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an dem Unfall ist Unvorsicht. Denn der ca. 6 Ctr. schwere Leuchter war vorläufig an einem äußerst schwachen Strick befestigt, der der Last nicht genügend Widerstand leisten konnte. — Meerane, 20. Febr. Ein schneller Tod er eilte am Dienstag, nachmittag gegen sts3 Uhr, die etwa 40 Jahre alte Ehefrau des in der Crotenlaiderstraße hier wohnhaften Handarbeiters Ernst Bergner. Die selbe war ausgegangen, um einen der hiesigen Aerzte zu ihrem krank zu Hause liegenden Manne zu holen, als ihr Plötzlich in der Kirchgasse unwohl wurde, so daß sie zu Boden fiel. Von hinzukomnienden Leuten in ein nahegelegenes Haus gebracht, gab sie dort nach kurzer Zeit ihren Geist auf. Ein Herzschlag hatte ihrem Leben ein Ende gemacht. — Stollberg, 19. Febr. In wenigen Mo naten wird die innere Einrichtung der umgebauten Strafanstalt Hoheneck soweit gefördert sein, daß die selbe vollständig in Benutzung genommen werden kann. Da dieselbe bestimmt ist, Männer zur Verbüßung längerer Gefängnisstrafen auszunehmen, aber während des Baues der Anstalt die Zahl der Gefangenen, wie in anderen Ländern, so auch in Sachsen erfreulicher weise erheblich herabgegangen ist, so besteht dem Ver nehmen nach die Absicht, nach Vollendung der Anstalt Hoheneck die bisher dem gleichen Zwecke dienende Hilfs strafanstalt Nossen als solche anfzuheben und die da durch verfügbar werdenden Räume zur Aufnahme weiblicher Versorgter zu verwenden, um die umfang reiche Anstalt Hubertusburg zu entlasten. — Annaberg, 19. Febr. Gestern nachmittag ist auf dem Kamme unseres Gebirges ein Mann ge storben, der nicht nur in allen den heimischen Kreisen der Touristen, die sunser heimatliches Erzgebirge lieb gewonnen haben und dasselbe seit Jahren besuchen, sondern weit in das „Reich" und tief nach Böhmen hinein sich eines großen Ansehens erfreute: Der Gast wirt am Kupferhügel bei Kupferberg, Herr Johann Bergner. Wohl hat kaum jemand, der die Schön heiten unseres Gebirges durchwandert, verabsäumt, bei dem jovialen Wirte Einkehr zu halten, hatte er doch für jeden ein freundliches Wort, suchte er doch jedem die Stunden, die er in seinem freundlichen Gasthause verweilte, zu einer angenehmen Erinnerung zu gestal ten. Ein Herzschlag machte dem Leben des im besten Alter stehenden Mannes ein Ende. — Olbernhau, 19. Februar. Gestern Abend verunglückte ein junger, etwa 20 Jahre alter Holz arbeiter Hanstein in der Göhlert-Langer'schen Feder kastenfabrik hier. Derselbe wurde von der Trans mission erfaßt und herumgeschleudert, wobei ihm das linke Bein zweimal gebrochen wurde. Der Bedauerns werte befand sich erst seit acht Tagen in der genann ten Fabrik; derselbe wurde im hiesigen Krankenhause untergebracht. — Wittenberg, 13. Februar. Das hiesige Schöffengericht hat gestern den bekannten Hunde händler Friedrich in Zahna wegen Tierquälerei zu 10 Mark Strafe verurteilt. Friedrich hatte eine junge Dogge mit frisch gestutzten und dann über den Kopf hinweg zusammengenähten Ohren mit der Bahn verschickt, das Tier hatte durch sein Winseln Mitleid und Aergernis bei den Bahnbeamten erregt, die dem Hunde insofern Erleichterung verschafften, als sie die über seinen Kopf gehende Naht durchschnitten und gegen Friedrich die Anzeige erstatteten, der infolge dessen in eine Polizeistrafe von 5 Mark genommen wurde. Friedrich hatte hiergegen auf richterliche Ent scheidung angetragen, und ist diese wie oben mitgeteilt ausgefallen. 