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MtcMMckv mM früher Mschtn- und Rachrichisblait zugleich NchlW-AnDM für hohyhorf, MSIi!;, Pmi^aü, Rüsiisrf, St. KOie», HeimiGort, UluitN» mi> MHlscn. Amtsblatt für de« Stadtrat zu Lichtenstein. —— — — — »». Jahrgang. —— Nr. 26. Donnerstag, den 31. Januar 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nnmmcr 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die vieraespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Bekauntmachnug. Zum Besten des in seinem Bestände schwer bedrohten Johannesstiftes bei Metz (siehe den Art. im Inseratenteil des heut. Blattes) eröffnet mit dem heutigen Tage für kurze Zeit eine Sammelstelle und bittet herzlichst um freund liche Geldspenden — auch die kleinste Gabe ist willkommen. — Callnberg, 30. Januar 1889. Das Pfarramt daselbst. Pastor Köllner. Tagesereignisse. — Aus Sachsen wird der „Köln. Ztg." geschrie ben: Wie befruchtend der Aufschwung unseres Volks lebens, den der Krieg gegen Frankreich im Gefolge hatte, auf das gewerbliche Vorwärtsstreben eingewirkt hat, das zeigt sich u. a. recht augenfällig an den ge werblichen Fachschulen Sachsens. Von den jetzt vor handenen ungefähr 200 Anstalten dieser Art ist die Hälfte erst nach jenem Krieg entstanden. Besonders erfreulich aber ist es, daß unsre gewerblichen Schulen weit mehr als es früher der Fall war, es sich angelegen sein lassen, auf Veredlung der Geschmacksrichtung bei der Herstellung von Erzeugnissen des Groß- und Kleingewerbes hinzuwirken. Die letzte in Dresden abgehaltene Ausstellung gewerblicher Schulen Sachsens hat in dieser Hinsicht entschiedene Fortschritte gegen früher erkennen lassen. Gleichwohl kommen unter den Erzeugnissen, namentlich der Weberei, noch Dinge vor, die ein Gefühl des Bedauerns erwecken und zu der Frage drängen: „Wie ist es denn möglich, daß heute noch dergleichen Sachen gemacht und auf den Markt gebracht werden!" Es ist daher sehr dankenswert, daß das Königliche Ministerium des Innern in ver traulichen Mitteilungen die sämtlichen gewerblichen Schulen Sachsens und deren Leiter auf Geschmacks verirrungen hat aufmerksam machen lassen, die auch bei jener Ausstellung noch zu Tage getreten sind. Einiges daraus, was auch für die weiteren Kreise der kaufenden Bevölkerung beachtenswert erscheint, sei hier, selbstverständlich unter Verschweigung der be teiligten Anstalten, um der Sache willen wiedergegeben. Getadelt wird zunächst unter den gewühlten Mustern das einer Tischdecke, für deren Untergrund ein satter Orangeton gewählt war, während die Zeichnung durchweg in kräftigem Grün gehalten war, ferner ein Entwurf für Kleiderstoff, bestehend in absichtlich mög lichst natürlich dargestellten Pferdehuseisen als Streu muster; gewebte Schuhe mit gemeinfarbigen Rosen auf schwarzem Grunde; eine Bacchanten-Gruppe als Mittelstück einer Serviette, gerade an derjenigen Stelle, an welcher die Serviette ihrem Zweck am meisten dient; Damenstrümpfe mit Pferdeköpfen als Streu muster u. dergl. Unendlich schwer scheinen sich unsere Damen von Blumengewinden auf Ruhekissen in mangel hafter Zeichnung und Farbengebung aber recht plasti scher Darstellung trennen zu können. Manches, was das Geschäftsleben — Leider! -- zur Zeit noch fordert, sollten wenigstens