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Msm-lMckn^ früher Wochen- und Kachrichlsblatt zugleich Keschöfts-Ailzeiger für Höhndorf, Mlih, Bernsdorf, Bösdorf, St. KOien, Heinrilhsort, Mnrienau und Rölse«. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. — »».Jahrgang. — —— Nr. 10. Sonnabend, den 12. Januar 1889. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen anßer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!- Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Krankensteuerfällig. Deutscher Reichstag. Sitzung vom 10. Januar. Der Reichstag beschäftigte sich heute mit Wahl prüfungen. Die Geschäftsordnungskommission (Berichterstatter Francke) beantragt, das Mandat des Abg. von Wedell- Piesdorf, des früheren Präsidenten des Reichstages, als durch seine Ernennung zum Minister des Königl. Hauses nicht für erloschen zu erklären. Der Bericht erstatter legte eingehend dar, daß das Amt eines Haus ministers kein Staatsamt sei. Das Haus tritt ohne Debatte dem Antrag der Kommission bei. Die Sozial demokraten und die meisten Freisinnigen stimmen da gegen. Die Wahlprüfungskommission beantragt Giltig keit der Wahl des Dr. Götz (nationallib.), im Wahl kreise 13 (Sachsen). Die Abgeordneten Singer und Rickert beantragen Beanstandung der Wahl und weitere . Erhebungen über diese in den Wahlprotesten behaup teten Thalsachen. Abg. Singer beklagt sich über eine förmliche Sozialistenhetze in dem betr. Wahlkreise. Man habe die Sozialisten mit staalsanwaltlicher Verfolgung wegen Geheimbündelei bedroht, wenn sie für den sozia listischen Kandidaten stimmen würden. Die Großin dustriellen Hütten ihre zahlreichen Arbeiter beeinflußt und mit Entlassungen bedroht. Besonders hätten sich die Kriegervereine in die Wahlagitation in Wider spruch zu ihren Statuten gemischt. Man müsse auch diesen Vereinen gegenüber das Vereinsgesetz anwenden. Königl. süchs. Militär-Bevollmächtigter Major v. Schlieben bestreitet, daß die sächs. Kriegervereine Politik trieben. Die vorliegenden Aufrufe ergeben nur, daß ein Apell an die Treue der ehemaligen Sol daten erfolgt sei. Bon Politik sei in den Aufrufen nicht die Rede. Abg. Rickert (freis.): Wenn man diese Aufrufe nicht politisch fände, dann sei über das, was politisch sei, ein Verständnis nicht mehr möglich. Die Wahl- prüfuugen seien eine der wichtigsten Aufgaben der Volksvertretung. Leider habe sich das subjektive Er messen in der Wahlprüfungskommission immer mehr erweitert. Dr. Götz habe nicht die Mehrheit erhalten. Die Wahlprüfungskommission habe eine ganze Anzahl von Protestgründen für unerheblich gehalten, welche jedenfalls die Ungiltigkeit der Wahl zur Folge haben müßten. Dazu gehöre vor allein die Agitation der Kriegervereine. Dieselbe werde solange zur Sprache gebracht werden, bis Abhilfe erfolgt sei. Die Kartell parteien hätten Stimmzettel ausgegeben, die sich er heblich von denen der anderen Parteien unterscheiden. Dadurch werde das geheime Wahlrecht illusorisch. Sächs. Bundesbevollmächtigter Graf Hoh ent Hal Weist entschieden die Angriffe Singer's und Rickert's auf die sächsische Regierung zurück, wonach dieselbe politische Agitation in den Kriegervereinen dulde. Die Bekämpfung der umstürzlerischen Tendenzen der Sozial demokratie betrachte die sächsische Regierung nicht als politische Agitation (Hört! Hört! links. Sehr richtig! rechts.) Die Satzungen der Kriegervereine schlössen sozialdemokratische Tendenzen aus. Fachvereine würden nicht verhindert, solange sie nicht der sozialdemokrati schen Agitation dienten. Die freisinnige Partei komme in Sachsen überhaupt nicht in Betracht, da sie dort keinen Boden habe. Abg. Zeitz (nat.