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Samoainseln verbürge. Er frug sogleich, ob zwischen Deutschland und England geheime Verträge über die Tonga- und Samoainseln bestünden. Ein solches ge heimes Abkommen sei bestimmt behauptet worden. Graf Bismarck erklärte dem gegenüber, daß diese Behauptung jeder Begründung en'behre. Der Ver treter Englands schloß sich dieser Erklärung an und fügte hinzu, daß die Frage einer Teilung der Samoa- und Tongainseln zwischen Deutschland und England weder in Berlin noch in London je zur Sprache ge bracht worden sei. Die Samoakonferenz wird in gleicher Weise wie seinerzeit die Kongokonferenz in Subkomitces und Ausschüssen arbeiten. Für Freitag nachmittag hat Graf Bismarck die Delegierten zum Diner geladen. 8 Berlin. In grausamer Weise hat sich wieder einmal die Art gerächt, in welcher Mütter ihrs Kinder zu beruhigen suchen, während sie die Behausung auf längere oder kürzere Zeit verlassen. So hatte die in der Brandenburgstraße (Nr. 8) wohnende Frau W. Freitag nachm. zwischen 6—7 Uhr sich aus ihrer Wohnung entfernt, um einige Besorgungen zu machen. Ihr einziges Kind, einen Knaben von 25s Jahren, ließ sie in seinem Bettchen zurück und hatte dem Kinde, um zu beruhigen, mehrere auf eine Schnur gereihte Knöpfe zum Spielen gegeben. Bei ihrer Rückkehr fand Frau W. den Knaben still in seinem Bette liegen, sodaß sie ihn eingeschlafen glaubte. Wer beschreibt aber das Entsetzen der Mutter, als sie nach einiger Zeit Licht anzündet und nun bemerkt, daß das Kind in dem ewigen Schlummer liege. Die bläuliche Ge sichtsfarbe des Kleinen sowie die krampfhaft geballten Hände verrieten auf den ersten Blick, daß der Knabe den Erstickungstod gefunden. Durch irgendwelche» Zufall hatte sich die Schnur gelöst, und der Kleine hatte nach Kinderart einen der frei gewordenen Knöpfe in den Mund gesteckt und war infolgedessen erstickt. ß Lüben, 28. April. Großes Aussehen erregt die auf Anordnung der Königlichen Staatsanwaltschaft und im Beisein einer Gerichts-Kommission hierselbst erfolgte Ausgrabung der Leiche der vor ca. acht Wochen auf hiesigem Friedhöfe beerdigten Dienstmagd Anna Stolzmann, der Tochter eines hiesigen Arbeiters. Die Stolzmann diente bei einem Gutsbesitzer in dem nahe gelegenen Dorfe Mallwitz und wurde eines Tages erhängt aufgefunden. Als ihr Vater hiervon benach richtigt wurde, begab er sich sofort nach Mallwitz, um seine Tochter zu sehe», wurde aber von dem Dienst herrn seiner Tochter nicht zur Leiche zugelassen. Infolge dieses und auch anderer Umstände verbreitete sich schon damals das Gerücht, daß sich die Stolzmann nicht selbst entleibt hat, sondern daß sie von irgend jeman den derart gemißhandelt wurde, daß der Tod erfolgte, und sie dann zum Schein aufgehängt worden ist, um den Glauben zu erwecken, sie habe sich selbst entleibt. Auf Veranlassung des Vaters ist nunmehr die König!. Staatsanwaltschaft der Sache näher getreten. Durch die Herren Kreisphysikus Dr. Leo und Dr. Mühlen bach wurde, nachdem der Vater der Stolzmann die Leiche rekognosziert hatte, die Sektion vorgenommen, über deren Ausfall bisher noch Stillschweigen beob achtet wird. ß Wiesbaden, 28. April. Die Kaiserin von Oesterreich hat hier neben der Massagekur jetzt auch eine Badekur begonnen und nimmt täglich in ihrer Wohnung (der Villa Langenbeck) ein Thermalbad von 27° R., wozu Wasser aus unserem Kochbrunnen ver wendet wird. Im übrigen lebt die Kaiserin sehr zu rückgezogen, unternimmt aber doch täglich größere Spa ziergänge in unseren städtischen Waldungen, die un mittelbar an den Garten der Langenbeck'schen Billa an- Die Villa am Rhein. Original-Novelle von Mary