Volltext Seite (XML)
Wochen- und llnchrichtMM zugleich Nr. 100. 1889. MM .E Amtsblatt für den Stadtrat Zn Lichtenstein. — «s. Jahrgang. — Mittwoch, den 1. Mai Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Karserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. MW-AWM sm HoWmf, Mlitz, Bernsdorf, Busdorf, St. Wien, Hemichsort, Miem und Wulfen. Tagesgeschichte. —* Lichtenstein, 30. April. Herr Tierhänd ler und Tierparkvesitzer Hagenbeck in Hamburg, der unserer Schule durch besondere Vermittelung vor kurzem eine prachtvolle Riesenschlange schenkte, hat gestern wiederum die Naturaliensammlung unserer Schule bereichert, indem er an den betr. Lehrer ein ziemlich großes Krokodil und ein junges dergl, zum Ausstopfen übersandte. — Da das Frühlingswetter nunmehr auch zum Ausfahren der kleinen Kinder lockt, so möchten wir an die Mütter und Kinderwärterinnen die Mahnung richten: Schont die Augen der Kleinen! Im Kinder wagen soll man niemals ein Kind auf den Rücken legen, auch selbst dann nicht, wenn kein Sonnenschein ist, weil auch das durch die Wolken dringende Licht etwas blendet. Die Rückenlage ist überhaupt keine gesunde und sollte auch bei den Kindern nicht an gewendet werden. Außerdem vermeide man weiße Bettchen in den Kinderwagen zu legen oder über den selben rote und weiße Decken anzubringen. Der Hals der Kleinen darf niemals mit dicken Tüchern verbunden werden, weil dadurch die Kinder zum Schwitzen gebracht werden und sich sehr leicht erkäl ten können. — Man schreibt: Im Hinblick auf die am 6. Mai beginnende Hauptziehung der Königl. sächs. Lan des-Lotterie wird es von Interesse sein, zu erfahren, daß von den 55 Hauptgewinnen der ersten 4 Klassen im Betrage von mehr als 3000 Mk. fast alle, nämlich 51 Gewinne, auf solche Nummern gefallen sind, welche früher mit einem derartigen Gewinne noch niemals gezogen waren. Es bestätigt dies in auffallender Weise die in dem Werk: „Die Hauptgewinne der Königl. Sächs. Landeslotterie von 1832 bis Ende 1888" ans den Ergebnissen sämtlicher bisheriger Lotterien ermittelte Regel, wonach diejenigen Losnum mern, auf welche seither noch niemals ein größerer Gewinn gefallen ist, in allererster Linie Aussicht haben, mit einem solchen gezogen zu werden. Die Ziehung der 5. Klasse bietet allen Spielern Gelegenheit, selbst zu prüfen, inwieweit jenes statistische Gesetz auch jetzt wieder zutreffen wird. Daß im übrigen der Inhalt qu. Werkes, welches bei A. Haase-Zittau erschienen und zum Preise von 1 Mk. durch jede Buchhandlung zu beziehen ist, die Beachtung aller Lotteriespieler in hohem Maße verdient, dürfte daraus hervorgehen, daß die Lotterie-Direktion auch den Kollekteuren den Verkauf desselben gestattet hat. — In unserem Sachsen wurde schon vor 250 Jahren ein Lutherfestspiel gegeben, und zwar in Schneeberg im sächsischen Erzgebirge, der Stadt, in welcher zwei der besten Freunde Luthers, Nikolaus Hausmann und Hyronimus Weller, lehrten. Dort lebte von 1611—1636 der gelehrte Kantor und Se- kundus am Lyceum, Heinrich Schiller aus Magde burg. Derselbe liebte dramatische Aufführungen und faßte im Jahre 1625 den Entschluß, die Gestalt Martin Luthers in einem volkstümlich gehaltenen Stücke vorzuführen. Auf dem Schneeberger Markt ward unter freiem Himmel eine Bühne errichtet, und so erging, von den Lyceisten gespielt, das Schau spiel zum großen Ergötzen des zahlreichen Publikums über die Bretter. Ob der gelehrte Kantor selbst der Dichter war, ist unbekannt. Was das Schauspiel behan delte, deutete der Chronist an, wenn er es nennt: „ eineKo- mödievon vr. Luthers Beständigkeit, als er nach Worms zitiert gewesen." Der bedeutsamste Moment in vr, Luthers Leben, sein Erscheinen vor Kaiser und Reich, Einkommensteuer fällig! war der Vorwurf oder doch der Mittelpunkt dieses alten Schneeberger Lutherfestspiels. Jahrzehnte lang redete man in Schneeberg noch von dieser Aufführung, deren die Chronik nach 100 Jahren noch gedenkt, indem sie meint, sie sei nach Gelegenheit derselbigen Zeit etwas sonderliches gewesen. — Die Einnahmen des Deutschen Reichs 1889/90. Der Ausweis über die Reichseinnahmen für das Etats jahr 1889/90 ergiebt befriedigende Resultate. Vor allem ist zu bemerken, daß die sogenannte Börsensteuer eine erstaunliche Höhe gegen: die Vorjahre und den Voranschlag erreicht hat, was wohl hauptsächlich mit auf die in Blüte befindlichen Gründungen zurückzu führen ist. Auch die Zölle haben einen beträchtlich höheren Ertrag gegeben, als er für das laufende Jahr vorgesehen ist, was hauptsächlich auf die erhöhte Ge treideeinfuhr entfallen dürfte, die zur Ergänzung der heimischen Ernte nötig gewesen. Was die Berbranchs- abgabey von Branntwein und Zucker betrifft, so ist ja ein Vergleich mit dem Vorjahr nicht zulässig, da beide noch im Uebergangsstadium befindlich sind, immerhin zeigt sich, daß bei der Zuckersteuer die ge hegten Erwartungen der Erfüllung nahe sind und daß auch bei der Verbrauchsabgabe von Branntwein, deren Ergebnis nur zögernd hervortritt, die Hoffnung be rechtigt erscheint, daß anch hier der in Aussicht ge nommene Ertrag erreicht werden wird. Im einzelnen ergiebt der Ausweis der zur Anschreibung gelangten Einnahmen an Zöllen und gemeinschaftlichen Ver brauchssteuern, sowie anderen Einnahmen im Deutschen Reich für die Zeit vom 1. April 1888 bis zum Schluß des Monats März 1889 folgende Zahlen: Zölle 311338 401 Mark (4- 41649 391), Tabaksteuer 10 761 170 Mark (— 45 094), Zuckermaterialsteuer 35 508 760 Mk. (—36 800 427), Verbranchsabgabe an Zucker 22 623 004 Mk. (4- 22 623 004) Salzsteuer 41 631 210 M. (-4 1475 253), Maischbottich- und Branntweinmaterialsteuer 18 543 886 Mark ( — 7 975 499), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 110 126 649 M. (4- 68 727 525), Nachsteuer von Branntwein 45 867 Mark (— 26113960),Brausteuer 22710896M. (4- 1044 606), Uebergangsabgabe von Bier 2 815 332 M. (4- 322225). Summe 505 087 655 M. (4 64 907 024). Spiel kartenstempel 1256 713 M. (4-45 216), Wechsel stempelsteuer 6 888 720 M. (4-154 749), Stempelsteuer für a) Wertpapiere 7 921406 M. (4- 3121260) b) Kaust und sonstige Anschaffungsgeschüfte 12 466 640 M. (4- 5 067 660), Lose zu Privatlotterien 540 405 Mk. (4- 102 870), zu Staatslotterien 6 505 589 M. (— 15311). Die Einnahmen der Reichseiseubahnen, der Post- und Telegraphenverwaltung fehlen in dem diesmaligen Ausweis. — Zur Hebung des Personenverkehrs auf den erzgebirgischen Eisenbahnlinien Chemnitz-Aue-Adorf nnd Schwarzenberg-Zwickan läßt die Staatseisenbahn- Verwaltung bereits vom Sonntag den 5. Mai dieses Jahres ab an jedem Sonn- und Festtage dieses Sommerhalbjahres Personenextrazüge verkehren, welche eine passende Rückfahrtsgelegeuheit am Spätabend in der Richtung nach Chemnitz und Zwickau bieten werden. Die Extrazüge gehen in Schönhaide abends 7 Uhr 23 Mm., in Eibenstock 7 Uhr 31 Min., ferner in Schwarzenberg abends 7 Uhr 36 Min. ab und er reichen Aue 8 Uhr 16 Min. bez. 8 Uhr 7 Min. abends. Auf Bahnhof Aue erfolgt die Weiterfahrt in der Richtung nach Zwickau wie im vorjährigen Som- mer 8 Uhr 22Min. abends (Ankunst daselbst 10Uhr 9 