-lib.) verteidigt die Kriegervereine. Wenn wirklich in einzelnen Fällen Verstöße gegen die Statuten vorgekommen wären, so dürfte man nicht allgemeine Vorwürfe gegen ganze Vereine er heben. Das haben die Leute, die uns unser Vater land wiedergegeben haben, nicht verdient. Die Politische Agitation sei zuerst von den Sozialdemo ¬ kraten in die Kriegervereine hineingetragen worden, speziell im Meiningen'schen. Angesichts der dortigen Vorkommnisse war es geboten, sozialdemokratische und antimonarchische Elemente von der Aufnahme in die Kriegervereine auszuschließen. Was hätten die Sozial demokraten in einem Kriegervereine zu thun? Die Aufforderung eines Vorsitzenden: „Thut Eme Schul digkeit" sei keine Beeinflussung, da der Vorsitzende für Mitglieder keine Behörde sei. Vor Eiel (nat.-lib.) verteidigte die Wahlprüfungs kommission gegen die Angriffe Rickerts. Abg. Träger: DieKriegervercine spielten auch bei der Wahl des Abgeordneten Zeitz eine Rolle. Agitato risch sei auch die amlliche Bekanntmachung gewesen, daß die Septennatsvorlage die Ursache der Reichs tagsauflösung. Staatssekretär v. Bötticher erklärte diese Bekanntmachung für notwendig. Frhr. v. Friesen (kons.) schilderte den von den Sozialdemokraten geübten Wahlterrorismus und ver teidigte die Maßnahmen sämtlicher Behörden. Er wies darauf hin, daß die Sozialdemokraten nach dem Berichte des Referenten auf dem St. Gallener Par teitag zu den verflossenen Reichstagswahlen 50,000 Mk. zur Agitation aus Frankreich erhalten haben. Abg.Bebel erklärtden betr.Bericht für falsch. 50,000 Mk. seien überhaupt aus dem Auslande zusammenge- kommen, darunter leider nur 300 aus Frankreich. Sie hätten auch mehr genommen. Die Dentschen Arbeiter hätten die französischen bei den Streiks auch unterstützt. Frhr. v. Friesen nagelt die Aenßerung als Bekundung einer antinativnalen Gesinnung der So zialdemokraten fest. Unter Ablehnung des Antrages Rickert sowie eines Antrages Hüne ans Zurückverweisung an die Komission wurde die Giltigkeit der Götze'schen Wahl ausgesprochen. Morgen: Wahlprüfungen. Den Januar hin durch finden thnnlichst täglich Plenarsitzungen statt, nur der Montag fällt aus wegen der Eröffnung des Landtages. Nach Ablauf des Monats hofft man, das Material so weit anfgearbeitet 'zu haben, daß eine längere Pause möglich ist, während welcher besonders die Altersversicherungskommission, die morgen erst malig zusammentritt, ihre Arbeit fördern soll. Tagesereignisse. —* Lichtenstein, 11. Januar. Der gestern im hiesigen kaufmännischen Verein gehaltene Vortrag des Herrn Dr. Jaro Springer aus Berlin über „Zimmereinrichtung sonst und jetzt" hatte erfreulicher weise eine zahlreichere iZuhörerschaft, vornehmlich der hiesigen Damenwelt. Leider schienen die Erwartungen der letzteren nicht die gewünschte Be friedigung gefunden zu haben, vielleicht, weil Redner in seinen Ausführungen dem „Sonst" einen zu großen Teil des Abends schenkte, während das „Jetzt", welches wohl ausnahmslos gesteigertes In teresse hervorrief und zweifellos der "eigentliche An ziehungspunkt der überwiegenden Zahl der Erschie nenen war, eine nur oberflächliche und unverhältnis mäßig kurze Besprechung fand. — Eingangs des Vortrages wurde zunächst das Wirtshauslebeu der Neuzeit beleuchtet und indem Redner diesem an und für sich eine historische Berechtigung nicht abzusprechen vermag, glaubt er, daß dasselbe jedoch durch die immer mehr überhandnehmende Teilnahme oft sämt licher Familienmitglieder, einen so bedenklichen Grad erreicht habe, daß sich das Familienleben statt zu Hause im Wirtshause abspielt und sucht die Ver anlassung hierzu in der bisweilen unbequemen Einrich tung der Wohnräume. Wenn