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meister Nolte in Leipzig. Wiewohl nur 14 Offerten vorlagen, betrug der Unterschied in den Preisangaben doch mehr als 650,000 M. — Zwickau, 19. Februar. Gestern nachmittag erfolgte am Abhange des Brückenberges, an der Stelle, wo die Häuser „am Brückenberg" stehen, infolge der bachartig vom Berge herabfließenden Schneewässer ein bedeutender Erdrutsch, wobei mehrere große Bäume mit samt dem Erdreich herab bis in die Mulde ge führt wurden. Der Absturz erfolgte zwischen zwei Häusern und richtete glücklicherweise an den letzteren selbst keinen Schaden an. — Schellenberg-Augustusburg, 16. Febr. Die vielen Naturfreunden hiesiger Gegend und man chen auswärtigen Touristen, welche bei ihren Aus flügen au ihr gern Rast bez. Halt machten, bekannte Riesentanue, die auf Augustusburger Forstrevier am Promenadenwege zwischen Schellenberg und Kuner- stein stand, mußte am vergangenen Mittwoch leider gefällt werden. Der mächtige Baum zeigte seit Jahren schon Spuren langsamen Abstcrbens. Sein Alter wird auf 200 bis 210 Jahre geschätzt. Der greise Baum hatte am untere» Ende etwa 1'/« Meter Durchmesser. Viele hier verkehrende Sommerfrischler werden den Riesenbaum, der als ein Merkzeichen der hiesigen Gegend gelten konnte, ungern vermissen. — Borna, 18. Febr. Ein in einem hiesigen Herrenkleidergeschäft angestellter 19 Jahre alter Kommis versuchte am Sonnabend, sich mittelst Revolverschusses in den Kopf zu töten. Die Kugel drang von der rechten Schläfe bis in die Mitte des Kopfes und blieb in einem Schädelknochen stecken; obwohl die Entfernung der Kugel ans dem Körper bisher noch nicht gelungen ist, hofft man doch, dem im städtischen Krankenhause Untergcbrachlen das Leben zu erhalten. — Pirna. Ein 25jähriges Obermeisterjubiläum ist ein seltenes Vorkommnis. Die hiesige Bäcker innung war in der Lage, esn solches Fest feiern zu können. Der Obermeister A. Kaufmann beging am 14. Februar den 25. Jahrestag der Uebernahme des Obermeisteramtes. Derselbe hat in dieser langen Reihe von Jahren mit Umsicht, Treue und Gewissenhaftigkeit die Innung geleitet und sich dabei stets die Liebe und Achtung seiner Mitmeister zu erhalten gewußt. Die Jnnungsmitglieder widmete» a» diese»! Tag ihrem alten bewährten Obermeister ein sichtbares Zeichen ihrer Anhänglichkeit. Schriftführer Röhrborn über reichte dem Jubilar unter herzlicher Ansprache eine prachtvolle Votivtafel und andere wertvolle Geschenke. Ebenso war eine Abordnung des Bäckervcrbandes „Saxonia" aus Dresden erschienen, welche dem Jubilar im Name» des Verbandes ei» in altdeutschem Style gehaltenes Bierseidel überreichte. § Berlin, 19. Februar. In der Reichstags kommission für die Vorlage über die Altersversiche rung wurde» heute Vormittag die AZ 116—118 unverändert angenommen. Bei 8 119 der von den Landesversichernngsämtern handelt, beantragt Abg. Struckmann, daß dein Reichsversicherungsamt die Genehmigung der Statuten und die Entscheidung über die Revision Vorbehalten bleibe und die dem entsprechende Abänderung des § 119 vorgenvmmen werde. Dieser Antrag wird, soweit er sich auf die Revision bezieht, angenommen. Z Aus Ostpreußen, 17. Febr. Ein seltener Fall beschäftigt die Polizeibehörden des Kreises Stal- lupöne». Vor zwei Jahren sollte ein junger Mann Soldat werden; da er aber keine Lust dazu hatte, so überredete er einen polnischen Ueberlüufer dazu, für ihn einzutreten. Ein Summe Geld gab der Neber- redungskuust noch mehr Nachdruck, und ausgerüstet Die Erbill von Wüllersbnmn. Original-Roman von Maric Nomany. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Das gnädige Fräulein waren erschreckt," be teuerte Giacomo wieder gleichsam als ob er eine Ausflucht für Alicens Blässe und Verlegenheit suche. „Es war keine angenehme Erscheinung, dieser Tolle," sprach Ludwig von Erlenburg mit zurückhal tender Artigkeit zu Älice hinüber; „aber Fräulein Hütten außer Sorge sei» dürfe»: ma» versteht sie zu bändigen, die nicht durch eigene Vernunft zu beherr schen sind." Alice fühlte, wie jedes Glied an ihr fieberte. „Ich sah dergleichen niemals," stotterte sie. „Die Freiheit wird es Sie vergessen lassen," meinte Lndwig von Erlcnburg. Er konnte nicht ver hindern, daß ein trübseliges Lächeln um seine» Mund zuckte; teils in der Absicht, daß die Fremde es nicht gewahre, und anderseits betrachtend, daß eine längere Unterredung ihm nicht gebühre, machte er sein Kompliment und wendete sich langsam der anderen Richtung zu. Und Alice — sie schien in der Erregtheit nicht Herrin ihrer selbst zu seiu — stürmte dem Ausgang zu. Eine ganze Welt voll Empfindungen trieb ihre Brust auf und nieder. „Ihr werdet in der nächsten Woche zu mir kommen?" fragte sie den Diener, als sie die Pforte erreichten, gleichsam als erteile sie Befehl. „Ich werde die Gelegenheit nicht versäumen", erwiderte Giacomo. mit den nötigen Papieren begab sich der Stellvertreter zum Garnisonort. Dort wurde er eingestellt, doch bald ergab es sich, daß er unbrauchbar sei, und er wurde entlasse». Alles war soweit in Ordnung. Der da durch vom Militärdienst Befreite konnte aber nicht reinen Mund halten, vielmehr rühmte er sich ob seiner Klugheit, und so ist es gekommen, daß er jetzt zur Strafe gezogen werden soll. 8 Forst i- L., 17. Febr. Die Unart der Kinder, auf die Kufen der in voller Fahrt befindlichen Schlitten aufzuspringen, kann nicht oft genug gerügt werden; dieselbe hat dieser Tage einem Knaben das Leben ge kostet. Der Fuhrmann B. auS dem nahegelegenen Beitsch fuhr auf seinem Schütten einige Passagiere durch die Stadt. Hinter dem Gefährt war sogleich ein Troß Kinder her, und trotz Verbots seitens der Passa giere saßen alsbald einige Knaben hinten ans. Als der schnell fahrende Schlitten um eine Straßenecke bog, wurde er so heftig geschleudert, daß einer der Knaben hernnterfiel und an einem Prellsteine seinen sofortigen Tod fand. Den Fuhrmann trifft keine Schuld. 8 Eine Katze im Briefkasten — das dürfte doch nicht zu de» alltäglichen Ereignissen gehöre». I» der Nacht zum Dienstag wurden Passanten auf Klage töne aufmerksam, welche aus dem an der Ecke der Gabelsbergerstraße in Waldenburg i. Schl, angebrach ten Briefkasten erschallten. Man benachrichtigte die Post hiervon und als nun der Kasten geöffnet wurde, sand man eine Katze in demselben vor. Die Unter suchung ergab, daß das Schloß des Briefkastens wahrscheinlich mit einem Instrument zurückgcdrückt, hierauf die Thür herabgeklappt und, nachdem die Katze hincingeschoben worden, der Kasten wieder so zngeklappt wurde, daß das Schloß einschnappte. Es sind Vorkehrungen getroffen worden, um in Zukunft Aehnliches »»möglich zu machen. 8 Einen 100-Mark-Schein als Zusatz zum Kaffee verwandte unfreiwillig kürzlich eine Frau in Staßfurt, die den Schein in ihrer „Staatskanne" anfbewahrt hatte. Erst als sie bei»! Kaffeeklatsch das braune Getränk präsentierte, gewahrte sie Teile des Scheines in Gestalt von Papierstückchen auf dein Kaffee schwimmend. * * Oedcnburg, 14. Februar. Gestern hat sich im Orte Jllmitz (Komitat Wieselburg) ein schrecklicher Unglücksfall zugetragen, wobei mehrere Personen schwere Verletzungen erlitten haben. Bei einem Bauer im genannten Orte wurde eben Hochzeit ge halten, zu welcher ein namhafter Teil der Ortsin sassen erschiene» war. Als