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Lehrer die immer neue Pflicht heran, die kleine Welt ernstlich zu ermahnen und mit der Nützlichkeit der niedlichen Tiere bekannt zu machen. Jedes zerstörte Nest, ;a jedes geraubte Ei ist ein Schade für die Gesamtheit. Aber nicht allein deshalb soll in den Augen des an Herz und Gemüt sorgfältig bewachten Kindes solch ein Vogelnest ein kleines Heiligtum sein. Diese Auffassung wird sich leicht — ja wie von selbst ins Kinderherz pflanzen, wenn man die Jugend auf das reizvoll rührende Geschäft des Nesterbauens hinweist. Soviel zwecklose Emsigkeit, zarte Sorgfalt und überraschende Geschicklichkeit belauscht mau bei den kleinen geflügelten Baumeistern, welche sich selbst ihr Heim gründen, daß alle rohe Lust am Zerstören sich in anteilvolle Schützerlust umwandelt. Und schützt das Kind den Singvogel, so schützt es sich selbst vor rohen Trieben, den Garten vor Vernichtern und die Eltern vor Schaden. Auf diese Bedeutung der Sache hinzudeuten, schien uns jetzt, da die Zugvögelheimkehr beginnt, zweckmäßig und wichtig. — Nach den zur Zeit für den ganzen Erdball geltenden Bestimmungen ist das höchste zulässige einfache Gewicht für einen mit der Post zu beför dernden Brief 15 Gramm. Auf welche Weise man zu dieser Grenze gekommen ist, läßt sich schwer fest stellen, sicher aber ist, daß dieselbe den Anforderungen des geschäftlichen wie des privaten Briefverkehrs der jetzigen Zeit nicht mehr entspricht. Es bedarf be kanntlich der Peinlichsten Vorsicht und Kontrolle bei Verwendung eines etwas kräftigen Briefpapiers, um nicht 15 Gramm zu übersteigen; bei diesem Gewichte zu bleiben, sei aber geradezu unmöglich, sobald ein Bogen gutes Kanzlei- oderein und ein halber Bogen gutes Briefpapier nebst Umschlag in Verwendung kommen muß. Ersteres wiegt 17—18, letzteres 16 Gramm. Das billige Porto von 10 Pfennigen kommt daher für eine große Anzahl von Briefen gar nicht in Betracht. Dies ist eine Härte, die sehr störend wirkt und dringende Abhilfe erheischt. Die Handels- und Gewerbekammer für Oberbayern be schloß daher: 1) die Reichspostverwaltung möge einleitende Schritte dafür thuu, daß die Gewichts grenze eines einfachen Briefes im deutsch-österrei chischen Postverein, sowie im Gebiete des Weltpost vereins überhaupt.von 15 auf 20 Gramm erhöht werde, 2) das Präsidium des deutschen Handelstages zu ersuchen, in gleicher Weise bei der Reichspostver waltung vorstellig zu werden. — Im Laufe der letztvcrgaugenen Monate hat das Landeskonsistorium wiederum an mehrere um das kirchliche Leben in ihren Gemeinden wohlver diente Männer, als den Ratmann Adolf Spencke zu Mutzschen, den Zimmermann Friedrich Freund zu Leubnitz im Vogtlande, den Kirchvater und Gemeinde vorstand Gottlieb Kuntzsch in Ochsensaal, den Knapp schaftsältesten Wilhelm Jakob zu Breitenbrunn und den Gutsauszügler Gotthelf Leßke zu Schöuseld in Anerkennung ihrer ersprießlichen Thätigkeit, sowie ihrerseits bewiesenen Treue und Gewissenhaftigkeit besondere Urkunden verliehen und dieselben durch die Ortspfarrer in angemessener Weise überweisen lassen. — Ein wichtiger Fall der Rechtsprechung in einer Unfallversicherungs-Angelegenheit ist im Ber liner Bezirksverein Deutscher Ingenieure kürzlich zur Sprache gekommen. Es ist nämlich ein Fabrikant verurteilt worden, in dessen Fabrik ein Arbeiter wegen Fehlens einer Schutzvorrichtung verunglückt war, obgleich der Arbeiter selbst gegen ausdrückliches Ver bot die Schutzvorrichtung entfernt hatte. Die Ver urteilung erfolgte auf Grund der Thatsache, daß die nichts von der Liebe und dem Glück eines jungen Weibes, das soeben das Hochzeitshaus verlassen. Sie ahnte nicht, daß sie beobachtet ward, beobachtet