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628 Heinl et, daß sie nur für ihre« Gleichen geschaffen sind. „Und warum nicht?" fragte mich Jemand. Wenn wir den Pfau mit scheinbarem Stotze sein Gefieder ausbreibcn scheu, muffen wir da nicht denken, daß « um die Farbenpracht in seinen Spicgctsekcrn wisse? Und weit wir einmal die Tendenz haben, jede Handlung unserer untergeordneten Mitgcschöpsc aufs übelste auszulegcn, so schreiben wir das, was viel leicht au« irgend einem besseren Grunde entspringen kann, der Eifer sucht, dem Neide und anderen niedrigen Leidenschaften zu; vielleicht ist iS nicht Stolz, der den Pfau reizt, seine Schönheit zu entfalten, viel leicht- ist e« die reinere Freude an der Schönheit selbst. Wie oft nen nen wir einen Manu, der sich stets zierlich und elegant kleidet, einen Stutzer, einen Narren, und wir lhun ihm Unrecht, vielleicht ist er nur ein solcher Bewunderer alle« Schönen, daß ec den Sinn dafür selbst in feiner Kleidung kund thut. Man behauptet ja, Naphael habe sich gern elegant gekleidet, und aus einem Sbakesplareschtn Eonnetic fNo I «>°) schließt man, daß auch dieser große Dichter sich eine solche Schwäche zu Schulden kommen ließ. Wer kau» nun von Shakespeare sagen, daß er ein Stutzer, »der gar, daß er stolz gewesen seh! Dieselbe Aufmerksamkeit in der Kleidung rühmt man auch von dem ernsten Phi losophen Aristoteles, und die Geschichte von Plalo's Teppich und von dem „großen Sfolze", mit welchem Diogenes ibn mit Füßen trat, ist wohl bekannt. Insofern der Stolz ein Attribut der Geistesschwäche und de« Mangels an Kenntnissen unk Erfahrungen ist, sind Tbicrc ihm gewiß unterworfen,' und doch erfordert wiederum dieser Stolz au> Farben und äußere Schönheiten eine feinere Jdecn-Associaiio», als wir ihnen gewöhnlich zuschrciben; nun, sic möge» eitel und hochmüchig sev» oder nicht, cS scheint mir, daß so mancher Grund vorhanden wäre, ihnen das Bewußlsehn dieser Farben und Schönheiten zuzutrauen. Wenn dem so ist, so müssen diese vielen auf dem Platze vor mir ver sammelten Papagcpcn uud Palmvögcl eine beständige köstliche Augen weide haben. Sagt ihr Geschwätz vielleicht davon etwas? Bewundern sie ihr Mittagessen oder sich gegenseitig? Denn ohne Zweifel tbeilen sie sich etwas mit; in ihren Käsigen wird von Morgen bis Abend ge schwatzt, wie in einem Zimmer voll Französischer Putzmacherinnen, und wie diese, sind sic vielleicht in schöne Farben und in ihre eigene Er- schcinnng verliebt. Diese lebhaften, brillanten Geschöpfe scheinen nächst den Enten und Sperlingen die glücklichsten in der Menagerie zu scvn; die letzteren haben wohl alle Ursach zur Zufriedenheit, denn stc sehen die schönen prächtigen Nachbarn stets vor Augen und theilen nicht deren unglückliche Gefangenschaft; sic flattern frei von Baum zu Baum, von Käfig zu Käfig und kümmern sich nicht um ihre cingckerkcricn Milgcschöpsc. Und die armen Adler und Geier! Zeigt dieses Epitheton nicht schon, zu welchem unnatürlichen Zustand sic hier vcrdammt sind. Adler be mitleiden und sic „arm" nennen müsse»! Es ist schrecklich, irgend rin Geschöpf in einem Käfig zu sehen, schrecklicher noch, wenn cs geflügelt ist, und wenn der Bogel gewohnt war, durch die Lust zu kreisen und sich zu den Wölbungen des Himmels emporzuschwiugen, wo er die Welt unter seincn Blicken sah — kann man sich dann etwas Gräßlichere«, Unna- lurlichercs denken? Betrachtet die Auge» dieser Bögel hier, dieser Adler und Geier! Wie sonderbar bewölkt scheint dieses große, noch wild berumblickende Auge und das Zudrückcn des AugenlicdcS mit einem gewissen Seitenblick von Stolz und Drohung, sicht das nicht aus. als öd ter Pinsel irgend eines geschickten Maler« e« hcrabgezogen habe. Da« sind Augen für dic Wolken und nicht für einen elenden Hübner- steig. Und nun seht die armen ermatteten Thierc! Wie sie auf ihren Stangen sieben, jeder in