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Innern der Stadt mieten. Hier soll ein Auskunfts- bureau und ein Arbeitslokal für die Presse des Jn- und Auslandes errichtet werden. Zugleich will der Verein für auswärtige Kollegen Wohnung schaffen. Desfallsige Wünsche sind an Herrn von Witzleben, Stephauienstraße 18, zu richten. — Chemnitz, 3. Mai. Durch ein mehrere Stunden anhaltendes wolkenbruchartiges Gewitter, welches gestern abend die Umgegend von Schellenberg und Hermsdorf heimsuchte, ist ein sehr beträchtlicher Schaden angerichtet worden. Mehrere Gebäude, darunter eine Fabrik, wurden teilweise zerstört, mehrere Brücken fortgerissen, Felder und Wiesen überschwemmt. Der Betrieb der Wasserleitung, welche der auf hohem Berge liegenden Stadt Schellenberg und dem Schlosse Augustusburg Wasser zuführt, ist unterbrochen. — Waldenburg, 3. Mai. Im benachbarten Callenberg ist am 30. April ein Hund, Mopsrasse, Welcher dem Gutsbesitzer Petermann daselbst gehörte, verendet, bei dessen Sektion sich herausstellte, daß er mit der Tollwut behaftet gewesen ist. Leider soll die Tochter des Besitzers mehrere Tage vorher von dem Hunde gebissen worden sein. Infolge dieses Vorfalles sind im Orte bereits eine Anzahl von Hunden erschossen worden. Seitens der königl. Amtshaupt mannschaft Glauchau ist aus diesem Anlasse für die Ortschaften Callenberg, Falken, Langenchursdorf, Eich- laide, Oberwinkel, Oertclshain, Ebersbach, Lobsdorf, Tirschheim, Grumbach und Reichenbach die Hunde sperre bis zum 3. August d. I. angeordnet und die für Altwaldenburg mit Grünfeld angeordnete Hundesperre bis dabin verlängert worden. — In Planitz hat der Blitz im Schulgarten der St. Johannisgemeinde eingeschlagen, wo eben zahl reiche, zur Aufnahme in die Schule bestimmte Kinder mit ihren Angehörige» verweilten. Glücklicherweise geschah diesen kein Unfall. — Schneeberg, 1. Mai. Das Begräbnis der unglücklichen Elsa Günther von hier erfolgte am heu tigen Nachmittage und gestaltete sich zu einer ergrei fenden Feierlichkeit. Die so plötzlich und eines so unerklärlichen Todes Gestorbene ward durch eine sehr zahlreiche Leichenbegleitnng geehrt. Es gaben ihr unter anderen ihre Lehrer, ihre Gespielinnen, mit denen sie erst vor vierzehn Tagen zum ersten Mal zum heiligen Abendmahle gegangen war, sowie auch ihr Beichtvater das letzte Geleite. Die Leichenrede hielt in der Got tesackerkirche Herr Diakonus Mathe in zu Herzen ge hender Weise. Nach erfolgter Einscnkung der sterb lichen Hülle ehrten die Konfirmandinnen ihre Heimge gangene Freundin durch einen Choral. Die Verstor bene, die einzige Tochter der trauernden Eltern, galt allgemein als ein gutes braves Mädchen; sie war eine fleißige Schülerin, eine treue Freundin, ein folgsames, liebendes Kind. — Seit der Nacht zum Mittwoch wird die bei dem Gemeindevorstand und Wirtschaftsbesitzer H. in Heidenau bei Pirna in Diensten gestandene, erst ea. 19 Jahre alte Magd S. aus Heidenau vermißt. Zwischen Mügeln und Heidenau an der Müglitzbrücke wurden sämtliche getragene Kleidungsstücke des ge suchten Mädchens gefunden und cs wird nun mit ziemlicher Bestimmtheit vermutet, daß das junge, als sehr odentlich geschilderte Mädchen den Tod in der jetzt sehr angeschwollenen Müglitz oder in der nahen Elbe gesucht und gefunden hat. Die Ursache zu diesem verzweifelten Selbstmord ist bis jetzt noch nicht genügend aufgeklärt, doch soll unglückliche Liebe rc. mit in Frage kommen. Die Eltern sind trostlos. — Eine Schreckenskunde durcheilte am Sonn abend früh das Dorf Dornr eichenbach bei Wurzen. Man fand den dortigen Gastwirt Fleischer ermordet auf. Die Fleischer'sche Gastwirtschaft wurde