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— bis zu den kleinsten herab, sind demnach verpflichtet, jeden Unfall, der eine zum Tode oder zu einer längeren als 3 Tage dauernden Krankheit führende Körper verletzung verursacht, zur Anzeige zu bringen. Die Formulare oder sonstige Auskunft giebt die Ortsbe hörde resp. der ernannte Vertrauensmann. — Es ist wiederholt vorgekommen, daß Post unterbeamte im Postpäckereidienste sich an den Händen dadurch schwer verletzt haben, daß die zum Verschluß von Kisten verwendeten Nägel an letzteren seitlich her vorgeragt haben und bei eiliger Handhabung des Ver ladedienstes von den betreffenden Unterbeamten nicht wahrgenommen worden waren. Den Absendern wird dringend empfohlen, die Kisten vor ihrer Einlieferung zur Post einer genauen Prüfung dahin zu unterziehen, ob etwa an irgend einer Seite Nägelspitzen hervor stehen, und unter Umständen entsprechende Abhilfe zu treffen. — Die Lehrlingsvermittelung des Gauverbandes erzgebirgischer Gewerbevereine hat dieser Tage wiederum eine Liste herausgegeben, nach welcher in folgenden Gewerben von Meistern Lehrlinge gesucht werden, und zwar Bäcker 3, Böttcher 1, Buchbinder 1, Buch drucker 1, Buchhändler 1, Feilenhauer 1, Fleischer 2, Glaser 1, Kaufmann 2, Klempner 1, Sattler 2, Schlosser 1, Schmied I, Schneider 1, Schuhmacher 3, Tischler 1, Zuschneider (Wäschefabrit) 1, Müller 2, Zeugschmied r. Dagegen werden für Lehrlinge in fol genden Gewerben Meister gesucht: Appreteur 1, Bar bier 1, Buchbinders Färber 2, Fleischer 2, Glaser 2, Kaufmann 2, Klempner 1, Sattler 1, Schreiber 1, Tischler 1, Weber 1. — Das Osterfest fällt in diesem Jahre ziemlich spät, auf den 21. April. Dennoch ist Ostern im Jahre 1886 noch später und zwar auf den 25. April gefallen, das späteste Datum, auf welches Ostern überhaupt fallen kann. Der Fall ist in diesem Jahr hunderte noch nicht dagewesen und kommt erst wieder im Jahre 1943. Das früheste Osterdatum, der 22. März, fiel auf das Jahr 1818 und trifft erst im Jahre 2285 wieder ein. — Unser Fortbildungsschulweseu und insbeson dere die Disziplin in diesen Anstalten scheinen einem neuen Aufschwünge entgegenzusehen. Wie aus zahl reichen Gesuchen an die Direktionen der Fortbildungs schulen ersichtlich ist, legen viele Militärbehörden neuerdings auf das Fortbildungsschulzengnis der ein- tretenden Rekruleu großes Gewicht und insonderheit auf die Betragens- und Ordnungs-Zensuren. Im eigenen Interesse mögen daher die Fortbildungsschüler darauf aufmerksam gemacht sein, das betreffende Schulzeugnis forgfältigst aufzubewahren, um es nötigen Falles fogleich bei der Hand zu haben. — Die Kreuzotter verkriecht sich bekanntlich mit dem Eintritt kälterer Witterung, wo sie ein frostfreies Winterquartier sucht, meist in den Höhlungen unter alten Bäumen, und bringt den Winter in einem er matteten, aber nicht völlig erstarrten Zustand zu. In einem Revier des Spandauer Stadtwaldes, das be sonders reich an Kreuzottern ist, fanden nun vor eini ger Zeit mit dem Ausrotten von Baumstämmen be schäftigte Forstarbeiter nicht weniger als 34 dieser gefürchteten Giftschlangen, und zwar nicht einzeln, sondern gemeinschaftlich, in einem Falle sogar neun Exemplare unter einem Stamm. L>elbstverständlich wurden die Tiere getötet. — Einen Glanzpunkt bei dem Wettiner Ju biläum wird, das kann man sich wohl denken, der geschichtliche Festzng bilden, den die Dresdner Kunst genossenschaft veranstaltet. Man hat begründete Hoffnung, daß dieser Festzug nicht weniger als 4—5000 Teilnehmer zählen* wird. Bereits sind 5 Unterausschüsse der Kunstgenossenschaft in Thätigkeit, um die Einzelheiten des Festzugs festzustellen. Die acht Jahrhunderte