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LOckiii-WliM MM früher Wochen- und RachrlchtMatt zugleich Keschiifts-Aiizeigll siir Hchiidorf, Mlitz, Pcrnsöorf Niishorf, St. KOie«, öcknchMl, RlnitNU Wh Bütscn. Amtsblatt fiir den Stadtrat za Lichtenstein. — — LS. Jahrgang. — — Nr. 12. Dienstag, den 15. Januar 1889. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends? für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl- Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Naum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Bekanntmachung. Die Ziehungslisten der am 4., 5. und 6. Dezember vorigen Jahres ausgelosten 40/u Staatsschulden-Kassenscheine aus den Jahren 1852/55/58/59/62 66/68, der am 3. dess. serienweise ausgelosten 4°/» Staatsschulden-Kassenscheine vom Jahre 1869, der an demselben ausgelosten, auf 4°/» herabgesetzten, vormals 5°/o Staatsschulden-Kassenscheine vom Jahre 1867, der an ebendemselben ansgelosten, an die Stelle der Albertseisenbahnaktien getretenen 4°/o Staatsschulden-Kassen-1 scheine vom Jahre 1870, und der am 4. desselben ausgelosten, im Jahre 1876 I vom Staate übernommenen und inzwischen auf 4°/o herabgesetzten, vormals 4st2^o Schuldscheine der Anleihe vom Jahre 1872 der vormaligen Leipzig- Dresdner Eisenbahn-Kompagnie sowie endlich der im Weihnachtstermine ansge losten Landes-Kultur-Rentenscheine liegen in hiesiger Polizeiexpedition zu Jeder manns Einsicht bereit. Lichtenstein, den 12. Januar 1889. Der Rat zu Lichtenstein. Fröhlich. Deutscher Reichstag. Sitzung vom 12. Januar. Der Reichstag beriet heute zunächst den Antrag des Abg. Dr. Baumbach und Genossen: Die Regie rung um Vorlegung eines Gesetzentwurfs betr. die Einführung von Gewerbegerichten zu ersuchen, mit der Maßgab e, daß die Beisitzer derselben zn gleichen Teilen von den Arbeitgebern und von den Arbeitern in getrennten Wahlkörpern und in unmittelbarer gleicher und geheimer Abstimmung gewühlt werden. Abg. Banmbach begründet den Antrag mit dem Hin weis auf die Schwierigkeiten, welche die Regierung der Richtung von Schiedsgerichten bereitet. In Berlin sei die Errichtung eines Schiedsgerichts beabsichtigt gewesen, habe aber infolge ausbleibender Bestätigung nicht erfolgen können, obgleich das Gericht auf der selben Grundlage gebildet werden sollte, wie das zu Frankfurt a. M., welches bestätigt worden sei. Zur Vermeidung einer solchen Rechtszerrissenheit empfehle sich eine einheitliche Organisation. Daß sich solche Schiedsgerichte auch bei Streiks bewährten, habe sich auch in England gezeigt. Bei uns würden solche Gerichte eine schnellere Entscheidung gewerblicher Streitigkeiten ermöglichen, die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern klären, und zur Er haltung des sozialen Friedens beitragen. Regierungskommissar, Geh. Rat Lohmann: Die Schwierigkeiten der Organisation, welche auch der Vorredner anerkannte, seien die Ursachen zur Verzö gerung gewesen, welche die Genehinigung des Berliner Schiedsgerichts erfahre. Ehe man an eine einheitliche Organisation gehe, empfehle es sich, zunächst abzu warten, welche Wirkungen die neuen Bestimmungen haben, welche die Innungen zur Bildung von Schieds gerichten berechtigen. Das Verlangen in den beteilig ten Kreisen nach Schiedsgerichten sei nicht mehr so dringend und man thue vielleicht am besten, die Sache der ortsstatutarischen Regelung zu überlassen. Dr. Hartmann (kons.) kann sich heute nur für fakultative Schiedsgerichte aussprechen. Die bisherige Entwicklung derselben sei gut. Die Statuten in Breslau, Frankfurt a. M. und Leipzig seien muster- giltig. ES liege kein Grund vor, jetzt gesetzgeberisch einzugreifen. Der Antrag solle wohl nur eine Mah nung an den Bundesrat sein. Zu einer solchen liege kein Grund vor. Mit dem gleichen und direkten Wahlrecht für die Schiedsgerichtswahlen sei er einver standen. Abg. Struckmann (nat.