gern von Handwerksburschen zur Uebernachtung gewählt und so war auch am Donnerstag noch spät abend ein solcher zugereist und hatte da übernachtet. Früh war der Handwerksbursche weg und den Wirt Fleischer fand man in der Stube liegend ermordet vor. Nach der That muß auch noch Raub und Diebstahl ausgeübt worden sein, denn das zugangige Geld aus der Tasche und dem Kasten in der Gaststube mar verschwunden. Der That dringend verdächtig ist eben dieser Hand werksbursche, dessen Signalement noch nicht genau feststeht. Es soll ein langer kräftiger Mensch sein. Schritte zu seiner Habhaftwerdung sind ungesäumt von den Sicherheitsorganen gethan. Der ermordete Fleischer ist ein Mann in den 40er Jahren, still und ruhig und lebte in glücklichen Verhältnissen. Z Bei dem am 2. Mai nachmittags aufgetre tenen Gewitter sind in dem altenburgischen Dorfe Mecka bei Gösdorf ein Knecht und zwei Pferde des Gutsbesitzers Rauschenbach daselbst vom Blitze erschla gen worden. 8 Bremen, 1. Mai. Eine Hochstaplerin hat hier vor einigen Wochen ihr Unwesen getrieben. Die Person erschien, wie die „Wes. Zig." berichtet, in .einem hiesigen Hotel als Pensionärin aus Kiel, zahlte in den ersten Tagen Pünktlich die Gasthofrechnung und machte sich mit der Wirtin bekannt, welcher sie im Vertrauen erzählte, daß sie in nächster Zeit einen erkrankten Onkel um ca. 400 000 Akk. beerben werde. Bald darauf entlieh sie unter dem Vorwande, nach Kopenhagen reisen zu müssen, die Reisekosten, doch schon am folgenden Tage telegraphierte sie von Altona, daß ihr auf dem Bahnhose die Geldbörse ge stohlen sei, und bat um weitere Mittel, die ihr eben falls zugesandt wurden. Durch allerlei schriftliche Versprechungen erwirkte sie sich noch mehrere hundert Mark; inzwischen sollte der Tod des Onkels einge treten sein, wodurch sie in die Lage versetzt war, einem jungen Angehörigen des Wirts 35 000 Mk. zur Gründung eines Geschäfts zu versprechen. Die Schwindlerin scheute sich nicht, inzwischen noch per sönlich in Bremen in dem Gasthause zu erscheinen und ihren Schützling zur Mitreise nach Kopenhagen zu bewegen, wobei sie sich wieder eine Geldsumme erwirkte und dann nach Altona abreiste, von wo der Begleiter sie abholen sollte. Dieser traf dort an dem bestimmten Tage auch ein, allein aus der Kopenha gener Reise wurde nichts, weil die Hochstaplerin sich nachts heimlich entfernt hatte. Es hat sich heraus gestellt, daß sie eine oft bestrafte Gaunerin ist. K Am 3. Mai waren 80 Jahre verflossen, daß in Stralsund der deutsche Patriot Ferdinand von Schill den Heldentod gestorben ist. Mit Stolz feiern wir sein Andenken als das eines Mannes, der in einer Zeit der Erniedrigung den Glauben an die hohe Be stimmung seines deutschen Vaterlandes nicht verlor und für die Freiheit desselben und die Eyre des deut schen Namens freudig sein Herzblut vergoß. * * Wien, 2. Mai. Gestern begann die Demolie rung des Jagdschlosses Meierling; in vier Wochen wird das Schlößchen vom Erdboden verschwunden sein. Unmittelbar hernach soll der Bau des Klosters für die Karmeliterinnen in Angriff genommen werden. Das Sterbezimmer des Kronprinzen wird bekanntlich in eine Kapelle umgewandelt. — Die hiesige päpstliche Nuntiatur läßt die Meldung dementieren, daß Galim- berti zum Nuntius in Berlin designiert sei. * * London, 1. Mai. Einer der zahlreichen Dampfbagger, welche zur Vertiefung der Einfahrt in den Hafen von Calais gegenüber der neuen Landungs ¬ station verwendet werden, flog am Montag abend Uhr Plötzlich in die Luft und sank unverzüg lich mit allen Personen an Bord. Vier verstümmelte Leichen wurden aus dem Wasser gezogen und drei Leichen werden vermißt. Drei