sächsischer Geschichte sind in pas sende Zeitabschnitte geteilt und je ein Abschnitt einem Ausschüsse zur Bearbeitung überwiesen worden. Die schwierigste Aufgabe wird die Vorführung der neuesten Zeit sein, wenn nicht die an diesem Teile des Fest zugs Mitwirkenden durch ihre moderne Tracht und neuzeitliche Erscheinung gar zu grell von den male rischen Gestalten früherer Jahrhunderte abstechen sollen. Von der Vorführung einzelner geschichtlicher Gestalten wird man absehen; weder Fürsten noch Männer des Volks werden in Porträttreue auftreten. Der Grund liegt auf der Hand: man kann z. B. nicht noch jetzt lebende Heerführer des glorreichen Kriegs vvn 187071 in einem Festzug figurieren lassen. Schwierigkeiten anderer Art verursacht die Auswahl dessen, was in lebensvollen Gestalten zur Erscheinung kommen soll. In der so reichen und so wechselvollen Geschichte wie diejenige unseres Landes fehlt es bekanntlich nicht an Ereignissen, deren Er innerung die widersprechendsten Empfindungen der Jetztlebenden erwecken muß. Man wird daher aus dem Festzug alles fernhalten, was in der Geschichte Sachsens einer zwiespältigen Beurteilung unterliegt, dafür aber alles das vorführen, in dessen patriotischer Anerkennung sich alle Teile einträchtig und freudig begegnen. Die Ausarbeitung und Durchführung eines Festzugs, der diese zahlreichen Ereignisse aus der Geschichte Sachsens versinnbildlicht, ist ein Werk, das an die Kunstgenossenschaft hohe Anforderungen stellt, denen diese Körperschaft jedoch vollständig ge recht zu werden verspricht. — Wie verlautet, wird gelegentlich des bevor stehenden Jubiläums des Wettiner Fürstenhauses auch ein landwirtschaftlicher Festzug als Seitenstück zu dem jenigen der Dresdner Kunstgenossenschaft geplant. Derselbe soll sämtliche sächsische Landestrachten ein schließen und dürfte gleich wie der im Jahre 1835 dem greisen König Anton dargebrachle, eine ebenso sinnige wie glänzende und farbenprächtige Huldigung werden. — Leipzig, 12. Jan. Einen Selbstmordver such direkt vor dem hiesigen städtischen Krankcnhaufe unternahm in der verflossenen Nacht ein hier aufhält licher Buchdruckervoloutair aus Holland. Selbiger feuerte am gedachten Orte mittelst Revolvers einen Schuß auf seine linke Gesichtsseite ab und zerschmetterte sich hierbei die linke Kinnlade. Bewußtlos und blut überströmt wurde der Verletzte sofort im Kranken hause untergebracht. Der Beweggrund zur That ist unbekannt. — In Leipzig findet bekanntlich die erste allge meine Ausstellnng von Fahrrädern und Fahrrad- Utensilien in Deutschland in der Zeit vom 23. Fe bruar bis 3. März im Krystall-Palast statt. Nach dem offiziellen Programme erscheinen neben der feier lichen Eröffnung im Beisein der staatlichen und städtischen Behörden in der Alberthalle am 23. Fe bruar während der Dauer der Ausstellung festliche Veranstaltungen mannigfachster Art. Außer drei maligem Konkurrenzsahren, wobei am 24. Februar der Kampf nm die Meisterschaft von Europa im Kunstfahren auf dem Zweirad zum Austrag gelangt, werden an verschiedenen Abenden neben den regel mäßigen Ausstellnngskvnzerten, Kommerse, Bälle und Patriotische Vereinigungen für die Unterhaltung und Belustigung der Äusstellungsbesucher, sowie der Frennde des Nadfahrwesens in den Räumen des Krhstallpalastes sorgen. — Aus Leipzig wird dem „Dr. An." gemeldet' Es unterliegt keinem Zweifel, daß Leipzig nach der Einbezirkung sämtlicher 23 Vororte bald eine halbe Million Einwohner haben wird, denn das Wachs tum dieser Ortschaften dauert noch immer fort, wie sich am deutlichsten aus der Zunahme der Kinder zahl in der Schule ergiebt. — Die Königliche Prüfungskommission für Ein jährig-Freiwillige