von einem Manne, der den Filzhut tief in die Stirn ge drückt, den unteren Teil des Gesichtes tief im Rock kragen verborgen, in einiger Entfernung von den Fenstern auf und ab ging. Einmal hielt er inne und machte eine Bewegung, nm das Wartezimmer zu be treten, zog sich aber dann schnell in den Schatten des Perrons zurück. Hier sah er bald Gustav Eschenbach eintreten und, als er seine Gattin erreicht, sich zu ihr neigen, deren Mund sich zu einem leisen Lächeln ver zog. Jetzt kam der erwartete Zng, der Schaffner rief zehn Minuten Aufenthalt, einige Reisende stiegen ans und da die Zeit drängte, suchten diejenigen, welche dem Süden zufahren wollten, noch einen Platz. Auch Elisabeth erhob sich, und den Arm ihres Gatten neh mend, welcher zugleich einige Tücher und Decken ergriff, schritt sie mit ihm einem Wagen erster Klasse zu, wo er sie einsteigen ließ und durch ein gutes Trinkgeld den Schaffner zu bewegen wußte, sie in dem Coupee allein zu lassen. Sich ihr darauf wieder zu wendend, sah er voll Ueberraschung, daß sie mit starren Augen und erschreckten Zügen nach dem Fenster blickte und daß ihre Wangen noch bleicher als vorher waren. Hastig den Wagen betretend, fragte er, aufs höchste besorgt: „Um Himmels willen, Elisabeth, was ist denn Dir?" „Nichts, Gustav," erwiderte sie, nach Atem rin gend. „Nichts." Sein Gesicht umdüsterte sich und traurig blickte er auf das schöne junge Wesen, das vor wenigen Vorrichtung schon seit einigen Tagen vor dem Eintritt des Unfalles abgenommen war; eine derartige Un regelmäßigkeit hätte — so führt daS Erkenntnis aus — bei aufmerksamer BetriebSüberwachung wäh rend dieser Zeit bemerkt und abgestellt werden müssen. — Bisher durfte es ungestraft geschehen, daß die Angestellten einer Firma sich die Kunden und BezugSquellen-Verzeichnisse ihres Prinzipals abschrieben und dann gemeinschaftlich ein Konkurrenzgeschäft be gründeten, daß ein Angestellter von einem Konkur renten unter Anbieten höheren Gehalts aufgefordert wurde, in sein Geschäft überzutreten und Kundenver zeichnisse und dergl. mitzubringen, also das Haupt- geschäftsgeheimnis jedes Gewerbetreibenden, nämlich die Kenntnis eines bestimmten Kreises von Abnehmern schutzlos verraten wurde. Es konnte Vorkommen, und ist thatsächlich wiederholt vorgekommen, daß Zeichner in Maschinenfabriken Zeichnungen und Entwürfe mittelst Pausen oder Kopien vermöge Bestechungen Konkurrenten verraten, ja daß Kopien von Zeichnun gen aus berühmten Maschinenfabriken von unbefugter Seite geradezu zum Kauf ausgeboten wurden, und m einzelnen Fabrikationszweigen nachweislich der Mißbrauch von Gewerbegehcimuissen derartig organi siert, daß sich eigens zu diesem Zwecke etablierte Bureanx ansschließlich damit beschäftigen, Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse zu erspähen oder von Werk- führern oder Arbeitern zu erwerben, um danach Rezepte zn fabrizieren. In Bezug hierauf hat nun der 19. deutsche Juristentag es als eine Aufgabe der Gesetzgebung bezeichnet, den Geschäfts- und Fabrikge- heimnissen einen strafrechtlichen Schutz zu gewähren. Eine Veränderung und Erweiterung der im ß 266 des Strafgesetzbuchs über die Untreue enthaltenen Vorschriften wird nach dem Dafürhalten des Juristen tages den geeigneten Schutz für diese häßlichen Aus wüchse des gewerblichen Lebens gewähren, ohne daß es einer viel Zeit und Arbeit erfordernden Spezial- gesetzgebnng bedarf. — Einer Berliner Zeitung entnehmen wir fol gende Vorschrift zur Herstellung von Veilchenduft: Man Pflücke recht frische Veilchen und lege diese ohne Stengel in ein mäßig großes, gut gereinigtes und ausgetrocknes Glas mit luftdichten: Verschluß, wie man es zum Einmachen von Dunstobst gebraucht, und zwar