das Gelage im besten Gange war, kam im selben Hanse Feuer zum Aus bruche, daß sich blitzschnell über die Schennen nnd Stallungen verbreitete und infolge des herrschenden Orkans auch mehrere Nachbargebäude in Brand steckte. Entsetzt stoben die Hochzeitsgäste auseinander. Nachdem nnn die Ortsfeuerwehr auf dem Brand platze angelangt war und acht beherzte Feuerwehr männer in den brennenden Stall eindrangen, stürzte unter heftigem Gekrache die Mittelwand ein, die acht Männer unter sich begrabend. Nur mit großer Kraftanstrengung gelang es, die Verunglückten ans dem Schutte hcrauszugraben. Sechs davon hatten glücklicherweise nur leichtere Verletzungen erlitten, während zwei derselben schwcrverwundet vom Platze getragen werden mussten, an deren Aufkommen ge zweifelt wird. Bisher konnte noch nicht ermittelt werden, ob dein Brande ein Rache-Akt zu Grunde liegt oder ob ein unglücklicher Zufall denselben ver ursacht hat. * * Paris, 16. Februar. In Toulon wehte „Der Lohn wird Ener sein", meinte Alice wieder. Und abermals eine Goldmünze in die Hand des Mannes gleiten lassend, empfahl sie ihm, die nächste Gelegenheit für einen Ausgang zu ergreifen, bestieg die Karosse, die ihrer harrte, und rollte davon. Mit triumphierender Miene schaute der Mann dem davoneilenden Wagen nach, bis er durch eine Biegung des Weges entschwunden war. Er schmunzelte. „Diese Gelegenheit soll mir nützlich sein", sprach er vor sich. „Es ereignet sich nicht alle Tage, daß ein Intermezzo, wie das des tollen Francis, die Personen, die einander suchen, zusammen führt. Haha!" lachte er, „Lndwig von Erlenburg — Fräulein von Waldheim — eine Auskunft, über die Ihr dem Himmel Rechenschaft abzulegen habt ich werde die Gelegenheit zu einem Ansgang mit Leitern vom Himmel hernnterholen, wenn sie sich nicht findet! Sorge sich das gnädige Fränlein von Waldheim nicht", fügte er, die Hände reibend, bei, „Giacomo Sorel wird früher, als die Gnädige heute aunimmt, am Platze sein!" Mit fröhlicher Geberde schritt er an seine Arbeit, die Einsperrung der Kranken, die seiner Obhut an vertraut waren, und begab sich dann — er nahm die Miene des teilnehmenden Untergebenen an — in das Schlafgemach des Direktors, um wie alle anderen Wärter die Befehle entgegenzunehmen, die jeden Abend ergehen zu lassen seit einer langen Reihe von Jahren die Gewohnheit des Dr. Rimoli geworden war. Lange Zeit war vergangen, seitdem Giacomo die gauze vorige Nacht ei» furchtbarer Mistralsturm; Häuser wurden abgedeckt, viele Personen wurden verletzt. Die Schiffe können nicht in den Hafen einlaufen. * * Rom, 18. Febr. In Neapel fanden heute Arbeiterunruhen statt. Dreihundert mit Aexten be waffnete Maurer, die eine schwarze Fahne bei sich führten, versammelten sich auf der Piazza Dante. So fort erfolgte eine große Panik, die Geschäfte wurden geschlossen, die Gendarmerie löste jedoch bald die De monstranten auf, wobei sie 30 Personen verhaftete. Die Stadtbehörden sorgten sofort für Arbeit. * * Neapel, 18. Februar. Im Laufe des heutigen Tages fanden hier wiederholt Störungen der öffentlichen Ruhe durch beschäftigungslose Arbeiter statt. Durch einen aus etwa 2()0 Maurern bestehenden Haufen wurden bereits am Vormittag tumultuarische Szenen herbeigeführt. Derselbe zerstreute sich indes, als er von der Polizei aufgefordert wurde, auseinander zu gehen und sich an die Behörden zu wenden. Mittags sammelten sich die Maurer indes aufs neue an und zogen mit einer schwarz-roten Fahne, auf welcher die Worte „Kommunismus", „Anarchie" stan den, durch die Straßen. Die Polizei schritt darauf ein, konfiszierte die Fahne, zerstreute die Arbeiter und nahm mehrfache