Min. abends) und in der Richtung nach Chemnitz 8 Uhr 30 Min. abends. Der letzte Zug geht gegen frühere Jahre 2 Stunden später und bietet demnach dem Verkehre der Zwischenstation in der Richtung nach Chemnitz ganz erheblichen Vorteil. Die Abfahrt ab Aue erfolgt 8 Uhr 30 Min. abends, ab Lößnitz 9 Uhr 40 Min., ab Zwönitz 9 Uhr 27 Min., ab Thalheim 9 Uhr 52 Min., ab Burkhardtsdorf 10 Uhr 16 Min., ab Einsiedel 10 Uhr 40 Min., die Ankunft in Altchemnitz dagegen 11 Uhr und im Hauptbahn hof Chemnitz 11 Uhr 10 Min. abends. Die Extra züge halten übrigens an allen oben nicht genannten Stationen und Haltestellen und führen 2. und 3. Wagenklasse. — Die Wunden unserer Haustiere werden meist recht vernachlässigt, und erst, wenn sie dadurch bös artig werden, nimmt man sie in Behandlung, die dann natürlich weit langwieriger und schwieriger sein wird, als wenn man gleich damit begonnen hätte. Grundsatz sollte deshalb sein, alle Wunden, auch wenn sie ganz unbedeutend sind, mit reinem Wasser auszuwaschen, bluten sie stark, so kann man dem Wasser mit Vorteil etwas Alaun zusetzen. Um eine Eiterung zu verhindern, überstreicht man dann die Wunde mit Collodium, dieses bildet, sowie es mit der Luft in Berührung kommt, eine dünne, aber dichte Haut, die die Wunde abschließt, jede Berührung der selben mit der Luft und jede Verunreinigung, die ja meist die Ursache der Eiterung ist, verhindert. Unter der schützenden Decke, die hin nnd wieder erneuert werden muß, geht dann die Heilung ungestört vor sich. (Ldw. Dorf-Z.) — In der Sitzung des Deutschen Chirurgen kongresses stellte zunächst I)r. Hans Schmidt aus Stet tin einen Kranken vor, an dem die totale Exstirpation des Kehlkopfes wegen Krebs desselben ansgeführt wor den ist, ohne ihm jedoch einen künstlichen Kehlkopf ein zusetzen. Dennoch vermag der Patient, der sich nun schon wieder seit zwei Jahren gesund und wohl befin det, mit heiserer, aber weithin vernehmlicher Stimme zu sprechen, auch längere Zeit hindurch, ohne zu er müden. Es haben sich in diesem Falle im Kehlkopf qner verlaufende Narbenstrünge aus Bindegewebe ge bildet, welche die Stelle der Stimmbänder ersetzen. — Im Wettiner Huldigungszuge wird auch die Sängerschaft Sachsens außer durch ihre Fahnen noch insofern sinnig vertreten sein, als beschlossen worden ist, in den Zug eiuen Huldigungswagen eiuznstellen, auf welchen durch eiuen Barden, unter einem Eichen baum stehend und die Harfe in der Hand den gött lichen Melodien lauschend, das deutsche Lied in seinen Hauptarten dargestellt wird. Damit der Huldigungs zug nicht unnötig verlängert werde, ist bestimmt worden, daß sämtliche fahnenführende Vereine nur deputatiousweise in den Zug aufgenommen werden. Alle anderen Personen der Vereine: Sänger, Turner, Militürvereins- und Jnnungsmitglieder rc. sollen zur Aufrechterhaltung der Ordnung Spalier bilden. Zur Durchführung obiger Idee bedarf es beträchtlicher Geldmittel. Sämtliche Vereine sind daher aufgefordert worden, dem Werke ihre Unterstützung zu widmen. Dankbare Annahme findet jede, auch die kleinste Gabe. Die baldige Einsendung der Beträge hat an den Bundeskassierer Herrn Kaufmann Kallmayer, Dresden, Kurfürstenstraße, zu geschehen. — Herrn Maler Palmiö in Chemnitz ist der Entwurf für den Festwagen der Textilindustrie Sachsens übertragen worden. Dieser Wagen versinnbildlicht in überaus geschickter und farbenprächtiger Weise die Weberei, die Spinnerei, die Stickerei und die Strickerei, sowie den Export. Auf einer mächtigen Kuppel, welche von einer Spinne umsponnen worden ist, lagert ein