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Wochen- und Nachnchtsblatl zugleich 8tsWs-AMM sir HsWorf, Uilitz, BcrltsSorf, RiiDorf, N. ßOic», Heiiri^irt, Rliricun «ü Msen. Nr. 66. 1889. Amtsblatt für Zen Stadtrat zu Lichtenstein. — LS. Jahrgang. —— — Dienstag, den 19. März Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen .nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Ranm mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. TÄgesersigMifse. — Die Ziehungsliste der Kgl. Landrentenbriefe (Termin Ostern 1889) liegt in der Exped. des Tage blattes für Interessenten zur gefälligen Einsicht ans. — Fast möchte man glauben, wir hätten uns im Kalender geirrt und befänden uns im Januar anstatt im März, wenige Tage vor Frühlings Anfang. Denn anstatt, daß Primeln und Schneeglöckchen ihre gelben und weißen Köpfchen aus dem erwachenden Erdreich hervorstrecken sollten, überschüttet uns der Winter nach wie vor mit seinen weißen Flocken. Das alte Sprichwort, daß, wenn die Märzensonne Schnee leckt, sie auch Schnee wieder bringt, hat sich auch diesmal bewahrheitet, denn was der Winter im An fang versäumt hat, das holt er jetzt mehr, als uns lieb ist, wieder nach. — Länger als sonst läßt diesmal der Frühling auf sich warten. Während sonst um diese Jahreszeit das Schneeglöckchen an geschützten Stellen anfängt, den Frühling einznläuten, ist diesmal alles noch weit- hm mit Schnee bedeckt. Da ist es tröstlich, sich zu erinnern, daß hin und wieder in früheren Jahren im Gebirge wenigstens der Schnee in einer noch späteren Jahreszeit nicht selten die Fluren deckte und daß dies namentlich dann der Fall war, wenn, wie in diesem Jahre, die eigentlichen Wintermonate wenig Schnee gebracht hatten. Im Jahre 1713 war „der Monat Martius, wie auch der vorhergegaugeNe Februarius, gar lieblich und mit annehmlichen Sonnenschein, welcher auch eiuige Blumen hersürlockete. Aber wie man sich leicht einbilden kunte, daß nach dieser Sonne einen wieder frieren würde; also geschähe cs auch nach Ostern, da dem 20. April es greulich gefrohre und die starken Eiszapffen man zu sehen hatte, gleichwie darauff ein solches unfreundliches Windwetter folget?, welches Windwehen machete und uff Schlitten zu fahren verstattete, ungeacht das meiste schon gesäet war." Ebenso fiel im Jahre 1712 in der Nacht vor Ostern ein solcher starker Schnee, „daß man dicsserhalb Bahne schüren müssen." Noch schlimmer war es 1705, denn da lag noch am 26. Mai in der Gegend von Schnee berg „ein Schnee von ein vieittel und an manchen Orten von einer halben Ellen tief." Nicht viel besser War es 1698. Da fuhr man am Ostertag mit Schlitten, und als eS am 11. Mai wieder schneite, trat im oberen Gebirge eine solche Not ein, daß man stellenweise einen Teil des Strohes von den Dächern nahm und als Häckerling ins Vieh fütterte. Auch 1665 gab es im März gewaltigen Schnee. Damals mußte die Leipziger Ostcrmesse wegen ungewöhnlichen tiefen Schnees bis Sonntag Trinitatis verschoben werden, ja, ein Bräutigam aus Hof im Vogtlande konnte damals „uff seinen angcst.-llelen Hochzeitstag zu Anuaberg nicht erscheinen, sondern erst den Tag hernach" zum großen Kummer der Hochzeitsgäste und der harrenden Braut. Recht poetisch klingt, was Meltzer in seiner „Schnee bergischen Chronik" vom Mai des Jahres 1656 er zählt, indem er sagt, daß damals der Schnee noch im Wonnemonat „denen Hügeln die Trauerschleyer auff- gcsetzet". Schnee im Mai gab es auch 1635 und 1626, 1598 sogar noch im Juni um Pfingsten. All zusehr dürfen wir uns Heuer noch nicht beklagen, es ist manches Jahr schlimmer gewesen, und das muß auch ein