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Jahrhundert lang in aller Stille seiner segensreichen Wirksamkeit gewaltet hat, es ist dies der Sterbekas senverein zu Waldenburg. Am 25. April 1789 wurde der Verein von Sr. Erlaucht Otto Friedrich Graf zu Schönburg „zu Nutz der Bürgerschaft und der Einwohner von Altwaldenburg und Eichlaide" bestätigt, um jedermann Gelegenheit zu bieten, auf leichtem Wege etwas zu sparen und somit den Seinigen die Mittel bei vorkommeudem Sterbefalle zu verschaffen. Der Verein, dessen Vorsitzender zur Zeit Herr Schuh- machermeister Paul Meyer hier ist, hat in diesen hundert Jahren manche trübe und hartbedrängte Zeiten, in denen die Kriegsfurie, Hungersnot und Epi demien auftraten, durchzumachen gehabt; trotzdem hat er sich eine große Lebensfähigkeit zu erhalten gewußt, seine Mitgliederzahl beträgt zur Zeit gegen 350, sein Vermögen 2204 Mk. und ist somit sein Bestehen auch für die Zukunft gesichert. Möge der Verein auch im neuen Jahrhundert zum Segen der Stadt und zum Wohle der Augehörigen seiner Mitglieder wirken. — Riesa. Ein bedauerlicher Unglücksfall er eignete sich am Montag abend in einem Hause an der Kastanienstraße. Daselbst hatte sich ein in der Woh nung allein anwesendes etwa acht Jahre altes Mäd chen am Ofen, in dem Feuer war, zu schaffen gemacht, und hierbei hatten sich die Kleider des Kindes entzündet. In seiner Todesangst lief dasselbe in die höhere Etage des Hauses nach HUfe, wobei die Flammen sich mehr anfachten. Als man dem bedauernswerten Mädchen zu Hilfe kommen konnte und die Flammen durch Ueber- werfen von Decken erstickte, hatte das Kind schon recht bedeutende Brandwunden erhalten, sodaß es jetzt noch schwer verletzt darniederliegt. — Bautzen. Hörnerschlittenfahrten, wie sie feit langer Zeit von den Bergen des Rieseugebirges herab ausgeführt werden, sind während des Schnee falles der letzten Tage als ein neuer Sport auch in der hiesigen Gegend eingeführt worden. Ein Mit glied des Bautzner Gebirgsvereins hat einen Hörner schlitten im Riesengebirge Herstellen lassen und den selben zu seinem und seiner Freunde Gebrauch auf dem Mönchswalder Berge stationiert. Die Fahrten vom Berge nach dem Jägerhause herab sind schon mehrere Male mit gutem Erfolge ausgeführt worden. — Schmölln im Altenb. Am vorigen Sonn tag war der Zeitraum eines halben Jahrhunderts verflossen, seitdem der Dosenfabrikant Michael Tetzner, ein angesehener Bürger unserer Stadt, in der hiesigen Stadtkirche seinen Ehebund hatte einsegnen lassen. Obwohl nun das noch rüstige Ehepaar diesen Tag in aller Stille hatte feiern wollen, so wurde doch das Jubelpaar am genannten Tage überrascht von einer Menge Freunde und Bekannten, welche mündlich ihre Glück- und Segenswünsche darbrachte. Se. Hoh. der regierende Landesherr zeichnete das Jubelpaar durch die Widmung einer Prachtbibel aus, welche unter einer herzlichen Ansprache von Superintendent ZPolf übergeben wurde. — Zeih- Zu Beginn des Monats hat die Nachbargemeinde Ahlendorf eine aus eigenen Mitteln geschaffene Elsterbrücke eingeweiht. Dieselbe ist durch aus aus Holz mit eichenen Bohlen belegt, nach Muster der Königl. Brücke bei der Neumühle bei Zeitz, hergestellt. Au den beiden Enden ruht die Brücke auf zwei starken Ufermauern; in der Mitte der Spannung ist dieselbe durch starken Eicheubalken- unterbau gestützt. Sie ist so stark konstruiert, daß selbst die schwersten Lastwagen dieselbe passieren können. Ihre lichte Weite beträgt 4 m. Ihre Her stellungskosten belaufen sich auf ca. 2500 M. — Greiz. DurchIden orkauähnlichen Sturm am vergangenen Freitag wurde unweit