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— Die friedliche Stille der Osterfeiertage ist in der Nähe von Chemnitz leider durch einen empören den Raubmord gestört worden, welcher alle diejenigen in begreifliche Aufregung versetzte, welche Kenntnis hiervon erhielten. Am 2. Feiertag früh fanden einige Spaziergänger im Walde, dem sogenannten schwarzen Holze zwischen Altenhain und Gornau gelegen, und zwar dicht an der von Chemnitz nach Zschopau führen den Chaussee, die Leiche des Grünwarenhändlers Weigelt aus Zschopau bis auf Hemd und Unterhose entkleidet, an einem Baum an den Beinen aufgehängt auf. Am Fuße des Baumes lag die Schnapsflasche Weigelts, an welche ein Zettel geklebt war, mit einer Aufschrift, welche besagte, daß sich Weigelt selbst den Tod gegeben. Die Thatsache jedoch, daß des Verlebten Uhr und das Geldtäschchen nicht an der unheilvollen Stätte zu finden waren, lassen es als nur zu wahr scheinlich gelten, daß Weigelt überfallen, ermordet und beraubt worden ist, worauf der oder die Mörder die Leiche aufhingen. Die Kleider des Ermordeten soll ein Handwerksbursche im Walde gefunden und beim Gemeindevorstand abgeliefert haben. Weigelt beab sichtigte, sich am 1. Feiertage nachmittag zu Fuß nach Chemnitz zu begeben und auf dem Wege ist der Ueber- fall geschehen. Die Leiche wurde vorläufig nach der Leichenhalle zu Kleinolbersdorf gebracht. Im Geld täschchen des Ermordeten soll sich der Betrag von 30 Mk. befunden haben. Der Mann hinterläßt eine zahlreiche Familie. Hoffentlich gelingt es recht bald, die Urheber der schrecklichen That zu ermitteln. Dringender Ver dacht fällt auf zwei Italiener, welche in der Bodemer- fchen Fabrik in Zschopau bisher arbeiteten und bei Weigelt logierten, denen aber die Wohnung gekündigt war, weil sie nicht zahlen wollten. — Glauchau, 23. April. VonSr. Maj.jdem König ist dem seit 1. dieses Monats in den Ruhestand getretenen Herrn Bürgermeister Martini das Komtur kreuz II. Klasse vom Albrechtsorden verliehen worden und wurde ihm diese hohe Auszeichnung bereits gestern durch Herrn Kreishauptmann Freiherrn von Hausen mittels Zuschrift, in welcher zugleich die Anerkennung der Wirksamkeit im Bezirke der Kgl. Kreishauptmann schaft Zwickau ausgesprochen ist, übersendet. — Ferner haben Se. Majestät der König gelegentlich Aller- höchstseines heutigen Geburtstages das Ritterkreuz 1. Klasse vom Albrechtsorden: Herrn Gntsbesitzer, Rittmeister d. L. C. Gelbke zu Gesau zu verleihen geruht. — Das Ritterkreuz 2. Klasse haben ferner in Anerkennung ihrer verdienstreichen Thätigkeit die Herren Gerichtsassistenzarzt Brückner zu Rothenbach und Schul direktor Ostermai zu Mülsen St. Jakob erhalten. — Ebenso haben Seine Majestät der König dem Herrn Rendanten Karl Naake dahier für 38jährige treue Amtsführung das Ritterkreuz 2. Klasse des Älbrechts- Ordens Allergnädigst zu verleihen geruht, welche Auszeichnung dem Genannten bei einer heute im Schlosse Forderglauchau stattgefundenen Tafel von Seiner Erlaucht Grafen Karl, Grafen und Herrn von Schönburg höchst eigenhändig überreicht wurde. — Hüttengrund-Hohenstein, 24. April. Die von naher wie weiter Umgebung zu manchen Zeiten gern besuchte Gastwirtschaft „zur Hüttenmühle" ist durch Kauf in andere Hände übergegangen und wird, durch bedeutenden Um- wie Neubau erweitert, in eine Badeanstalt umgewandelt werden. Somit dürfte unsere Gegend, um einen nenen, angenehmen Aufenthaltsort bereichert, auch fernerhin von Freunden der Natur gern aufgesucht werden. — Dem seit 39 Jahren in der Schule und feit 30 Jahren zugleich auch im Kirchendieuste mit thäti- gen Kirchschullehrer Kantor Kühnert in Oberlungwitz Die Villa am Rhein. Original-Novelle von Mary Dobson. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Eine Bitte?" wiederholte langsam die junge Frau. „Sprechen Sie und wenn ich dazu im stände bin, werde ich sie gern erfüllen." „Das sind Sie, Frau Eschenbach. Ich möchte den angenommenen Namen beibehalten und Ihrem Gemahl wie anderen Leuten gegenüber als M. H. Walker gelten." „Wie Sie wünschen, Herr Wendtorfs", erwiederte Elisabeth und fügte nach einer Pause hinzu: „Wer den Sie auch zu Ihrem Herrn Vater reisen?" „Nein, Frau Eschenbach", versetzte er entschieden und noch ernster als zuvor, „diesmal nicht, und was sollte ich auch dort? Mein Vater, der sich des besten Wohlseins erfreut, bedarf meiner nicht, doch werde ich mit Richard Stein eine Zusammenkunft haben, den ich nach so langer Trennung Wiedersehen möchte! Und nun, Frau Eschenbach", und damit reichte er ihr seine Hand, in die sie einen Augenblick die ihrige legte, „leben Sie wiederum wohl und erinnern Sie sich meiner als eines treuen Freundes, in dessen An denken Sie unverändert fortleben! Des Herrn Wege sind wunderbar und vielleicht führen Sie uns noch einmal wieder zusammen;" und sich leicht verbeugend verließ er schnell das Zimmer und das Haus und kehrte in seinem unten harrenden Wagen zur Stadt zurück. Elisabeth blieb regungslos an ihrem Platz und lauschte auf den Schall der sich entfernenden Räder, ist von Sr. Majestät das AlbrchtSkreuz verliehen und Dienstag nachmittag in Gegenwat von Mitgliedern des Schul-, Kirchen» und Gemeindevirstandes durch Herrn Schulrat Gruhl aus Glauchau in feierlicher Weise ausgehändigt worden. — P l a n i tz bei Zwickau, 2-. April. Während der Osterfeiertage prangte die Kyzel unserer neuen Kirche in dem neuen Schmuck de Bilder der vier Evangelisten, welche Professor Aldrä in Dresden gemalt und Maler Rönnau-Zwimu in die Felder her Kanzel eingesetzt hat. — Das obere Erzgebirge hat weiße Ostern ge habt. In Moldau und Umgegend lag der frischge fallene Schnee über einen Meter hch und Schnee auswerfen war ein unerwünschtes Feirtagsvergnügen. In Frauenstein ging der Schlitten. — Am Ostermontag gingen in rbersbach und Umgegend starke Gewitter nieder. Dr Blitz hat in Ebersbach mehrere Male eingeschlager Im Nieder dorfs schlug derselbe in eine Linde, aus der Haine fuhr er in ein mit Stroh gedecktes Wojnhaus, richtete daselbst mehrfachen Schaden an, jedoch ohne zu zün den, und in der Nähe des Bahnhofs zerstörte der Blitz eine Telegraphenstange und die dann befestigte Signalleitung. — Ein seltenes Jubiläum konnte der Gutsbes. Gräfe sen. in Eutritzsch begehen. Es ist derselbe nämlich jseit 50 Jahren unausgesetzt cls Mitglied des dortigen Gemeinderates thätig gwesen. Der Gemeinderat übersandte ihm durch eiw Deputation herzliche Glückwünsche, begleitet von dr Ueberrei- chung eines geschmackvoll ausgestattcten khrenbürger- briefes. — Vergangenen Sonnabend exploierte in der chemischen Fabrik zu Mügeln bei DreNen in einem verschließbaren Raume eine gewisse Masst wie Schwe felsäure und dergl. Art, daß dadurch sämtiche Fenster scheiben des betreffenden Gebäudes zerprangen und ganze Balken mit dem Dach emporgeholln und weit sortgeschleudert worden sind. Dabei ist leider einer der beiden in dem betreffenden Raume bechäftigt ge wesenen Arbeiter nicht unbedeutend am Körper, na mentlich aber im Gesicht und an den Augen ver brannt worden. Der Bedauernswerte nurde sofort zur weiteren ärztlichen Behandlung ins Larolahaus nach Dresden transportiert; derselbe ist noch jung, verheiratet und Vater, und befindet sich ir einem be klagenswerten Zustande. — Im Garten des Restaurants zun „Heiteren Blick" in Meißen spielten einige Kinder im Sande und trafen dabei plötzlich auf harte Gegen'tände. Als man die Sache näher