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Wochen- nnd Nachnchtsblait zugleich Ktschösts-Aizeiser ßr vahndorf, Külitz, «crnsüorf, RLVsrf, St. Wie», Hcinrichsort, «urieniii und Wien. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. Nr. 83. »s. Jahrgang. Dienstag, den 9. April 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn-und Festtags) abends für den folgenden' Tag. Vierte jährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer ö Pfennige.— Bestellungen inehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. - Jus-crate werden dre viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Bekanntmachung, Vogelschutz bett. Von dem unter dem Titel: „Winke, betreffend das Aufhängen der Nistkästen für Vögel" erschienenen und von der Abteilung für Tierschutz der Gesellschaft von Freunden der Naturwissenschaften zu Gera empfohlenen Merkchen ist ein Exemplar hier eingegangen und liegt zur Einsichtnahme für alle sich dafür Interessierenden an Natsstelle aus. Callnberg, den 6. April 1889. Der Bürgermeister. Schmidt. Feldverpachtrmg. Die Teile 1 bis 8 des Wirtsfeldes und das sonst Götze'sche Grundstück sollen auf 12 Jahre verpachtet werden und wollen sich Pachtliebhaber Dienstag, den s d. M., nachm. 4 Uhr, im Fürst!. Rentamte einfinden. Fürst!. Rentverwaltung Lichtenstein, den 5. April 1889. v. Uslar-Gleichen. Manzen-Verkauf. Aus dem Lichtensteiner Pflanzgarten, in der Nähe des Forsthauses, können noch ca. 20000 Stück Eschen- u. Ahornpflanzen von I bis 3 Meter Höhe, bis 8 jährig, abgegeben werden. Fürstliche Revierverwaltung Lichtenstein, am 4. April 188«.». Der Kampf gegen deu Boulangismus und die öffentliche Meinung in Frankreich. In einem republikanischen Lande, wie Frankreich ja auch eins ist, wird man immer geneigt sein, zu glauben, daß die Regierung sich niemals lange gegen den Willen der öffentlichen Meinung behaupten könne, ja, daß die Mehrheit der öffentlichen Meinung ge wissermaßen in der Regierung, die in jeder Nepublick ja durch die Volksvertreter gewählt wird, zum Aus druck kommen müsse. In Frankreich ist dies nach der republikanischen Verfassung ja auch der Fall, aber trotzdem kann sich kein französisches Ministerium längere Zeit auf die öffentliche Meinung stützen, weil in Frankreich die öffentliche Meinung nicht die Ueberzeugung charakterfester, ehrlicher und ernster Politiker ist und bleibt, sondern geradezu einer ge fallsüchtigen, genußsüchtigen, launischen und wankel mütigen —- Tyrannin gleicht. Was daher heute in Frankreich die öffentliche Meinung verehrt, kann sie morgen schon verspotten und beschimpfen. Dabei äußern sich die nationalen Leidenschaften so heftig, daß die sogenannte öffentliche Meinung in Frankreich immer am liebsten gegen die Regierung, die sie erst vor kurzem gewünscht und gelobt hat, ankämpft, und geschieht es nun gar, daß ein kühner Agitator wie General Boulanger sich an die Spitze dieser soge nannten öffentlichen Meinung stellt, so strömen ihm in Massen die Unzufriedenen, die Ehrgeizigen, die Streber, die Skandalmacher u. s. w. aus allen Lagern zu und zeigt sich die Regierung dann in Frankreich schwach, schwankend und läßt durch die tollkühnen Demonstrationen ihre Autorität erschüttern, so wird über Nacht in Paris ein Staatsstreich oder eine Revolution fertig, die einen neuen gleißenden Tages helden, der nie hält, was er versprach, an das Ruder bringt. So weit waren ohne Zweifel nach der Wahl des Generals Boulanger in Paris und nach dem Sturze des schwächlichen Ministeriums Floquet die Dinge in Frankreich wieder einmal gediehen, und man konnte jeden Tag einen Staatsstreich der mächtig angeschwollenen boulangistischen Partei, welche nach der Herrschaft strebt, erwarten, zumal sich auch zahl reiche Bonapartisten und Monarchisten dem General Boulanger, in der Hoffnung den „braven General" für sich ausbeuten zu können, angeschlossen hatten. Da zeigten Plötzlich die Republikaner und an ihrer Spitze zumal der neuernannte Ministerpräsident Tirard und der Minister des Innern Constans Verständnis für die gefährliche Lage, in welcher sich Frankreich aber mals befindet, und Tirard und Constans, zwei ehren feste und Willensstärke republikanische Charaktere, offenbarten auch die nötige Energie, um den Um trieben der boulangistischen Partei, welche das Vater land mit Umsturz und Bürgerkrieg bedrohe, den Boden zu entziehen. Zuerst wurde die „Patrioten liga", welche zur Schleppenträgern: der Boulangisten herabgesunken war, wegen staatsgefährlicher Umtriebe in Anklagezustand versetzt und, wie bereits bekannt wurde, ereilte dasselbe Schicksal die Häupter der Boulangisten, von denen sich aber gerade der General Boulanger durch die Flucht nach Brüssel der Ver haftung entzogen hat. Gegenwärtig wird nun viel in der französischen Presse aller