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Wege beseitigt worden, bis dann 'später eine voll ständige Umgestaltung der sozialen Verhältnisse durch die Einführung der Konstitution herbeigeführt wurde, deren Segnungen wir uns gegenwärtig zu erfreuen haben. — Petitionen aus dem Königreich Sachsen sind nach dem 6. Verzeichnis bei dem Reichstage noch wei tere eingegangen: Robert Walther, Schriftsetzer zu Leipzig und Genossen, sowie Friedrich Herm. Fischer, Fabrikant zu Burgstädt und Genossen, bitten um Aufhebung des Impfzwanges, resp. des Jmpfgesetzes und um Verbot der Pockenimpfung; Ed. Reißig zu Glauchau und Genossen bitten um Einführung eines Zolles auf einfache und gezwirnte Gespinste aus rohen Seidenabfällen (Bourette-Garne) bis zur Feinheits nummer 30, von 30 Mark für 100 und C. Weber, Schornsteinfegermeister zu Oberwiesenthal, bittet die Post-Unterbeamten-Stellen nur Deutschen zu ver leihen. — Reisende berichten von starkem Schneefall im Gebirge. Trotz des dabei herrschenden Sturmes sind Bahnverwchungen noch nicht eiugetreten, vor läufig auch nicht zu befürchten. — Der Verband von Glaser-Innungen im König reich Sachsen hält seinen 8. Verbandstag nun Sonn tag, den 24. Februar, zu Dresden im Saale des Kaiserhofs, Neustadt, ab. — Dresden. Am Montag abend waren die Mitglieder der 2. Ratsabteilung und die in der Gas fach-Ausstellung beschäftigten Beamten veranlaßt, sich nach Besichtigung der Ausstellung, im Restaurant „Weihenstephan" zu versammeln, um dort die Speisen zu prüfen, welche durch den Koch des genannten Restau rants auf einem Gaskochherde der Ausstellung vor den Augen der Besucher zubereitet worden waren. Der Gasverbrauch für das zu 25 Personen berechnete und aus 5 Gängen bestehende Abendessen belief sich nach amtlicher Feststellung auf nur 2,3 Kubikmeter, d. i. ein Geldbetrag von nicht ganz 28 Pfennigen. Zum Kochen und Braten der sämtlichen Speisen war ein Zeitaufwand von nicht ganz 1V-Stunden erforderlich. Es mußte von sämtlichen Teilnehmern anerkannt werden, daß die verschiedenen Fleischspeisen zart und saftig und wie die übrigen Speisen vortrefflich und wohlschmeckend zubereitet waren. — Am Dienstag vormittag besuchte in amtlicher Eigenschaft der städtische Beleuchtungsausschuß von Meißen, welchem sich Mit glieder des Rats und der Stadtverordneten von Meißen angeschlossen hatten, ferner nachmittags der hiesige Handwerkerverein die Ausstellung. Letzterer erschien in einer Anzahl von etwa 100 Personen, so daß die Führung in drei Abteilungen bewirtet werden mußte, von denen die eine Herr Betriebsdirektor Hasse selbst übernommen hatte, während die beiden anderen Abteilungen dem Herrn Ingenieur Hahn und einem anderen Angestellten zugewiesen wurden. Während der Anwesenheit des Handwerkervereins wurden wiederum Kochversuche angestellt und die zubereiteten Speisen, ebenso wie es mittags mit den am Vor mittage gekochten Speisen geschehen war, im „Weihen stephan genossen. Es mußte wiederum der Vorzüg lichkeit derselben allgemeine Anerkennung gezollt werden. — Leipzig, 6. Febr. An der vom kommenden 23. Februar bis 3. März hier stattfindenden ersten großen deutschen Ausstellung von Fahrrädern und Fahrradutensilien werden sich 135 Firmen mit ihren Erzeugnissen beteiligen. — Thum. Vergangenen Freitag wurde auch die Ehefrau des wegen des hier verübten Postdieb stahls sich in Untersuchung befindenden Briefträgers verhaftet. Sie hat ein Geständnis dahin abgelegt, Die Erbin von Wallersbrunn. Original-Noman von Marie Nomany. -- tNachdruck verboten.) (Fortsetzung.) III. Etwa zwei Stunden von Rom, am rechten