der Haltestelle Reichenfels eine starke Linde umgeriffen und so das Geleis der Mehltheuer-Bahn bedeckt. Dieselbe wurde jedoch noch rechtzeitig, ehe der Abendzug eintraf, beseitigt. — Zöblitz, 12. Februar. Emen jähen Tod fand heute vormittag 9 Uhr der 67 Jahre alte Mühlenbesitzer Gotthold Schubert aus Pockau. Derselbe verließ gesund und munter die Seinen und fuhr mit einigen Bekannten mit dem Frühzuge zu einer Holzauktion nach hier. Auf dem Wege vom Bahnhof Zöblitz nach der Stadt, schon ziemlich nahe derselben, blieb Schubert hinter seinen Bekannten, die sich gegenseitig unterhielten, zurück. Als diese ihn vermißten und sich umsahen, fanden sie denselben nicht weit hinter sich tot auf der Straße liegen. Ein Schlagfluß hatte seinem Leben ein schnelles Ende bereitet. 8 Berlin, 14. Februar. In der Reichstaas kommission für das Altersversicherungsgesetz wurden heute die HZ 68 bis 73 in der Fassung der Regie rungsvorlage angenommen. 8 74 besagt: „Nach er folgter Feststellung der Rente ist dem Berechtigten von feiten des Vorstandes der Versicherungsanstalt eine Bescheinigung über die ihm zustehenden Bezüge unter Angabe der mit der Zahlung beauftragten Postanstalt und der Zahlungstermine auszufertigen." Hier wurde aus Antrag Struckmann folgender Zusatz angenommen: „Zugleich ist der untere» Verwal tungsbehörde, in deren Bezirk der Berechtigte wohnt, Mitteilung über die ihm zustehenden Äezüge zu machen." 8 77 bestimmt: „Das Rechnungsbureau berechnet, welcher Betrag der Rente dem Reich, be ziehungsweise den einzelnen Versicherungsanstalten, zu welchen der Empfangsberechtigte während der Dauer seiner Beschäftigung Beiträge entrichtet hatte, nach dem Versicherungswert zur Last fällt." Hier wurde ein Antrag Gebhard angenommen, welcher eine Konsequenz ist der früher bei 8 19 gefaßten Beschlüsse über die Art der Aufbringung des Reichs zuschusses. Die 88 78 und 79 wurden mit lediglich redaktionellen Aeuderungen genehmigt. 8 Berlin. Daß Alter vor Thorheit nicht schützt, hat in letzter Zeit eine hoch in den fünfziger Jahren stehende Witwe aus einem kleinem Städtchen der Mark bewiesen. Frau B. kennt seit drei Jahren einen Bäckergesellen namens Gottlieb M. Vor einiger Zeit wandte sich M. nach Berlin und schrieb der alten Frau, sie möge nach Berlin kommen, erhübe solche Sehnsucht nach ihr und wolle sie heiraten. Frau B. ließ sich von den Liebes schwüren des „Dreißigjährigen" bethören und langte vorgestern hier an. Der „Bräutigam" war sehr glücklich und erzählte seiner Braut, er habe bereits eine Wohnung gemietet und das Nestchen hübsch ein gerichtet; es fehle nur noch eine Bettstelle; sein Geld sei aber bei den Anschaffungen draufgegangen. Die vertrauensselige Witwe gab ihrem Bräutigam vierzig Mark, und beide begaben sich zu einem Alttrödler, wo sie eine Bettstelle für 3 AM kauften. Dann erklärte M., er habe noch eine wichtige Besorgung zu machen, und verschwand mit den übrigen 37 Mk. auf Nimmerwiedersehen. Der Jammer der bethörten Frau ist groß, da sie in ihrem Heimatsort alles verkauft hatte, um dem „Bräutigam" nachzuziehen. Von diesem weiß sie nur, wie die „Post" mitteilt, daß er sich ihr gegenüber immer Gottlieb M. ge nannt hat. Der Patron konnte bis jetzt nicht aüf- gefunden werden. 