man nun dieser Be hauptung iin ganzen zustimmen muß, so erscheint es doch fraglich, ob Redner in seinem langatmigen Vortrag über die verschiedenen Perioden des Bau stils und die damit Hand in Hand gehenden Woh nungseinrichtungen vom Mittelalter bis zum heutigen Tage, den richtigen Weg zur Abhülfe dieses Uebel standes gefunden hat. —* Kommenden Dienstag, den 15. d. Mts. konzertiert hier im Saale des goldenen Helm die „Karlsbader Damenkapelle" unter Direktion der Frau Elise Ludwig. Dieser Kapelle, welche gegen wärtig in Bad Hohenstein Zeugnis ihrer vortrefflichen künstlerischen Leistungsfähigkeit ablegt, geht ein sehr gutes Renommo voraus. Dieselbe errang auch während ihres Aufenthaltes in Dresden und Um gegend allgemeinen Beifall, weshalb wir unsere Leser auf diesen seltenen Kunstgenuß ganz besonders auf merksam machen möchten. — Gegenwärtig steht der beliebte Schlittschuh sport in vollster Blüte; nach der langen Zeit der Pause, welche durch das laue Wetter hervorgerufen wurde, sucht ein jeder nach Kräften die frühere Ge wandtheit auf seinen stählernen Schuhen zurückzuge winnen. Und nach dem Gesicht, welches jetzt der Winter zeigt, darf man wohl annehmen, daß der Schlittschuhsport nunmehr sich sehr ansehnlich gestalten dürfte. Da muß man unwillkürlich an die Schwierig keiten denken, die zu bewältigen waren, bevor er sich auch mir einigermaßen einbürgerte. Zwar dem Manne verdachte es keine Seele, wenn er sich auf diese Weise auf der spiegelglatten Eisfläche tummelte, aber der Frau wurde diese Art der Erholung und Belustigung als wenig geziemend verargt. Es bedurfte erst einer sehr entschiedenen Klärung des Urteils, vor allem der Einbürgerung des Grundsatzes, daß das Schlittschuh laufen in gesundheitlicher Hinsicht sehr heilsam sei, bis man sich daran gewöhnte, auch die Damenwelt ohne jedwede Beanstandung an diesem hübschen Sport teilnehmen zu lassen. Heute wissen wir kaum ein anziehenderes Bild, als wenn eine schlanke Frauenge stalt, über die gewöhnliche Körpergröße erhöht durch das Maß des Stahlschuhes, über die Eisfläche hin- weglanzt. Die Wangen sind gerötet von der frischen Luft, welche der Winter von sich bläst, und der Fuß schreibt die zierlichsten Bogen Arabesken, welche die moderne Tanzkunst ausfindig gemacht hat. So ersetzt das Schlittschuhlaufen gewissermaßen den Tanz im Ballsaale oder sucht zum wenigsten eine Stelle daneben zu behaupten. Nach unserer Meinung mit vollem Recht, denn wenn wir beide Arten von Vergnügen mit einander vergleichen, möchten wir dem Schlitt schuhlaufen einen unbedingten Vorzug einränmen. Vor allem ist es gesünder, da der Aufenthalt in der frischen Luft dem Körper zuträglicher sein muß, als derjenige im dumpfen Saalranm, wo Staub und Hitze, ver bunden mit der schnellen Bewegung, den Lungen manche Krankheit zuführen. Dann aber ist das Schlittschuhlaufen nicht im Entferntesten so kostspielig, wie so ein Ball mit seinem Toilettenluxus rc. — Die Zahl der im dritten Viertel des Jahres 1888 im Bereiche der sächsischen Staatsbahnen auf gefundenen und bisher nicht zurückgeforderten Gegen stände beträgt, die verschiedene kleine Geldbeträge ent haltenden Geldtäschchen nicht mitgerechnet, gegen 2000 Stück. An Schmucksachen befinden sich darunter: 7 goldene Ringe, 15 goldene bez. silberne Armbänder, sowie ein Perlen- und ein Korallcn-Armband, eine Anzahl goldene, silberne und Granat-Broschen, 1 ge henkelter Gevrgsthalcr, 1 Busennadel. Außerdem sind 4 Operngläser, 136 seidene, 225 wollene Regenschirme, 30 seidene Damen-, 75 Herren-Sonnenschirme, 272 Stöcke, eine Anzahl Klemmer, Cigarren- und Muster- Etuis, Reise- und Geschichts-, Roman- und Schul-