Ufer der Tiber, lag, hinter dichten Oliven- und Wallnuß baumpflanzungen verborgen, eine im ganzen Lande wohlberühmte Irren- und Jdioten-Heilanstalt, St. Salvatore genannt. Diese Anstalt erfreute sich des ausgedehntesten Rufes. Der in Rom hochgeschätzte Sanitätsrat und Professor Dr. Palmare hatte sie vor 50 Jahren gegründet; auch unter der Leitung seines Sohnes, der sie vier Jahre nach ihrer Eröffnung übernahm, steigerte sich das Lob ihrer Einrichtungen in dem Maße, als St. Salvatore je mehr und mehr in den Mund der Leute kam. Jetzt gehörte diese Anstalt seit beinahe 22 Jahren einem Dr. Carlo Alfonso Rimoli, in dessen Besitz sie durch vertragsweisen Ankauf gekommen war. Dr? Rimoli war ein hagerer, kleiner Mann. Sein bartloses Gesicht zeigte einen Charakter voll unbezähmter — vielleicht auch unbezähmbarer — Leidenschaft an. Das tiefschwarze, funkelnde Auge beklemmte, wenn man unvermutet dem Direktor der Heilanstalt gegenübertrat. In den Kreisen der Ge sellschaft erfreute er sich — wenigstens nach gewissen Richtungen hin — einer ungeteilten Beliebtheit, was jedoch mehr seiner finanziellen Stellung, als seiner Person auf die Rechnung zu schreiben war. Als Arzt, als Direktor von Salvatore stand daß sie das gestohlene Paket versteckt und dann einer Verwandten ihres Mannes gegeben habe, bis eS end lich von einem Bruder desselben vor dem Sachsen» röderschen Hause niedergelegt worden sei. Ein weiteres Leugnen wird nun wohl dem Thäter nichts mehr nützen. — Seit Mittwoch, den 23. Januar, ist der Schneidermeister Hermann Werner aus Auerbach verschwunden. Derselbe ging an diesem Tage gegen 10 Uhr vormittags aus, um einige Kunden zu be suchen und kehrte nicht mehr zurück. Da W. schon einige Tage vorher bei der Ausübung seines Hand werkes durch rätselhafte Redensarten Spuren von Irrsinn zeigte, da er ferner für eine längere Ab wesenheit weder mit Geld, noch den nötigen Klei dungsstücken versehen war, so dürfte er Wohl selbst Hand an sich gelegt haben. Werner war ein tüchtiger und thätiger Meister seines Faches und erfreute sich guter Kundschaft. — Von einem Beispiel unfreiwilligen Tele- graphen-Humors wird aus Freiberg erzählt. Bei einer dortigen Behörde ging vor einigen Tagen ein Telegramm des Inhalts ein: „Bitte Faß sofort ab abzusenden. L, Konditor." Da der betreffenden Behörde nicht erinnerlich war, mit einem Süßwaren fabrikanten in Geschäftsverbindung zu stehen, wurde das Telegramm an das Telegraphenamt mit dem Bemerken zurückgegeben, daß hier jedenfalls ein Irrtum in der Adresse vorliege. Umgehend kam hierauf die Antwort, daß statt „Faß" das Wörtchen „Paß" zu lesen sei, womit natürlich die Aufklärung gegeben war. — Mittweida. Im nahegelegenen Ottendorf ist am vergangenen Donnerstag, nachmittags si-4 Uhr, wie von zuverlässiger Seite mitgeteilt wird, ein heftige: Erdstoß verspürt worden, der mit einem dem Donner ähnlichen Geräusch verbunden war. — Einen gefährlichen Raubvogel hat der Guts besitzer Jentzsch in Briesnitz im Schooner Grunde geschossen, und zwar einen großen Bussard, dessen Flügelbreite 1V- Meter beträgt. Der Räuber wurde eben bemerkt, als er ein Rebhuhn zerfleischte, nnd hatte sich schon seit 8 Tagen in der Gegend von Merbitz gezeigt, ohne daß es erfolgreich gelang, ihm eine blaue Bohne zwischen die Federn zu schicken. Wahrscheinlich wird man das Tier seiner besonderen Größe wegen ausstopfen. — Plauen, 6. Februar. Vor mehreren Jahren fiel zur Zeit des Hochwassers ein hiesiger Ljäbriger Knabe in die Elster. Außer einem jungen Menschen von 17 Jahren hatte dies niemand beobachtet. Beherzt und das eigene