8 Das Institut für kaufmännische Informationen und Inkasso von W. Schimmelpfeng in Berlin hat, wie sich aus dem uns vorliegenden Jahresbericht für 1888 ergiebt, im abgelaufenen Jahre sein Arbeitsfeld nicht unwesentlich erweitert. Infolge der mit dem größten amerikanischen Auskunstsbureau „The Brad street Company" getroffenen Vereinbarung zu gegen seitiger Vertretung sind die Bereinigten Staaten von Nordamerika, Kanada und Australien hinzugekommen. Auch die vor etwa Jahresfrist eröffneten Filialen in London und Paris sind kräftig in Thcitigkeit getreten und wird denselben, nachdem nunmehr die erforderliche Zahl tüchtiger Hilfskräfte gewonnen ist, mit dem 1. März d. I. die Erledigung der Auskünfte über ganz England, bezw. Frankreich übertragen werden. Die Zweigniederlassung in Wien arbeitete im Berichtsjahre mit 31 Angestellten und hatte täglich im Durchschnitt 200 Anfragen zu erledigen. Unter sehr erfreulichem Entgegenkommen der besseren Geschäftskreise vollzog sich im Mai 1888 die Eröffnung einer besonderen Filiale in Pest. Von den 272 Angestellten des In stituts sind 186 in Berlin beschäftigt. Die Zahl der erteilten schriftlichen Auskünfte betrug im ganzen 614,974, sowie über 60,000 kostenfreie Nachträge dazu. Bei der Abteilung II (Inkasso) gingen 6307 neue Man date ein, welche Außenstände im Werte von 2,734,539 Mk. betrafen. Neu ist in diesem Jahresbericht ein Anhang von 30 Seiten, in welchem die nicht selten irrigen Vorstellungen der Geschäftswelt von dem Wesen der berufsmäßigen Auskunftserteilung einer offenen Besprechung und Richtigstellung unterzogen werden. Das Berliner Bureau befindet sich vom I. Juli ab im eigenen Geschäftshause, Charlottenstraße 23. Z Aus Berlinchen berichtet man vom 8. Februar: Ein junges hier wohnendes Ehepaar begab fich dieser Tage nach seiner am See gelegenen Behausung, als es plötzlich einen kleinen Knaben nackt im Schnee, die Hände auf den Rücken gebunden und einen Strick um den Hals, vor sich liegen sah. (Es waren an jenem Tage 12 Grad Kälte.) Der arme Kleine war nicht im stände, einen Laut hervorzubringen. Wie sich später ergab, war es der dreijährige Sohn eines hiesigen Gerichtsdieners. Man nimmt au, daß die entsetzliche Marterung des Kindes aus Rache gegen den Vater geschehen ist. Der Verbrecher ist bisher noch nicht entdeckt worden. Z Rendsburg, 14. Febr. Seit gestern wütet heftiger Schneesturm, der Bahnverkehr ist gänzlich ein gestellt. Der gestern abend hier fällige Schnellzug stekt bei Jübcck fest. * * L u e g u m k l o st e r (Schleswig), 14. Febr. In Nordschleswig wütet seit 24 Stunden ein orkan artiger Schneelturm, welcher eine vollständige Verkehrs störung hervorgerufen hat. Auf der Marschbahn und Ostbahn stecken sämtliche Züge in haushohen Schnee massen. * * Wien, 14. Febr. Justizminister Graf Schönborn erließ ein Handschreiben an die Staats anwaltschaften, in welchem er denselben eine gerechte und milde Beurteilung von Zeitungsartikeln empfiehlt; die eigentlich Tendenz dieses Rundschreibens ist indes erst nach dem Bekanntwcrden des Wortlautes desselben zu beurteilen möglich. * * Nach einer Mitteilung in den Blättern hatte der österreichische Kronprinz vor einem Monat zu seinem Vater gesagt: „Wenn Du nicht willst, daß ich mich scheiden lasse, dann werde ich mich töten." Worauf der Kaiser erwiderte: „Wenn Du das thust, bist Du die Kugel nicht wert, die Dich aus dem Leben befördert." * * Preßburg, 11. Februar. Ein furchtbarer Raubmord wurde in dem nahe gelegenen Galgocz gestern bei Hellem Tage verübt. Nachmittags um 4 Uhr wurde das Wirtshaus des seit 4 Monaten in Galgocz ansässigen Moritz Hecht auffallenderweise Familie; ich begreife nicht, was ihn veranlaßt haben kann, hierüber Schweigen zu bewahren; er hatte niemals, auch nur mit der geringsten Andeutung, über eine solche Angelegenheit Erwähnung gemacht." Dr. Rimoli sah sie an. „Sie werden mir gestatten, Ihnen die Beweise zu holen", meinte er in einem Tone, der Alice deprimierte. „Der