8 Gera, 19. Febr. Eine Körperverletzung mit LI»! -»» - Ul-—- Die Erbin von Wallersbrunn. Original-Roman von Marie Romany. -------- - (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Schon eine Stunde vor Beginn der Messe waren alle Räume des kleinen Tempels mit Andächtigen — vielleicht mischten sich anch Neugierige unter diese — wie überflutet; man drängte, man stieß sich, ab und zu wurden sogar die ungeziemendsten Reden vernehmbar, denn ein großer Teil derer, die gekom men waren, schien vergessen zu haben, daß der Besuch des Gotteshauses nur der Andacht gelte, gar mancher schien zu glauben, daß die Marienkirche heute eine Stätte anderweitigen Schauspiels sei. Nur langsam — wer hätte nicht von der abgestumpften Roheit des neapolitanischen Volks gehört, zumal wenn es sich um populäre Dinge handelt, wie am heutigen Tage? nur langsam stellte sich daher die Ruhe ein; nur langsam hatte ein jeder, so gut oder schlecht es eben gehen wollte, einen Platz eingenommen und nun wendete man, da die Klänge der Orgel den Raum füllten und der Priester die Stufen des Altars be treten hatte, seine Aufmerksamkeit der heiligen Handlung zu. Feierlich, mit ergreifender Gewalt — just als gälte es, heute einem doppelten Feste seine jubelnde Huldigung darzubringen — entströmten die Töne der Orgel; der Gesang in seinem weihevollen Hymnus schien aus dem Himmel zu schweben; und so lauschte die Menge, hin und wieder glänzte ein Auge in Thränen, welche die ergreifende Feier hervortrieb, tötlichem AuSgange wird aus dem nahen Collis ge meldet, dessen Bewohner dadurch in große Aufregung versetzt sind. Bei einem Karpfenschmause kam der 19 Jahre alte Sohn der Besitzerin der Collismühle mit zwei aus Bayern stammenden Knechten in Streit. Um demselben aber aus dem Wege zu gehen, verließ er das Lokal, wurde aber später auf dem Heimwege nach der Besitzung seiner Mutter überfallen und mit einem Messer schwer verletzt. Die Knechte flohen und ließen den Verletzten hilflos liegen. Erst gegen Morgen wurde der Jüngling, mit dem Tode ringend, aufge funden und verstarb nach einiger Zeit. Der Thäter, welcher den Todesstoß ausführte, soll bereits ermittelt und festgenommen sein. 8 Aus Thüringen. Letzten Donnerstag fuhr der Nordhausen-Erfurter Zug zwischen Hohenebra und Sondershausen unter Arbeiter, welche mit Schnee fortschaufeln beschäftigt waren. Einer wurde förmlich zerrissen, die anderen, welche des Schneesturms halber vom Nahen des Zuges ebenfalls nichts gesehen und gehört hatten, kamen mit dem Schreck davon. § Berlin. In großer Gefahr schwebte am Frei tag mittag die 18jährige, bei einem in der Neuen Frie drichstraße wohnenden Kaufmann L. bedienstete Anna Cz. Dieselbe sollte in Begleitung einer Aufwärterin auf dem Trockenboden des Hauses Wäsche aufhängen und beide Frauen zogen zu diesem Zweck auf dem Boden die Trockenleine auf. Hierbei mußte das Seil über einen dicht am Fenster befindlichen Querbalken gelegt werden und zu diesem Zweck stieg die Cz. auf das Brett des offen stehenden Fensters, um die Leine, welche sie in der Hand hielt, über den Balken hinweg zu werfen. Auf dem glatten mit Eis überzogenen Fenstersims muß das Mädchen ausgeglitten sein, denn sie stürzte plötzlich aus dem Dachfenster. Zum Glück besaß die Cz. die Geistesgegenwart, sich an das Seil festzuklammern, welches wiederum über mehrere Balken im Boden gezogen, fest hielt. Das Hilfegeschrei der Verunglückten, welche zwischen Himmel und Erde schwebte, veranlaßte die Aufwärterin zuzuspringen und die etwa 3 Meter unterhalb des Fensters Hängende mit Aufbietung aller Kräfte emporzuziehen. Aus der entsetzlichen Todesgefahr ist die Cz. mit Ausnahme der gänzlich an dem Seil zerschundenen Hände davouge- kommen. * * Ueber die Verhältnisse, welche zu dem Selbst morde des Kronprinzen Rudolf führten, wollen die Gerüchte nicht verstummen. Es werden verschiedene Versionen kolportiert, die von der der „Münchener Neuesten