kleiner Entfernung von dem anderen, und den Blicken gleichgültiger Beschatter ausgestellt sind. Adler, alle in eine Reibe gestellt, ruhig, geschwächt, fast bewegungslos! Sind das die majestätischen, königlichen Geschöpfe, die von den Büffon'S und Mu- die'S, von den Wilson'« der Ornithologie und Poesie, von Spencer und Homer'geschildert sind? Ist da« der Adler des Pindar, der, cingc- fchläsert von der Göllermusik, seinen Rücken im Schlummer auf da« Scepter Jupiter'« legt. Ein Artikel in öffentlichrn Blättern erzählte nculich von einem Löwe», der nach drei Jahren seiner Gesangcnschasi starb (da« arme Tbicr war nur in seinem ersten Lebensjahre frri gewesen), und sagte dabei, daß die zoologische Gesellschaft niemals fähig gewesen wäre, eines der größeren Fleisch fressenden Lhicre länger al« diese Zcil zu erhalten; „sie habe (fügt er hinzu) 9 Löwen seit dem Januar 18,'i2 verloren." ES ist nicht leicht, diese Angabe mit anderen zu vereinigen, die von 10 und 20 Jahren sprechen, welche Löwen und andere Thierc un ter ähnlichen Umständen verlebt haben. Im Tower und anderen M-- nagerieen sind Gefangenschaften von so tanger Dauer bekannt gewesen, und doch sollte man glauben, daß so traurige und dumpfe Plätze für da» Leben der Bewohner weniger günstig wären, al« diese blühenden und lustigen Gärten. Der Kaialog der Gesellschaft berichtet un«, daß der Eisbär in ihrer Sammlung vor 20 Jahren von ter Hudsons-Bah- ^ompagnie nach England gebracht worden ist und bis zur Thronbestei gung Er. Majestät de« jetzt regierenden Königs im Tower blieb; ihr raubgieriger Adler ist im Jahre 1822 gefangen worden. — Wäre es aber nicht, uzttcr jeder Bedingung, dem Prinzip nach, immer das mög- tichsie Beste zu ihn», wünschenSwertb, — nein, nicht allein wünschcnS- wertb, — wäre c« nicht die Schuldigkeit solcher Gesellschaftcn, dic reiche Kapitalen besitze», die besseren Einrichtungen, die sie getroffen haben, noch immer zu vergrößern, de» Elcphantrn und Kiraffcn noch freieren Spielraum zu gewähren uud vorzüglich den Löwen und Tigern bessere Käsige zu verschaffen? denn Käfige sind cs noch immer und wahrlich eng und schmal genug! ' shi. öl. Iss.) , ') Ma» val. die treffliche Deutsche tleberfetzung von G. Reg iS in dessen Shakespeare-Almanach (Berlin, l«Zk) S- >sn Rußland. Russische Städte-Ansichten. Catharinen borg. An der Ostseite des Ural« und an der Gränz- Sibirien« liegt am Flusse Jffcla die kleine Kreisstadt Catharinenburg, bcmerkcnswerlh lheils weg« ihrer schönen Lage, lheils in vielen anderen Hiusichlcn; wer sic einmal gesehen bat, behält immer cine angenehme Erinnerung nach. Bor zehn oder snnfzcbn Jahren bestand die Stadt nur aus schlechten Häuserchen, und jetzt kann man sie in jeder Hinsicht eine Europäische nennen. Eine gerade, die ganze Breite der Stadl durchschneidcckdc und sic fast in zwei gleiche Hälften thcilcnde 23 Klaftrr breite Straße bildet mit ihren fchönen Gebäuden den besten Theil der Stadt. Zu diesen Gebäuden gehören eine Kirche von zwei Stockwerken mit großem Glock-nthurm, ei» Basar oder Kaufhof' uud^mchrere Regicrungs-Gebäudc. Di-Straße ist mit Schlacken an« den Schmclzösen der großen benachbarten Eisen hütte» gepflastert, kostet nicht viel und kommt an Dichtigkeit und Dauer fast einer regelmäßigen Kunststraßc gleich. Die freundlichen Ufer eines nicht sehr großen Wasser-Bassin« dienen den Bewohner» zur Pro menade; Abends sicht man kleine Böte nm fröhlichen Menschen aus dem Wasser schwimmen, und schattenreiche Gärten an einige» Ufcrstelle» gewähren dem Auge einen erquickenden Ruhepuukl. Da« Leben und Treiben nimmt in Calharincnburg beständig zu. Bor einige» Jahren zählt- eS vielleicht keine 10,000 Einwohner; jetzt kann man ihre Zahl aus 15,000 annehme». Unter mehreren anderen Umständen Hal die Beilegung der Bergwerk«-Verwaltung von Perm dahin wesentlich zu der günstigen Veränderung