-lib.) erklärt sich für die Ziele und Zwecke des Antrages. Die Regierung würde gut thun, der Sache näher zu treten und po sitive Vorschläge zu machen. Abg. Hitze (Zent.) bedauert den heutigen Stand punkt Harlmann's. Ueber das Wahlrecht herrschten in seiner Fraktion verschiedene Ansichten. Man könne die Regelung derselben den Gemeinden überlassen. Den Arbeitern eine unparteiische Rechtspflege zu sichern, sei eine Aufabe, deren Lösung den sozialen Frieden befestigen werde. Abg. Bebel: Die Vorlage sei eine sder wich tigsten. Wichtiger freilich wäre die Regelung der Frauen- und Kinderarbeit. Das Bedürfnis für obligatorische Schiedsgerichte sei vorhanden. Wenn keine Petitionen dazu eingegangen wären, so sei dies nur geschehen, weil man deren Nutzlosigkeit einge sehen habe. Die Rücksicht auf alle möglichen parti- kularistischen nnd anderen Interessen hindere das Zustandekommen des Gesetzes und veranlasse die Regierung sich ablehnend zu verhalten. Die Junungs- schiedsgerichte würden nnr, wenn sie allein bestehen blieben, die Abneigung der Bevölkerung gegen die Schiedsgerichte wachrufen. Die Sache sei nicht so schwierig. Geh. Rat Lohmann könne binnen drei mal 24 Stunden einen ausgezeichneten Entwurf für das Gesetz auserbeiten. Man habe das Leipziger Statut gelobt. Dasselbe enthalte eine Menge Be stimmungen, die von den Sozialdemokraten gefordert wurden, namentlich seien den Arbeiterinnen weit gehende Rechte eingeräumt worden. Nur das Wahl recht sei ihnen noch vorenthalten. Mit den Frauen werde es ebenso gehen, wie mit den Arbeitern. Man werde ihnen eine Konzession nach der anderen machen müssen. Es liege auch kein Grund vor, ihnen die Rechte der Männer zu verweigern. Als Einigungsämter bei Streiks würden die Schiedsge richte bei zweckmäßiger Organisation ganz gut wirken. Staatssekretär v. Bötticher bestreitet, daß beim Bundesrate ein bloses Nichtwollen vvrliege. Daß die gemeinlichen Schiedsgerichte an Mängeln leiden, sei richtig. Leider habe eine Vorlage, welche jene Mängel beseitigen sollte, nicht die Billigung des Reichstages gefunden. Wir haben jetzt verschiedene Arten von Schiedsgerichten. Lassen wir dieselben erst wirken, um Erfahrungen zu sammeln. Ein oder zwei Jahre werden wir wohl noch warten können, ohne großen Schaden zu befürchten. Für das Stimmrecht sei die statutarische Regelung das beste. Die Bestätigung des Berliner Statutes hinge von der Reichsbehörde ab. Die Verschiedenheiten, wie sie vorgekommen, seien die natürlichen Folgen der Dezentralisation, die die Selbstverwaltung mit sich bringe. Die Regierung habe allerdings möglichst alle Interessen zn berücksichtigen nnd diejenige Ge setzgebung fei die beste, welche möglichst allen berech tigten Interessen Rechnung trage. Abg. Klemm (kons.) legt die Schwierigkeiten dar, welche der obli gatorischen Einführung der Schiedsgerichte nach Baumbachs Antrag entgegenstehen. Abg. Windt Horst erklärt es nicht für ausrei chend, für das materielle Wohl der Arbeiter zu sorgen. Wichtiger als die Altersversorgung sei die Arbeiter- schntzgesetzgebung. Der Antrag Baumbach wird an genommen. — Dienstag kleine Vorlage, Etat. Tagesereignisse. —* Lichtenstein-Callnberg, 14. Jannar. Die gestern abend znm Besten des hiesigen Wvhl- thätigkeitsvereins „sächsische Fechtschule" im Helm saale veranstaltete öffentliche Aufführung