immer eine Lage Veilchen und eine Lage Salz. Nachdem man das Glas fest verschlossen, bewahrt man es an einem kühlen Ort auf, und schon nach ein paar Wochen ist das Parfüm fertig. Will nran das Zimmer mit Veilchenduft erfüllt haben, braucht man das Glas nur eine kurze Zeit zu öffnen. Durch sorgfältiges Verschließen nach jedesmaligem Gebrauche erhält sich die Kraft des Duftes lange Monate. — Dresden. Die Jubiläums-Litteratur wird demnächst durch eine litterarische Festgabe ans der Feder des hiesigen Schriftstellers Hans Adam Stöhr vermehrt werden. Das Buch soll unter dem Titel „Dresdner historisches Merk-Büchlein" im Verlag der Buchhandlung von Hans Hackarath, Pillnitzer- straße 55, hier erscheinen und wird in etwa 15 Druckbogen u. a. eine Geschichte des Hauses Wettin und seiner Fürsten, eine Chronik unseres sächsischen Königshauses mit Stammtafel, außerdem aber eine fortlaufende chronologische Aufzeichnung aller wich tigen historischen und örtlichen Begebenheiten Dres dens vom 13. Jahrhundert an bis ans die neueste ' Zeit enthalten. Diese zeitgemäße litterarische Festgabe dürfte daher wohl geeignet sein, als ein bleibend wertvolles Gedenkbnch an das Königshaus und an die Vaterstadt in jeder Dresdner Familie, wie über- Stundcn neben ihm am Traualtar gestanden und dem offenbar das erste, was zum Glück ihres ehelichen Lebens erforderlich war, das Vertrauen zu ihm ab ging. Elisabeth hatte sich in die Wagenecke gelehnt und schien im Begriff zu sprechen, als der Schaffner die Thür öffnete und ihr einen Brief mit der Bemer kung überreichte, daß er ihn von einem Herrn für Frau Eschenbach erhalten, und sich dann schnell entfernte. Elisabeths Wangen färbten sich dunkelrot, um daun wieder tätlich zu erbleichen. Sie betrachtete den Brief, schien unschlüssig, was zu thuu, öffnete dann aber das Couvert. In diesem Moment setzte sich der Zug in Bewegung und fuhr bald mit einer Schnel ligkeit, die es ihr unmöglich machte, den Inhalt zu lesen, ohne sich der Lampe zu nähern. Dann kam der Schaffner, um die Billets zu revidieren und seinem freigebigen Fahrgast nochmals zu versichern, daß er und die Dame allein bleiben würden, worauf er die Thür wieder schloß. Elisabeth hatte unverwandt auf die Adresse des Briefes geblickt, die eiligst und, wie die Tinte zeigte, kurz zuvor geschrieben war, und wenngleich sie die Handschrift nicht kannte, wußte sie doch, von wem er gekommen. Endlich den Blick erhebend, sah sie in die ernsten traurigen Augen ihres Gatten und ihm den Brief reichend, sagte sie ruhig: „Lies ihn, Gustav. Ich habe vor Dir kein Ge heimnis!" Er nahm das Papier, faßte aber zugleich ihre Hand und sagte in schmerzlichem Tone: „Doch," Elisabeth, Du verbirgst mir etwas, das Haupt bei jedem Vaterlandsfreund freundliche Auf nahme zu finden. — Zwickau. Infolge Schmelzens des Schnees sind vorige Woche wiederholt bedeutende Ablösungen von Erdschichten mit den darauf stehenden Bäumen und Sträuchern von den hohen und steilen Wänden des Brückenberges am östlichen Muldennfer erfolgt. — Ein Bergarbeiter des Zwickauer Reviers hatte sich durch einen Fall beim Gehen eine erhebliche Verletzung zugezvgen. Als er sich am dritten Tage krank melden ließ, wurde ihm der Krankenschein ver weigert. Der Verletzte blieb zehn Wochen lang er werbsunfähig und strengte Klage gegen die Knapp schaftskasse auf Bezahlung des statutengeinäßen Krankengeldes an. Das Bergschiedsgericht wies jedoch anfangs dieses Monats diesen Änsprnch ab, weil — wie Zeugen behaupteten — der Kläger die Verletzungen durch Trunkfälligkeit sich zugezogen habe. — Mülsen St. Jakob. Dem Vernehmen nach wird am Palmsonntag abends in Pitschel's Saal eine geistliche Musikaufführung stattfinden, um