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derungen. Seit Jahrtausenden trauerndie Chinesen weiß; blau ist Halbtrauer. Die Fledermaus gilt als Sym bol des Friedens, die Ente als das der Häuslichkeit. Beinkleider trägt die Frau, Röcke der Mann. Der Chinese steckt Schriftstücke in die Stiefel und Finger nägel in silberne Futterale; er trägt zwei Taschen uhren und preßt beim Gruße die Fäuste bis zur Stirn höhe zusammen. Statt der Gabeln bedient sich der Chinese Stäbchen; er steigt zur rechten Seite zu Pferd und besoldet seineu Hausarzt nur solange, als er gesund ist. In China sicht man überall Blumen, nur nicht in den Garten. Gute Kinder erfreuen den Vater, wenn dieser seinen 60. Geburtstag feiert, durch das sinnige Geschenk eines schönen Sarges. Advokaten, Sachwalter und Notare giebt es in China nicht, Sprache und Handlung sind durch strenge Etiketten geregelt. Das Ersäufen der Mädchen gehört ins Reich der Fabel. Die Ehe, welche als vornehmstes Ereignis gilt, bei welcher aber die Neigung eine sehr untergeordnete Rolle spielt, giebt den Frauen, deren Stellung viel fach falsch beurteilt wird, eine gute Behandlung. Die chinesische Gesittung ist durchaus nicht ver ächtlich. Die Chinesen verdienen studiert und nüchtern beurtestt zu werden; man kennt sie als überlegen im Ackerbau, als vortreffliche Gemüsegärlner. Ihre Handelsleute sind die schlauesten der Welt, seit Jahw Hunderten die Association des Kapitals als ausge prägten Zug ihrer Thätigkeit bewahrend. Aber China ist über eine gewisse Höhe geistiger Gesittung nicht hinausgegaugen. Wir haben den Chinesen eine ungekühlte Menge von Erfindungen zu verdanken, aber keine derselben zeigt eine feste Theorie, einen Blick für die Enthüllung der Erscheinungen. In der Malerei, bei deren Anwendung die Chinesen keine Idee von der Perspektive haben, glänzen sie als Blumenmaler; in der Wahl der Speisen zeigt sich der Chinese als Allesesser, er nimmt Holothnneu, Haifischfleisch und Schwalbennester zu sich. Die Wahrheitsliebe des chinesischen Volkes ist keine Tugend, dagegen besitzen die Chinesen Anlagen für den Handel, Sinn für Sparsamkeit und allerdings auch wird r Anlage, andere zu übervorteilen. Alles in allem sind die Chinesen ein zufriedenes Volk, mäßg in ihrer Lebensweise, nüchtern und fleißig. Es ist in ver zweifelter Unbeweglichkeit immer dasselbe geblieben; es hat das patriarchalische System des Nomadentums behalten, nach welchem China eine große patriarcha lische Gesellschaft ohne alle Einrichtung, eine große Familie von hundert Millionen von Menschen ist, deren Oberhaupt der Sohn der Mitte ist. Die chinesische Religion ist die am wenigsten mythologische; außer einigen Heiligen verehrt das Volk den einzigen „einsamen Manu" im rvsensarbeuen Saale des carmoisinroten Palastes zu Peking. China hat seine Bonzen, Skeptiker und Philosophen; von letzteren erscheint Confuce den Materialisten am angenehmsten, denn er lehrte Enthaltsamkeit, Unterwürfigkeit und schweigsame Disziplin des Geistes. Das Glück des chinesischen Volkes besteht in einer Alt häuslicher Wohlfahrt, es ist leicht verträglich, friedfertig und leicht zu trösten, freilich kennt es auch den Realismus. Es geht aber jetzt rasch durch feine Berührung mit Engländern, Amerikanern und anderen Völkern einer Umwandlung entgegen; sein ihm innewohnendes Genie der langsamen, heimlichen Ueberflutung und das Geschick, sich allem anzupassen, dies alles deutet darauf hin, daß der weizeugelbe Mann im 20. Jahrhundert ein bedeutende Rolle spielen wird. Dann dürfte das chinesische Sprichwort zur Geltung kommen: „Du hast die Biene ausgesucht, werde nicht böse, wenn sie Dich sticht." (Großer Beifall). — Nach diesem Be- Dennoch wurde er bis zum Tage der Verhandlung unter der Aufsicht des genannten Direktors bewahrt. Auch