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gespielt haben und gleichsam als Markstein gesetzt sind in der historischen Entwicklung. Ganz so wie das Reich stolz gedenkt der Zeit Armins und sym pathisch blickte auf sein Hermannsdenkmal im Teu toburger Walde, ganz so wie es in jüngster Zeit seines zweilausendjährigen Bestehens gedacht und und vor dem geistigen Auge die Heldengestalten seiner Sagen und Geschichte vorüberziehen ließ, ganz so wie die vierhunderljührige Jubelfeier der Reformation uns der Manen Luthers und Melanchthons gedenken ließ, so haben auch in der großen Zeit des neuen Kaisertums, in der Periode eines Wilhelm 1., Kaiser Friedrich und Wilhelm II. einzelne deutsche Volksstämme gerechten Anlaß genommen, ihrer geschichtlichen Höhezeiten zu gedenken, und wenn die Völker und Gauen, die das hohenzollernsche Szepter vereint, in dieser Zeit zuweilen das Andenken des großen Kurfürsten von Branden burg, des zweiten Friedrich, der unvergeßlichen Kö nigin Luise und ihres verklärten Sohnes Wilhelm des Siegreichen und mit ihm ganz Deutschland am Vorabend des Wettiner Jubiläums auch des Kaisers Friedrich gedenken, so haben doch auch die Bayern ihr 760jähriges Wittelsbacher Jubelfest begangen, so rüsten die Württemberger sich zur Feier der Denltage an schwäbische Heldenzeiten und feiert begeistert das Sachsenland das Andenken an die Tage der Begrün dung seiner Dynastie, an das Stammhaus Wettin. In allen solchen Feiern ist der früher leitende Grundgedanke an die Erhöhung der Hausmacht in Bayern, Schwaben und Sachsen ebenso zurückgetreteu wie in Hohenzollern. Man kennt bei aller Treue, die das Herz dem engeren Vaterlande weiht, nur einen deutschen Geist, nur deutschen Brudersinn, nur deutsche Herzen und Seelen, die in Not und Gefahr zusammeustehen zu Schutz und Trutz. Aber dennoch und zwar noch gemütstiefer und wärmer erfaßt die Genossen eines Volksstammes, umschließt die Angehö rigen eines Gaues, der auch in schweren Zeiten einig zusammenstand und seine Verbrüderung eher bewirkt hatte, als alle deutschen Brüder, die patriotische Er innerung an ruhmvolle Zeiten und Thaten, und für alle sächsischen Gauen ist die Erinnerung an die Zeiten des Wirkens der Grafen von Wettin gefeit und geweiht. Beim Wettiner Jubiläum fließt in der Er innerung und Tradition nach 800 Jahren noch nicht Geschichte und Sage zusammen; da bietet sich kein unklar verschwommenes Bild, sondern das klare Bild des einigen starken sächsischen Gaues, der unter Führung von Helden und Recken, seinen segensreichen Einfluß übt auf den Gang der Geschichte des deut schen Volkes; das Jubiläum ehrt gewissermaßen die historische Einigung sächsischer Stämme zum gemein samen Pfade der deutschen Volkskraft und der Kultur, des Strebens für gleiches Recht und Sitte, für Schutz der Bürger und der Toleranz. Konrad von Wettin, welcher die Mark Meißen begründete, bietet das leuch tende Vorbild eines alten deutschen gerechten Fürsten und unter Vereinigung mit dem Pleißnerland gewann dieser kräftige sächsische Volkssinn, der mit der Pflege von Handel und Gewerbe Bildung und Wohlstand schaffen und ausbreiten lehrte, weiten Anfang, bis die Begründung der Universität Leipzig durch Markgraf Friedrich den Streitbaren die Vorarbeit Konrads und seines Sohnes Otw von Meißen krönte. Die Geschichte Sachsens und der sächsischen Her zogtümer ist schließlich wenig unterschieden von der bes übrigen Deutschland, nur blieb Sachsen immer durch kluge und starke Fürsten bis zum 19. Jahr hundert von den größten Schädigungen bewahrt und diplomatisierte thätig in allen größeren deutschen Fragen. Das vereinigte Königreich Sachsen-Polen Das Geheimnis des Schlosses. Erzählung von L. Dubois. . (Nachdruck verdaten.) (Fortsetzung). „Komm', lieber Daniel," so schrieb er, „und verliere keinen