den Tag zu legen. Am vergangenen Sonntag früh 6 Uhr erklang in feierlicher Weise vom Turm unseres Gotteshauses der Choral: „Allein Gott in der Höh' sei Ehr'" und der Kanonen donner der Schützengesellschaft kündete die Festtage an. Von 8/48 Uhr an versammelten sich die Festteilnehmer zu einem gemeinschaftlichen Festzug in die Kirche, welcher um 8 Uhr unter Musikbegleitung mit dem Choral: „Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren" von der städtischen Vertretung und dem Kirchen- und Schulvorstand mit der Stadtfahne eröffnet wurde; diesem schlossen sich die übrigen Festteilnehmer sowie der Gesangverein, Feuerwehr, Militärverein, Turnverein, Schützen, Bürgererholung und Geflügel züchterverein mit ihren Fahnen und Emblemen an. Beim Eintritt in die Kirche machte das dreifache Ertönen der Musik, der Orgel und des Geläutes einen mächtigen Eindruck auf die Gemüter der Erschienenen und wurde diese Stimmung noch erhöht durch die Begleitung der Musik während des Gesanges. Die Festpredigt unseres He.rn Pastor Köllner, welcher die Bedeutung des Tages klar legte, gab abermals Zeugnis, wie derselbe zum Herzen reden kann und von seiner Begabung als Kanzel redner. Am Nachmittag vereinigte sich die Ein wohnerschaft zu einem Feftconcert im hiesigen Schützenhause, welches Herr Bürgermeister Schmidt mit einer kurzen Ansprache emleitete. Während des Concertes wurden einige allgemeine Gesänge: „Den König segne Gott; Heil Dir, Wettin, Ich hab mich ergeben und Deutschland, Deutschland über alles" gesungen und verlief die Feier in unge teilter, heiterer Stimmung. Am Montag vormittag fand Festaktus in den einzelnen Klassen der Schule statt. Am Dienstag früh um 5 Uhr schon konnte man auf den Straßen bemerken, daß etwas außerge wöhnliches vorgehe, denn es war bereits ein Leben eingetreten, welches an gewöhnlichen Werktagen nicht bemerkt wird, die Kinder liefen schon eilig die Straßen hin und her und 1/26 Uhr ertönte die Reveille zum Schulfeste. Vormittag 11 Uhr wurden 5 Vögel, zum Abschießen bestimmt, ausgezogen. Nach 12 Uhr begann das Sammeln der Kinder in! der Schule, und um 2 Uhr Abmarsch des Festzuges. Auf dem Schützen platz angelangt, hielt Herr Schuldirektor Schmidt an dieJugend eine dem Tage ensprechende Ansprache, worauf dann mit der programmmäßigen Abwickelung des Festes begonnen wurde. Abends 8 Uhr fand der Rückzug nach dem Markte statt, wo Herr Cantor Dörner treffliche Schlußworte sprach, welchen das Singen des Liedes „Nun danket alle Gott" und dann die Auflösung des Zuges folgte. Das Fest, welches von dem schönsten Wetter begünstigt wurde, ist als ein wohlgelungenes zu betrachten und wird den Kindern noch lange eine freudige Erinnerung sein. — Hohndorf. Am Dienstag bestieg der beinahe 14 Jahre alte Schulknabe Schädlich von hier einen Kirschbaum, um von der süßen Frucht zu naschen. Die Strafe folgte dem Diebstahle sofort, denn der Knabe fiel voni Baume und soll dabei beide Arme gebrochen (?) haben — eine Warnung für alle Obst diebe, wie auch für die Eltern der Kinder. — Bernsdorf, 18. Juni. Mit welch allsei tiger Teilnahme und patriotischer Begeisterung sich die Wettinfeier in unserem Orte vollzogen, ist wohl selten noch bei anderen festlichen Gelegenheiten so durch Wort und That bewiesen worden, als wie gestern; es hat sich eine so festliche Stimmung seit dem Frie densfeste des Jahres 1871 kaum wieder gezeigt. Nach dem sich die Einleitungsfeierlichkeiten Sonnabend und Sonntag programmmäßig vollzogen hatten, wurde gestern früh 4 Uhr durch eine Festreveille, wobei alle Vereine durch eine Deputation vertreten waren, der Hauptfesttag eröffnet. Der Himmel machte zwar ein recht trübes Gesicht dazu und ergoß sich in feinen Schleußen auf alle in recht unangenehmer Weise, aber schon im Laufe des Vormittags klärte sich derselbe wieder auf und es folgte das herrrlichste Königs- Wetter; deshalb arbeiteten auch am Vormittag überall thätige Hände, um zur Schmückung des Ortes nach Möglichkeit beizutragen. Mittags 12 Uhr versam melten sich an der neuen Schule zum Festzuge: Der Genieinderat und Schulvorstand, die Lehrer mit den beiden Oberklassen der Schule, eine Anzahl Berittene, sowie alle Vereine, außerdem stellten die Turner und der Sparverein je einen Festwagen, welche in recht passender Weise ihre Vereins-Grundsütze sinnbild lich darstellten. Nach Formierung des Zuges setzte sich derselbe nach dem niederen Ort in Bewegung und von da zurück ins obere Dorf und dann auf den Festplatz in der Nähe des Nötzoldschen Gasthofes. Dort eröffnete Herr Kantor Beyer durch einen patriotischen Gesang mit dem Kircbenchor die Feier und dann bestieg Herr Pastor äss. Kleinpaul aus Kohren die