Fräulein von Waldheim war untersagt worden, Rom zu verlassen, bevor der Tag der Ver handlung vorüber war. In vollständiger Unzurechnungsfähigkeit ihrer Handlung hatte Alice an jenem Abend die Anzeige erlassen; erst, nachdem Tage vorüber waren, nachdem ihr Gemüt sich beruhigt hatte und ihr Geist klarer dachte, stellte sich ihr vor Augen, ein wie gewagtes Spiel diese Anzeige gewesen war. Doch sie fürchtete nicht. Sie hatte, da allmählich der unfreiwillige Aufenthalt in Rom ihr Muße genug zu reifer Ueber- legnng und wvhleingerichtetem Handeln gab, ihrem Vormund, dem Pfarrer Vornan, über alles, was geschehen war und was von ihr unternommen worden, Bericht erstattet nnd nach eingehenderer Korrespon denz hatte dieser es für seine Pflicht erachtet, durch seinen persönlichen Beistand seinem Mündel eine Stütze zu geben; so kam es, daß einige Tage vor der anberaumten Verhandlung der würdige Greis im Prinzen von Bayern eingetroffen war. Alles das hatte wie ein Lauffeuer seinen Weg durch den Mund der Leute gefunden; man wußte sogar, daß Dr. Fraucesco, der vor fünfzehn Jahren eine kurze Zeit hindurch Hilfsarzt iu St. Salvatore gewesen war und jetzt als selbständiger Leiter einer Irrenanstalt in Florenz weilte, zum Verhaudlungs- tage nach Rom beschicken Ivar. In der gespann testen Ausregung hatte daher alles, was mit der Sache in Verbindung war oder was Interesse für die Angelegenheit bezeugte, die vergangenen Tage hingebracht; die halbe Stadt schien durch die Erwar- richt dürfte auch der Vortragsabend am 9. März im hiesigen Kaufm. Verein ein interessanter sein. — Wie unsere Altvorderen die Fastnacht in ausgelassener Fröhlichkeit gefeiert, berichtet unter anderem ein uns vorliegendes halbvermodertes Ma nnskript von 1518, nach welchem in diesem Jahre der letzte Faschingstag in Zwickau vom Kur fürsten Friedrich dem Weisen besonders großartig gefeiert wurde. Der Fürst hatte 8 andere Fürsten, 10 Grafen, 3 Bischöfe und viele Ritter, Gelehrte und Ratsherren ansehnlicher sächsischer und thürin gischer Städte eingeladen und große Veranstaltungen znr Vergnügung getroffen. Dazu gehörte u. a. die Aufführung der Komödie „Eunuchus" des Terenz auf dem Rathause, iu welcher zu „größere Ergötz- lichkeit" der Schloßkaplan eine Zugabe eingereicht hatte, welche darstellte, wie sich sieben Weiber nm einen Mann zankten nnd schlugen. Die hohen Gäste crlustigtcn sich an diesen Schauspielen ebenso vor trefflich wie an dem Spiel der 20 vermummten Fleischhauer, die eine« verkleideten Menschen ans eine Kuhhaut setzten und so lange in die Höhe schnellten, „bis er ganz äusser Atem gemessen". — Ein origineller Fastnachtsbrauch herrschte auch im Zabergau in Württemberg. Es war die sogenannte „Weiberzeche" und bestand in folgendem: Am Fast- uachtsmorgen kamen die Frauen der Stadt aus dem Nathause zusammen und hielten unter dem Vorsitz der Fran Pfarrerin Gericht, wobei alle im abgelau fenen Jahre vvrgekommenen Ordnungswidrigkeiten in Küche nnd Hauswesen besprochen und die für schuldig befundenen Frauen verurteilt wurden. Wer z. B. der Unsauberkeit bezichtigt wurde; mußte seine Kinder oder sein Küchengeschirr vor den Richtern im Rathause säubern u. s. w. Nach der Sitzung aber begann der Festschmaus, wobei der Bürgermeister und der Schultheiß als Kellner und Aufwürtcr fun gierten, während alle übrigen „Mannsbilder" streng ausgeschlossen waren. Wie einige Chronisten ver melden, wurde von den Weibsen weidlich gegessen und getrunken, während unter den Fenstern des Rathauses Musikanten lustige Weisen aufspieltcn. Das Geschrei und Gekreisch der schmausenden Damen soll oft nicht gering gewesen sein und die Musik bisweilen übertönt haben. — Anno Domini 1583 verfertigten die Fleischer in Königsberg eine 596 Ellen lange und 434 Pfund schwere Wurst und trugen sie zu Fastnacht „unter freudigem Gesang" in der Stadt umher. Außer deu sonstigen Ingre dienzien, so zu einer rechtschaffenen Wurst gehören, waren dazu 36 Schweiueschiuken verarbeitet worden. Am Abend fand ein großes Wurstpicknick statt. — Als dann der 30jährige Krieg kam, machte sein Elend allen Lustbarkeiten ein Ende und an die Stelle der lustigen Fastnacht trat ein 30 Jahre währender trauriger Aschermittwoch. — — Nach den Bestimmungen der neuen Heeres- vrdnung haben die Volksschullehrer uud die Kandi daten des Volksschnlamtes zehn Wochen aktiv bei einem Infanterieregiment zu dienen; nach den bis herigen Bestimmungen dauerte diese Dienstzeit nur 6 Wochen. Die gedachte zehnwöchentliche Dienstzeit ist grundsätzlich zur Zeit der zehnwöchentlichen Er satzreserveübungen zn erledigen. — Die Wahlen zu der zweiten sächsischen Ständekammer — verfassungsgemäß hat in diesem Jahre wiederum ein Drittel der Mitglieder auszu- schciden — finden dem Vernehmen nach im Monat September d. I. statt. Bereits heute sind die Vor arbeiten zur Wahl im Gange. Es macht sich die Neuwahl vou 28 Abgeordneten erforderlich, von denen tung des heute zu Vernehmendem aus dem Gange ihrer täglichen Obliegenheiten getrieben; Alice fieberte, nicht viel weniger der greise Priester, Lndwig von Erlenburg in der Zelle des Gefängnisirrenhauses sah mit klopfendem Herzen der Stunde der Entschei dung über sein zukünftiges Leben entgegen, Gia como — der Arme! wie schlecht, für den Moment wenigstens, waren alle die schönen Träume, welche er sich geschaffen hatte, in Erfüllung gegangen! — schien vernichtet in dem Bewußtsein, Mitschuldiger eines schändlichen Verbrechens zu heißen, und der Direktor, der bis zum letzten Moment der Welt gegenüber eine trotzige Stirn behielt, zitterte vor dieser Stunde. Direktor Rimoli wußte, daß der be schlagnahmte Inhalt seines Schreibtisches ein Papier aufzuweiseu hatte, das zu seiner Vernichtung ge schaffen war. So kam der verhängnisschwere Tag heran. Früh schon waren die für das Publikum offenen Räume des Gerichtssaales von allen Klassen der Bevölkerung in Anspruch genommen; man drängte uud stieß sich, um noch einen Platz zn bekommen; und immer strömte eine wahre Flut von Teilneh menden nnd Neugierigen herzu. Freilich mußte man endlich begreifen, daß ein weiteres Eindringen eine Sache der Unmöglichkeit wurde; dies hinderte jedoch die später Gekommenen nicht, in dichten Knäueln auf den Treppen und sogar bis über die halbe Straße hinaus zu verweilen, bis das Urteil über den Direktor des Irrenhauses gesprochen war. Punkt 10 Uhr betrat der Gerichtshof den Saal. Eine lautlose Stille folgte bei seinem Erscheinen dem wirren Getümmel, welches alle Sinne berückend, die 3 auf die Stadt Dresden kommen. Es handelt sich dabei um 17 Sitze der konservativen, 3 der natio nalliberalen, 7 der fortschrittlichen und 1 der sozial demokratischen Partei. — Der bekannte Schriftsteller Ur. Adolf Kohut in Dresden wird demnächst in Paul Heinzes Verlag in Dresden-Striesen eine Festschrift: „Ruhmesblätter des Hauses Wettin. Ein geschichtlicher Rückblick auf die achthundertjährige Vergangenheit aller Lande der Rautenkrone und ihrer Fürstengeschlechter" erscheinen lassen. Diese Gedenkschrift wird durch die Bildnisse der jetzt regierenden fünf Häupter der verschiedenen Linien des Hauses Wettin, sowie durch eine Abbildung der Stammburg Wettin geschmückt sein, dem ungeach tet wird der Preis bei einer Stärke von ca. vier Druck bogen und eleganter Ausstattung nur 60 Pf. betragen. — Lichten Walde. Am 1. März waren 40 Jahre verflossen, seit Oberförster Theodor Jäßing in die Dienste der gräflich Vchtnmschen Familie auf Schloß Lichtenwalde emgetreten ist, in welcher langen Zeit er sich immerdar als ein treuer Verwalter seines Wirkungskreises erwiesen hat. Im Jahre 1879 hat Se. Maj. der König die Verdienste des Oberförsters durch Verleihung des Albrechtskreuzes anerkannt. 