Augenblick, denn ich habe Dir sehr interessante Mitteilungen zu machen. Dein Gespenst befindet sich in meinen Händen und ist jetzt ein spiritu8 Lvaiiiaris geworden. Auch glaube ich im stände zu sein, die kranke Phantasie der jungen Engländerinnen durch überzeugende Beweise zu heilen. Unter solchen Umständen wirst Du hoffentlich nicht zaudern. Bringe mir Sir Eglington's Adresse mit, denn seine Gegen wart ist hier unumgänglich nötig. Ein bequemer Wagen wird Dich von Orleans abholen, und ich ver spreche Dir, daß Du nicht im grünen Zimmer schlafen sollst." Zwei Tage später langte ich in Malemort an. Das Aeußere des Schlosses hatte sich gänzlich verändert. Ein lebendiger frischer Strom floß jetzt in den Gräben, welche früher nur mit stinkendem Wasser angefüllt gewesen waren, und eine neue elegante Brücke führte zu einem hohen und breiten Portale. Die halb verfallene alte Steinbrücke und die früher enge Pforte waren verschwunden. Die geöffneten Fenster des Gebäudes ließen die wär menden Sonnenstrahlen ein, und die Schwalben zwitscherten munter um die alten Mauern, um ein sicheres Plätzchen für ihr Nest zu finden. Alles atmete Leben und Bewegung. Im Garten der auf solche Weise veränderten Besitzung stand Henry und erteilte einer Gruppe von Arbeitern seine Befehle. spielte sogar eine hervorragend-politische Rolle. In wirtschaftlicher Hinsicht war Sachsen vielfach den üb rigen deutschen Staaten voraus und sein Bergbau, seine Industrie waren reich und mustergiltig. Gerade diese gesunde Entwickelung weist aber schon 800 Jahre in die Zeiten der ersten Wettiner zurück. Man kann dem Sachsenlande Fleiß, Bildungstrieb, Sparsamkeit, Gewissenhaftigkeit, Mut und Tapferkeit zuerken u und seine Schlauheit und Gemütlichkeit sind mit strenger Rechtlichkeit verschwistert. Hat das starke National gefühl auch zuerst nur vorsichtig sich dem deutschen Reiche zugewandt, so ist der Sachse dafür auch der begeistertste und eifrigste Patriot des neuen Kaiser reichs geworden. Die sächsischen Fürsten und das deutsche Volk gelten als der felsenfeste Kitt zwischen Nord und Süd im Reiche und das Wettiner Jubiläum mahnt an jene erste historische Einigung zwischen den großen deutschen Stämmen, die sich vollzog, als die Hohenstaufen, die Stammhäuser der Hoheuzolleru und der Wettiner, sich zuerst nach Norden wandten um daselbst ihre G - schlechter, die Wettiner Burggrafen bei Merseburg und die Bayreuther in Brandenburg für alle Zeit mit dem Geschicke der Preußen und Sachsen zu verbinden. In dieser glorreichen Parallele aber ist das Wettiner Ju biläum ein bedeutungsvolles echt deutsches Fest und wert der höchsten Sympathien von Kaiser und Reich, Fürsten und Volk. Tagesgeschichte. — Lichtenstein. Das gestern, Freitag nach mittag hier vorübcrgezogene schwere Gewitter scheint anderwärts arg gewüstet zu haben. Reisende erzählen dem „Chemn. Tagbl." zufolge, zwischen Burk- hardsdorf und Dittersdorf seien die Schloßen in solchen Massen gefallen, daß es auf dem Chemnitz fluß wie Eisgang ausgcsehen habe. In einem dicht an der Haltestelle Dorfchemnitz gelegenen Bauerngut habe der Blitz 1 Ochsen und 2 Kühe erschlagen, sonst aber nicht gezündet. Auch an der Annaberger Linie muß das Gewitter schwer getroffen haben, denn der 8 Uhr 36 Min. in Chemnitz fällige Annaberger Perso nenzug hat wieder nach Wolkenstein zurückkehren müssen, weil der Gewitterregen zwischen dort und Scharfenstein eine Brücke beschädigt hat. Der Zug erlitt dadurch eine mehrstündige Verspätung. —* Unsere Herren Berichterstatter ersuchen wir an dieser Stelle höflichst, über die Wettin-Festlich- keiten uns Notizen gef. sofort zu übermitteln. — Die Heidelbeererute dürfte zum großen Leid wesen eines großen Teiles unserer erzgebirgischen Bewohnerschaft keine sehr reichliche werden. Unzäh lige unreise Früchte sind durch