Leben in die Schanze schlagend, sprang der junge Mann in die hochangeschwollenen Fluten, und als gutem Schwimmer gelang es ihm, den Kna ben zu retten. Damals wurde der Jüngling von Sr. Majestät dem König mit der silbernen Lebensrettungs medaille ausgezeichnet. Derselbe kam zum Militär und wir finden ihn gegenwärtig in der Garnison Chemnitz wieder. Zu Kaisers Geburtstag erhielt nun Preßler, so ist der Name des Retters des Knaben, durch seinen Oberst v. Jßendorf vor versammelten Offizieren und Unteroffizieren zu der Rettungsmedaille noch das Band mit der Erlaubnis, die Medaille tragen zu dürfen. Von verschiedenen Offizieren wurde hie rauf Soldat Preßler beglückwünscht und bez. beschenkt. — Möckern, 5. Febr. Vor einigen Tagen ver unglückte der achtjährige Schulknabe U. hierselbst da durch, daß er im Elsterflusse an einer 3—4 Meter tiefen Stelle einbrach. Der Knabe konnte jedoch noch durch den hier wohnhaften Handarbeiter Würker vom Tode des Ertrinkens gerettet werden, und zwar da- Dr. Rimoli unübertroffen da. Zahlreiche Kuren, die ihm gelungen waren, hatten seinen Ruf bis weit hinaus über die Grenzen des Landes verkündet; neue Einrichtungen, die er geschaffen, hatten selbst berühmte Aerzte in die Anstalt gezogen; und die Ordnung, die nach allen Richtungen herrschte, die Macht, welche er über die Patienten inne hatte, die Disziplin, die er unter seinem Personal aufrecht erhielt, konnten nur dazu beitragen, seinen Ruf zu erhöhen. So wenigstens war der Standpunkt, von welchem Dr. Rimoli jetzt betrachtet wurde. In früheren Jahren — so sagt die Fama — hatte es Zeiten gegeben, zu denen Carlo Alfonso es mit den Pflichten, welche ihm der Arzt auferlcgte, nicht so gewissenhaft nahm. Gar seltsame Erzählungen lebten zu jmer Zeit im Munde der Leute; doch diese Erzählungen, wie gesagt, blieben Gerüchte, da niemals eine Hand lung, die den Arzt schändete, faktisch an die Oeffent- lichkeit kam. Also schlummerten die Berichte, die über Carlo Alfonso zirkuliert hatten, mit dem Lause der Jahre vollständig ein. Es würde auch niemand gewagt haben, irgend eine Bemerkung bis an die Ohren des Direktors dringen zu lassen, denn Dr. Rimoli war, seine Ehre betreffend, bis ins kleinste penibel und die Macht, seinen guten Ruf vor jeder Anfechtung zu bewahren, stand ihm zu Gebote. Es war zu später Nachmittagsstunde, als er, Dokumente von fraglicher Wichtigkeit prüfend, in seinem Privatbureau saß. Seine Laune schien nicht die heiterste. Die Stirn in Falten gezogen, den Rauch seiner Cigarre periodenweise mit unbequemer Hast von sich blasend, überflog er die Papiere, deren durch, daß sich der letztere auf das Eis legte und den Knaben an das Land zu ziehen versuchte. Balh ln^ dessen wäre der Retter ein Opfer seiner Handlung ge wesen: das Eis, auf welchem W. lag, brach selbst, und nur dem Umstande, das ein andrer herbeigeeilter Handarbeiter den W. festhielt, ist es zu verdanken, daß die mit der Strömung Kämpfenden gerettet wurden. — Kamenz. Am Mittwoch früh verunglückte in der zu den SkaSker Kohlerwerken gehörigen Grube „Liebegast" der Häuer August Thomas aus Förstchen, Kreis Rothenburg, durch Her(nbrechen eines Sand mittels in die Strecke. Es bedurfte einer mehr als fünfstündigen angestrengten ArRt, um die Leiche frei zu machen. Der Mann war ers.vor einigen Stunden dort in Arbeit getreten und seine erste Schicht war somit auch seine letzte. Z Halle a. S., 4. Febr. Indem benachbarten Dorfe Rieda wurde gestern durch eien starken Wind stoß die Windmühle umgeworfen. Dx darin befind liche Mühlknappe erlitt dadurch eine Quetschung des Unterleibes. 