beigclragrn. Das Beamte»-Personal brachte nicht nur mehr Lebe» und ^Bewegung mit, sondern auch mildcrr Sitten und seincre Bildung. Zmmcr mehr ver lieren sich alt- Borurtheile und Gebräuche. Anstalt daß früher nur dic Moskowische Zcilnng in der Stadl gelesen ward, ist c« jetzt nicht schwer, sich alle Russische Zeitschriften uud ein- Menge neu erschienener Bücher zu verschaffen, letztere namentlich in einer zwar nicht großen, aber gut au-gestattelcn Buchhandlung, welche zu mäßigen Preisen auch Bücher verleiht. Unter den Lehr-Anstalten zeichnet' sich dic Kreis- Schule au«; nach einem neuen Plane sollen, außer den gewöhnlichen Elementar-Wissenschaften, künftig auch Mineralogie, Gcognosic, Han- delS-Wissenschasicn, Französische und Deutsche Sprache z» den Lehr- Gegenständen gehören. Wa« zur Erhebung der Stadt gleichfalls viel beigetraqen hat, ist dic Residenz eine« vikarircndkn Bischofs seil dem Zabre I8Z4. Die Vermehrung der Bevölkerung zog natürlich auch eine größere Ausbreitung des Handels, namentlich des Kleinhandels, nach sich. Einige reiche Kaufleute treiben ziemlich bedeutende Geschäfte mit Petersburg und anderen Häfen des Reiches, auch auf der Messe von Nischnei, Nowgorod, wohin sie große Sendungen von Talg und Eisen machen, von ersterem größicnlheils nach Petersburg, von letzterem nach Nischnci- Nowgorod. Im Winter findet rin sehr beträchtlicher Handel mit Ee- iraidc statt, welche« säst von allen großen benachbarten Bergwerk« Anlagen dort angckaust wird. Nicht so groß, aber auch noch immer wichtig, ist ter Handel mit Kirgisischen Pferden, dic in großen Par- liec» auch für die Bergwerke angckaust werten. Der Kleinhandel be schäftigt sich vorzüglich mit rohem und verarbeitetem Eisen. Dcr größte Theil dcr Bewohner von Catbarinenburg besteht aus sogenann ten Altgläubigen (Roskolniki), dic sich in srühcrer Zeit, wo sie au» den innrren Provinz-» Rußland« verwiesen wurden, hierher flüchteten und Beschäftigung in den Bergwerken fanden, denen es an Menschen fehlte; ihre Zahl scheint indessen von Jabr zu Jahr abzunehmcn, in dem die späteren Gcnerationeii den Vorurtheilcn ihrer Bäter immer mehr entsagten und sich den Grundsätze» ter herrschenden Kirche an- schloffen. ' (s', N) Mannigfaltiges. — Amerikanischer Zodiakus Eine neue Monatschrift, die feit dem I. Oktober k. I. in Albanh (Nord-Amerika) erscheint, führt den Titel ,,PIm Aostä.c" und sucht ibrc Leser hauptsächlich durch Ori- ezinal-Bcilrägc zu unterhalten, obgleich sie e« auch nicht, wie dic mcisten übrigen Amerikanische» Journale, an nachgedruckkcn Sachen au« Engli schen Zeilschristc» schien läßt. Der Nachdruck dieser Blätter ist aber in Amerika fast zum Bedürfnis; geworden, da die einheimische Konkur renz dcr Schriftfl etter nicht groß qcnug ist, um da« lese- und mNcrhal- tungsluflige Publikum mit dcr nöchigen Lektüre allein versehe» zu kön nen. Da« Verfahre» der Amerikamschrn Journale darf daher keine«- wege« mit dem einiger Deutschen verglichen werden, die ihre Spalte» fast nur mit Nachdruck füllen, weil die« die beste Weise ist, ein Blatt eben so mühelos al« wohlfeil berzuflellen. Der neue Zodiakus spricht vielmehr entschieden die Absicht au», den, Nachdrucke ganz entsagen zu wollen, und damit es ihm an interessantem Material nicht fehle, setzt er für die nächsten Monate folgende Preise aus: Hundert Dollar« für die beste Erzählung aus der Amerikanischen Geschichte; hundert Lollar« für den besten Versuch über die Mittel zur Beförderung der Nanonal- Wohlfahrt, und endlich 50 Dollar« für das beste Gedicht, da« jedoch mittdesten« 100 Zeile» lang sevn muß. Mit dem nächsten Blatte beginnt der neue Jahrgang. Titelblatt und Inhalts-Verzeichniß von dem beendigten Se mester werden, wie gewöhnlich, nachgeliefert. c HerauSg,geben von der Redaciion der Allg. Preuß, Slaais-Zeinmg. R-digir» vcn I. Lehmann. Gedruckt bei A, W. Hayn