in Zwickau erläßt eine Bekannt machung und fordert darin diejenigen jungen Leute, welche im Jahre 1869 geboren, die Berechtigung zum einjährig - freiwilligen Militärdienst erlangen wollen, im Zwickauer Regierungsbezirk gestellungs pflichtig sind und, wenn im Auslande geboren, die deutsche Reichsangehörigkeit nachweisen können, auf, ihre Gesuche um Erteilung des Berech tigungsscheins schriftlich bis längstens den 1. Februar d. I. anzubringen. —In der „Sächs. Maschinenfabrik zuChemnitz" wurde am Jahresschluß 1888 eine seltene Festlich keit begangen. Nicht weniger als 43 Beamte und Arbeiter feierten an einem Tage Jubiläen der 25-, 30- und sogar 40jährigen Arbeitszeit in ge nannter Fabrik. An 19 Mann davon wurde von der Königl. Staatsregierung die „große silberne Medaille für Treue in der Arbeit" verliehen. Eine Anzahl der am längsten in der Fabrik gewesenen Jnbilare erhielt vvn der Direktion größere Geld geschenke. — Ans Chemnitz schreibt man: Wie hoch die Mietpreise in bevorzugten Geschäftsgegenden unserer Stadt schon gestiegen sind, mag man aus der nach stehenden Mitteilung entnehmen: Wie man hört, ist in dem erst noch zu errichtenden Neubau des Herrn Brückner an der Ecke der Königs- und Brückenstraße der Eckladen mit Räumlichkeiten im 1. Obergeschoß bereits ans 10 Jahre an ein hiesiges großes Geschäft für 10000 Mark jährlich vermietet. — Borna b. Chemnitz, 12. Jan. Am Mittwoch abend ereignete sich auf der an der Bornaer Mühle über den Chemnitzfluß führenden sogenannten „hohen Brücke" ein Unglückfall, welcher glücklicherweise noch gut abgelaufen ist. Von dem dreispännigen, mit Steinen beladenen Geschirr des Baumeisters Preuse in Borna, welches gegen 7 Uhr abends über diese Brücke fuhr, kam das auf die Spitze gespannte Pferd zum Stürzen und fiel über die '/« in hohe Einfriedi gungsmauer der Brücke hinab in die Chemnitz. Da das dauerhafte Geschirr nicht riß, so schwebte das Pserd in der Luft und fiel erst durch Zerschneiden der Stränge in den Fluß. Nach angestrengter Thätigkeit konnte das Tier ans Ufer gebracht werden, wo es sich herausstellte, daß es nicht den geringsten Schaden genommen hatte. Es ist bereits der vierte Fall, daß Pferde und Wagen an dieser Stelle in den Fluß ge stürzt sind, was vermieden werden könnte, wenn die anteiligen Gemeinden Borna und Glösa eine eiserne Einfriedigung der Brücke Herstellen ließen. — Von dem Revierausschuß zu Marienberg war dem Stadtrat zu Annaberg der Vorschlag gemacht worden, das übliche täglich dreimal erfolgende Läuten des Bergglöckchens bei der St. Annenkirche als eine völlig veraltete und unnütze Einrichtung in Wegfall zu bringen. Der Rat unterbreitete zunächst diese An gelegenheit, weil sie das kirchliche Gebiet berührt, dem Kirchenvorstande zur gutachtlichen Aeußerung. Der Kir chenvorstand jedoch sprach sich in entschiedener Weise gegen dieAufhebung desBergglöckchenläutens aus, weil er sich in hervorragender Weise für verpflichtet hielt, die Pietätgegen die Vergangenheit zu wahren, insbesondere da, wo es sich um innig mit den Interessen des kirchlichen Lebens Schloß Bergenhorst. Novelle von Marie Widdern. — -- (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Aber nein, nein!" stieß er plötzlich hervor und richtete seine stattliche Gestalt zu ihrer ganzen imposanten Höhe ans: „Noch will ich nicht sterben, noch nicht! Das Schicksal soll auch mir nvch ein Körnchen Glück bringen und —" Er unter brach sich nnd stampfte zornig mit dem Fuß auf den mit einem kostbaren Teppich bedeckten Boden: „Was aber Leo anbelangt, so verzichte ich für diesmal auf feinen Besuch", sagte er dann in noch höherem Grade erregt. „Mag er ihn für den nächsten Sommer