8 Frankfurt a. O., 4. Febr. Zu Vorsicht bei Mietung von Gesinde mahnt folgender Erfüll: Eine schon oft bestrafte unverehelichte, 29 Jahre sie Frauens person vermietete sich unlängst hier und in l^achbarten Orten an vielen Stellen, empfing überall dZ Drauf geld von 3Mk. und erschien nicht wieder, behilflich waren ihr bei diesem Betrug ihre Schwester sip eine andere Frauensperson. Papiere wurden nirgeiZ vor- gezeigt und auch nicht verlangt. Leider ist dl Mei nung noch so viel verbreitet, beim Antritt eines Dienstes sei ein Dienstbuch nicht erforderlich. >jes ist ein Irrtum, der unter Umständen zum Nachteils Mieter ausschlagen kann, wie ermähnter Fall leq. 8 Rampitz, 3. Febr. Ein Aufsehen erregend Vorfall ereignete sich dieser Tage bei Rampitz. Ai. Sonntag abend gegen 10 Uhr fuhr der Kossäth U. aus Rampitz von Ziebiugen nach seinem Heimatsort zurück. Als er in die Nähe der Balkower Försterei gekommen war, wurde er gewahr, daß eins der beiden Pferde mit einem Fuße wie an einen hohlen Topf stieß. Vorbei passiert, konnte U. doch nicht unterlassen, vom Wagen abznstcigen, um den mysteriösen Gegen stand zu untersuchen. Doch kaum hatte er ein paar Schritte zurückgethan, als ihn eine heftige Explosion durch starken Knall und grellen Feuerstrahl erschreckte, so daß er schleunigst wieder sein Fuhrwerk bestieg und davon eilte. Es liegt die Vermutung nahe, daß ein Bösewicht auf eine dort vermutlich vorbeipassierende Person ein Attentat mittelst eines Sprengstoffes be absichtigte. 8 Bremen, 6. Februar. Ein englisches Segel schiff und ein englischer Dampfer sanken nach einer Kollision bei Doungeneß. 24 Personen ertranken. 8 Für die Expedition Wißmanns sind schon im voraus die geeigneten Schritte geschehen und die Anwerbung von ungefähr 1000 Mann ist in Aegypten bereits vollzogen; auch ist die Ausrüstung derselben an Waffen und Munition schon unterwegs. Danach bedarf es nur noch der Beförderung der Leute nach Ostafrika, so daß der Reichskommissar sofort nach seinem Eintreffen daselbst mit voller Kraft auftreten kann, was sein Ansehen unbedingt bedeutend stärken wird. ** Moritz Jokai veröffentlicht im „Nemzet" einen längeren Wiener Brief, welcher an thatsäch- lichem folgende Einzelheiten enthält. Jokai stattete dem Sektionschef Szoegyenyi einen Besuch ab und nahm bei demselben Abschrift von dem letzten Briefe des Kronprinzen an Hrn. Szoegyenyi. „So grell Inhalt, deren ganze Existenz überhaupt ihm nicht zu behagen schien. Er überhörte es in der That, als vom Korridor aus zuerst leise, dann stärker ange klopft wurde; erst als die Kliuke niedergedrückt und die Thür langsam geöffnet ward, blickte er empor. „Was willst Du?" fuhr er den Eintretenden mit Heftigkeit an. Der Mann stutzte. „Um Vergebung —" „Was willst Du?" wiederholte der Direktor noch heftiger als vordem. „Ist es Sitte geworden in St. Salvatore, daß man zu ungeziemender Stunde in mein Bureau eindringt?" Der Mann wich zurück. Er war zur Genüge vertraut mit derartigen Stimmungen seines Herrn. „Eine Privatangelegenheit", stammelte er. „Zur Dienst- oder Audienzstunde würde sie nicht ange bracht sein." Das schwarze Auge des Direktors fixierte ihn scharf. „Ich denke, mit Privatangelegenheiten dürfte es seine Weile haben," warf er despotisch hin. Der Mann stand verdutzt, doch nur für einen Moment. „Um Vergebung, Herr Direktor," entgegnete er darauf in festem Tone, „ich diente Ihnen treu und verschwiegen und ehrlich; doch meine Zeit ist um." Der Direktor sah ihn an. Sein Auge blitzte. Es war Zorn, was ihm daS Rot auf die Wangen trieb. „Dienerseele!" knirschte er vor sich. „Herr —"