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von ihm aber durch irgend welchen Umstand erst später der Familienname „Noack" geführt worden. — Am Mittwoch nachmittag ist die Dampf mühle von Barthels L Comp. in Niederwiesa (Besitzer Herr Barthels in Niederwiesa und Herren Getreidehändler Gebrüder Heller in Dresden) total niedergebrannt. — Elsterwerda. Ein aufregender Unglücks fall hat sich am 31. v. M. in dem Dorfe Hohenlepisch bei Elsterwerda zugetragen. Der etwa 36 Jahre alte Stiefsohn des Töpfermeisters R. daselbst hat frei willig seinen Tod in der Glut des Töpfer-Ofens gesucht. Der Unglückliche war ein siecher Menfch und lahm, doch konnte er sich insofern noch nützlich machen, als er beim Setzen des Geschirres in den Töpfer-Ofen und beim Brennen helfen konnte. Ersteres hat er auch vor einigen Tagen noch gethan; seitdem hat man ihn vermißt. Ein verdächtiger Geruch, der dem Ofen beim Brennen entstiegen ist, hat den Vater des Unglücklichen wohl zuerst das Geschehene ahnen lassen, und einige Aeußerungen, welche der Verstorbene kurz vor dem Brande gegen einen Gesellen gethan hatte, mögen den Vater in der entsetzlichen Vermutung bestärkt haben. Im Töpfer- Ofen wurden einige Uebcrreste von Knochen und einige Zähne gefunden, wodurch die Vermutung zur- schrecklichen Gewißheit geworden ist. Auch wird er zählt, daß man nachher von dem Lebensmüden einige an den Bruder gerichtete Zettel gefunden haben soll, auf welchen derselbe sich dahin ausgesprochen habe, daß er es vor Schmerzen nicht mehr aushalten könne, man möchte ihm verzeihen. Einige vermuten, daß er sich vor dem Brande in der Esse des Töpfer-Ofens erhängt habe und sich als Leiche habe verbrennen lassen. Es wird wohl schwerlich volle Klarheit in das hierüber schwebende Dunkel kommen. § s Der Schnelldampfer Fulda, Kapt. R. Ringk, vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welcher am 23. März von Bremen und am 24. März von Southamp ton abgegangen war, ist am 2. April 8 Uhr morgens wohlbehalten in Newyork angckommen. Z Posen, 4. April. Amtlicherseits wird be richtet, daß gestern nach 10 Uhr abends ein Teil der nördlichen Befestigung nach der Dombrücke, genannt die rechte Flankenbatterie, bestehend aus einem vom Wallmeister bewohnten Hause und der Mauer, infolge von Unterspülung eingestürzt ist.^ Die Einwohner haben mit Mühe ihr Leben gerettet. Das Mobiliar geriet in die Fluten. Die Feuerwehr war sofort zur Stelle; ein Militärkommando sperrte den Platz ab. Die Frau des Wallmersters und deren drei Kinder, welche sich in die Küche geflüchtet hatten, wurden, da diese wunderbarer Weise allein stehen blieb, gerettet. Sonst ist kein Unglücksfall vorgekommen. Die Straßen in der Stadt werden allmählich wasserfrei; die Warthe ist sowohl hier wie in Pogorzeliee in weiterem Fallen. * * Paris, 4. April. Boulangers Flucht nach Belgien wird fortgesetzt einerseits als Feigheit und Desertion, anderseits als Klugheit beurteilt, doch bleibt zunächst der ungünstige Eindruck über wiegend. Zwei hervorragende Mitglieder des bvu- langistischen Komitees, Thiebaut und Michelin, sagten sich bereits schroff und scharf von Boulanger- los. Die Royalisten tadeln durchweg Boulangers Abreise als feige Fahnenflucht, die Bonapartisten, mit ihnen Cassagnac, hingegen billigen Boulangers Verhalten vollkommen. Die Boulangisten suchen den General zu rechtfertigeu und erzählen lange Schauergeschichten über angebliche Mordanschlüge der Regierung gegen Boulanger. Dieser scheint namentlich dem Nate Rocheforts, der gleichfalls ge- Die Villa am Rhein. Original-Novelle von Mary Dobson. - (Nachdruck Vorboten.) (Fortsetzung.) „Fehlen erstere, so fällt das Geld an unsere ent fernten Verwandten und in gänzlicher Ermangelung derselben an die Stadt als Unterstützungsfonds für- hilfsbedürftige Frauen und Mädchen. Für die Mühe der Verwaltung darf jährlich eine bestimmte Summe berechnet werden, welche die Zinsen eines besonders zugefügten Kapitals ergeben." Die Majorin zog sich mit verfinstertem Gesichts ausdruck von der Thür zurück. Gustav Eschenbach erwiderte: „Genau genommen, Mutter, finde ich die Be stimmungen des Testators weder unrecht noch unge wöhnlich; sie sind ein redender Beweis seiner Fürsorge für Euch." Mit der unbefangensten Miene trat jetzt Frau von Falkenberg ein. Auf den Brief in der Hand der Rätin blickend, bemerkte sie in ruhigem Tone: „Ich habe wohl eine geschäftliche Unterredung gestört, glaubte aber hier Nachricht über unsere Elisa beth zu erhalten." „Ihr Zustand ist unverändert, entgegnete mit trübem Ernst ihr Bruder, was aber die geschäftliche Unterredung anbetrifft", — und er blickte auf seine Schwiegermutter, welche sogleich hinzusetzte: „Es sind Briefe gekommen und wie Sie denken können, Karoline, sind die Verfügungen meines Bruders über das Geld aus Batavia bekannt ge flohen ist, gefolgt zu sein. Dennoch bleibt abzu warten, ob'Boulangers Ansehen durch seine neueste, an sich wenig heroische That wirklich ernstlich ge schädigt ist. Der Antrag auf Genehmigung der Verfolgung Boulangers wird heute in der Kammer eingebracht. Die Stimmung des Publikums ist vor wiegend ruhig und zufrieden darüber, daß nunmehr ein ungestörter Verlauf der Ausstellung gesichert er scheint. * * Paris, 4. April. Die Deputiertenkammer beschloß mit 355 gegen 203 Stimmen die gerichliche Verfolgung Boulanger's. * * Brüssel, 4. April. Eine Depesche des Gouverneurs des Congostaates an die hiesige Con goregierung aus San Thomä vom 3. März meldet, nach Gerüchten aus arabischer Quelle, welche von Stanleyfalls Congo abwärts am 22. Februar nach San Thomä gelangt sind, befände sich Stanley auf einem Marsche in der Richtung nach Zansibar mit mehreren Tausend Männern, Frauen und Kindern und 6000 Elephantenzähnen. * * Athen, 3. April. Heute abend wurden starke Erderschütterungen verspürt. Deutscher Reichstag. Sitzung vom 4. April. Der Reichstag setzte die zweite Beratung des Alters- und Jnvalidstäisversicherungsgesetzes fort. Z 14 betrifft die Aufbringung der Mittel und bestimmt, daß dieselben vom Reich durch Zuschüsse und Vonden Arbeitgebern und Versicherten durch laufende Beiträge aufgebracht werden sollen. Hitze (Zentr.) beantragt Streichung des Reichs- zuschusscs, Fürst Hatzfeldt-Trachenberg (Reichsp.) eine Aenderung der Form, in welcher der Reichszuschuß er folgen soll. Rickert (freis.) findet gerade in dieser Bestimmung den Beweis für die mangelhafte Vorbereitung der Vorlage. Es handle sich hier um eine Belastung des Reiches, die in wenigen Jahren 6 Millionen betragen werde und doch sei nichts darüber bestimmt, woher das Geld kommen solle, kein Finanzminister sei an wesend, um darüber Auskunft zu geben. Man denke bereits wieder an neue Steuern. Die Vorlage sei finanziell unreif; schon deshalb würden sie seine Freunde ablehnen. Dr. Reichensperger (Zentr.): Ohne Reichszuschnß sei diese in sozialer und humanitärer Beziehung so wichtige Vorlage nicht durchführbar. Sollten neue Steuern notwendig werden, so werde auf Luxussteuern zurückzugehen sein. Dieses Gesetz werde allen Kreisen der Bevölkerung zu Gute kommen, denn alle hätten ein Interesse an der Beseitigung der Beunruhigung in Arbeiterkreisen. Nur die Sozialdemokraten wünsch ten das Nichtzustandekommeu des Gesetzes, weil ihr Weizen nur auf dem Boden der Unzufriedenheit blühe. Staatssekretär v. Maltzahn-Gültz weist auf die früheren über die finanzielle Frage abgegebenen Er klärungen hin; es sei ganz unzweifelhaft, daß das deutsche Reich die Lasten dieses Gesetzes tragen könne. Dr. Winterer (Elsässer) bekämpft den Reichszu schuß; die Beteiligten könnten die erforderlichen Opfer selbst bringen. Der Staat soll die Schwachen schützen, aber nicht der allgemeine Brotvater sein. Ein Produkt christlicher Liebe sei die Vorlage nicht, denn Liebe und Zwang seien unvereinbar. Graf zu Stolberg erklärt die Zustimmung der konservativen Partei zu-dem Reichszuschuß im Hin blick auf die segensreiche Wirkung der Vorlage. Orterer (Zentr.) kann den Standpunkt Reichen spergers nicht für den richtigen anerkennen, denn wenn worden. Falls Sie Interesse für die Sache haben, bitte ich Sie, dieselben zu lesen." „Sie sind sehr gütig, liebe Mama", entgegnete zuvorkommend die Majorin und nahm den Brief, dessen Inhalt sie schon erlauscht hatte. „Sind denn die Anordnungen Ihres verstorbenen Bruders Ihren Wünschen gemäß?" „Darüber werden die Meinungen geteilt sein", erwiderte die Rätin, indes ihr Schwiegersohn hinzu fügte: „Sie stellen das Kapital vollkommen sicher und das ist in jetzigen Zeiten von großer Wichtigkeit." Die Rätin las unterdes den an ihre Tochter ge richteten Brief. Der Inhalt stimmte mit dem ihrigen überein; auch sprach ihr Vormund die Hoffnung aus, daß sie wieder gesund und wohl in ihrer Mitte sein möge, da zur Unterschrift der bezüglichen Dokumente ihre Anwesenheit erforderlich sei. Frau von Falkenberg wünschte der Rätin noch mals Glück zu der reichen Erbschaft und fügte mit erzwungener Freundlichkeit hinzu: „Sie können ja fast aus den Zinsen noch ein zweites Vermögen sammeln, liebste Mama, dessen Vermögen Ihnen dann allein zusteht. Wahrlich! ein beneidenswertes Los!" Die Ankunft des Arztes unterbrach dies Gespräch und die Rätin begab sich sogleich mit ihm zu ihrer Tochter. Nach einer halben Stunde kehrte er zu Bruder und Schwester zurück und dem ängstlich for schenden Blick seines Freundes begegnend, erwiderte Doktor Bäumer: „Lieber Eschenbach, das Befinden Ihrer Frau ist dasselbe, doch kann ich ungeachtet des heftigen Ner vensiebers ihren Zustand noch nicht lebensgefährlich er Schlußfolgerungen aus demselben ziehen wollte, würde er zu Ergebnissen in der Schul- und Kirchen frage kommen, die das Zentrum bisher nie anerkannt habe. (Hört, hört! Sehr richtig!) Im Jahre 1881 habe bei allen Parteien Einmütigkeit darüber bestanden, daß der Reichszuschuß nicht zu bewilligen sei, derselbe sei sozialistischer Natur. Er bedinge neue Steuern, und da bleibe kein Ausweg als das Tabaksmonopol. Gamp (Reichpartei) verteidigt den Reichsznschuß als den allein richtigen Weg, wo die Mittel der Einzelnen nicht ausreichen. v. Bennigsen (nat.-lib.) erkennt an, daß die Arbeiterschutzgesetze (Beschränkung der Frauen- und Kinderarbeit rc.) in Aroeiterkreisen mehr Anklang finden würden, als die Vorlage (Hört, hört!). Wenn Rickert den Reichszuschuß zum Vorwande nehme, um gegen das Gesetz zu stimmen, so sei doch nicht zu bezweifeln, daß Rickert auch ohne den Reichszuschuß gegeu die Vorlage stimmest würde. Gegenüber dem Versicherungszwange sei der Reichs zuschuß ein gerechtfertiges Aequivalent. Seit Jahr- hunoerten trete der Staat mit seinen Mitteln für Anlagen ein, die keineswegs der Allgemeinheit zu Gute kämen, z. B. für Hafen-Anlagen. Es könnten also