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576 sein zu entkommen, so bcgab sich der Capilain, Herr Ogden, sobald er cS möglich m.ichc» konnte, nach der Insel Owaihi und bcmüblc sich, uul dem Könige einen Vergleich zu Gunsten seiner Unglucksgesährle» zu schließet,." „Der erlauchte Tamabmah war, wie es sich schon bei einer frühe ren Gelegenheit gezeigt bulle, ein verschmitzter Handcisman, und dies- mal bewies er, baß er auch Schiffbrüche zu benutzen verstund. Seine Unlerhundlungen mit MDougal und den anderen „Eris der großen Amerikanischen Pelz-Compagnie" hallen wenig Einfluß auf den gegen wärtigen Fall, und er beschloß, sich ihr Unglück zu Nutze zu wachen. Er versprach, die Mannschaft wahrend ihre« Aufenthalt« auf seinem Gebiet mit Lcbensmülcln zu versorgen und ihr alle Kleider, die sich sanden, jurückzugeben, aber er bestand darauf, daß ihm dagegen das Wrack als ein vom Zufall an seine Küsten geworfenes herrenloses Gut anhcimfallen sollte. Herr Ogden mußte sich diese Bedingungen wohl gefallen lassen. Der große Tamahmah schickte nun seinen Liebling John Aoung, de» Schiffskncchl-Gouverneur von Owaihi, m,t einem Trupp der Königlichen Leibwache ab, um zum Besten der Krone von dem Wrack Besitz zu ergreifen. Dies geschah wie befohlen, und man brachte Guter lind Mannschaft nach Owaihi. Die Königliche Huld scheint indcß sehr karg in ihren Spenden gewesen zu scvn. Lie Mannschaft erhielt gar magere Kost; seltsam aber ist es, in dein Reise-Journal zu finden, wie ditfc Leute nach all de» Beschwerden, die sic erduldet hallen, noch so empfindlich für kleine Unannchmlichkcilcn waren, daß sie den Kö nig ein wildes Ungeheuer nannten, weil ihnen eilt Tops zum Kochen ver weigert wurde, oder weil man Herrn Ogden nicht ein Besteck Messer und Gabel, das von dem Wrack gerettet worden, zum Gebrauch lassen wollte." „Dies Ende nahm die unglückliche „Lerche"; hätte sie ihren Be stimmungsort wohlbehalten erreicht, so würden vielleicht die Sachen zu Astoria noch eine andere Wendung genommen haben. Ein merkwürdi ger Unstern scheint über allen See-Expeditionen geschwebt z» haben, wiewohl die zu Lande nicht minder unglücklich ablicsen." In Bezug auf den definitiven Vertrag und die erfolgte Ucbcrgabe der Kolonie fiel auf Herrn MDougal der Verdacht, daß er nicht ganz uneigennützig dabei gehandelt habe, ein Argwohn, der dadurch gerecht, fertigt wurde, daß er später als Eompagnon dec Nordwcst-Gesellschaft ein bedeutendes Vermögen anbäustc. Comcomlv, der einen echt wilden Geschmack an Kriegen und Gefechten fand und sich, wie es scheint, schon daraus gefreut halte, seinem Schwiegersohn bei der Behauptung von Astoria Hülse zu leisten, war sehr betrübt über die Verzagtheit des „großen Eri". „Er rühmte sich nicht mehr seines weißen Schwieger sohns, sondern, wenn er nach ihm befragt wurde, schüttelte er den Kops und crwicdcrle, seine Tochter habe sich geirrt; statt einen großen Krie ger zum Manne zu bekommen, habe sic eine Squaw geheiralbcl." Hier noch ein paar von Washington Jrving's Schlußbemcrkungcn zu seiner Erzählung: „Es ist zu allcn Zeiten schmerzlich", sagt er, „ein großes, wobl- thätiges, geniales Unternehmen schlschlagcn zu scheu, aber das Mißlin gen dieses Mans haben wir besonders in naiionalcr Hinsicht zu bc- daucrn, denn wäre er mit Erfolg gekrönt worden, so würde er außer ordentlich zum Vorthcil und zur Erweiterung unseres Handels beigetra- gen haben. Ler Gewinn, den die Britische Pelz-Compagnie von dcm be sagten Lande zieht, ist zwar auch sehr bedeutend, kann aber keinen Maß stab abgcben, nm den Nutzen zu berechnen, der daraus hätte entsprießen können, wenn cs ganz in den Händen von Bürgern der Vereinigten Staaten gewesen wäre. Jcne Compagnie ist, wie wir schon gezeigt haben, in der. Beschaffenheit und dcm Umsang ihrer Operationen sehr beschränkt und kann die maritimen Vorlhcilc, die ein Stapelplatz lind Hafen an jener Küste darbictcl, nur wenig ansbculen. In unseren Händen würde das Land, abgesehen von den hcrumschwärmendcn Schau ren von Jägern und Handelslenlen, auch von fleißigen