Nachrichten" mehr oder weniger abweichen. Neuerdings giebt die „Franks. Ztg." eine mit beson derer Bestimmtheit auftretende Ausführung, deren In halt, wie sie hinzusetzt, in einer bevorstehenden amt lichen Darstellung seine Bestätigung finden wird. In dem wir diese Darstellung abwarten, erwähnen wir vorerst nur, daß Kronprinz Rudolf schon im Dezember v. I. erklärt haben soll, ehe er zugebe, daß die Baro nesse Marie Vetsera einem Pariser Finanzmanne, den die Familie des Fräuleins begünstigte, die Hand zu reichen gezwungen werde, wolle er lieber auf die Thron folge verzichten und mit der Geliebten im Auslande als Privatier leben. Die Vorbereitungen zur Ver mählung wurden indessen weiterbetrieben, bis man am 29. Januar Fräulein v. Vetsera plötzlich ver mißte. Am 30. abends fiel in Meyerling die Ab wesenheit des Kronprinzen auf. Gegen 10 Uhr gab Graf Hoyos Befehl, den Wald zu durchsuchen, da dem Kronprinzen wahrscheinlich ein Unfall zugestoßen sei. Gegen 3 Uhr kam der Forstaufseher Werner bei diesen Nachforschungen an seine Hütte und sah dort Licht, was ihm, da er allein wohnte (er war unver- und jedes Auge beugte sich willig in Anbetung des Höchsten, den bei der Heiligkeit solchen Augenblicks wohl niemand vergißt. Der Priester sprach das Introitus, er verlas das Evangelium und vollzog die Opferung; er reichte die Hostie einer Anzahl junger Mädchen, die, uniform artig in schwarze Kleider gehüllt, seitwärts von den Altarstufen knieten; dann erst nahten jene, welche das Verlangen, den Leib des Herrn zu empfangen, hierhergeführt. Dann war die Messe vorbei. Unter weit dahin- brausenden Jubelklängen der Orgel hatte der Priester der frommen Schaar den Segen gegeben; jetzt schritt er der Sakristei, ein Teil des Publikums drängte den Ausgängen zn. Doch nein. „Ruhe!" tönte es wie ein allgemeiner Schall durch den Gottesraum. Ein plötzliches Schweigen kam. Jener Teil des Volks, der nach auswärts getrieben hatte, retirierte; dann wendete sich die Aufmerksamkeit der gesamten Schaar wieder dem Altäre zu. Des Meßgewands entledigt, hatte der Priester die geheiligte Stätte von neuem betreten; er zögerte, betrachtete schweigend die Menge vor sich, dann wen dete er sich zu der kleinen Schaar jener schwarz ge kleideten Mädchen, die noch immer, in einer kleinen Entfernung von den Stufen des Altars, betend aus den Knieen lag. „Meine Kinder", begann er in feierlichem, von Teilnahme erschüttertem Tone, „die Stunde ist ge kommen, die durch den Willen unseres Schöpfers ehelicht) auffallen mußte. Die Thür war versperrt; er sprengte sie und erblickte auf dem einfachen Lager die Leiche der Baronesse Marie und über sie hinge worfen, durch das Eigengewicht des Körpers halb zur Erde gesunken, die des Kronprinzen. Werner eilte zurück ins Schloß, Graf HoyoS begleitete ihn zur Hütte zurück und stellte fest, daß die Baronesse Strychnin genommen, der Kronprinz sich mit dem Gewehr des Forstaufsehers erschossen hatte. Dies der Kern der Darstellung, deren amtliche Erhärtung also bevor stehen soll. 8 Frankfurt a. M. Eine Wiener Korresp. des hiesigen „Generalanz." dementiert die Darstellung der „Frank. Ztg." über die Vorgänge zu Meyerling. Es gebe unter dem gesamten Forstpersonal keinen Forstaufseher Werner. Kronprinz Rudolf sei in seinem Beite zu Meyerling aufgefunden worden. * * Ueber eine seltsame Szene in der Wiener Hofburg geht dem Berliner Tageblatt von absolut zuverlässiger Seite folgende Mitteilung zu: Die Baronin Vetsera, die Mutter der Baronesse Marie, erschien am Donnerstag den 31. Januar in der Hof burg in den Appartements der Kaiserin Elisabeth. Die Baronin befand sich in hochgradiger Aufregung und sah verstört aus. Sie wandte sich an