die gewerblichen Schulen verab scheuen, ihre Zöglinge zu lehren. Dahin sind zu rechnen Schiffe mit vollen Segeln als Schreibzeuge, Regenschirme als Streichholzbehülter, Federhalter mit rollender, klappernder Kugel in der Spitze, Messer und Gabel mit blumenverzierten Griffen und andere Widersinnigkeiten. Schon darin liegt ein Fortschritt, daß man auf diese Dinge von oben her achtet und aufmerksam macht. Die guten Früchte werden auch fernerhin nicht ausbleiben. — Ueber Kellertsmperatur entnehmen wir einem „Aus dem Reiche der Wärme" überschriebenen Auf sätze der „National-Zeitung" folgendes: Ein tiefer Keller scheint im Sommer kalt im Winter warm zu sein, und doch ist dort die Temperatur das ganze Jahr hindurch nahezu konstant. Schon 1671 hat Cassini bemerkt, daß die Temperatur der Keller des Observatoriums zu Paris während des ganzen Jahres sich nicht ändert. Sein Urenkel, Graf Jean Cassini, stellte daselbst im Jahre 1783 gemeinschaftlich mit Lavoisier einen sehr empfindlichen Apparat auf. Auf dem Boden des Kellers, m einer Tiefe von 27,6 Metern erhebt sich ein massiver Steinblock von 1,3 Meier Höhe, auf welchem ein mit feinem Sande ge fülltes Glasgesäß steht; in diesem Sande steckt die Kugel eines Thermometers, dessen Teilung auf Glas geätzt ist. Das Thermometer ist von Lavoisier selbst konstruiert und mit wohl gereinigtem Quecksilber ge füllt; seine Kugel hat 7 Zentimeter im Durchmesser, die Röhre ist so fein, daß ein Grad eine Länge von ungefähr 95 Millimeter einnimmt, daß also ein Hundertstel Grad noch fast eine Länge von 1 Milli meter hat, man kann noch die Hälfte von einem Hundertstel Grad ablesen. Das Thermometer zeigt eine konstante Temperatur von 11,82 Grad C. Seit einem Jahrhundert hat sich diese nicht geändert. — Eine große Entdeckung auf dem Gebiet der Elektrizität hat ein deutscher Gelehrter gemacht, eine Entdeckung, welche sich allerdings nicht sofort — sei es mit, sei es ohne Patent — in klingendes Geld umsetzeu läßt, welche aber den Namen des geistvollen Entdeckers der Nachwelt überliefert und ihn den größten Namen der Gelehrtenrepublik beigesellt. Professor Ur. H. Herz in Karlsruhe hat durch eine Reihe von sehr sinnreich erdachten Versuchen nachge wiesen, daß sich die Wirkung einer elektrischen Schwin gung als Welle in den Raum ausbreitet und nachdem er dies festgestellt, ist es ihm dadurch, daß er den anregenden Leiter in der Brennlinie eines größeren parabolischen Hohlspiegels aufstellte, gelungen, diese Wellenwirkungen auf größere Entfernung bemerkbar Schloß Bergenhorst. Novelle von Marie Widdern. - (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Am Nachmittag desselben Tages reiste ich nun auch wieder nach der Hemmt zurück, ohne den Eindruck verwinden zu können, den das Erlebte auf mich gemacht. Ich fand, zu Hause angekommen, eine solche Hochflut von Arbeit vor, daß ich sofort rastlos fchaffen mußte und darüber alles in den Hintergrund trat, was nicht mit meinen Prozessen zusammenhing. Heute nun, als ich mich endlich gewaltsam aus den Geschäften zog, um Ihrer und Ihres Gatten Einladung nach Bergenhorst zu folgen, erreichte mich schon früh am Morgen ein Brief unseres guten Stettmüller. Der Inhalt desselben war ganz dazu angethan, meine Gedanken wieder den Erinnerungen zuzuwen