Landwirthen vurchsorschl und bebaut worden scvn, und die fruchtbaren Thälcr, die seine Flüsse bcgränzcn und in seinen Gebirgen eingcschlosscn liegen, würden die Schätze ihres Bodens zum allgemeinen Reichthum bcigc- steucrl haben. Wir müssen daher noch einmal unser aufrichtiges Be dauern darüber aussprechen, daß unsere Regierung das Anerbieten des Herrn Astor hintangesetzt und sich den Augenblick hat entgehen lassen, wo sie, wie eine Sache, die sich von selbst verstanden, jene Gegend ruhig hätte in Besitz nehmen und unbestritten einen militairischcn Posten iu Astoria crrichlcn können. Unsere Staatsmänner haben die Wichtig keit einer solchen Maßregel erst eingesehen, als es schon zu spät wär. Es sind wiederholentlich Bills zu diesem Zweck in den Kongreß Ange bracht worden, aber ohne Erfolg, und unsere rechtmäßigen Besitzungen an jener Küste, so wie unser Handel im Stillen Meere, haben keinen Sammelplatz, der von den Flaggen der Nation und von einer Militaix- macht geschützt wäre." „Unterdessen nabt sich der zweite zehnjährige Zeitraum rasch seinem Ende. Im Jahre I8Z8 wird die Frage über diesen Rechtsanspruch wieder zur Erörterung kommen und bei unseren jetzigen friedlichen Ver hältnissen zu Gcoßbriianicn höchst wahrscheinlich abermals in die Länge geschoben werden. Jedes Jahr wird indeß der streitige Anspruch immer bedeutender. Kein Stolz "ist so eifersüchtig und reizbar, als der Siolz auf Bisitzlbnm. Je nachdem eine Woge von Auswanderern nach der anderen sich h, die unermeßlichen Regionen des Westen wälzt lind un sere Ansiedelungen sich nach den Fclscngebirgcn Hili erstrecken, wird der sehnsüchtige Blick unserer Kolonisten immer mchr darüber hinweg schwei fen, und sic werden immer ungeduldiger werden über jede Schranke, über jedes Hinderniß, wodurch ihnen das versperrt wird, was sic als die große Mündung unseres Reichs anschcn. Sollte sich also unglück licherweise ein Umstand ereignen, durch den die gegenwärtige Eintracht dcr beiden Nationen gestört würde, so möchte wohl diese schlecht beige- legtc Streitsache, die jetzt nur schläft, sich plötzlich zu einer solchen Be deutung erheben, daß sie einen Krirg veranlassen könnte, und Astoria dürfte dann das Losungswort in einem Kamps um dlc Herrschaft au den Küsten des Stillen Oceans werden." Mannigfaltiges. — Allianzen gegen den Nachdruck. Man pflegt sonst die Presse eine Europäische Macht zu nennen, aber sie scheint cs doch weniger zu scvn, als dec Nachdruck, da sic noch keine so mächtige Allianzen gegen sich hcrvorgerusen hat, wie dieser sic jetzt provoziri. Bereits soll dlc Französische der Englischen Regierung Vorschläge zu einem Vertrage gemacht haben, wonach in beiden Ländern nicht bloß der gegenseitige Nachdruck, sondern auch die Einführung der in anderen Ländern nachgcdrucklen Französischen und Englischen Werke untersag: werden soll. In Brüssel scheint man sich freilich vor einem solche^ Bündnisse „och nicht sehr zu fürchten, denn eben liegt uns dec Plan zu einem großen Aclicn-Unlernchmen vor, mit dcm der bekannte Brüsseler Buchhändler Meline alle andere Belgische Rachdrucker wahrscheinlich zu überflügeln gedenkt. Einige sonst schr geachtete Bcamtc unk Gc- schäslsmäniier Brüssels haben keinen Anstand genommen, sich mit Hrn. Meline zu diesem Unter,ichmcn zu verbinden, das einen Kapital-Fonks von zwei Millionen Franken erheischt und sich den Anschein gicbt, als scv cs nicht hauptsächlich nm ein so verrufenes Metier, wie der Nach druck ist, sondern vorzugsweise iim Papier-Fabrication, Schriftgießerei u. s. w. zu tbun. Es fragt sich nun, welche Allianz mächtiger scvn werke, die Französisch-Englische oder Meline vl Das zuerst von Deutschland gegebene ruhmwürkigc Beispiel einer Vereinigung von Staaten qkgcn den Nachdruck sollte zunächst wohl von den unter ganz ähnlichen Verhältnissen an cincr gemcinsamcn Sprache unk Literatur Theil habenden Jtaliänischcn Staaten nachgcabml werden. Aber in Italien scheint ein solcher Plan noch gar nicht in Anregung gekommen zu scyn. Dagegen geht man in den Vereinigten Staaten von Nord- Amerika