derartige Bedenken auch im vorliegenden Falle gegen den Zuschuß nicht wohl geltend gemacht werden. Die Vorlage sei ein schwerer und verantwortungs voller Schritt, aber ein Staatswesen, wie das unsere, das groß dastehe durch seine Monarchie, könne diesen Schritt wagen. Ministerialdirektor v. Bosse befürwortet den Reichszuschuß als den Ausdruck des Interesses an gemeinsamen großen und humanen Zielen. Windthorst mißbilligt den von Reichensperger aufgestellten Staatsbegriff. Der Reichszuschuß sei sozialistisch und führe zur Staats-Omnipotenz. Die Sozialdemokraten sprächen zwar gegen das Gesetz aber wünschten im Geheimen sehnlichst dessen An nahme, denn sonst hätten sie den gesunden Menschen verstand verloren. v. Bötticher bezeichnet es als einfach komisch, das Tabaksmonopol als Folge der Vorlage in Aus sicht zu stellen. Mit dem Ausdruck „Staatspensio näre", der von den Gegnern des Zuschusses gebraucht worden sei, scheine man nur die Leute vertraulich (?) machen zu wollen. Die Staats-Omnipotenz sei ebenfalls kein stichhaltiges Argnment gegen die Vor lage. Hoffentlich ließen sich die Anhänger des Zu schusses durch die etwas stark aufgetragenen Argu mente der Gegner in ihrer Zustimmung nicht abhalten! Bebel kritisiert den ganzen Entwurf als noch zu sehr befangen in veralteten Gesellschaftsanschauun gen. Derselbe werde den Arbeitern wenig nützen. Wie der Reichstag über die Arbeiter denke, habe er durch Annahme des Sozialistengesetzes bewiesen. Redner stimmt für den Reichszuschuß, aber gegen das ganze Gesetz. Die Debatte über den Zuschuß wird geschlossen, die Abstimmung aber ausgesetzt bis zur Abstimmung über den ganzen Z 14. Weiterberatung morgen. In der heutigen Abendsitzung wurde das Ge nossenschaftsgesetz m 3. Lesung endgiltig angenommen. Vermischtes. * Haikiri. Durch fast die gesamte deutsche Presse ist dieser Tage eine lustige Schnurre gelaufen von einem Japaner, dem von seinem Kaiser ein Degen zugeschickt worden sei, daß er sich den Bauch auf bezeichnen. Ich habe der Frau Rätin und Fräulein Stein die genauesten Anweisungen gegeben und will diesen Abend wiederkommen, um, falls es nötig sein sollte, die Nacht hier zu bleiben." Doktor Bäumer fuhr nach der Stadt zurück und mit ihm Gustav Eschenbach, um sich auf kurze Zeit in sein Geschäft zu begeben, da für seine totkranke Frau, deren Leben er gern mit dem seinigen erkauft hätte, seine Anwesenheit nicht weiter erforderlich war. Die Majorin verfügte sich in ihr Zimmer und beant wortete den Brief ihres Gatten, dem sie alles mit teilte und noch besonders erwähnte, daß sie die Ur sache von Elisabeths Krankheit entdeckt habe, sie jedoch dem Papier nicht anvertrauen dürfe. 9. Sechs Wochen waren seit dem Tage von Elisa beth Eschenbachs Erkrankung vergangen; sie hatte die Krisis glücklich überstanden, und auch die Entkräftung, die der Arzt für so gefährlich gehalten, begann durch dessen aufmerksame Behandlung, wie durch die auf opfernde Pflege ihrer Mutter und Freundin — die Majorin war bereits nach Düsseldorf zurückgereist — zu schwinden. Dennoch war sie immer eine Rekon- valescentin, deren Zustand die größte Vorsicht erfor derte, und jede Aufregung konnte ihn wieder ver schlimmern. Sie mußte dies auch selbst fühlen und sich ihrer Schwäche bewußt sein, denn sie sprach fast nie und nahm schweigend die ihr mit so treuer Liebe geweihte Pflege entgegen. Mit der andauernden Genesung aber, die ihren Gatten mit unaussprechlicher Freude erfüllte, machte sich bei ihm auch die Sorge, wie sich Hinfort ihr bei derseitiges Leben gestalten würde, geltend. Sie warm