gerade an diesem Tage einem Teile der Gemeinde Gelegen heit zu bieten, sich am Abend desselben erbaulich unterhalten zu können, insbesondere aber den Kon firmierten und deren Eltern es möglich zu machen, das Hosiannah des Palmsonntages in geistlichen lieb lichen Liedern ausklingen zu hören. Zur Aufführung gelangt ein Oratorium von Löwe: „Die Heilung des Blindgeborenen", welches in reicher Abwechselung und spannender Aufeinanderfolge das 9. Kapitel des Evangeliums St. Johannes musikalisch vorsührt. Der Komponist hat es verstanden, die Gegensätze des Glaubens und Unglaubens hervortreten zu lassen und den Konflikt zwischen Christentum und dem engherzigen und verstockten Judentum zu schildern. Das ganze Oratorium bildet den zweiten Teil der Aufführung. Den ersten Teil wird ein Chor aus dem Oratorium von Spohr: „Der Fall Babylons" einleiten und wird auch in diesem Teil durch erhebende und schöne Gesänge reichlich Abwechselung geboten werden. — Am letzten Sonnabend wurde ein Knabe aus Niederwinkel, welcher für seinen Vater Ware abgeliefert und dafür Geld in Empfang genommen hatte, auf dem Wege zwischen Limbach und Bränns- dorf von einem Strolche angefallen und seiner 9 Mk. betragenden Barschaft beraubt. Der Dieb ist noch nicht ermittelt. — Hartha, 28. März. Zwei Männer aus der Wöllsdorfer Schneidemühle fuhren am Mittwoch nachmittags bei dem sehr hochgehenden Wasser mit dem an einem Drahtseile laufenden Ueberfahrts- kahne über den Wehrteich der Zschopau, um eine Person vom anderen Ufer des Flusses herüberzu holen. Da plötzlich riß inmitten der- Fahrt das führende Drahtseil, sofort sank die eine Hälfte des Kahnes, während die andere über das Wasser gerade emporragte. Teilweise im Wasser befindlich klam merten sich die beiden Männer an jenes herans ragende Kahnteil an und müßen zwei Stunden lang in dieser gefahrvollen Lage verharren, bis auf die Hülferufe ein Rettungsfahrzeug sich nahte. — Lieben Werda, 25. März. Auf Grube „Luise" bei Domsdorf fanden gestern nachmittag dreijBergleute durch Ersticken ihren Tod. — Eine heitere Frackgeschichte, die den Vorzug hat, buchstäblich wahr zu sein, ist dieser Tage in Colditz passiert. Zu einer kürzlich in Leipzig voll zogenen Hochzeit war ein Colditzer junger Herr ge laden, der seinem Schneider anfgetragen hatte, ihm doch ja zum Frühzuge den seit acht Tagen in der Arbeit befindlichen Frack abzuliefern. Der Beklei- Dich in schrecklicher Weise aufregt, während ich doch gehofft, Dein Vertrauen zu besitzen." „Tu hast mein unbedingtes Vertrauen, und wenn Du den Brief gelesen —" Mit diesem jetzt an die Lainpe tretend, las er mit sichtlichem Erstaunen: „Nehmen Sie meine innigsten Glückwünsche, Frau Eschenbach, und zugleich die Versicherung, daß ich absichtlich Ihren Lebenspfad nicht wieder kreuzen werde. Helbert Wendtorfs." Sich dann zu ihr setzend, wiederholte er die Worte und fügte hinzu: „Aber, Elisabeth, ich glaubte Herrn Wendtorfs in England." „Auch ich glaubte ihn dort", erwiderte sie, zu ihn: aufblickend, und mit unaussprechlichem Schmerz gewahrte er in ihren Augen Thränen. „Er muß aber herübergekommen sein, denn ich habe ihn gesehen, als wir die Kirche verlassen wollten, und ebenfalls auf dem Perron, alkk ich mich allein in diesem Coupee befand!" Sie setzte nicht hinzu, daß Helbert Wendtorff sie jedesmal mit der innigsten Liebe und tiefsten Trau rigkeit angeblickt und sie der festen Ueberzeugung sei, daß er, wie er auch ihrer Mutter geschrieben, sie nie vergessen werde. Gustav Eschenbach war von allem, was er ge sehen und erfahren, zu schmerzlich berührt, um eine Erwiderung für seine Gattin zu haben, die ebenfalls schweigend und mit ihren Gedanken beschäftigt, dasaß. (Fortsetzung folgt.-