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WtoiMHMM WlM früher Wochen- und Rachrichlsblatt zugleich Geschöfts-Uizchtr sLr Wnimf, Nädlitz, PunsSorf, NiisSorf, Li. Wmi, ßcinriPori, Mlirikmu mS Müiscn. Amtsblatt für den Stadtrat ;n Lichtenstein. — AN. Jahrgang. ——— Nr. 7. Mittwoch, den 9. Januar 1889. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Tagesereignisse. *— Lichtenstein-Callnb erg, 8. Januar. Wie im Inseratenteil der heutigen Nummer unseres Blattes zu ersehen, will der Wohlthätigkeitsverein „Sächsische Fechtschule", Verband Lichtenstein-Calln- berg, am Sonntag, den 13. d. Mts. im Hotel zum goldnen Helm eine öffentliche Aufführung, bestehend in Konzert, Gesang und Theater, veranstalten. Der hiesige Gesangverein Liederkranz und unsere Stadt kapelle haben sich in opferwilliger Weise zur Ueber- uahme der gesanglichen bezw. musikalischen Darbie tungen bereit erklärt. Hoffen wir, daß angesichts des guten Zwecks diesem Arrangement auch durch einen recht zahlreichen Besuch die erforderliche Un terstützung zu teil werden wird. — Aus den soeben vom Verband der Tierschutz vereine des deutschen Reiches veröffentlichten Bestim mungen über Hundehaltung und Hundesteuer ergiebt sich eine interessante Statistik über die zu erhebende Steuer in den verschiedenen Städten. In München zahlt jeder Hund, d. h. dessen Besitzer, 15 Mark (in Gemeinden unter 15 000 Einwohnern 6 Mark, auf dem Lande 3 Mark Staatssteuer, die an die Gemeinden in bestimmten Teilen repartiert wird), ausgenommen die Hunde des Personals der am Königlichen Hofe beglaubigten fremden Gesandtschaften, welche von jeder Steuer befreit sind. In den meisten Städten Deutsch lands ist der Steuerbetrag für Hunde auf 6 M. fest gesetzt. Aachen zahlt 7 Mk. (Ketten- und Ziehhunde frei), ebenso Krefeld, Duisburg, Essen, Köln, (Wach hunde frei), Mühlheim a. d. Ruhr 6 Mk. ohne Aus nahme, Stegen 9 Mk. (ausgenommen Metzger-, Zieh- und Försterhunde und ein Hund bei Personen, welche eine öffentliche Kasse verwalten), Hanau der erste Hund 6 Mark, jeder weitere Hund 3 Mark mehr, Schäferhunde 75 Pfg., Wiesbaden 15 M (Erhöhung beabsichtigt, Schäfer- und Kettenhunde 5 Mki), Itzehoe 5 Mk. (außer Ketten- und Wachhunden sind jene Hunde steuerfrei, „welche von ihren vermögenslosen Besitzern nachweislich nur zu dem Zweck gehalten werden, um diesen Gicht, Rheumatismus, überhaupt Gliederschmerzen zu vertreiben, indem sie nachts im Bett an dem kranken Gliede des Besitzers liegen." Solche Fälle werden streng geprüft, um Schutz gegen fingierte „Rheumatismushunde" zu schaffen. Bautzen zahlt für den ersten Hund 6 Mk., für jeden weiteren 12 Mk, Dresden 9 Mk., Leipzig 20 Mk. (Zughunde 3 Mk., wenn der Besitzer die Unentbehrlichkeit nach weist), Meißen 8 Mk., Pirna 10 Mark (Zughunde 3 Mark), Zwickan 15 Mk., Stuttgart 8 Mk., Darm stadt 5 Mark Staats- und 5 Mk. Kommunalsteuer. In Neustrelitz Landessteuer 1 Mk. und Kommunal- steuer nach der Größe (Höhe) des Hundes, 30 Cm. 5 Mk., 50 Cm. 10 Mk. rc., Ketten- und Geschäfts- Hunde 2 Mk., Jagdhunde 1 Mk., Offiziershunde 3 Mk. Schwerin 6 Mk., Tigerhunde, Doggen und andere gefährliche Hunde 35 Mk., Gotha 9 Mk., Hamburg 10 Mark. — Am 2. Januar hielt die Genossenschaft des Johanniterordens im Königreiche Sachsen ihren Rittertag auch in diesem Jahre wieder zu Dresden unter dem Vorsitze ihres Kommendators, Kammer herrn Frhrn. v. Burgk, ab. Der Rittertag war äußerst zahlreich besucht und lieferte den erfreulich sten Beweis von dem segensreichen Wirken, welches sich dieser Orden zum Ziel gesetzt hat. Bekanntlich besitzt die Genossenschaft, welche jetzt 86 Mitglieder zählt, ein eigenes auf 24 Betten nebst 4 Kinderbetten eingerichtetes Hospital zu Riesa, welches sie aus eigenen Mitteln unterhält und in welchem ein Arzt sowie 3 Diakonissen des Dresdner Mutterhauses