damit um, dem Kongresse eine» Antrag sowohl aus eine gegen seitige Vereinbarung in Bezug auf den Nachdruck, als ans einen die Rechte dcr Englischen Schriststellcr aus beiden Seiten des Atlan tischen Meeres seststcllcukcn Vertrag vorznlcgcn. Eine Zeil, die sc allgemein das Bcdürsniß fühlt, das Eigcnlbum des Geistes zu ehren, ist gewiß vorgeschritten an Intelligenz und wahrhafter Kultur zu nennen. — Zur Charakteristük Washington Irving s. Dieser Schriftsteller besitzt in scltciicm Grade das glückliche Talent, kie Wirk lichkeit in die Atmosphäre der Romantik zu hüllen, ohne ihrer Wahr heit dadurch Abbruch zu thun. Der Grunkton seines Gemütbs ist Pocste, und Alles, was er berührt, nimmt die Farbe dieser Stim mung an. Am ausgezeichnetsten unter allen seinen Werken cniwickellc sich seine Eigentbümtichkeit in dcm „Skizzenbnch". Die Gegenstände, welche er in dieser Reihe von imvcrgleichlichcn Versuchen behandelte, waren größtentheils bekannt, eiusach und anspruchslos, aber dec anmu- lhigc Hauch ticscr Empfindung, der Zauber einer schönen Sprache und das natürliche Gefühl, von dem das Ganze durchdrungen war, mach ten diese Skizzen in dec Form eben ko reizcnd, wie sie in der Sache treu nach dein Leben entworfen waren. Seine späteren Gcistesproduktc nehmen einen höheren, ehrgeizigeren Flug, koch tragen sie alle dasselbe charakteristische Gepräge. Er mag die gewaltigen Hallen dir Alhambra durchschreiten, oder dem kupscisarbigen Indianer bis in seine abgelegen sten Schlupswinlcl folgen, oder die wunderbare» Begebenheiten unter nehmender Reisenden und Handelsleute schildern, immer ist er derselbe pittoreske, beredte und treue Maler. Er gehört unter kie Schriftsteller, deren Arbeiten von ihrer cigcnthümlichen Natur unverkennbar gestem pelt sind, so daß man sie au den Eigenheiten/ die nur ihnen a»gehö- rcn, leicht hcraussindct, wohin sic auch mit ihrem Forschergeist dringen mögen. Plan Hal von Washington Irving gesagt, sein Stil gleiche »st sehr der schlichten Darstellungsweise Gcldsmild's und dcm seinen Ge- sühl Mackenzie s. Dies Urthcil mag, was den äußeren Ausdruck be trifft, ziemlich richtig scvn, aber cs erschöpft nicht den eingeborenen Cha rakter seines Genius. Die Aebnlichkeil, welche Washington Irving hier und ta mit jenen Schriftstellern Hal, ist rein zufällig und muß viel eher seinem eigenen Temperament, das ihn in vielen Punkten diese» Männern nähert, als cincr bcabsichtigtc» okcr auch nur unbewußten Nachahmung zugcschricbcn werken Gleich ibnen, fühlt er kas, was er schreibt, und nimmt seine Schflkerungen von eigenen Eindrücken her; aber ihnen ungleich, kleidet er seinen Stoff in eine so schöne Hülle, wie keiner von Jenen sic erreichte, und wie sie alle seine Werke schmückt. Oc. Johnson sagt vbn Goldsmith, er scv so mannigfaltig gewesen, daß es immer geschienen habe, als mache er das am besten, was er gerade gemacht. Tics glänzende Kompliment würde aus Washington Irving nicht passen, denn dieser legt seinen Zaubcrstab nie bei Seite, um sich den besonderen Forderungen seines Stoffes anzubequcmcn, sondert redet, so zu sagen, stets eine Sprache, die von scicrlichcr Ehrfurcht für die Vergangenheit, für ihre Spuren und Ucberlicferungcn erfüllt ist, so daß sich Um alle seine Schilderungen und Gebilde dcr Heiligenschein religiö sen Ernstes ergießt. Bei jedem minder geistvollen Schriftsteller würde diese fortwährende Individualität solche Eintönigkeit in der Färbung seiner Werke erzeugen, daß sie bald alles Interesse für den Leser ver lieren und ihn langweilen würden. Aber Washington Irving s Sclbst- betrachlungcn haben immer etwas Ergötzendes und erscheinen, so paradox kies auch klingcn mag, stets wieder neu. Finken wir auch in seinem- letzten Werke dieselben Züge wieder, mit denen wir fthö" "> allen übri gen vertraut geworden , so wenden wir uns koch »ist" verdrießlich da von ab, sondern kehren gern zu ihnen zurück, nni uns den frühere» Genuß noch einmal zu verschaffen. HerauSgezcben von der Redaktion dcr Ächz. Preuß- Staats-Zeitung. Redigirt von I. Lebmaun. Gedruckt bci A. W. Havn ,