Parteien darüber orakelt, ob sich General Boulanger durch seine Flucht geschadet habe oder nicht, wobei natürlich die meisten republikanischen Blätter Boulanger zu den politisch Toten werfen, während die boulangistischen Zeitungen, mit Aus nahme des „Clairon", welcher seinen früheren Herrn und Meister Boulanger einen „jämmerlichen Aus reißer" schilt, die baldige siegreiche Rückkehr des Generals prophezeien, bemerkenswert ist aber auch, daß einige große republikanische Zeitungen sehr zurückhaltend in ihren Urteilen sind und in ihrer Doktrin so weit gehen, daß sie die gerichtliche Ver folgung der Boulangisten nicht gerade als eine glückliche Idee ansehen. Diese seltsamen Schwärmer scheinen gar nicht zu wissen, daß in der Politik nur die Macht entscheidet, und daß jede Regierung, welche die Macht in den Händen hat, auch das Recht haben muß, für ihr Dasein zu kämpfen, und daß dieses Recht zur Pflicht wird, wenn die Umtriebe der Gegenpartei den Ausbruch eines Bürgerkrieges befürchten lassen. Die Minister Tirard und Constans haben daher mit ihren Maßregeln ganz entschieden das Recht der gesetzmäßigen Staatsgewalt auf ihrer Seite und im Interesse Frankreichs und Europas ist nur zu wünschen, daß die französische Regierung von ihrer Macht denjenigen Gebrauch macht, der geeignet ist, neue Staatsumwälzungen in Frankreich zu verhüten. Tagesgeschichte. —* Lichtenstein, 8. April. Die im verflosse nen Winter stattgefuudenen drei physikalischen Vor tragsabende des Herrn Professor Amberg, deren man sich gewiß noch mit großem Interesse erinnern wird, hatten durch das Eintrittsgeld einen Ucberschuß von 54 Mark ergeben. Dem von einer Seite ausgesproche nen Wunsche, diese Summe doch zum Ankäufe von Anschauungsmitteln für unsere Bürgerschule zu ver wenden, entsprachen die Herren, welche die Amberg'sche Angelegenheit in die Hand genommen und sich auch verpflichtet hatten, ein etwaiges Defizit zu decken, mit großer Bereitwilligkeit, wofür ihnen auch an dieser Stelle aufrichtiger Dank ausgesprochen wird. Dieser Dank gebührt aber nicht minder Herrn Buchdruckerei besitzer Matthes, welcher in höchst uneigennütziger Weise sämtliche, nicht unbedeutende Drucksachen unent geltlich lieferte, so daß obige Summe erreicht werden konnte. Die Gegenstände, welche angekauft wurden, bestehen in einem sehr guten Mikroskop mit 50 pracht vollen Präparaten und in plastischen, sehr vergrößerten Darstellungen des menschlichen Auges und Ohres nach Professor Bock. Diese Lehrmittel sind jetzt, während der Examentage, im Schulzimmer Nr. 10 mit ausge stellt und können von jedem, der sich dafür interessiert, in Augenschein genommen werden. —* Der Gesangverein Liederkranz beging gestern abend im alten Schießhause hier einen derjenigen Fa milienabende, welche geeignet sind, das Interesse der Mitglieder zu wecken und zum Besuche heranzuziehen. Thatsächlich zeigte sich solches auch an dem erfreu lichen Besuch. Die Unterhaltung bestand aus Ge sangsvorträgen, Reklamation, Zither- und Pianino- vorträgen und wechselten solche in gemischter Weise, so daß allen Anwesenden ein recht angenehmer Abend bereitet wurde. *— In einem heute hier geschlachteten Schweine wurden von Hrn. Trichinenbeschauer Magnus Fritsche eine Unmasse Trichinen vorgefunden. Das Fleisch wurde unter entsprechender polizeilicher Aufsicht un brauchbar gemacht. —* Bei der heute im Hotel zur goldnen Sonne stattgehabten 18. ordentlichen Generalversammlung des Steinkohlenbauvereins Hohndorf waren 40 Aktionäre mit 3745 Aktien vertreten. —* Hohndorf, 8. April. Gestern nachmittag produzierte sich Herr Zirkusdirektor Borno hier auf dem hohen Seil und hatte diese Vorstellung eine große Menge Schaulustiger herbeigezogen. Der Seillauf verlief in exakter Weise. — Von dem Gauverbande der erzgebirgischen Gewerbevereine, welcher die Städte Aue, Crimmit schau, Glauchau, Gößnitz, Hohenstein-Ernstthal, Meerane, Penig, Reichenbach, Schneeberg, Walden burg, Werdau und Zwickau umfaßt, erging an uns die Liste Nr. 4, aus welcher wir nachstehendes ent nehmen: 6 Bäckermeister suchen Lehrlinge, desgl. 1 Barbier, 3 Buchbinder, 4 Buchdrucker, 1 Konditor, 1 Drechsler, 3 Färber, 7 Fleischer, 4 Gärtner, 2 Gerber, 3 Glaser, 2 Müller, 5 Kaufleute, 2 Kellner, 4 Klempner, 1 Korbmacher, 1 Kupferschmied, 1 Kürschner, 7 Maler, 1 Musterzeichner, 1 Riemer, 1 Photograph, 4 Sattler, 2 Schlosser, 4 Schmiede, 8 Schneider, 13 Schuhmacher, 1 Seiler, 2 Stellmacher, 1 Brauer, 2 Tapezierer, 10 Tischler, 1 Lackierer, 1 Uhrmacher, 11 Weber, 2 Wagenbauer und 1 Zeug schmied, in Summa 124 Meister, welche Lehrlinge suchen, dagegen suchen Lehrlinge resp. Knaben Meister: 1 Barbier, 1 Färber, 2 Fleischer, 2 Glaser, 4 Kaufleute, 1 Kellner, 1 Kürschner, 11 Schlosser, 1 Bäcker und 2 Schreiber, in Summa 26 Knaben, welche vorstehende