untersuchte, entdeckte nan mehrere Kanonenkugeln, die allem Anscheine nach in den Frei heitskriegen dort verscharrt worden sind. — Am I. Osterfeiertag fand in Lstritz die althergebrachte Sitte des Oster- oder Sratreitens statt. Es beteiligten sich daran 88 Reiter aus den zur Parochie Ostritz gehörigen Ortschaften. — Das „Osterwassei schöpfen" hätte in Wurzen diesmal fast ein Menschenleben gefordert. Zftei junge Mädchen schöpften früh in der ersten Stunde mit ihren Eimern vor der Stadtmühle aus dem Mühlgraben das Osterwasser. Dabei mochte das eine Mädhen das Gleichgewicht verloren haben und stürzte in )as an dieser Stelle sehr tiefe Wasser. Zum Glück var ein Nachtschutzmann in der Nahe, der das Mädchen rettete. Dasselbe eilte, ohne ein Wort des Dankes zu sagen, nach Hause, wahrscheinlich — um die Wirkung des Osterwassers nicht zu beeinträchtigen. Bekcnntlich darf nach dem herrschenden Brauch beim Schöpfen von Osterwaffer kein Wort gesprochen werden! Dem dann aber wandte sie sich hastig dem Kinderzimmer zu, aus welchem die Stimme der kleinen Tochter zu ihr drang. Diese eilte ihr mit offenen Armen wei nend entgegen, fragte, wo sie so lange geblieben, und verlangte auf ihren Schoos zu sitzen, wo sie dann den Kopf an ihrer Brust barg. Durch zärtliche Worte und Liebkosungen beruh igte Elisabeth schnell ihr Kind und erzählte dann Frau Feldmann, was sie durch den Fremden erfahren. Diese hörte ihr unter vielen Aenßerungen des Mit gefühls zu und betrachtete mit Teilnahme das bleiche Gesicht der jungen Hausfrau, welche fortfuhr: „Frau Feldmann, lassen Sie Carl einen Boten besorgen, der Herrn Gronau und Dr. Schwarz die Briefe überbringen muß, welche ich sogleich schreiben will. Um halb 9 Uhr aber muß ich zur Eisenbahn fahren und zwar mit Ihnen, um meinen Mann in Empfang zu nehmen. Außer seinem Schlafzimmer wollen wir noch eins der Fremdenzimmer für ihn bereit halten, denn möglich wäre es, daß er nicht die Treppe hinauf gehen kann und unten bleiben muß." Frau Feldmann ging, die Wünsche ihrer Herrin auszurichten; diese aber schrieb die Briefe an den Bilchhalter und den Hausarzt und bedauerte wieder Dr. Bäumers Abwesenheit, zu dem sie als Arzt und Freund unbedingtes Vertrauen hatte. Dann wurden die nichts ahnenden Kinder zur Ruhe gebracht und darauf die Zimmer für einen Schwerkranken eingerichtet und als dies alles ge schehen, war auch die Zeit herangekommen, wo Elisa beth sich nach der Stadt begeben mußte. Sie klei dete sich eiligst an und als sie dann im Wohn zimmer erschien, trat ihr Frau Feldmann mit Wein Mädchen wird das diesjährige Otterwasserholen jeden falls unvergeßlich bleiben. H Görlitz, 24. April. Infolge des in den diesseitigen Grenzbezirken stattgefundenen Ausbruchs der Maul» und Klauenseuche ist österreichischerseitS die Vieheinfuhr verboten worden. 8 Apolda, 24. April. Der hiesige Rechtsanwalt M. hat sich erschossen. ß Kaiser Wilhelm gedenkt nach Berliner Blät tern, denen die Verantwortlichkeit für diese Nachricht überlassen bleibt, im Juli dieses Jahres eine Ver gnügungsfahrt nach dem Nordkap zu unternehmen. In Berliner Künstlerkreisen erzählt man sich, daß der Maler Herr Saltzmann den Monarchen auf dieser Nordreise begleiten werde, um landschaftliche Szene rien, welche das besondere Interesse des Kaisers erre gen, im Bilde festzuhalten. Man wird sich erinnern, daß Herr Saltzmann sich a«ch bei der Meerfahrt mich Petersburg im Gefolge des Kaisers befand. 