Trost sein. — Nach dem Rechenschaftsbericht des unter dem Protektorate Sr. Majestät des Königs stehenden Vereins „Jnvalidendank für Sachsen" für das ver stossene Jahr betrugen bei der Dresdner Geschäfts stelle die Einnahmen 24,583 Mk. 54 Pf., die Aus gaben 20,540 Mk. 90 Pf., bei der Leipziger 14,188 Mk. 28 Pf. und 13,718 Mk. 78 Pf. und bei der Chemnitzer 21,270 Mk. 53 Pf. und 12,389 Mk. 17 Pf. Der Reingewinn betrug demnach 4,042,64, 469,50 und 881,36 Mk. Das Vereinsvermögen beziffert sich ans 82,369 Mk. Kostenloser Stellen nachweis kam 271 Invaliden zu gute. — Ein Telegramm aus Nürnberg meldet, daß nach den dorthin von Seiten des Gerichts gesandten Photographien der in Leipzig bei dem Einbruchsoer such im Baukhause von Hammer und Schmidt ver hafteten drei internationalen Verbrecher die hohe Wahrscheinlichkeit vorlicgt, daß dieses Kleeblatt auch im vorigen Jahre in Nürnberg bei einem Bankhause den großen Diebstahl durch Kasseneinbrnch verübt hat. — Leipzig, 15. März. Mitten in seiner Bernfsthätigkeit wurde am gestrigen Abende der Loko Motivführer Enke aus Erfurt von einem plötzlichen Tode überrascht. Enke fuhr am gestrigen Abende 10 Uhr 56 Minuten mit dem Eilgüterzug vom Thüringer Bahnhof weg und wurde kurz vor der Station Leutzsch auf der Maschine plötzlich von einem Schlaganfelle getroffen, so daß er tot zusommensank. — In diesen Tagen wurde in Leipzig eine überaus freche Betrügerin polizeilich festgenommen. Dieselbe, eine Lokomotivführerswitwe, hat mit ihren Kindern eine elegante Wohnung im jährlichen Miet- Werte von 1500 M. bewohnt und hierdurch, sowie durch ihr sonstiges Auftreten die Geschäftsleute, von denen sie Waren bezogen hat, getäuscht. Sie hat eine große Zahl von Kaufleuten und Händlern durch allerhand Vorspiegelungen zu bewegen gewußt, ihr große Warenposten, insbesondere Betten, aber auch Uhren rc. auf Kredit zu geben. Diese Waren hat sie aber dann sofort versetzt und auch die Pfandscheine alsbald weiter veräußert, so daß es den Geschäfts leuten fast nie möglich gewesen ist, ihre Waren wieder zu erlangen. Der Verhafteten sollen übrigens noch ander« strafbare Handlungen zur Last fallen. — Chemnitz, 16. März. Auf Veranlassung des Vorortes Chemnitz des Sächsischen Schützen bundes beabsichtigt letzterer, das Wettiner Jubiläum durch ein großes Preisschießen in Chemnitz-Altendorf zu begehen. — Eine sehr passende Wahl in der Festspiel frage hat man in der alten Bergstadt Freiberg ge troffen. Man wird dort zum Wettiner Jubiläum auf der Bühne des Sladttheaters „Markgraf Fried rich oder Bergmannstreue", vaterländisches Schau spiel in drei Aufzügen von Moritz Döring, mit Chören und Gesängen von Anacker, dem Kompo nisten dcs „Bergmannsgrußeö" zur Aufführung bringen. Das Stück wurde am Neujahrstage 1837 auf der Königl. Hofbühne zu Dresden zum ersten Male ge geben und später mehrfach wiederholt. — Am Freitag vormiuag ist aus einer Schnee wolke, die noch von der Sonne beleuchtet war, ein Blitz in die Telegraphenleitung Nossen-Freiberg herab gefahren und hat die Telegraphenbeamten der angren zenden Bureaus in großen Schrecken versetzt. Im Bahntelegraphenbureau zu Freiberg ist vom Telegra- phen-Apparat ein hellleuchtender Strahl ausgezuckt und hat den Apparat auf längere Zeit dienstunfähig gemacht. — Geyer. Nächsten 1. Mai werden es 350 Jahre, daß die Kirchenreformation bei uns Eingang gefunden hat, da die Akten ergeben, daß an genanntem Tage die beiden ersten pro estantischen Geistlichen hier Anstellung fanden. Die gastliche und weltliche Be hörde einigte sich dahin, da^ Fest am kommenden Re- formativnstage mit zu begehen. Auch die im