Verhaftungen vor. Am Abend herrschte !n der Stadt Ruhe. * * Brüssel, 15. Februar. Nach einer uns telegraphisch übermittelten Meldung der „Reforme" ist in dem Kohlenbergwerk bei Maurage infolge eines Seilbruchs der Fahrstuhl im Einfahrtschacht herabgestürzt, wobei 13 Personen verwundet und 1 getötet wurden. * * Amsterdam, 18. Febr. Die Nachricht, daß Dr. Vynckhuyzen telegraphisch nach Schloß Loo be rufen wurde, hat unter der hiesigen Bevölkerung neuer dings die ärgste» Befürchtungen hervorgcrufen. Es ist hier längst kein Geheimnis, daß seit geraumer Zeit beim König ein Verfall der geistigen Kräfte eingetreten ist; dies wird jedoch verheimlicht, um die Einsetzung einer Regentschaft zu vermeiden. * * London, 12. Febr. Der Redakteur der stark verbreiteten kirchlichen Zeitschrift Christian Herald, der Prediger Baxter, hielt am letzten Sonntag im großen Theater von Birmingham einen Vortrag über das Ende der Welt. Die Bühne war mit schauer lichen Dekorationen bedeckt, welche das Tier der Offen barung, Drachen, Gerippe und andere Gruseln er regende Gegenstände darstellten. Nach Baxter wird das tausendjährige Reich bereits im Jahre 1901 be ginnen. Bis dahin aber werden sich entsetzliche Ereig nisse in der Welt zutragen: Oesterreich wird die Donau- Provinzen verlieren, Großbritannien Irland und Indien. * * London, 18. Febr. Die Regierung will an geblich vom Parlament einen Kredit von 100 Mill. Pfd. Sterling für Zwecke der Marine und der Landes verteidigung verlangen. * * Budapest, 19. Febr. Eine peinliche Affaire hat sich zwischen dem Grasen Gabriel Karolyi und Dr. Falk, dem Redakteur des „Pester Lloyd", zuge- tragem Im Bericht des „Lloyd" über de» Protest umzug am Somüag hieß es, Graf Karolyi habe dem Volke zugerufeu, man solle den Magnaten keine Ova tionen bereite», alle ungarische» Aristokraten seien „Flachköpfe". Der „Lloyd" brachte eine Berichtigung, nachdem Graf Karolyi erklärt hatte, er habe die er wähnten Worte nicht gesprochen. Gestern abend er schienen zwei Sekundanten in der Loge Dr. Falks im Nationaltheater, erklärten die Berichtigung für unge nügend und forderten einen unbedingten, umständlichen nicht so heiterer Laune gewesen, wie er infolge des glücklichen Zufalls, der sich für ihn getroffen, an dem heutigen Abend war. VIII. Kanin zehn Tage, seitdem Alice von Waldheim ihre Heimat verlassen hatte, waren vergangen und Wallersbrunn lag vereinsamt, verödet da. Als der Pfarrer Bornau seiner Zeit von Wien aus jene flüchtige Entschuldigung von seinem Mündel und mit ihr die Nachricht erhalten hatte, daß Alice überhaupt nicht »ach Wallersbrunn znrückkehren werde, hatte er die Instandhaltung der Ländereien in die Hand eines bewährten Verwalters gegeben, das Gesinde aber und alle zum Hause gehörige Dienerschaft ohne Zögern entlasse»; die Thüre» »nd Fenster im Wohn gebäude bliebe» geschlossen, der Park für jeden Zuschauer abgesperrt und so lag nnn die Besitzung, auf der ehemals so reges Leben geherrscht hatte, gleich einem verödeten Paradiese da. Während 'der ersten Tage, nachdem Alice fort- gcreist war, hatte niemand aus der Umgebung die Abwesenheit der jnngen Erbin beobachtet; man war ja seit dem Tode des Gutsherrn daran gewöhnt, Wallersbrunn wie eine romantische Einsiedelei zn betrachten; als aber die Kunde lant ward, daß die Dienerschaft fortgeschickt und das Wohngebäude ab geschlossen worden, als man sich hier und dort erzählte, Fräulein von Waldheim sei, ohne jemanden über ihr Vorhaben in Kenntnis zu setzen oder von irgend jemanden Abschied zu uehmen, in die Welt gereist, da wußte man nichts Eiligeres, als von allen Seiten mit Erkundigungen und Fragen den Pfarrer