8 Mainz, 22. April. Heute Nacht w»rde am Zentralbahnhof der von Frankfurt a. M. kommende und für Mainz bestimmte Postbeutcl samt Inhalt entwendet; so viel der „Franks. Ztg." bis jetzt be kannt ist, befanden sich in dem Beutel mehrere Geld briefe mit über 5000 Mark Inhalt. Der Postbe dienstete, welcher den Beutel im Bahnhof von der Bahnpost empfangen hatte, behauptet, den Beutel in den bereit stehenden Postkarren verladen und den Post karren verschlossen zu haben. Wie der Postbeutel dabei verschwinden konnte, ist bis jetzt rätselhaft; ein Postbediensteter ist bereits verhaftet worden. § Für die Hinterbliebenen der bei Apia verun glückten Mannschaften der deutschen Marine sammelt ein in Hamburg zusammengetretenes Komitee Beitrüge. Es sind bereits über 20,000 Mk. beigesteuert worden, wovon 18,000 Mark dem Reichskanzler übersandt worden sind. 8 „Ein russischer Spion gefangen", diese Kunde durcheilte wie ein Lauffeuer die Stadt Thorn. Vor der Kommandantur, wohin derselbe in einer Droschke gebracht worden, sammelte sich eine gewaltige Menschen menge an. Unter Begleitung des Platzmajors und des Polizei-Kommissars wurde er ebenfalls zu Wagen zum Polizcibureau transportiert, wo die weiteren Ver höre stattfanden. Der Verhaftete soll ein höherer russischer Offizier, angeblich General oder Oberst (?) sein. Er wurde im Fort IV ergriffen. Auf denselben wurde bereits gefahndet. Die Mannschaften der Gar nison waren beauftragt, auf verdächtige Personen zu achten, und zur Information hatte man ihnen sogar Photographien des Spions vorgezeigt. Der Verhaf tete war in hochfeiner Zivilkleidung. Sein Gesicht soll der Photographie entsprechen, doch hat er seinen Vollbart etwas gestutzt. 8 Kiel, 24. April. Der Kaiser übersandte dem Dichter Claus Groth seine besten Glück- und Segens wünsche zum 70. Geburtstage. 8 Nürnberg, 24. April. Bei der hier statt gehabten Generalversammlung des baierischen Ge werbemuseums und des unter der Leitung des Ge- werbemnseums stehenden Verbands baierischer Gewerbe vereine betonte Gewerbemuseumsdirekior von Kramer nachdrücklich, daß der Verband fest auf dem Boden der Gewerbefreihcit beharre. 8 Ueber die Wißmann'sche Expedition wird dem „Hamb. Korr." geschrieben: „Der Dampfer „Vesuv", welcher am 17. d. die Reise nach Zanzi bar angetreten hat, wird schwerlich rechtzeitig in Aden eintreffen, um dort noch einige der für die Wißmann'sche Expedition angeworbenen Leute ihrer Bestimmung zuführen zu können. Ueberhaupt haben und Speisen entgegen und sagte in überredendem Tone, indem sie zugleich voll Sorge die bleichen und abgespannten Züge der jungen Frau betrachtete: „Genießen Sie dies, Frau Eschenbach, denn so viel ich weiß, haben Sie diesen Nachmittag weder Speise noch Trank zu sich genommen." „Sie haben recht, Frau Feldmann," entgegnete Elisabeth, welche plötzlich ihre Kräfte schwinden fühlte, und sich schnell auf einen Sessel niederließ, dann genoß sie von dem Wein und den Speisen, wodurch sie sich wieder gestärkt fühlte, und ließ auch Frau Feldmann gewähren, ihr das Glas zum zweiten Male zu füllen. Als der Diener zurückkehrte, konnte sie mit sicheren Schritten den Wagen besteigen und fuhr mit ruhiger Fassung dem Bahnhof zu. Es war ein selten schöner Herbstabend; der Vollmond stand hoch am Himmel und ein silbernes Licht glänzte auf der Landschaft, welche im stillen Frieden dalag, bis sie die Nähe der Stadt erreichten, wo dann das regere Treiben derselben sich geltend machte. Elisabeth sah dies Alles nicht. Das müde Haupt gegen die Kissen gelehnt, vergegenwärtigte sie sich noch einmal das unerwartete Erscheinen von Gustav Wendtorfs, der als Bote ihres Mannes gekommen, nachdem er ihm die Dienste eines Freundes und Bruders geleistet. Das Leben hatte ihn in wenig Jahren zu einem anderen gemacht, doch war er, was sie auf den ersten Blick erkannte, in seinem Herzen derselbe geblieben; das schlug noch für sie wie ant Tage ihrer Hochzeit mit Gustav Eschenbach. Und sie hier wandten sich ihre Gedanken schnell