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reute ist auf 30 Jahre bemessen; es würde also nach zuweisen sein, daß jemand 1410 Wochen Beiträge ent richtete, bevor er beim Eintritt in das 71. Lebensjahr Anspruch auf Altersrente erheben kann. Hätte man in das Gesetz nun nicht für die Uebergangszeit be sondere Bestimmungen ausgenommen, so würde Inva lidenrente überhaupt erst nach Verlauf von 235 Wochen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes haben beansprucht und gezahlt werden können, Altersrente erst nach Verlauf von 1410 Wochen. Um jedoch die Wohlthaten des Gesetzes den Versicherten schon eher praktisch zugute kommen zu lassen, hat man die Wartezeiten für die Uebergangszeit erheblich abgekürzt. Ein Versicherter, der während der ersten fünf Kalen derjahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erwerbs unfähig wird, und für welchen während der Dauer eines Beitragsjahres (47 Wochen) Beiträge auf Grund der Versicherungspflicht entrichtet wurden, kann Anspruch auf Invalidenrente schon bei einer verkürzten Warte zeit erheben. Diese Verkürzung der Wartezeit beträgt so viele Wochen, als der Versicherte vor dem In krafttreten des Gesetzes, jedoch innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit, in einem Arbeits- oder Dienstverhältnisse gestanden hat, welches nach dem Invaliden- und Aliersversicherungs- gesetze versicherungspflichtig gewesen wäre. Für die Altersrente vermindert sich die Wartezeit der Ver sicherten, welche zur Zeit des Inkrafttretens des Ge setzes das 40. Lebensjahr vollendet haben und den Nachweis liefern, daß sie während der, dem Inkraft treten des Gesetzes unmittelbar vorangehenden drei Kalenderjahre insgesamt mindestens 141 Wochen hindurch in einer, nach dem Gesetze versicherungs pflichtigen Beschäftigung gestanden haben, um so viele Beitragsjahre, als ihr Lebensalter zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes die Zahl 40 übersteigt. Altersrente wird also unter der gedachten Voraus setzung sofort nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, Invalidenrente schon nach Ablauf eines Beitrags jahres in Anspruch genommen werden können. Je mand, der z. B. bei Inkrafttreten des Gesetzes 65 Jahre alt ist, dessen Alter die Zahl 40 also um 25 übersteigt, kann, falls er nachweist, in den letzten drei Jahren vor dem Inkrafttreten des Gesetzes 141 Wochen in versicherungspflichtiger Beschäftigung ge wesen zu sein, schon nach fünf Jahren Anspruch auf Altersrente erheben; ein siebzigjähriger sofort, ein fünfzigjähriger nach 20 Jahren re. Ein Versicherter, der während der fünfjährigen Uebergangszeit erwerbs unfähig wird, und für den auf Grund der Versiche rungspflicht nur während eines Jahres die gesetzlichen Beiträge entrichtet wurden, kann durch den Nachweis der Anzahl von Wochen, Welche er vor dem Inkraft treten des Gesetzes, jedoch innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit in ver- sicherungspsiichtiger Beschäftigung stand, die Wartezeit um die nachgewiesene Anzahl von Wochen herabmin dern. Auch die Dauer bescheinigter Krankheit resp. militärischer Dienstleistungen wird, wie überhaupt, so auch hinsichtlich dieser abgekürzten Wartefristen einem Arbeits- oder Dienstverhältnisse gleichgeachtet, ebenso die zeitweise Unterbrechung eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses, sofern letztere während eines Jahres Dier Monate nicht übersteigt. (K 119.) Die hierfür zu erbringenden Nachweise werden durch Bescheinigung der unteren Verwaltungsbehörde des Beschäftigungs ortes oder durch von einer öffentlichen Behörde be glaubigte Bescheinigung der Arbeitgeber erbracht. Da von den für die abgekürzte Wartezeit in Betracht kommenden Fristen ein großer Teil noch vor das wohl nicht vor dem 1. Januar 1891 zu erwartende In in das Haus des Wucherers, aber nicht zu ihm selbst, behüt' mich Gott", sie schauderte leicht in sich zusammen, „aber seine Tochter will ich mir auf suchen, vielleicht, daß sie so gut wie sie schön ist und hilft mir aus dieser grenzenlosen Verlegenheit. Ich sah sie im Comptoir ihres Vaters", fuhr sie fort, „es schien mir, als wenn sie einen weitreichenden Einfluß auf denselben besäße. — Ach, Gotthold", setzte sie gleich darauf hinzu und wie fehr sie sich auch mühte, ihre Stimme vibrierte doch, „bei dieser Gelegenheit muß ich doch auch einmal Frau Fama ein Stücklein nacherzählen." Sie hielt ein wenig inne, „die Leute sagen — Alfred, ich meine Baron Wintig, würde sich in nächstem mit dieser Sarah Meinzer verloben — sie ist sehr reich und die Wintigs — man sagt so — sollen in letzter Zeit, wenn auch nicht verarmt sein, behüte Gott, dazu ist ihr Besitz zu ungeheuer, so doch sehr erhebliche Verluste gehabt haben." Die Augen des Kranken öffneten sich beängstigend weit: „Und das duldet der Stammbaum der Wintigs?" sagte er langsam und seine Stimme klang merkwürdig heiser. „Wie seltsam veränderlich doch die Menschen sind," setzte er aufgeregt hinzu, „als eine Wintig ihrHerz einem armen Bürgerlichen schenkte, an dessen Namen jedoch kein Makel hing, da em pörten sich die stolzen Barone, sie wollten nichts wissen von der bürgerlichen Verwandtschaft und da das brave treue Kind nicht von dem Geliebten lassen wollte, stieß man sie bei Nacht und Nebel ans dem Hause, ohne das Notdürftigste, ohne alle Existenz- mittel und den Verlobten mit ihr — trotzdem sie doch wußten, daß sie ihn dadurch ebenfalls für den krafttreten des Gesetzes fällt, so werden die künftig zu versichernden Personen gut thun, schon jetzt daran zu denken, welchen Nutzen ihnen die gedachten Nach weise unter Umstünden bringen können. — Das 350jährige Jubelfest der Einführung der Reformation in dem albertinischen Sachsen, welches bislang von Annaberg allein begangen worden ist, fällt für die einzelnen Städte verschieden. Von vielen Seiten wird bedauert, daß eine gemeinsame Feier in dem betreffenden Landesteile nicht geplant worden ist. Für Dresden müßte man das Fest zwischen dem 8. und 20. Juli feiern, während welcher Zeit die Visi tatoren dort weilten. Am 21. Juli 1539 brachen dieselben von Dresden auf. Wir finden sie am 21. bis 23. Juli in Pirna, vom 23. bis 24. in Glashütte, vom 24. bis 26. in Freiberg, vom 26. bis 29. in Annaberg, 29. bis 31. Juli in Chemnitz, vom 31. Juli bis 2. August in Penig, vom 2. bis 4. August in Pegau, vom 5. bis 14. in Leipzig, vom 14. bis 16. in Oschatz, vom 16. bis 18. in Döbeln, vom 18. bis 19. in Lommatzsch, vom 19. bis 20. in Seußlitz, vom 20. bis 25. in Hayn (Großenhain). Am 26. August kehrten die Visitatoren nach Dresden zurück. Meißen könnte in diesem Jahre das Jubiläum gar nicht begehen, da die Visitatoren bei dieser ersten Rundreise wegen des Widerstandes des Domstiftes die Stadt gar nicht be rührten. — Zur Wettinfeier. Die Jubelfesttage des Hauses Wettin rücken immer näher heran und sehr viele sind dadurch veranlaßt worden, sich mehr oder weniger ausführlich mit Sachsens Geschichte vertraut zu machen. Unwillkürlich wird dabei in jeden der Wunsch rege werden, gute Abbildungen zu besitzen, die ihm zeigen, wie denn eigentlich jene Fürsten, die während so langer Jahre die Schicksale des Landes leiteten, ausgesehen haben. Diesem Bedürfnis zu entsprechen, ist der Zweck, dem das bei Oskar Ruhl in Leipzig, erschienene, durch alle Buch-, Papier-und Schreibw.-Handlungen zu beziehende Album „Wet- tin's Fürsten von Markgraf Konrad d. Großen bis König Albert mit ihren Stammburgen Wettin und Meißen" dienen soll. Diese treffliche Sammlung ent hält 34 vorzüglich in Photvlitographie ausgeführte Porträts der über die meißnischen Lande' regiert habenden Fürsten aus dem Hause Wettin, sowie Abbildungen der Stammburg Wettin nnd der Alb rechtsburg zu Meißen, während der Umschlag in vielfachem Farbendrucke 26 Wappen der sächsischen St. mmlande und Herrschaften trügt. Jedermann kann dieses patriotische Album, welches eine wirk liche würdige Festgabe für die kommende Jubelfeier bildet und dessen Preis (80 Pfg.) bei seiner ele ganten Ausstattung und guten Ausführung ein sehr niedriger ist, warm empfohlen werden. -- König Albert stattele am Freitag von Ems aus dem Bischof Klein in Limburg a. L. einen Be such ab. — Se. Majestät hat mit Genugthuung von der Beendigung der in Sachsen vorgekommenen Ar beitseinstellungen der Bergarbeiter Kenntnis genommen und den Staatsminister des Innern beauftragt/allen denjenigen Beamten, welche zu dieser Beilegung der Streitigkeiten beigetragen haben, insbesondere den Vor ständen der Kreishauptmannschaften und der Anttshaupt- mannschaften die allerhöchste Befriedigung zu erkennen zu geben. — Zum Pfingstfest des Jahres 1716 brach über Leipzig und Umgebung ein großes Unwetter aus. Nachmittags 4 Uhr zeigten sich gegen Westen schwarzrote und gelbe Streifen in den Wolken, welche immer tiefer zur Erde niedersanken und eine voll- Augenblick brotlos machten, außer Stand setzten, einigermaßen für das arme Kind zu sorgen —" „Gotthold", unterbrach sie ihn leise, „Alfred wußte aber nicht darum, er war damals in seiner entfernten Garnison." „Aber der Vater, die Stiefmutter", er atmete schwer — „und nun, nun," sein Oberkörper richtete sich gewaltsam auf, „und nun will ein Wintig, der letzte seines Stammes dazu, die Tochter des Rene gaten, des schamlosen Wucherers an seine Seite stellen, will ihr, der Enkelin des ärmlichsten Trödlers, den man hier am Ort je gekannt, der die Lumpen und Knochen vom Kehrichthaufen sammelte, seinen stolzen Namen zu Füßen legen! Das alles nur des Mammons willen, den der Elende aus dem Mark der Armen gesogen, an dem tausend blutige Thränen, Milliarden Flüche hängen." Auch die meinen stieß er wild hervor. „Ja Fluch diesem Elenden, der mit dem Schein des Rechts noch die Armut bestehlen will! Oder ist es etwa kein Diebstahl, wenn dieser Mann fünfzig Thaler geliehen,dafürin einem Zeitraum von zwei Jahren mehr als das doppelte an Zinsen erhalten hat und nun noch seine grausame, schmutzige Hand an mein Besitztum legen will, an diese wurm stichigen alten Mobilien, die mir anzuschaffen doch noch so manche schlaflose Nacht kostete." Sein Gesicht glühte, seine Pulse flogen, Elise fürchtete das äußerste, sie wandte ihre ganze Bered samkeit an, um den Aermsten zu beruhigen und endlich gelang es ihr auch, der grenzenlosen Erregung folgte eine vollständige Mattigkeit, und es währte gar nicht lange, so schlossen sich die Augen deS Kranken zu heil samen Schlummer. Sie atmete erleichtert auf: ständige Finsternis verursachten, so daß man Licht anzünden mußte. Unter entsetzlichem Stunngeheul und unaufhörlichem Blitz und Donner wurden Dächer abgedeckt und Schornsteine herabgeworfen. Plötzlich fiel ein Hagelschauer nieder, der unsäglichen Schaden anrichtete, denn die Eisstücken waren wie Hühnereier, und viele wie Gäuseeier groß. Sie fielen mit solcher Gewalt, daß im Freien Menschen und Tiere zu Krüppel geschlagen, auch wohl getötet und ganze Schafherden vernichtet wurden. Das Geräusch des fallendenHagelsübertöntedie heftigsten Donnerschläge. In allen Häusern lagen die Menschen auf den Knien und sangen und beteten dem vermeinten „jüngsten Gericht entgegen". In Großstädteln traf em Wetter strahl den Edelhvf, worüber die Gemahlin des Ritter gutsbesitzers Oberst von Lüttichau sich dergestalt ent setzte, daß sie den Tod davon hatte. Eine halbe Stunde später leuchtete die Sonne wieder am Hellen blauen Himmel. Das „jüngste Gericht" war ver gessen und die Leute liefen