8 Zeitz. Ein äußerst frecher Raubansnll wurde am 26. Februar in der dritten Nachmittagsstunbe in nächster Nähe der zweiten Bürgerschule verübt. Auf der städtischen Promenade, welche dicht neben dem Schulgebäude vorbeiführt, wurde ein Fräulein von einer anscheinend dem Arbeiterstaud angehörenden Per sönlichkeit überfallen und ihrer Barschaft im Betrage von 7 Mark beraubt. Durch unterdrücktes Wimmern aufmerksam gemacht, eilten 2 Lehrer, deren Klassen zimmer nach der Promenade zu liegen, mit einem Schulknaben der Angefallenen zu Hilfe, worauf der Verbrecher querfeldein über die schneebedeckten Felder entfloh. Leider ist es bis jetzt noch nicht gelungen, des Räubers habhaft zu werden. 8 Eisenberg i. Altenb. In einem Gefecht bei Samoa verlor der Matrose Franz Herfurth, Sohn der Fuhrmannseheleute Herfurth hier, der auf der Kreuzerkorvette „Olga" diente, sein Leben. An die Eltern Herfurth's ist nun aus Apia vom Komman danten der „Olga" ein Brief eiugctrosfen, welcher dem Herfurth'schen Ehepaar den Tod ihres Sohnes wie folgt bestätigt: Kommando Sr. Maj. Kceuzerkorvetie „Olga". Apia, 2. Januar 1889. Geehrter Herr! Von selten der Marinebehördc werden Sie, be vor diese Zeilen eintreffen, bereits über den herben Verlust, der Ihre Familie betroffen hat, unterrichtet sein, uud so hoffe ich nun, indem ich Ihnen mitteile, wie siche auch wir, die Vorgesetzten, wie Gleichgestellreu', den Tod Ihres Sohnes betrauern, in Etwas den Schmerz der Eltern lindern zu können, indem ich gleichzeitig hinzufüge, daß der Verewigte als ein braver echter deutscher Matrose uud Soldat wie ein Held kämpfte und als Held die Treue mit seinem Herzblut besiegelte. Das Gefecht am Vaileleberg am Morgen des 18. Dezember v. I. war ein heldenmütiges; gegen zehnfache Uebermacht, durch Verrat gegen die Deuischen angeführt, schlug sich die kleine Schaar des Laudungö- korps Sr. Maj. Schiff „Olga" in bewunderungswertem Heldenmut; es gab der Opfer viele, und so siel auch Ihr Sohn, durch eine feindliche Kugel in den Kopf getroffen; er hatte einen schnellen Tod. Er siel als ganzer Mann für eine deutsche Sache; sein Tod wie der der anderen Kameraden setzt der Marine das ehrende Zeugnis, daß der deutsche Seemann wie ein Held zu fechten weiß. Möge das Bewußtsein, daß Luft augefüllt hatte, denn die gesamte Menge wen dete ihre Aufmerksamkeit nun dem grünen Tische und dem vor demselben befindlichen Raume zu. Nachdem die üblichen Formalitäten vvrgenvm- men worden, hatte man die Zeugen — es waren in erster Reihe Ludwig von Erlenburg selbst, dann Giacomo Sorel, Dr. Francesco, Alice von Wald heim, der Direktor der Gefängnis-Irrenanstalt, Dr. Parnese, und endlich mehrere Diener der Anstalt St. Salvatore — hereingeführt. Der Präsident, nachdem er einem jeden von ihnen den Eid abge- nommen, ermahnte sie im Namen des Gesetzes und der Kirche, bei ihrer Aussage nicht nm ein Haarbreit vom Wege der Wahrheit zu weichen, indem er be tonte, wie durch das Zeugnis, welches abzulegen sie erschienen seien, das vom Gerichtshof zu fällende Urteil bedungen sei. Nun traten die Zeugen ab und, begleitet von polizeilicher Eskorte, führte man Dr. Carlo Alfonso Rimoli herein. Schon, als Ludwig von Erlenburg in den Raum trat, hatte ein Gemurmel das Auditorium durch laufen; beim Erscheinen des Direktors steigerte sich das Gewirre in dem Maße, daß der Präsident einen .Aufruf um Ruhe zu erlassen gezwungen war. „Wie ist ihr Name?" wendete er sich hierauf dem Angeklagten zu. Der Direktor, der, obgleich er seiner Schuld mehr als bewußt war, bis zum letzten Augenblicke der Welt gegenüber eine kalte Stirn gezeigt hatte, kehrte jetzt mit Beharrlichkeit der ihn anstarrenden. Menge den Rücken. (Fortsetzung folgt.)