Personen erlitten schwere Verletzungen. Die Ursache der Explosion ist noch unbekannt. * * Bukarest, 3. Mai. Die „Jndspendance Roumaine" wendet sich gegen die Behauptung der „Nowoje Wremja", daß der rumänische Thronfolger verfassungsmäßig die orthodoxe Religion annehmen müsse, und bezeichnet diese Interpretation als eine irrige. Der Artikel 82 der Verfassung bestimme, daß die Nachkommen des Königs in der orientalisch-ortho doxen Religion erzogen werden müßten, gleichzeitig aber auch, daß die Thronfolge, falls keine direkte Nachkommenschaft vorhanden, auf den ältesten Bruder des Königs oder dessen Nachkommen übergehe, ohne Verpflichtung für den Th.onerbcn, die orthodoxe Re ligion anzunehmen. Uebrigens, fügt die „Jndopen- danee" hinzu, stehe die Interpretation des Textes der rumänischen Verfassung ausschließlich den Ru mänen zu. Vermischtes. * In einem feineren Restaurant der Friedrich straße in Berlin saß am Freitag abend ein Herr mehrere Stunden lang und schrieb emsig Briefe. Nicht wenig erschrak er, als kurz nach 9 Uhr in furchtbarer Hast sein Vater, seine Mutter, seine beiden Brüder und Schwestern im Lokal erschienen, um ihn — am Selbstmord zu verhindern. In der That mußte der junge Mann zugeben, daß er die Absicht gehabt habe, sich auf dem Verdeck eines Omnibus zu erschießen, was auch durch den Inhalt der auf dem Tische liegenden Briefe bestätigt wurde. Auf welche Weise jedoch seine Angehörigen davon Kenntnis er halten und wer denselben seinen Aufenthalt verraten hatte, erfuhr er erst durch seinen Vater: In der Wohnung des letzteren ließ sich gegen 9 Uhr ein Herr melden, der in stürmischer Hast ihn zu sprechen wünschte. Der Fremde übergab -hm einen Revolver und einen Zettel mit der Bemerkung, er solle den selben sofort lesen, denn das Leben seines Sohnes stehe in höchster Gefahr. Im nächsten Moment war der Fremde wieder verschwunden. Auf dem Zettel war zu lesen: „Werter Herr! Soeben stahl ich Ihres Sohnes Ucberzieher und fand in den Taschen desselben einen geladenen Revolver und eine Karte, aus deren Inhalt ich erkannte, daß Ihr Sohn die Absicht habe, sich noch am Abend umzubringen. Da er Ihre Adresse auf die Karte gesetzt, so war es mir möglich, Sie zur rechten Zeit noch zu warnen. Ihr Sohn sitzt im Restaurant F. in der Friedrichstraße. Da der Ucberzieher und das in demselben gefundene seioene Tuch, sowie die silberne Zigarettendose mir durch den großen Dienst, den ich Ihnen leisten konnte, gesichert sind, so kann ich mich wohl mit Ruhe ihres Besitzes erfreuen. Hoffentlich verdanken Sie mir die Errettung Ihres Sohnes und werde ich noch gele gentlich von mir hören lassen. R." * Ein einfaches Mittel zur Stärkung der Brust und Lunge. Ein englischer Arzt hat die Erfahrung gemacht, daß wenn eine Person, sei es ein Kind, oder ein Erwachsener, mittelst eines Federkiels in vollen und tiefen Zügen die Luft einatmet, so daß sich die Lunge so viel als möglich ausdehnt, und dieses Ver fahren täglich fünf- bis sechsmal wiederholt, die Brust bald an Umfang (oft bis zu 9 Zoll) zunimmt. Durch den vermehrten Gehalt an Sauerstoff, welcher auf diese Weise eingeatmet wird, werden nicht allein die Die Villa am Rhein. Original-Novelle von Mary Dobson. —- > --- (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Beim Anblick dieses Stuhles, an dessen Seite sie so manchen angstvollen Tag, so manche ihr endlos dünkende Nacht hatte dahinschwinden sehen, trat plötzlich sein Bild wieder lebhaft vor ihre Seele und leise seufzend sagte sie: „Wie ich wohl die Mutter Wiedersehen werde? Die Leiden und Sorgen um uns werden nicht spurlos an ihr vorübergegangen sein!" Ein ferner Hufschlag drang