eine Hofdame (F i) mit dem Ansinnen, bei der Kaiserin angemeldet zu werden. Die Hofdame schlug das Begehren rundweg ab, mit dem Beifügen, sie glaube doch nicht, daß Ihre Majestät gerade die Baronin Vetsera;etzt empfangen würde. Die Baronin aber ließ sich nicht abweisen, und als ihre Bitte nichts fruchtete, stellte sie das Verlangen und dies nachdrücklich, lauten, sich immer steigernden Tones, so daß man das Verlangen auch m den inneren Gemächern vernehmen mußte. Die Hofdame befand sich in der Peinlichsten Verlegenheit und dachte bereits daran, in der energischsten Weise auf die Entfernung der Baronin zu dringen — da öffnete sich eine Thüre und die Kaiserin selbst stand auf der Schwelle! „Lassen Sie die Dame eintreten und kommen Sie selbst-mit ihr herein! sagte die Kaiserin gemessen zu der Hofdame und wandte sich wieder zurück in ihr Zimmer. Dem Befehle wurde natürlich im nächsten Moment Folge geleistet. Im Gemach der Herrscherin angelangt, warf sich die Baronin aus die Kniee, während die Hofdame bei der Thüre stehen geblieben war. „Majestät!" rief Baronin Vetsera, „wo ist meine Tochter, wer giebt mir meine Tochter wieder?!" Was die hohe Frau auf dem Throne Oesterreichs in diesem Augenblick gefühlt, gedacht haben mag — wer könnte versuchen, es zn schildern, zu erraten! Stolz aufgerichtet, mit einer Stimme, in welcher Er schütterung lag, und mit einer stolzen Geberde er- wiederte sie: „Ihre Tochter ist tot, aber mein Sohn ist es auch, beide !" Es folgte eine kleine Pause, dann wandte sich die Kaiserin ab und ver ließ das Gemach. Was die Baronin Vetsera eigentlich gewollt, vermag niemand zu erraten. Seither ist von anderer Seite gemeldet worden, daß Kaiser Franz Joseph in großmütiger Weise die materielle Zukunft der Baronin Vetsera gegen alle Wechselfälle hat sicherstellen lassen . . . * * Petersburg, 20. Februar. Ein junger Arzt und ein reicher Kaufmann organisieren hier eine neue Expedition nach Abessinien; die Geldmittel sind in reichem Maße vorhanden, auch haben sich bereits 40 Teilnehmer gemeldet, deren Zahl sich, wie der „Grashdanin" hofft, bis zum Frühjahr auf 300 er höhen dürfte. * * London, 19. Februar. Gerade vor einer Woche stürzte in der Zeche Drackenwall in Gunnis- über das Loos Eures ferneren Lebens zu entscheiden hat. Sendet Eure innigsten Gebete zum Himmel, damit Gott seine schützende Hand über Euch strecke und Euer Dasein einem tugendhaften, sicheren Ziele entgegenführt!" Eine lautlose Stille folgte diesen Worten nach. Die Mädchen verharrten auf den Knieen, ihre flehendlichsten Gebete zum Schöpfer des Weltalls entsendend; nur hin nnd wieder verkündete ein Seufzer, ein Schluchzen, mit welch banger Furcht man der kommenden Stunde entgegensah. Der Priester ließ Minuten vorübergehen. „Wohlan, meine Töchter", begann er dann wieder in demselben feierlichen Tone, „setzt Euer Vertrauen in die allewige Güte dessen, der aller Vater ist! Seid mutig! Blickt dem kommenden Augenblick mit der Fassung guter Christen entgegen! Die liebende Hand Eures Gottes selbst hat Euch die Heimat bereitet, der er Euch in dieser Stunde entgegenführt! Erhebet Euch! — Steht auf, meine Töchter," fügte er in alle erschütterndem Tone bei, „der Augenblick der Entscheidung für das Wohl Eures Lebens ist da!" Die Mädchen richteten sich empor, die einen glühend vor Erregung, die anderen bleich nnd zitternd vor Scham und Sorge, doch aller Herzen angefüllt mit der Furcht des nun Kommenden, dem man in banger Erwartung entgegensah. O, diese Armen! Sie' gleichen einer Schaar gefesselter Sklavinnen, diese herangereisten Zöglinge des Findelhauses zu Neapel, die man — aus Mitleid, um sie vor der Härte niedriger Dienste zu bewahren! — in der