Zweifel, welchen sie über meine Aussage hegen, wird bald geschwunden sein —" „O, ich glaube Ihnen." „Um Vergebung", machte Carlo Alfonso, sich kurz verneigend; „ich werde in einer Minute zurück gekehrt sein. —" Alice schwieg. Es war ihr nicht unangenehm, daß der Direktor sich auf ein Paar Minuten ent fernte, denn sie fühlte, daß sie nicht mit genügender Klugheit zu Werke gegangen war. Es dauerte jedoch nicht lange, bis Dr. Rimoli zurückgekehrt war. — Er hatte, da er vorher mit derselben Angelegenheit in seinem Privatbureau be schäftigt gewesen, nicht lange Zeit gebraucht, um nach den Dokumenten zu suchen. — „Hier sind Briefe", sagte er kurz, welche die Handschrift und das Siegel Ihres leider seligen Herrn Vaters tragen; außerdem wird der Inhalt Sie mit leichter Mühe überzeugen, wie richtig meine Angabe war." Alice starrte, ohne jedoch ein Wort zu lesen, die Schriftstücke an. „Aus welchem Grunde hat mein Vater aus dieser Angelegenheit ein Geheimnis gemacht?" fragte sie bebend. Der Direktor lächelte in Ueberlegenheit. „Vielleicht Verwaudtschaftsgründe. —" „Mein Vater hatte keine Verwandten am Leben." „Freundschaft. —" „Anch das nicht. Hätte mein Vater einen Freund besessen, der im Jrrenhause weilte, so hätte er seiner Familie gegenüber nicht solches Schweigen bewahrt." Carlo Alfonso zog die Achsel. Es lag etwas Verletzendes in dem Ton, in welchem er sprach. „Es ist nicht unsere Aufgabe, über die Motive zu beraten, welche die Handlungen Ihres Herrn Vaters bestimmten", warf er hin. „Es wird genü gend sein, festzustellen, ob die Erben sich weiter mit der Verpflegung des Patienten befassen." Mit funkelndem Ange starrte Alice ihn an. In einer Secunde hatte sich jede Farbe ans ihrer Miene verloren. „Und wenn das nicht der Fall wäre?" — Ihr Atem bebte. — „So würde ich genötigt sein, diesen Herrn von Ludwig der Sorge der Gemeindeverwaltung zu übergeben. Ich ersuche daher mein gnädiges Fräulein, um die Angelegenheit in möglichster Kürze zu erle digen, um die Namen der Erben des Herrn von Waldheim." Alice, deren Gemüt zu sehr in Aufregung war, bemerkte nicht die Lüge, die in des Direktors Worten lag. „Mein Vater hatte nur eine Tochter," sagte sie so ruhig, wie es nur möglich war. Dr. Rimoli sah sie an. Mit der ganzen un heimlichen Glut, die in seiner schwarzen Tiefe ver borgen lag, funkelte sein diabolisches Auge sie an. „Und Sie haben die Absicht, den Pflegling, Ihres seligen Herrn Vaters im Stich zu lassen?" „Ich kam nach Rom, um mich über die Ursache dieser Angelegenheit zu unterrichten," entgegnete Alice. „Und dann?" „Haben Sie irgend welche Papiere, die über das Familienverhältnis dieses Herrn von Ludwig Aufschluß geben?" Ein dämonischer Zug glitt über des Direktors Gesicht. „Die Papiere bewahrte Herr von Waldheim," entgegnete er in einem verletzend wegwerfendem Tone. „Und Sie wissen nicht, woher dieser Herr von Ludwig stammt, wo seine Heimat liegt?" „Es ist nicht meine Sache, dergleichen Angele genheiten in Erörterung zu bringen. Herr von Wald heim vertraute den Patienten meiner Obhut; nähere Erkundigungen über Privatverhältnisse einzuziehen, ist das Feld meiner Thätigkeit nicht." Alice schwieg. „Und spricht Herr von Ludwig selbst niemals über seine Familie, über seine Herkunft?" fragte sie nach einer kurzen Weile, während Carlo Alfonso sich bemüht hatte, vermöge des raffinierten Scharfblicks der ihm zu Gebote stand, die Absicht ihres Kommens aus ihrer Miene zu lesen. „Herr von Ludwig ist irrsinnig," betonte der Doktor sodann. „Und er hat nicht Momente, in denen sein Geist frei ist?" Dr. Rimoli stutzte. (Fortsetzung folgt.)