durch die Stille der einbrechenden Nacht und Elisabeth trat an's Fenster. Der Wagen kam näher; sie eilte auf den Hausflur hinaus und Mutter und Tochter begrüßten sich sprachlos und unter Thränen. Dann ward die Gerichtsrätin in's Wohnzimmer geführt, wo die Begleiterinnen Mutter und Tochter allein ließen. Elisabeth hatte sofort zu ihrer Beruhigung gesehen, daß ihreMutter sich weniger verändert, als sie gefürchtet, obgleich das Haar der kaum fünfzig jährigen Frau fast ergraut und ihre Gesichtsfarbe bleich und krankhaft war. Dennoch berührte ihr Anblick sie mit tiefem Schmerz; sie kniete jetzt an ihrer Seite nieder und sagte, das Gesicht an ihrer Brust bergend, kaum hörbar: „Mutter — Mutter, müssen wir uns so Wieder sehen!" Die Rätin umarmte sie sanft, küßte sie zärtlich und erwiederte: „Ja, mein armes Kind, es ist eine schwere Prüfung gewesen, die der Himmel uns auferlegt, doch werden wir sie hoffentlich mit seiner Hülfe überwinden. Ich freue mich, Euch alle gesund wieder zu sehen." „Aber Du, Mutter, Du!" „Du wirst Dich an meinen Anblick gewöhnen, Elisabeth", entgegnete sanft die Rätin, „die lange Reise hat mich etwas angegriffen, aber etwas Ruhe und die heimatliche Luft werden mich schon wieder stärken. Auch ist meine Hülflosigkeit nicht so schlimm wie Dn meinst, denn ich bin in Cannes mit meiner Susette schon spazieren gegangen." Elisabeth begriff die Absicht ihrer Mutter, sie zu beruhigen und sie zu trösten, und noch einmal ihre Hände voll kindlicher Liebe küssend, erhob sie sich dann, als in demselben Augenblicke leise die Thür geöffnet wurde und Hermine eintrat. 24. Mit dem Besuch der Gerichtsrätin Waldheim war für Elisabeths ein regeres Leben in der Villa eingezogen, schon weil sie die Pflege der Mutter den Händen der Wärterin so. wenig wie möglich überließ. Trotzdem machte sich aber eine Veränderung in dem Aeußern der Kranken nicht bemerkbar, die indeß, als sie einige Tage nach ihrer Ankunft den ängstlich forschenden Blick ihrer Tochter bemerkte, ihr in beruhigendem Tone sagte: „Sei meinetwegen ohne Sorge, Elisabeth, denn ich bin wirklich nicht so krank, wie Du zu glauben cheinst. Zur Beruhigung meiner Nerven hat ja chon die Wiedervereinigung mit Dir und den ändern und namentlich Dein Anblick beigetragen." „Mein Anblick, Mutter?" „Ja, mein teures Kind, denn ich hatte gefürchtet, daß Hermine in Bezug auf Deine Gesundheit nicht die volle Wahrheit geschrieben. Zu meiner Freude habe ich ihre Versicherungen selbst bestätigt gefunden und sehe jetzt mit größerer Ruhe als bisher in die Zukunft." „Das thue ich gleichfalls, Mutter," entgegnete Elisabeth, „es wird aber wohl noch einige Zeit darüber hingehen." „Ist denn gar keine Aussicht vorhanden, von dem Eschenbach'schen Reichtum wenigstens einen kleinen Teil für die Kinder erhalten zu sehen?" fragte die Rätin. „Ich glaube es nicht, Mutter, ich werde mich freuen, wenn wir zum Schluß nicht noch neue Verluste haben." „Was wird dann aus Gronau und Ludwig Albrecht werden?" fnhr die Rätin nach kurzer Pause fort. „Gronau wird Buchhalter in einer hiesigen Fabrik, was ihm schon jetzt gesichert ist, und die Pläne Albrecht's sind mir unbekannt, doch besitzt er ein kleines Kapital, mit dem er sich vielleicht an einem Geschäfte beteiligen wird. Leider hat Gnstavs Tod beiden große Nachteile gebracht und namentlich Albrecht's Aussichten gänzlich zerstört! „Ist er denn ein tüchtiger Geschäftsmann?" In diesem Augenblick' näherte sich Doktor Bäumer der Veranda, wo Mutter und Tochter saßen und sagte mit freundlicher Begrüßung: „Ich störe wohl ein ernstes Gespräch?" Die Rätin und ihre Tochter erwiederten seinen Gruß und Elisabeth sagte: