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WMMckMWM Wochen- und Nachrlchtsblatt / zugleich WW-WM ßr tzehidoch Nttlitz, MMorf, NLtzkrf, St. KOie«, HciniPert, Mmmü»»» Rslscii. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. — — —— zn. Jahrgang. — Nr. 51. Mittwoch, den 6. Februar 1889. Dieses Blat erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellunge nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Karserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die vicrgespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Tagesereignisse. — Lichtenstein, 5. Febr. Gestern abend ver- urMckte auf der Straße von Lobsdorf nach St. Adien der Fuhrknecht August Dost von hier tödlich, Pein derselbe durch Ausgleiten zum Fall kam und ater den mit Steinen schwer beladenen Wagen geriet, pelcher seiner Führung anvertraut war. Die Räder des Wagens gingen über die Brust des Unglücklichen, wodurch dessen Tod sofort eintrat. — Warnung. Unter dieser Ueberschrift bringt die „Allg. Ev. Luth. Kirchenztg." die nachfolgende Mitteilung: „Die Geistlichen Mitteldeutschlands," so schreibt das genannte Blatt, „seien auf das Treiben eines Hochstaplers aufmerksam gemacht, der sich für einen in Riga angestcllten und durch die russische Regierung von dort vertriebenen evangelischen Geistlichen ausgiebt, welcher vom Typhus heimgesucht war und nach seiner Genesung eine Pfarrstelle vergeblich sucht. Er hat in einer Reihe von Städten des Königreichs Sachsen Unterstützung gefunden. Gegenwärtig hält er sich in der Nähe von Magdeburg auf. Früher nannte er sich Baumann, jetzt weist er das Wahlfähig keitszeugnis für das Pfarramt, ausgestellt im Jahre 1868 von dem Konsistorium in Kassel für den Kan didaten Horche, vor. Es ist der entlassene Pfarrer und abgesetzte Direktor der Realschule zu Leisnig in Sachsen, der in den letzten Jahren wegen Hochstapelei w. mit Gefängnis bestraft worden ist." — Dresden, 3. Febr. Die Ausstellung für Gas- und Kokeverbrauchsgegenstände wurde gestern abend 6 Uhr durch den Besuch Sr. Königl. Hoh. des Prinzen Georg ausgezeichnet. Se. Königl. Hoheit er schien in Begleitung des Flügeladjutanten Rittmeister v. Carlowitz und wurde empfangen und geführt von dem Vorstande der Gasfabriken, Stadtrat Schickert, und dem technischen Leiter derselben, Betriebsdirektor Hasse. Se. Königl. Hoheit nahm mit großem In teresse Kenntnis von der Bestimmung und dem Zwecke der einzelnen Gegenstände und verließ die Ausstellung erst nach ^sistündigem Aufenthalte. — Waldenburg, 5. Febr. Se. Durchlaucht Prinz Georg von Schönburg-Waldenburg, General leutnant und General-Adjutant Sr. Maj. des Königs, ist von Allerhöchstdemselben znm Genei al der Kavallerie befördert worden. — Kirchberg, 2. Febr. Auch der K.rchenvor- stand von Kirchberg macht ernstlich gegen die Unsitte Front, die sich allerorten minder und mehr eingebürgert hat: auf Gräbern als Schmuck derselben Glaskugeln in verschiedenen Farben anzubringen. Dieser glitzernde Putz paßt in der That für den stillen Frieden des Kirchhofs nicht, er erinnert an Jahrmärkte und der gleichen. Der benannte Kirchenvorstand erläßt eine Bekanntmachung, nach welcher die Beteiligten aufge fordert werden, die vorhandenen Glaskugeln bis zum 15. ds. von den Gräbern ihrer Angehörigen zu ent fernen, widrigenfalls sie nach Ablauf dieses Termins vom Totengräber weggebracht werden sollen. — Aus Reichenbach i. V. wird nnterm 2. d. M. geschrieben: In Sachen des seit dem 27. November vor. Jrs. vermißten Vetter'schen Kmdes ha' sich trotz der von den Polizeiorganen und insbesondere von de Kgl. Staatsanwaltschaft noch immer fonges tzten Nach forschungen bisher nicht das Mindeste ergeben, welches irgendwie ein aufklärendes Licht in das Dunkel dieser Angelegenheit werfen könnte. Die Angehörigen des Kindes neigen mehr der Ansicht zu, daß das Märchen entführt worden sei, da es demselben nie eigen ge- Grmrdsteuer fällig! wesen sei, sich weit und längere Zeit von dem Eltern hause zu entfernen. K Goslar am Harz, 31. Januar. Auf dem benachbarten Bahnhof Oker wurde im vorigen Jahre probeweise ein Wärterhäuschen aus sogenanntem „Papierstein" errichtet. Dieser Papiersteiu, eine che mische Zusammensetzung aus Holzstoff, Jute, Cement rc., ist feuerfest und etwa 2 em dick. Die zusammen geschraubten Wände des Wärterhäuschens sind von doppeltem Papierstein; zwischen diesem befindet sich eine 2 mu weite Luftschicht. Das Dach besteht eben falls aus Papiersteinplatten. Bewährt sich ein der artiges Wärterhäuschen — und dazu ist große Aus sicht vorhanden — dann sollen an den hiesigen Bahnstrecken noch vier derselben errichtet werden. Auch an anderen Eisenbahnen hat man Versuche mit solchen Wärterhäuschen gemacht. tz Aus Wittenberge meldet man vom 1. d. M. dem „Hamb. Korresp.": „Das Eis hat um Mitter nacht hier die Brücke abgerissen und ist seit 9 Uhr in voller Bewegung." * * Wien, 3. Febr. Nach dem festgesetzten Zere moniell fand abends ^/s9 Uhr die Uebertragung der Leiche des Kronprinzen von dessen Gemächern in die Pfarrkirche der Hofbarg behufs Ausstellung derselben statt. Die Leiche wurde vorher und auch nachdem sie auf das Lager gehoben war, durch den Pfarrer der Hofburg eingesegnet. Im Burghöfe harrte unterdessen tiefbewegt eine zahlreiche Menschenmenge. Auch den ganzen Tag hindurch war der Andrang nach der Hof burg ein unbeschreiblicher. Die dorthin führenden Hauptstraßen waren für den Wagenverkehr unpassierbar. * * Wien, 4. Februar. Die „Montagsrevue" meldet: Der Kronprinz hätte vor drei Jahren nicht am Gelenkrheumatismus, sondern au einem Blasen katarrh gelitten, den er sich im Anstande durch langes Liegen auf Schnee während der Jagd zugezogen. Vor Beginn der Sektion wurden die Professoren darüber in Eid genommen, daß sie in ihrem Gut achten nur die vollste Wahrheit, die sie jederzeit mit einem Schwure bestätigen könnten, niederlegen würden. Am Morgen nach der Sektion wurden die Pro fessoren vom Kaiser empfangen, der an sie die Frage richtete, ob sie im Protokolle nur ihre reinste Ueber- zeugung niedergeschriebeu hätten, und ob sie jederzeit bereit wären, ihre Angaben zu beschwören. Die Herren bejahten die Frage des Kaisers. Das voll ständige Protokoll enthält eine viel ausführlichere Begründung für die Ueberzeugung der Gelehrten, daß der Kronprinz während einer Störung seines Geistes den Selbstmord vollbracht habe, als der Auszug in der amtlichen „Wiener Ztg." Die ner vöse Aufregung des Kronprinzen war seiner Umge bung längst kein Geheimnis mehr. Die enorme geistige Ärbeit und die starken Anforderungen, die er an seinen übrigens kräftigen Leib stellte, mußten, wenn nicht eine Acnderung eintrat, zu einer Katastrophe führen. Das wurde dem Kronprinzen wiederholt angedeutet. Daß man selbst die schlimmste Wendung für möglich hielt, beweist die Thatsache, daß die Prinzessin Louise von Kvburg, als ihr Gemahl ihr die Nachricht vom Tode des Kronprinzen überbrachte, sofort ausrief: „Er hat sich erschossen!" * * W en, 4. Februar. Der Andrang der Leute nach der Burgkapelle war heule vom frühesten Morgen an überaus b deutend. Ans d-m Statut« picke, allen übrigen Bezirken, wnue aus den entfernlesteu Vororten zogen Schauren von Menschen auf den Josephplatz, von wo ans de Enuah in die B rgkapelle, in welcher die Leiche des Kronprinzen wil gestern nachls, dem Zeremoniell emspr chend, auf dem Paradebelt aufge bahrt liegt, gestattet ist. Militär und Wache hatten Mühe, dem mächtigen Andrang des Publikums Stand zu halten. Wiederholt wurde das Spalier durchbrochen. Zu Füßen des offenen Sarges liegen auf Tabourets links die österreichischen und toskanischen Orden, rechts die preußischen und anderen ausländischen Orden. Den Sarg schmücken nur die Kränze des Kaiserpaares, der Kronprinzessin und der Schwestern des Kronprinzen. An der Längenseite des Sarges, rechts zu oberst, be findet sich unter den zu einem Berge aufgehäuften Blumenspenden der prächtige Kranz des Kaisers Wil helm II, des brüderlichen Freundes des toten Kron prinzen. Kränze von Mitgliedern regierender Häuser liegen auf den Stufen des Katafnlkes rechts und links. * * Die in Wien momentan vielgenannte Baronesse Mary Vetsera ist (oder war?) eine in den hocharisto kratischen und Hoskreisen der Kaiserstadt sehr beliebte junge Dame von etwa 49 Jahren, brünett, mit leb haften Augen und Mienen, nicht eben von hervor ragender Schönheit, aber sehr frisch und anmutig — eine elegante Erscheinung in der Wiener Damenwelt. Ihr Vater, dem Beamtenstand angehörend, war im diplomatischen Dienste, zuletzt bei der Gesandtschaft in Konstantinopel. (Nach andrer Information fall der Vater der Dame Feldmarschalleutnant gewesen sein.) Die Mutter entstammt einer in Pera ansässigen grie chischen Familie Baltacci, ihre Brüder spielen in der österreichischen Sportswelt bei Rennen re. eine her vorragende Rolle. Seit dem Tode des Vaters lebt die Familie in Wien, wo die Mutter, in aristokratischen Kreisen bekannt als ehemalige Schönheit und interessant durch ihre Beziehungen, ein Haus macht und wohl auch den Kronprinzen des öfteren empfangen hat — obwohl von einem „Verhältnis" desselben zur jungen Baronesse bisher öffentlich kaum gesprochen wurde. Die letztere hat noch eine gleichfalls sehr hübsche Schwester; ein Bruder von ihr war seinerzeit beim Ningtheaterbrand ums Leben gekommen. Baronesse Mcny ward noch vor wenigen Tagen beim Eisfahren munter und guter Dinge gesehen. * * Pest, I. Febr. Der in N.-Enyed erschei nende „Közerdek" meldet aus der Ortschaft Bucsum im vöröspataker Bezirke: „Daselbst hielt der gegen wärtig siebzig Jahre alte Grubenarbeiter Georg To- dorncz seine geisteskranke Gattin, geborene Maria Zsurka, seit sechszehn Jahren in einem fensterlosen, ungcdielten, vermauerten Gelasse, das nur durch eine 20 Zentimeter breite und ebenso hohe Oeffnung mit der Außenwelt in Verbindung stand, eingesperrt. Er that dies im Einverständnis mit seinem Sohne, seiner Schwiegertochter und Tochter, welche die Bejammerns werte von Zeit zu Zeit mit so viel Lebensmitteln versahen, daß es gerade genügte, sie vor dem Hunger tode zu bewahren. - er Oberstnhlrichter des vörös pataker Bezirks hat die zwei Fetzen, die am Körper der jetzt sechzig Jahre alten Eingemauerten vorgefun den wurden, dem Gerichtshöfe übermittelt und die Zelle vei siegelt; die unglückliche Greisin wurde im Komitats- Spuale untergebracht. Die Thäter stnd wohlhabende Leute und können zu ihrer Entschuldigung nichts Vor bringen. * * Paris, 31. Jan. Dem bekannten Pariser Künstler Ziem ist, wie der „Gaulois" berichtet, ein eigenartiges Mißgeschick passiert. Z., ein eisriger Sammler, hatte vor einigen Tagen bei einem Anti quitätenhändler einen prachtvollen Ritterhelm erstanden. Zu Hause angckommen, versuchte er vor dem Spiegel, wie das alte Ruststück sich wohl auf seinem Haupte ausnehmen würde — ein Knack, das Visier fiel herun- ier und Herr Ziem war gefangen. Vergebens ver-