Dobson. - - Machdruc! verboten.) (Fortsetzung.) Ein vorfahrender Wagen unterbrach sie und der Schall der Glocke drang nochmals durch die Stille des Hauses. Die Freundinnen vernahmen Zugleich die befehlende Stimme der Majorin. „Guten Abend, Elisabeth!" rief dieselbe hastig eintretend und ihre Gesichtszüge verrieten einen hohen Grad von Verstimmung. „Ich höre, Du hast Be such bekommen." „Guten Abend, Karoline", antwortete ruhig die junge Witwe, und konnte nicht umhin, den kostbaren Traueranzug derselben mit seinem schnellen Blick zu mustern: „ja, ich habe lieben Besuch bekommen, Her mine hat mich überrascht!" „Du wirst erstaunt sein, Elisabeth, mich viel leicht gegen Deinen Wunsch hier zu sehen, aber eine besondere Veranlassung hat mich zu Dir geführt." „Eine besondere Veranlassung?" wiederholte Elisabeth. „Was ist geschehen?" „Du mußt mich notwendiger Weise sogleich zur Stadt begleiten,. Gronau ist plötzlich gefährlich er krankt und will Dich sehen und sprechen. Doktor Schwarz und Justizrat Bäumer sind bereits bei ihm." „Gronau ist erkrankt?" sprach ungläubig Elisa beth. „Er war ja gestern bis spät abends hier und so gesund und wohl wie sonst!" „Er ist auch diesen Morgen gesund und wohl aus der Kirche gekommen," berichtete eifrig die Ma jorin, „doch hat er in Folge eines plötzlichen großen grenzen. Van der Veranda der Villa hat man eine prachtvolle Aussicht nach Mainz und nach den über rheinischen Höhenzügen. Als die Kaiserin vor 5 Iah- ren bei un« weilte, Pflegte sic mitten im Walde zu Pferde zu steigen und größere Spazierritte zu unter nehmen. Diesmal sind keine Pferde aus dem Kaiser lichen Marstall mitgebracht, wohl aber ist an jener Stelle, wo früher die Pferde bereit gehalten wurden, diesmal eine Molkerei eingerichtet worden, da die Kaiserin jedesmal 2 Glas frisch von der Kuh kom mende Milch trinkt und dann den Spaziergang fort setzt. Die Gerüchte, welche jüngst über den Gesund heitszustand der Kaiserin in einigen Blättern auftauch ten, werden durch die ganze Art und Weise, wie die hohe Frau hier lebt, aufs schlagenste widerlegt. Z Bremerhaven, 29. April. Auf dem Llohd- dampfer „Berlin", der von Brasilien hier angelangt ist, brach auf der Heimreise das gelbe Fieber aus. fast alle Offiziere sowie 28 Mann erkrankten; drei Personen sind leider gestorben. ß Kiel, 30. April. Die vom „Eber" und „Adler" geretteten Mannschaften erreichen voraussichtlich in der zweiten Hälfte des nächsten Monats die Heimat. — Prinz Heinrich hat in einem Schreiben an den kom mandierenden Admiral des Seeoffizierkorps Patenstelle bei dem jüngsten Prinzen angetragen. Die Taufe findet Sonntag nachm. 5 Uhr statt. § Aus Schlesw ig - H 0 lstein, 28. April. Durch eine furchtbare Feuersbrunst wurde der Hof des Besitzers Schmidt in Gr. Wesendorf vollständig vernichtet, wobei ein großer Teil des Viehbestandes in den Flammen nmkam. Da das Feuer sich mit unglaublicher Schnelligkeit verbreitete, konnte leider eine Dieustmagd dem gierigen Element nicht entrin nen; sie wurde von den Flammen erfaßt und fand ihren Tod in der schrecklichen Glut. ß Frankfurt a. O., 27. April. Der 27. April ist hierorts der Erinnerung an den Opfertod des Herzogs Leopold von Braunschweig gewidmet, dessen Denkmal in der Dammvorstadt bereits an 102 Jahre an der Stelle steht, an welcher der hochherzige Menschenfreund sein Leben beschloß. Bekanntlich eilte er am 27. April 1785 bei hochangeschwollenem Strom, der einige Joche der Brücke abgerissen und den Oderdamm an der Seidenfabrik durchbrochen hatte, so daß die Dammvorstadt vollständig überflutet wurde, aus schwankendem Nachen nach der Uiiglücks- stätte, um etwa bedrohtes Menschenleben retten zu helfen. Der Kahn wurde in den Strudel an der Durchbruchsstelle hineingerissen, stieß an eine unter Wasser befindliche Weide und schlug um. Die Be gleiter des Herzogs konnten gerettet werden, er selbst ertrank. Das schönste Denkmal wurde dem Heimge gangenen Menschenfreunde in der Gedächtnisfeier gesetzt, die jährlich von der von ihm gegründeten, bis zum heutigen Tage erhaltenen Gärnisonschule ver anstaltet wird. Nach dem Tode des Herzogs brachte ein Verein edler Männer in Berlin zum Zweck der Stiftung einer jährlichen Gedächtnisfeier des Herzogs Leopold eine Summe von 6000 Thalern zusammen, von deren Zinsen die Feier bestritten wird. Der ver storbene Herzog von Braunschweig hatte zur Erhöhung dieser Feier bei Gelegenheit seiner Anwesenheit in Frankfurt in den 50er Jahren pro Jahr 100 Thaler bestimmt, die jetzt auf Anordnung der Regentschaft in Braunschweig noch fortgezahlt werden. Auch die diesjährige Gedächtnisfeier verlief in äußerst würdiger Weise. 8 I n st e r b u r g , 29. April. Zwei unschuldig Verurteilte wurden in diesem Monat aus der hie sigen Strafanstalt entlassen. Einer von ihnen ist Schreckens einen Schlaganfall gehabt. Die Haus hälterin hat dann sofort den Arzt und den Anwalt zn ihrem Herrn gerufen. Dieser hat vollständig die Besinnung wiedererlangt und ließ mich bitten, Dich von seinem Unfall in Kenntnis zu setzen, nm so schnell wie möglich zn ihm zu kommen, da er Dich noch sehr notwendig sprechen muß." „Was mag er mir nur mitzuteilen haben", ent gegnete Elisabeth. „Es kann sich doch nur auf das Geschäft beziehen." „Gewiß, und da ich es von dem Justizrat Bäu mer erfahren, will ich es Dir im voraus sagen," er- wiederte die Majorin leise, nachdem sie sich überzeugt, daß Hermine sich am anderen Ende des großen Zimmers befand. „Konrad Hermann, der dritte Kommis, ist mit 50,000 Thalern, die er persönlich auf die Bank brin gen sollte, entflohen!" „Konrad Hermann?" rief Elisabeth entsetzt. „Leider, ja." „Aber woher weiß man das? — Es kann ein Irrtum vorliegen." „Nein, das ist nicht möglich, denn das Geld ist nicht deponiert worden und Hermann hat am Tage vor Gustavs Beerdigung die Stadt heimlich verlas sen! — Der Justizrat will wegen der gerichtlichen Anzeige mit Dir sprechen!" „Gerichtliche Anzeige?" fragte betroffen Elisa beth. „Freilich, sum die Wahrheit zu ermitteln, da ja auch ein Unglück geschehen sein kann. Laß uns also gehen, Karolitte." Dann nahm sie von Hermine Abschied. „Mut, Mut, Elisabeth!" sagte diese, indem sie I wie das „Jnsterb. Tageblatt" meldet, der Knecht I Rafalski aus einem Dorfe des Angerburger Kreises, I der von einer fünfzehnmonatlichen Zuchthausstrafe bereits 11 Monate verbüßt hatte. Ferner wurde, wie die „Jnsterb. Zeitung" schreibt, in diesen Tagen auch der Arbeiter Entstipp aus der Strafanstalt entlassen, welcher gleichfalls unschuldig zu einer etwa fünfjährigen Zuchthausstrafe verurteilt war und einige Jahre von dieser Strafe bereits verbüßt hatte. Vor einigen Jahren wurde in dem bei Tilsit ge legenen Heimatsort des E. ein größerer Diebstahl vermittelst Einbruches ausgeführt. Der Verdacht fiel auf E., der bereits mit Zuchthaus bestraft war, und die Belastungsmomente erschienen so gravierend, daß seine Verurteilung erfolgte. Nach 2 Jahren sind jetzt die wirklichen Diebe ermittelt und Entstipp erhielt seine Freiheit wieder. 8 München, 30. April. Pater Bonifaz Fleschütz, Oberer der Mission von Pugu, ist gestern mit der Schwester Benedikta, ans Zanzibar kommend, im Mutterhause St. Ottilien eingetrosfen; derselbe ge denkt, öffentliche Vorträge über das Schicksal der Mission zu halten; nach Wiederherstellung seiner an gegriffenen Gesundheit will Pater Fleschütz nach Ost afrika zurückkehren. — Der hiesige Bürger Poeller hat 100000 Mk. zur Erbauung eines Reichswaisen hauses in München zur Verfügung gestellt. 8 Stuttgart, 29. April. Anläßlich der Er rettung der Königin aus Lebensgefahr sind Hunderte von Glückwunsch-Telegrammen an die allbeliebte Lan- dcsfürstin abgegangen. Auch die beiden Kammern sandten telegraphische Gratulationen ab. Den neuesten Meldungen zufolge sind für die Gesundheit der hoch betagten Königin keine nachteiligen Folgen von dem Unfälle zu erwarten. 8 Straßburg, 28. April. Der Straßburger Münster und der Eiffelturm. Die Anzahl der Stufen, die auf die Spitze des Eiffelturms in Paris führen, beträgt 1792; diejenige der Stufen, welche bis zur Krone des Münstcrturms in Straßburg führen, nur 635. Die Stufen des Eiffelturms haben eine Höhe von 165'? ein, diejenigen des Straßburger Münsters im Turme eine Höhe von 20 und in der Spitze von 20 bis 25 Lin. * * Paris, 27. April. Der Gemeinderat hat beschlossen, am Tage der Eröffnung der Weltaus stellung 100000 Franken an die Armen der Haupt stadt verteilen zu lassen. Desgleichen hat die neue Gesellschaft der Pariser Bouillons dem Seine-Prä fekten das Anerbieten gemacht, ihm 5500 Bons zu zustellen, deren jeder für eine Portion Fleisch, Ge müse, Brod und i/i Liter Wein gültig ist. Die mit solchen Bons versehenen Armen können sich am 6. Mai zwischen 8 und 10 Uhr morgens in einem der fünf großen Lokale der Gesellschaft einfinden und werden da die versprochene Mahlzeit erhalten. * * Haag, 29. April. Dem Vernehmen nach hat die Regierung die Anordnung wegen einer von den Gereralstaaten morgen abzuhaltenden Plenar sitzung abgeändert und beabsichtigt, weil der König nicht mehr außerstande ist, die Regierung zu führen, das Aufhören der Regentschaft vorzuschlagen. * * Lond on, 30. April. Rußland verlangte an geblich von Korea die Einräumung einer Insel zur Errichtung einer Kohlcnstation; obwohl sechs russische Kriegsschiffe sich in den koreanischen Gewässern be finden, soll Korea diese Forderung doch auf das ent schiedenste abgelehnt haben. * * London, 30. April. Ein der Paeific-Dampf- schiffahrtsgesellschaft gehöriger Dampfer ist in der Magelhanstraße untergcgangen. Passagiere und Mann- ihr den Abendmantel umlegte. „Er hat Dir bisher nicht gefehlt." „Was auch kommen mag, ich muß ihn mir zu bewahren suchen", erwiederte Elisabeth und richtete das schöne Haupt höher auf. „Ein namenlos schwe res Leid, die unheilvolle Krankheit meines Mannes ist überstanden, jetzt aber habe ich für seine und meine Kinder zu sorgen." „Recht so, Elisabeth!" „Du wirst vou der langen Tagereise ermüdet sein, Hermine, begieb Dich daher, falls ich zu lange ausbleiben sollte, zur Ruhe. Frau Feldmann wird für Dich sorgen und auch bei den Kindern wachen." „Ich werde Dich erwarten, Elisabeth, damit ich erfahre, wie es Dir in der Stadt ergangen ist!" und die Freundinnen schritten hinab ins Kinderzimmer, wo Elisabeth die Kleinen küßte und dann mit ihrer Schwägerin den Wagen bestieg, um der Aufforder ung des langjährigen Freundes der Familie Folge zu leisten. Die Majorin aber sagte zum Bürgermeister ge wendet : „Ach wie schwer hat uns das Schicksal durch den frühen Tod meines teuren Bruders getroffen." „Da haben Sie recht, Frau Majorin", erwiderte ernst der Bürgermeister, „und jetzt ist es ein großes Glück, daß Ihre Schwägerin ein so sicher gestelltes Vermögen besitzt; sonst könnte sie als Witwe des einst so reichen Gustav Eschenbach vielleicht noch mit ihren Kindern in Not kommen. Dergleichen Fälle stehen nicht vereinzelt da und glücklich sind die Frauen, die dann mutig und thatkräftig dem Geschick gegen überstehen wie unsere Elisabeth."