ganzen Gebirge bekannte gr ße Glocke feiert am 1. Mai ihr 350jährige« Jubiläum, da sie laut Inschrift im Jahre 1539 gegossen worden ist. Die vom Kurfürst Fried rich dem Sanftmütigen wegen der glücklichen Errettung der beiden Prinzen Ernst und Albert gestiftete Glocke ist in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zersprun gen, aller Wahrscheinlichkeit nach ist das Glockengut zum Guß der noch vorhandenen großen Glocke ver wendet worden. Nach der Schätzung eines Glocken gießers wiegt sie über hundert Zentner. Soviel man hört, dürfte der Jubiläumstag nicht unbeachtet hier vorübergehen. — Ueber den bereits kurz gemeldeten Mord in H a m m m e r u n t e r w i e s e n t h a l wird noch fol gendes berichtet: Der alte Salveter wohnte mit seinem Schwiegersohn Kaufmann, welcher etwa 34 Jahre alt ist, in einem Hause. K. ist seit einigen Jahren ver heiratet und Vater eines Kindes; die ehelichen Ver hältnisse scheinen aber öfters getrübt gewesen zu sein, da der Vater S., ein sonst gut beleumundeter Mann, vielfach zwischen den Ehegatten intervenieren mußte. Auch am Abende vorher war das Ehepaar in Streit geraten, den der Schwiegervater des K. zu schlichten suchte. Wie es heißt, griff nun K. den alten Mann mehrfach thütlich an und stieß ihn gegen die Wand. In seinem gereizten Zustande und durch die Behand lung seines Schwiegersohnes aufs höchste aufgebracht, riß der alte S. ein au der Wand hängendes Jagd gewehr herab und gab mit demselben auf seinen Schwiegersohn einen Schuß ab, der denselben sofort tot niederstreckte. — Ein äußerst seltenes Waidmannsglück hatte am vorigen Sonntag der Gartenbesitzer I. Zimmer mann in Olbersdorf dadurch, daß ein dnrch einen Waldgc-ier, sogenannten Mäusebussard, verfolgter feister Auerhahn sich in das Gehöft Zimmermanns verflog und in einem Schlupfwinkel des Hofes vor seinem Verfolger Schutz fand, wobei es Z. gelang, den Auer hahn lebend zu fangen. Auf telegraphisch erstattete Anfrage an Se. Majestät König Albert wurde der Auerhahn zur baldigen Absendung nach der Königl. Villa Strehlen erbeten. — Aus dem Vogtlands schreibt man vom 14. März: Die Sprengung des Kupferringes, welcher seinen Anfang von Frankreich ans genommen hat, ist für Geldlente von Paris bekanntlich von geradezu niederschmetternder Wirkung geworden. Dieser Schlag macht sich auch für die Stickerei-Industrie im Vogt lande insofern fühlbar, als Aufträge auf seine Luft stickereien von Paris ausqeblieben sind. Z Berlin, 16. März. Es sind bestimmte Befehle nach Potsdam ergangen, Schloß Friedrichs- kron bis zum 1. Mai fertigzustellen. Die Ueber- siedelung des Kaiserpaares dorthin erfolgt, sobald es die Witterung nur irgend erlaubt. Die Reise nach England wird Se. Maj. der Kaiser auf dem Schiffe „Hobenzollern" unternehmen. Wie verlautet, ist für dasselbe in der Geladenbeck'schen Gießerei eine Gallion- figur in Gestalt eines mächtigen Adlers gegossen und bereits an die kaiserliche Werft in Kiel versandt worden. H Berlin, 16. März. Wie aus Brüssel ge meldet wird, überfielen in der verflossen Nacht die streikenden Arbeiter den Fabrikbesitzer Devallce in Avesnes an der belgisch-französischen Grenze, miß- handeuen denselben, sowie seine Familie und zer störter sein Haus. Z Köln, 17. März. Wie der „K. Z." gemel det wird, ist der Vortrab der Petersscheu Emin-Ex- peditio: ohne Waffen in Bagamvyo gelandet. Z Bonn, 13. März. Durch Kabinetts-Ordre vom 9. r., dem Todestage Sr. Maj. des hochseligcn Kaisers Wilhelm, wurde die Firma P. H. Jnhoffen, Dampf- ?affee-Brennerei hierselbst, zum Hoflieferanten Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Friedrich