ihrem Pfingstvergnügen nach. — Aus der Leipziger Gegend wird gemeldet, daß die Landleute dort sehnlichst nach einem ergiebigen Regen ausschanen. Es ist dort eine Trockenheit ein gekehrt, welche geeignet ist, den herrlichen Stand der Feldfrüchte zu beeinträchtigen und das großartige Wachstum dieses gesegneten Frühjahrs zu hindern. — Kuh schn appel, 3. Juni. Vorgestern abend gegen 10 Uhr erhängte sich neben seiner Wohnstube der seit etwa 5 Jahren im Hüttengrunde hiesigen Anteils wohnhafte verheiratete 55 Jahre alte Strumpf wirker Karl Gottlob Heinig aus Callenberg bei Waldenburg. Schwermut über ein seit Jahren be stehendes und unheilbares Leiden dürfte der Grund zu dieser That sein. Heinig hinterläßt eine Witwe und vier Kinder, von denen das jüngste etwa 10 Jahre alt ist. — Wie man hört, soll nun durch Fertigstellung einer Jnterimsbrücke die Gleisunterbrechung bei Mosel beseitigt sein, so daß die Züge wieder bis nach Zwickau direkt durchfahren können und ein Um steigen der Reisenden an der Unfallstelle nicht mehr nötig ist. — Hohenstein, 3. Juni. Am 1. Juni vor mittag gegen 8 Uhr verunglückte in dem dem Bild bauer Robert Naumann in Waldheim gehörigen Serpentinsteinbruche in Knhschnappcl der Steinbrecher Carl Gottlob Schneider aus Tirschheim dadurch, daß, während er einen Sprengschuß anzünden wollte, von der Zündmasse eine Quantität in den vor ihm stehenden Blcchtopf mit noch einem Teil Sprengpulver fiel. Hier durch explodierte die Zündmasse und Schneider wurde im Gesicht und an den Händen verbrannt, auch ein Stück znrückgeworfen. Seinen beiden Mitarbeitern Christlieb Posern und Friedrich Kunze gelang es, den Verunglückten megzuschaffen, ehe sich der wirkliche Sprengschuß enttud, sodaß ein größerer Unfall ver hütet wurde. Die Verletzungen Schneider's sollen nicht lebensgefährlich sein. *— Kaum sind die letzten Berichte über das Unwetter im Mulden- und Pleißenthale beendet, so kommt abermals eine betrübende Nachricht von einem niedergegangenen Wolkenbruch in der Gegend von Reichenbach und Mylau. Am 3. Juni nachmittag 4 Uhr ging dort ein Wolkenbruch nieder, wodurch eine Menge Häuser eingestürzt, Fabriken weggerissen, sowie Menschen und Vieh umgekommen ist. Sturmgeläute ertönte in der Stadt, die Feuerwehr arbeitete mit Aufbietung aller Kraft am Rettungswerk. Bei Neu mark ist Bahnunterbrechung eingetreten. In Mylau sieht es am schlimmsten aus. Hilferufe ertönen „Gott sei Dank", hauchten ihre bebenden Lippen, dann kniete sie leise an dem Rohrsessel nieder und flüsterte tiefbewegt, indem sich ihre schlanken Hände falteten: „Gott, mein Gott, nimm mir alles — nur dieses Leben erhalte mir." Dann erhob sie sich leise und setzte sich mit einer Handarbeit an den ar^' u Tisch inmitten der Stube. Bald flog die sin- Nadel durch den zarten Tüllgrund — Blumen und Blätter zauberte sie, aber die Gedanken der jungen Frau weilten bei ganz anderen Dingen. Noch einmal vergegenwärtigte sie sich die Erlebnisse des heutigen Tages, sie dachte dyr schrecklichen Minuten im Comptoir Isidor Meinzers, aber sie dachte auch jenes ernsten jungen Mannes, der sich so barmherzig ihrer angenommen hatte, als sie nach den Qualen des Erlebten besinnungslos nieder gesunken war. Er war Arzt; aber weshalb hatte sie es denn unterlassen, nach seinem Namen zu fragen, nach seiner Wohnung? Sie würde ihn dann vielleicht aufgesucht haben, zur Rettung des Gatten, o, sie hegte ja so hohes Verträum zu ihm und seinen Kenntnissen. Wenn keiner, dieser hätte ihrem Gotthold helfen können. Drei Wochen waren seitdem vergangen, wieder wurden in dem schönen stattlichen Hause Isidor Meinzer's Festvorbereitungen der glänzendsten Art getroffen, man scheute weder Mühe noch osten, denn nichts konnte ja die hohe Ehre aufwiegen, die der Familie des Wucherers in Aussicht stand. (Schluß folgt.)