Rednerbühne, legte mit schwungvollen Worten und klarem Verständnis der Festversammlung die Bedeutung dieses Festes für uns Sachsen so rechtans Herz, erinnerte an die guten Zeiten, aber auch an die schlechten, die an uns Sachsen in dieser 800jährigen Regierungszeit des Hauses Wettin vorüber gegangen sind und hob noch ganz besonders hervor, daß das Erblühen der Kunst und Wissenschaft, In dustrie und Landwirtschaft, welches unter der Regie rung der jetzigen Stammhalter unseres Königs Albert, sowie dessen sel. Vater, König Johann, für dem aus Dankbarkeit erst dieser Tage in Dresden die Hülle von dem Denkmal fällt, das ihm das Sachsenvolk setzte, uns zu einem an der Spitze aller Kulturländer mit marschierendem Staat empor gebracht hat. Ein Hoch auf das Haus Wettin und dem jetzigen Stamm halter Sr. Maj. König Albert, in welches die Ver sammlung begeistert und kräftig einstimmte, schloß seine Rede. Da auf dem Festplatz auch für das leibliche Wohl gesorgt war, so entfaltete sich daselbst noch einige Zeit ein recht frohes und heiteres Leben, ehe man dem nahenGasthofezueilte, woum flsbUhrder Festkommers begann. Der Saal war nach Beginn in kurzer Zeit überfüllt und konnte nicht alle Teilnehmer fassen, so daß viele in den anstoßenden Zimmern Raum suchen mußten, wenn sie nicht wieder wollten zu Hause gehen. Das Programm, welches von der Sängerabteilung des Militärvereins Kam., Gesangverein Orpheus, Turnverein und der Musik in abwechselnder Weise ausgeführt wurde, konnte man in allen Teilen als gelungen betrachten, was auch der viele Applaus, der jeder einzelnen Nummer folgte, bezeugte; der turnerische Gruppenreigen mit Lampions mußte sogar nochmals ausgeführt werden. Am Schluffe des Kommerses sprach Herr Bauch dem Gemeinderat, allen Vereinen, dem Festredner, sowie den drei Komi teemitglieder in kurzen Worten seinen Dank aus für alle ihre Bemühungen. An den Kommers reihte sich noch ein Tänzchen, das die Leute noch einige Stunden in heiterer und gemütlicher Feststimmung zusammenhielt. — Heinrichsort. Die Wettinfeier wurde im hiesigen Orte am Sonntag durch einen Festzug in die Kirche, an welchem sich alle Vereine zahlreich betei ligten, sowie am Montag durch ein Schulfest began gen. Den Hauptplatz des Schulfestes bildete der Garten des Gasthof zur goldnen Krone, woselbst Spiele für die Kinder arrangiert wurden und auch für das leibliche Wohl gehörig Sorge getragen war. — Mülsen St. Niclas. Das Wettiner-Jubi läum des sächs. Königshauses wurde hier in folgen der Weise gefeiert: Sonntag vormittag Kirchenparade von Schützen, Militärverein, Kriegerverein, Berg leuten, der Weberinnung und von Turnern. Montag nachmittag 2 Uhr Festzug, welcher wie folgt, zusam- mengestellt war: Zwei Adjutanten, vier Zimmerleute, Kriegerverein, 1. Knabenklasse, Innung, 1. Mädchen klasse, Schützen, Bergleute, 2. Knabenklasse, die Musik, Gemeinderat, Kirchen- und Schulvorstand, Militär- Verein, bestehend aus einem Adjutanten, einem Herold, einem Kurfürst, zwei Rittern, zwei Landsknechte, sämt lich dem 16. Jahrhundert entstammend, zwei Leib grenadiere von 1770, zwei Leibgardisten und zwei Jäger von 1820, ein mit vier Pferden bespanntes Geschütz mit vollständiger Bedienung, sowie ein zwölf Mann starker bewaffneter uniformierter Trupp, 2. Mädchenklasse, Turner und ein zweispänniger Bau wagen. Nach Beendigung des Zuges fand die Weihe und Enthüllung der an der Kirchschule angebrachten Gedenktafel mit dem Schlußgesang, den König segne Gott, statt. Hierauf brachte der Herr Gemeindevor stand ein Hoch auf Se. Majestät den König Albert aus. Nach 1^/s stündiger Pause begann im Petzold- schen Gasthof ein Kommers, bestehend in Musik, Gesang und deklamatorischen Vorträgen. Zum Schluß reihte sich eine vom Militärverein ausgeführte Dar stellung lebender Bilder, Sachsens Vergangenheit und Gegenwart darstellend, mit bengalischer Beleuchtung, an. Lange wird das schöne Fest in aller Erinnerung bleiben. — Manchen Eltern mit starker Familie auf dem Lande dürfte die Mitteilung von Nutzen sein, daß ihnen während des Frühlings und Sommers Gele genheit gegeben ist, sich einen annehmbaren Neben verdienst zu verschaffen, und zwar durch das Einsam meln und Trocknen von wild wachsenden medizinischen Blumen und Kräutern, welche in Sachsen überall auf dem Lande in großen Mengen Vorkommen. Gewisse Sorten Blumen, wie weiße Nesselblumen, Stiefmüt terchenblumen und schwarz- oder Schlehdornblüten werden besonders gut bezahlt und können von Kindern mühelos gesammelt werden. In vielen Gegenden von Bayern, Thüringen und Oesterreich bildet daö Sammeln einen erheblichen Teil der ärmeren Landbevölkerung und die Einführung desselben ist dort namentlich den