den, die ich schon in den Schlaf gelullt. Der arme, vereinsamte Mann berichtete mir nämlich in seiner schlichten Weise von dem Begräb nis seiner Tochter, der einfach rührenden Feierlich keit, mit der er sein Kind beerdigt. Bollner hatte es sich nicht nehmen lassen, so erzählte er weiter, dem Sarge der Heißgeliebten zu folgen. Der Mann geberdete sich wie ein Wahn sinniger, als man den blumengeschmückten Sarg in die Gruft senkte. Stettmüller konnte ihn nachher auch nicht dazu bewegen, zu gleicher Zeit mit ihm den kleinen Dorfkirchhof zu verlassen. Hilda war an einem Vormittag beerdigt worden, aber es wurde Abend, ehe der Doktor wieder in das Haus seines Schwiegervaters, der ihn schon von Gendarmen ergriffen wähnte, zurückkehrte. Ohne sich erst in die Zimmer zu begeben, in denen er Stettmüller in Gesellschaft der Blinden wußte, die den Aermsten, so gut sie konnte, zu trösten suchte, begab er sich sofort in sein eigenes Stübchen. Dort hörte ihn Stettmüller lange rastlos auf- und niedergehen. Endlich wurde es aber auch droben still. Als am nächsten Morgen Bollner nicht zur be stimmten Stunde am Frühstückstisch erschien, sandte der Alte nach oben, um ihn rufen zu lassen. Die grenzenlose Leidenschaft, die der Doktor zu Hilda empfunden, hatte den gutherzigen Mann mit allem versöhnt, was der Unglückselige seinem Kinde angethan. Und wie nun die Magd zurückkehrte und erklärte, der Herr wolle ihr nicht öffnen — er meldete sich auch nicht einmal — sagte tätliche Angst den schwer geprüften Mann. Mit schlotternden Knieen eilte er nun selbst hinauf. Aber auch sein Klopfen blieb vergebens und da er fürchten mußte, daß dem Doktor ein Unglück widerfahren, ließ er die Thür von einem der Knechte erbrechen. Wenn Stettmüller die Ahnung gehabt, daß sich hier das Ende des Familiendramas vollzogen, in dem sein Kind die Hauptrolle gespielt, so sah er sich selbst in den trübsten Erwartungen nicht getäuscht: Doktor Bollner hatte seinem Leben ein Ende gemacht. Blutüberströmt, mit geöffneten Pulsadern, lag er auf dem Sopha. Der Justizrat schwieg. Frau Lucie aber hatte das Gesicht in die weißen Hände geborgen. Durch ihre schmalen Finger perlte Thräne auf Thräne. Endlich erhob sie sich jedoch. „Sie ruhen nun beide," sagte sie dann sanft, „und vielleicht ist es die beste Lösung so. Aberder arme Stettmüller," setzte sie flüsternd hinzu. „Ich kann es dem alten Manne wohl nachempfinden, wie vereinsamt er sich fühlt! ihn wohl trösten würde, wenn wir in den nächsten Wochen einmal zu ihm führen?! Das Dampfroß gleicht heut zu Tage alle Entfernungen aus -- was gilt jetzt eine Fahrt von 30 Meilen und darüber!" „Sie müssen sich das mit Ihrem Gemahl über legen," erwiderte der Jnstizrat. „Ngn aber mag ich Sie auch nicht länger stören, meine beste Frau von Guntrun, es ist die höchste Zeit, daß Sie sich wieder in Ihre Gemächer zurückziehen." Er reichte der Schloßfrau galant seinen Arm und führte sie aus dem Pavillon durch den einsamen Hinteren Teil des Gartens in das Schloß zurück, wo Frau von Guntrun sofort in das Zimmer eilte, in welchem sie den kleinen Täufling wußte. Das süße Geschöpfchen lag noch in seinem ganzen Feststaat in der Wiege, während die Wär terin in aller Gemütsruhe ihr Schläfchen machte. Aber Lucie zürnte ihr in diesem Augenblick