hatte einen durchaus zufriedenstellenden Erfolg. Einesteils der bekannte lobenswerte Ziveck, andernteils das in Aussicht stehende nachfolgende Tänzchen verfehlten nicht ihre Anziehungskraft auszuüben und füllten den geräumigen Saal bis auf den letzten Platz. Dieser erfreuliche Umstand schien auch die Mitwirkenden in ihrer Leistungsfähigkeit recht vorteilhaft zu beein flussen, denn die zum Vortrage gebrachten theatra lischen wie gesanglichen Aufführungen fanden allge meinen und lebhaften Applaus. —* Durch die zugkräftigen Veranstaltungen im Helmsaale und Schützenhaus Callnberg abgeleitet, hatteu sich zu dem humoristischen Gesangskonzert der Chemnitzer Conplet- und Quartettsänger im hie sigen Schützenhaus nur wenige Besucher eingefunden. —* Heute Dienstag konzertiert hier im Saale des goldenen Helm die „Karlsbader Damenkapelle" unter Direktion der Frau Elise Ludwig. Dieser Kapelle, welche vordem in Bad Hohenstein Zeugnis ihrer vortrefflichen künstlerischen Leistungsfähigkeit abgelegt, geht ein sehr gutes Renommö voraus. Dieselbe errang auch während ihres Aufenthaltes in Dresden und Umgegend allgemeinen Beifall, weshalb wir unsere Leser ans diesen seltenen Kunstgenuß ganz besonders anfmersam machen möchten. *— Callnberg, 14. Jan. Am gestrigen Sonn tag abend fand im hiesigen Schützenhause ein vom Kirchenvorstand zum besten der Lutherstiftung veran stalteter Familienabend statt. Daß diese Einrichtung der Familienabeude, welche anderwärts öfter wie derholt nnd viele Freunde gefunden hat, auch hier freudigst begrüßt wurde, bewies der zahlreiche Besuch, denn schon lange vor Beginn der angesagten Zeit war der Saal überfüllt, so daß viele Besucher nicht mehr Platz finden konnten. Die Erwartungen, welche man an den Abend knüpfte, wurden aber auch in vollem Maße übertroffen, denn das reichhaltige und gewählte Programm gelangte gut zur Durchführung. Nach einem einleitenden geistlichen Chorgesang des Gesang vereins zu Callnberg, unter Leitung des Hrn. Schul direktor Schmidt, wechselten Klavierträge mit Violin- begleitung und anmutigen Gesangsvortrügen ab, auch eine Deklamation, von einem Schulmädchen vorgetragen, hinterließ den besten Eindruck. Der Vortrag des Hrn. Pastor Naumann aus Langenberg bildete das Haupt interesse. Das Thema „Der freie und fröhliche Sonn tag", welches sich der Herr Vortragende znm Gegen stände seiner Auslegung gewählt, war em recht treffen des. In lebendiger Weise schilderte Redner, wie der Sonntag als ein rechter Ruhetag des Herrn zu feiern sei und fesselte die Herzen seiner Zuhörer über eine Stunde lang, und doch so mancher würde diesem vor züglichen Redner seine Aufmerksamkeit noch viel länger geschenkt haben, Möchte uns der Genuß eines Vor trags von Herrn Pastor Naumann bald wieder zu teil werden. Den Schluß des Familienabends bildeten lebende Bilder „Die Geburt Christi" und ein „Weih nachtsabend im Hause Luthers" bei bengalischer Beleuchtung, von den Darstellern auf das vorzüg lichste ausgeführt. Alle Vortragenden ernteten den reichsten Beifall. Dieser Erfolg wird den geehrten Kirchenvorstand nnd insbesondere unsern Herrn Pastor Köllner ermutigen, an der guten Arbeit weiter zn schaffen. Ist es doch eine Genugthuung für dieselben, ihre Mühe, für welche ihnen der Dank aller gebührt, gekrönt zn sehen. — Mit dem 1. Januar d. I. ist für die im Königreich Sachsen beschäftigten sorst- und landwirt schaftlichen Arbeiter das für die Sächsische Berufsge nossenschaft vereinbarte Unfallversicherungsgesetz in Kraft getreten. Die Unternehmer, d. h. Eigentümer oder Pächter land- oder forwirtschaftlicher Betriebe