die große Trockenheit der letzten Wochen abgefallen. Hier und da sieht man freilich auch noch ziemlich viele schon blau werdende Beeren, die natürlich von der das Warten niemals lernenden Jugend sofort gepflückt werden. Möchte jeder seine Kinder, ehe sie hinaus in den Wald zum Beerenpflücken ziehen, streng anweisen, nur reife Beeren zu pflücken. — Dem soeben erschienenen amtlichen Bericht zufolge haben die Sterbefälle im vorigen Jahre im Königreich Sachsen noch mehr als im Jahre 1887 abgeuommen. Es sind 2608 Todesfälle weniger als im Jahre 1887 und 10,458 weniger als in dem ungünstigsten Jahre 1886 verzeichnet worden; es sind im Jahre 1886 nämlich im Königreich insge samt 85,721 Personen gestorben, d. h. 26,1 pCt. auf 1000 Lebende. An Masern starben im vorigen Jahre 797, an Scharlach 746, au Diphtherie (Bräune) 3911, an Keuchhusten 837, an Unterleibstyphus 808, ! Er empfing mich mit offenen Armen und führte mich in einen Hellen, freundlichen Speisesaal, den er an Stelle der düsteren Vorhalle hatte anlegen lassen, und wo unser ein reichliches Frühstück wartete. „Du bast bereits Wunder gethan!" sagte ich. — „O, s Du am meisten bewundern sollst, ist mein SO fblick", erwiderte er lachend. „Aber ich will keinen nüchternen Magen als Zuhörer haben. Wenn Du gesättigt bist, werde ich Dir meine Ent deckungen Mitteilen." — Ich empfand mehr Neugierde als Hunger und drängte ihn deshalb mit Fragen. „Wiste, mein lieber Freund", sagte er, „daß Du in einer Nacht, die Du hier zugebrachst hast, nahe daran warst, völlig vergiftet zu werden." — „Ver giftet?" rief ich erschreckt. — „Komm und sieh'!" versetzte er. Eine Thür öffnend, welche nach seinem Arbeitszimmer führte, zeigte er mir unter Retorten und Schmelztiegeln einen Brennkolben, welcher mit einem grünlichen Pulver angefüllt war. „Hier, das ist ein Teil dessen, was in Deinem Zimmer gesammelt worden ist", erklärte er, „und in dieser Tasse befindet sich der reine Grünspan, den ich daraus gezogen habe." — Es war in der That gräßlich. Zehn viel kräftigere Menschen als ich hätten damit vergiftet werden können. — „Sechs Stunden lang hast Du dieses feine Gift eingesogen, dessen Wirkung durch die nachteiligen Ausdünstungen des nahen Schloßgrabens noch erhöht wurde. Das war allerdings genug, um Schwindel, Uebelkeit und Erbrechen zu erzeugen. Henry erklärte hierauf, wie das tückische Kupferoxid einen großen Bestandteil mancher grünen Farbe bildet. Die alten grünen an Krebs 2553 und an Lungenschwindsucht 7743 Personen. — Infolge mißverständlicher Auffassung der bezüglichen Anordnung haben mehrere Billetexpe ditionen der sächsischen Staatseisenbahnen bei Entnahme von Fahrkarten zu ermäßigten Preisen für die Fest- zugstcilnehmer, trotz der Präsentation der Teilnehmer ausgestellten Legitimationskarten, noch eine besondere Legitimation des Entnehmers verlangt. Dieses Ver langen ist aber in der betreffenden Verordnung (Amts blatt der Königlichen Generaldirektion der Sächsischen Staatseisenbahnen Nr. 23, 1, 2) nicht begründet, denn wenn es daselbst im 1. Absatz heißt, daß die Fahr karten zu ermäßigten Preisen im voraus „unter" Vorweis einer Legitimation" zu entnehmen seien, so soll damit eben angedeutet werden, daß die von dem Festzugsausschuß ausgestellten Legitimationskarten die verlangte Legitimation darstellen. Es sei also ausdrücklich darauf hingewicsen, daß es zur Entnahme der Fahr karten zu ermäßigten Preisen für die ZugsteilnehMer weiterer Legitimationen als der ausgestellten („roten") Legitimationskarten nicht bedarf. — Die Zahl der Apotheken im Deutschen Reiche belief sich (dem im kaiserlichen Gesundheitsamt bearbeite ten, kürzlich erschienenen Werke „Die Verbreitung des Heilspersonals, der pharmaceutischen Anstalten und des pharmaceutischen Personals im Deutschen Reiche" zufolge) am 1. April 1887 auf 4680, wobei 133 Filialen eingerechnet. 