thätig sind. Im verflossenen Jahre wurden in dem selben 147 Kranke mit 4038 Verpflegtagen behandelt, wobei 1000 Verpflegtage an Unterstützungsbedürftige unentgeltlich gewährt wurden; die 4 Kinderbetten aber werden stets als vollständige Freibetten behan delt. Nicht allein für Riesa, welches als Knotenpunkt der Bahnen und infolge des großentwickelten Verkehrs zu Waffer ein Hauptstapelplatz geworden, wodurch jedoch leider auch zn den mannigfachsten schweren Verunglückungen Anlaß gegeben ist, sondern auch für die Umgegend ist dieses Krankenhaus ein gern gesuchtes und gesegnetes Asyl. Es gewährt aber auch für entferntere Orte gern und bereitwilligst seine Hilfe. (Dresdn. Journ.) -- Waldenburg, 8. Jan. Der Vortrag des Herrn vr. Busch in der Versammlung des konserva tiven Vereins, aus der wir in unserer vorigen Nummer bereits einiges mitgeteilt haben, umfaßt in kurzen Um rissen ungefähr folgendes: Unter den Männern, welche Deutschland in den beiden letzten Jahrhunderten aus sich hervorgehen sah, ragen zwei besonders vor nehme Geister um Haupteslänge über alle anderen hervor, Göthe als Dichter und Mensch, Bismarck auf dem Gebiete des politischen Lebens unserer Nation. Beide sind Bahnbrecher einer neuen Welt und beide, jeder in seiner Art, so epochemachende Erscheinungen, daß man ihre Zeit nach ihnen taufen wird. Das 18. Jahrhundert wird, soweit es sich um das Kunstleben handelt, das Goethesche heißen, das 19. werden die Historiker der Zukunft über die Entwickelung des Staatslebens der Völker nach Begründung des deut schen Reiches das Bismarck'sche nennen müssen. In der Entwickelung der Fragen der neueren Zeit wurde Bismarck immer mehr der rein natürliche Politiker, der Mann der Thatsachen und Verhältnisse, in deren Beurteilung er sich durch keine Modetheorie irre führen ließ; der sich in seinen Reformen nach den Forderun gen des Lebens, der sein Handeln ansschließlich auf die Beantwortung der Fragen richtete, was ist vor handen, was möglich und was nützlich. Bismarck als der Sohn eines Landedelmannes hatte anfangs die Ansichten seiner Standcsgenossen teilweise vertreten und erklärt, es bereitwillig zu acceptieren, wenn man ihn als Junker hinstelle. In früherer Zeit ist er kein Feind der Verfassung sondern nur dem Fraktionslibe ralismus abhold gewesen, er hätte damals eine stän dische Verfassung nnd Vertretung vorgezogen, er ver söhnte sich aber mit gewissen Anschauungen, die er nicht für nützlich halten konnte. Als Minister und Reichskanzler war er gegen Befugnisse der Vertretungs körper, bei welchen der Monarch wenig mehr als eine mit goldner Tinte geschriebene Null ist. Im übrigen war er während der Nachwirkungen der böhmischen Siege zu allen Zeiten verfassungstreu, kein Anwalt feudaler Ansprüche, kein Förderer von Adelsansprüchen, die seine Neformpläne hemmten; er hat niemals die Reaktion gewollt, weder nach dem Herzen der Junker noch anders. Am Zustandekommen der Maigesetze ist er nur passiv beteiligt gewesen, als er nachträglich Kenntnis davon genommen, hat er sofort starke Zweifel an dem Wert und der Durchführbarkeit derselben gehabt. In seinen fundamentalen Ueberzeugungen treten vorzüglich zwei verschiedene Richtungen hervor; die eine ist die Ueber- zeugnng von der Notwendigkeit und Heilsamkeit der Monarchie, wie sie sich in Preußen herausgebildet und bewährt hat, die andere, daß das Heil der deutschen Nation in der Gründung eines Bundesstaats unter Führung Preußens zu suchen sei. Nur ein König tum wie das preußische konnte die von der Lage der Dinge dringend geforderte Einigung Deutschlands in Angriff nehmen und ausführen. Eine nach englischem und französischem Muster beschränkte Monarchie ver mochte diese Aufgabe nicht zu lösen. Hätte der König von Preußen seinen Willen dem des Abgeord netenhauses untergeordnet, so