aufschieben. Schreibe ihm das, Richard, und setze hinzu: Wenn er ein „reiches Mädchen" in xotto hätte, so würde ich gewiß nichts dagegen haben, daß er sich verlobt." „Aber Knrt, nimm mir es nicht übel, wenn ich noch einmal darauf .zurückkomme — hast Du denn plötzlich Deine Beschlüsse gänzlich geändert? Du hast ja so oft gesagt, daß es auch Deine Absicht sei, Leo, sobald er die landwirtschaftliche Akademie absolviert, vorläufig das Vorwerk zu übergeben? Die trefflichen Ländereien aber nähren ihren Mann und da Du ihm auch eine Unterstützung in barem Gelbe gewährst — so —" Graf Kurt hatte nur mit dem Zeichen der größten Ungeduld den Bruder bis hierher reden lassen. Jetzt machte er eine abwehrende Handbe wegung: „Lassen wir alles das jetzt, Richard", sagte er und fügte dann leise nnd in sichtlichster Verlegen heit hinzu: „Ich bin sehr voreilig mit diesen Be stimmungen gewesen — sehr voreilig! Denn wenn der Fall einträte, daß — daß ich mich doch noch einmal vermählte und diese zweite Ehe mit Familie gesegnet würde — so — so müßte das alte Testa ment und meine sonstigen Versprechungen doch für- nichtig erklärt werden. Es wäre selbstverständlich, daß meine direkten Nachkommen — eine neue Ge neration Bergenhorst, auch den Besitz ihrer Väter erbten." „Also doch!" war es kaum vernehmbar über Richards Lippen gekommen, dann schaute er traurig zu dem älteren Bruder auf: „Armer Leo", sagte er dabei. Der Graf stampfte wieder mit dem Fuß! „Geht Dir das Glück des Jungen über das Deines Bruders?" murrte er daun. Richard schüttelte den Kopf: „Gewiß nicht, aber — Kurt, ich sehe für Dich in dieser zweiten Ehe kein Glück!" Sich mühsam aufraffend, schleppte sich der Kranke dann zu dem Grafen und die beiden Hände desselben fassend, flehte er in rührenden, angstdurchbebten Tönen: „Kurt, sei wenigstens jetzt nicht zu schnell mit Deinen definitiven Beschlüssen! Denke, Du bist sechszig Jahre alt! Und wenn auch ein schöner, stattlicher Greis, so doch immer ein Greis! Wenn Dich also ein blühendes, junges Weib —" Heftig stieß hier der Graf die Hände des Bruders, für den er sonst nur Rücksicht und Geduld kannte, zurück: „Ich bin Herr über meine Handlun ¬ gen!" sagte er. „Uebrigens hast Dn nichts zu fürchten: Für Dich wird in jedem Falle gesorgt!" Wie von einer Viper gestochen, so fuhr der Kranke zurück: „So glaubst Du, ich wolle nur aus Eigennutz eiue zweite Heirat Deinerseits verhindern?! — Kurt, Kurt, Du wirst ungerecht!" „Verzeih", rief der Graf denn auch bedauernd, und zog den armen Kranken an seine Brust. Aber als Richard seine veränderte Stimmung benutzen und noch einmal den Warner spielen wollte, sagte er eindringlich: „Laß mich ruhig meine eigenen Wege gehen, Bruder. Ich glaube, selbst klug genug zu sein, um eigenhändig mein Lebensschifflein lenken zn können." — Um die vierte Nachmittagsstunde empfing der Graf im Pavillon, wohin sich auch sein kranker Bruder begeben, die erwarteten Gäste. Mit der Sicherheit der vornehmen Dame und der reizenden Schüchternheit eines jungen Mädchens doch wieder, das instinktiv fühlt, wie eine neue Lebensphase für sie beginne, bewegte sich Hilda in dem reizenden, kleinen Raum, in welchem der Graf noch immer jenen süßen Veilchengeruch zu erhalten wußte, den Prinzeß Vera Lubostrow so sehr geliebt. Man hatte den Kaffee eingenommen und begab sich nun in den schattigen, einem kleinen Paradiese gleichenden Garten. Da Graf Kurt Hilda den Arm gereicht, so war Stettmüller natürlich dazu gezwungen, den Kranken zu führen. Richard konnte aber nur so langsam vorwärts schreiten, daß sich bald eine bedeutende Entfernung zwischen den beiden Paaren legte. Als aber der Generaladministrator den kranken