12 Jahre früher wurden, ein schließlich 144 Filialen, 4416 Apotheken gezählt; es hat also in diesem Zeitraum eine Zunahme um rund 6°/» stattgefuuden, während sich die Bevölkerung des Reiches in den Jahren von 1875 bis 1885 um 9,7°/» vermehrt hat. In den kleinen Gemeinden wurden 1876 2931,1887 nur 2842 Apotheken, also 89 weniger gezählt, was sich wohl aus dem Umstande erklärt, daß infolge Anwachsens der Einwohnerzahl 89 kleine Ge meinden in die Kategorie der größeren übergegangen sind. Die Apotheken in den größeren Gemeinden (mit 5000 und mehr Einwohnern) haben sich von 1485 auf 1838, d. h. um kaum 24°/» vermehrt, während die Bevölkerungszunahme in diesen Gemein den 41°/a betragen hat. — Ein denkender Kopf hat uachzuweisen versucht, daß seit sechzig Jahren diejenigen Jahre, welche mit 9 enden, immer zu denen gehörten, die den Menschen viel Unheil gebracht habe». Im Jahre 1829 hatten wir eine grimmige Kälte, von der unsere Vorväter nicht genug erzählen konnten, 1839 gab es großes Wasser, 1849 ist das Jahr der Revolution, 1859 war die nahrlose Zeit, 1869 hatten wir den großen Wald bruch, der sich über Sachsen, Bayern und Böhmen erstreckte. Nur das Jahr 1879 macht eine Ausnahme, indem in dasselbe, soweit man sich wenigstens erin nern kann, nichts von Bedeutung für uns oder die gesamte Provinz fällt. 1889 ist dagegen wieder das Jahr der Wasserschäden. — In der Ansprache zur Eröffnung des süchs. Landtages ist u. a. bemerkt, daß der gegenwärtig versammelte außerordentliche Landtag mit einer Vor lage zur finanziellen Unterstützung der durch Wolken brüche geschädigten Landestcile befaßt werden wird. Wir halten eine solche Unterstützung um so nötiger, als man die arg geschädigten Ortschaften nicht der Privatwohlthätigkeit allem überweisen darf. Die Landes-Brandkasse hat im übrigen so erhebliche Ueberschüsse und so bedeutende Kapitalien in Reserve liegen, daß sie jeden Augenblick und ohne große Vorbereitungen Hilfe leisten kann. In der Wirkung ist es schließlich gleich, ob ein Haus durch Feuer oder durch Wasser zerstört worden ist. Tapeten und die grünen Ueberzüge der Möbel hatten eine bedeutende Quantität des Giftes enthalten. — „Jetzt laß uns zum Gespenst übergehen", sagte ich. — „Geduld!" erwiderte er. „Sogleich. Beinahe wäre ich übrigens selbst davon getäuscht worden. Als ich von meiner neuen Herrschaft Besitz nahm, ließ ich mich natürlich in dem am wenigsten unbe quemen Teile der Wohnung nieder und wählte das im rechten Turme gelegene Zimmer Deines Freundes Arthur. In der ersten Nacht schlief ich ungestört und hörte nichts; in der zweiten jedoch wurde ich von schleichenden Tritten erweckt, welche vorsichtig die Treppe herauf kamen." „Wer ist da?" rief ich. Keine Ant wort erfolgte. Ich zündete das Licht an und öffnete die Thüre, konnte aber niemand sehen. Auch den Turm untersuchte ich von unten bis oben, ohne jeden Erfolg. Endlich glaubte ich geträumt zu haben, hielt aber in der folgenden Nacht desto aufmerksamer Wache. Um dieselbe Zeit, gegen Mitternacht hörte ich die Tritte wieder leise heraufkommen, die sich dann nach dem Korridor wandten, auf dem das Zimmer gelegen ist, in welchem Du geschlafen hast. Ich muß hier bemerken, daß ich, um mehr Licht und einen frischeren Luftzug in die seit Jahren unbenutzten Gemächer des Gebäudes dringen zu lassen, bei Tage sämtliche Fenster des Schlosses und bei Nacht alle Thüren geöffnet hielt; denn die Luft kann ebenso gut wie das Wasser durch Mangel an Bewegung stinkend werden und jene Dünste annehmen, welche tätliche Krankheiten erzeugen. Ich folgte dem Geräusch, ohne auch) diesmal etwas entdecken zu können, war aber fest entschlossen, ins Klare darüber zu kommen und demjenigen eine böse Viertelstunde zu bereiten, der sich ein solches Spiel