wäre die Umbildung der Armee unterblieben, die zweite Folge wäre gewesen, daß mit der Mehrheit des Abgeordnetenhauses für die polnischen Rebellen Partei ergriffen und damit Rußland entfremdet wurde. Endlich würde 1864 bei Lösung der schleswig-holsteinischen Frage die gemeinsame Operation mit Oesterreich unterblieben und Preußen von den an deren europäischen Mächten gemaßregelt worden sein. Man konnte meinen, daß dem Kanzler ein ganz un beschränkter Souverän höher stehe, als ein solcher, den die Verfassung bindet, dem hat aber der Kanzler selbst widersprochen in einer Rede vom Jahre 1879. Nicht Parlamentarismus, sondern Konstitutionalismus ist der Inhalt des ersten politischen Glaubenssatzes, den Bismarck in den inneren Angelegenheiten verfolgt. Der andere große Glaubensartikel ist die deutsche Idee, der Gedanke, die deutschen Staaten zu einem Reiche unter Preußens Führung zusammenzuschließen und diesen Zustand mit allen Mitteln zu erhalten und zu fördern und Gefahren abzuwenden. Bis 1879 stand er der Möglichkeit einer russisch-österreichisch-französi schen Alliance gegenüber. Dieses Bündnis verhütet und eine Wiederannäherung an den Nachbarstaat im Südosten bewirkt zu haben, ist ein wesentliches Ver dienst Bismarcks. Als wirksame Unterlage hierzu war es vor allem geboten, daß das Reich nach außen einig und fest erscheint, daß die deutsche Regierung mit der Volksvertretung eines Sinnes, beide vom nationalen Geist beherrscht waren. Leider blieb die Regierung im Reichstag in wichtigen Fragen dauernd in der Mi norität. Ferner war Bismark bestrebt, das Reich finanziell sicher zu stellen, den Deutschen Kolonien zu verschaffen und die arbeitenden Klassen in der Sicherheit der Existenz mit den übrigen Klassen gleichzustellen. Er sah sich hierin von der Volks vertretung weniger unterstützt als von feiten der Regierungen. Den überall sich geltend machenden Partikularismns betrachtete Bismarck als eine Basis der Schwäche, aber auch als eine Basis der Stärke. Diese Staatenbildung, wie sie sich im deutschen Bun desstaat zeigt, ist ein Gewächs germanischen Bodens; Redner erinnert an die vereinigten Staaten Nord amerikas, die Schweiz mit seiner kantonalen Ver fassung, die vereinigten Niederlande. Die Centrali- sation ist mehr oder weniger ein gewaltsamer Rechts bruch, welcher lange Nachwirkungen hinterläßt. Ein echter Staatsmann wird nicht das Gute verschmähen, weil er das Bessere nicht zu gewinnen vermag, er trachtet nicht nach Phantasien und weiß die Gefühle anderer für seine Zwecke zu benutzen, noch weniger gestattet er Leidenschaften das Wort, er übereilt nicht, kennt weder Schadenfreude, noch Rache, er vermeidet den Krieg, wenn es möglich ist, beschleu nigt ihn, wenn er nicht mehr zn umgehen ist. — Freiberg. Das unterirdische Gefängnis in der jetzigen Polizeiwache des hiesigen altertümlichen Rathauses, in dem der Prinzenräuber Kunz von Kaufungen seine letzte Lebenszeit verbrachte, wird einem alten Gebrauche gemäß alljährlich einmal, und zwar am Sylvester, dem Publikum geöffnet. Obgleich au den alten Mauern eigentlich wenig zu sehen ist, machten doch in diesem Jahre über 800 Personen von dieser Erlaubnis Gebrauch. Die Erinnerung an Kaufungen, der hier in Freiberg ansässig war, ist überhaupt seit Jahrhunderten in der hiesigen Bevöl kerung sortgepflanzt worden und man würde es sehr beklagen, wenn bei der im Frühjahr bevorstehenden Neupflasternng des Obermarktspiegels der mit einem Kreuz versehene runde Pflasterstein verschwinden würde, welcher die Stelle bezeichnet, aus der Kaufun gen am 14. Juli 1455 hingerichtet wurde. Die jetzige Knabenbürgerschule auf der Herdcrstraße, welches Gebäude vordem im Besitz des verstorbenen Berg- Hauptmanns v. Herder war, steht angeblich auf der Stelle des Kaufungenschen Wohnhauses. Sollte das