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Wöchentlich erscheinen drei Nunnnern. Prämitncratlo»»- Prei» 22^ Sgr. k! Tbtn) oltrletiährüch, 3 Thtr. für da« ganze Iahe, ohne Er höhung, in allen Thelen der Preußischen Monarchie. a g a für die Ma» vrämuuerir« auf diese- Beiblatt der Äl!g. Pi. Staacs- Zeitung iii Perlin in der Expedition (Mohrcu - Straße Nr. 34); in der Prscinz so wie im 'Zustande hei den WohNödl. Post - Aenuern. Literatur des Auslandes. 1^2. Berlin, Freitag den 25. November 1836. Frankreich. Antonio Balibar. Charakteristik eines Seemann«. Während der letzie» Streiszüge, welche die Französische». Kreuzer in dem Englischen Kanal unternahmen, erhob sich der Name eine« Ca- vilains, unter den gepriesenen Name» so vieler Genossen, zu einer ganz besonderen Berühmiheit, freilich zu einer Berühmtheit eigener Art, di» die Zeit und die Menge charakterisme, welche den Name» ihre« Helden anSposaunle, ohne ilw jemals in einem Buche oder in einem Jeitung«- Ariikel gelesen zu haben. Dit Matrosen träumten davon, wenn sie über die Geschichte ihre« Schiffes nachdachlcn, und die Bewohner der See. Häfen von Brest bis Dünkirchen wiederholten sie hundertmal des Tage«; diese Thate» überstugelten Alles, was man bis dahin Ruhmvolle« von der Kauffahrlei-Flotte Frankreichs und von den merkwürdigsten See- Siegen seiner Marine zu berichten wußte. Noch niemals halte ich den Namen de« Seemannes, zu dessen Verherrlichung ich diese Zeilen niederschreibt, aussprechen hören, aP ich durch einen glücklichen Zufall Zeuge seiner ersten kühnen That ward, die ihm die Bahn des Glücks und des Ruhme« öffnete. Hier ist die Geschichte, die sich damals mit Balibar ereignete; ich gebe sie in aller ihrer schmucklosen Einfachheit; für mein Theil dachte ich damals an nichts weniger als daran, sei» Biograph zu werden. Wir liefen mit dem Logger „Granville", der beiläufig mit acht Drehbaffcn bewaffnet war, die Insel Bas oder, wie die Gelehrten sie nennen, Zsle-dc-Batz an. Wir befanden uns an der Spitze von fünf oder sechs elenden Barken, die wir nach Brest convoyirtcn. Eine Englische Goölttie von trefflichem Ansehen Halle sich am frühen Morgen in der Nähe der Insel, oder vielmehr de« Sandriffs, gezeigt, in dessen Schutze wir mit unserer großen Eonvoy einen Ankerplatz such ten. Aber wie die Goöiclte nicht daran zu denken schien, uns an der Ausübung unseres friedlichen Manövers zu hindern, tbe» so wenig dachten wir daran, auf irgend eine Weise mit ihr in Berührung kom men zu wollen. Ein kleiner Kuller, der die Kaperei lried und schon ruhig an der Stelle lag, wo wir zu ankern gedachten, erblickte nicht sobald die Goi-lclte, als er beschloß, auf sic Jagd zu machen, obgleich er »ur eine Besatzung von sünfunddrcißig Man» an Bord halte. Zn dem Augenblick, da wir durch die Einfahrt des kleine» Kanal« segelten, schoß der Kuner mit scharsangezogenen Segel» an un« vor über. „Was wollt Ihr draußen machen ?" riefen wir ihm zu. Einer ter Korsaren deutete auf die Gekielte, die vor ter Mün- bunz kreuzte: „In den Lus dieser verdammten Barke wollen wir segeln und sie entern!" ries er im südlichen Dialekt und mit mehr als see männischer Keckheit. Dieser Dian» war Batidar. Aus diese Weise offiziell von der Absicht de« Kutter« durch seinen Kommandanten benachrichtigt, achteten wir mehr auf seine Manöver, al« auf unsere eigenen, die nur darauf binausgingen, eine» Ankerplatz zu erreichen. Die leichte Breeze, welche bis dahin geweht Halle, starb völlig ad, und jenseits der Felsen und Sandbänke, hinter welchen wir völlig gesichert lagen, bildete das Meer eine spiegelglatte Fläche. Der Kreuzer zog, nachdem er mit Hülfe de« letzte» Reste« von Kühlung die Znsel umschifft hatte, alle seine Segel ein und schob seine Ruderstange» au«, um mit ihrer Hülse über die glatte Fläche weg zur Goölcilc zu gelange», die, in der Enlsernung vo» ungefähr einer Meile, völlig bc- wegungslo« lag. Diese Ruderjagd währte kaum eine halbe Stunts, da der Eifer der Ruderer außerordentlich war und da« leichte Fahrzeug mit Blitzesschnelle durch die Fluche» schnitt. Bald nach Verlauf jener halben Stunde sahen wir den Kreuzer seine Ruder einzichen, gleich wie die Seemöve ihre Flügel zusammknziebt, wenn sie den Rücken der Welle, auf ter sie auSruhen will, erreicht hat. Am Bord der Goistette wurden einige Kanonen abgefeuert; der Kaper antwortete mit einigen Flinten- und Pistolenschüssen, denn die Kanonen mangelten ihm . . . Darauf hörten wir nicht« weiter; die große Goälctte war gezwungen, vor dem kleinen Kutter ihre Flagge zu streiche». Mitten i» der Nacht langte der Kuller «nsern von dem Platze a», de» wir als Zuschauer eingenpnunen hatten, »ud führte da« über wundene Schiff, da« wenigstens zweimal so lang war, als er selbst, mit sich am Schlepptau. Die Gcülene hatte eine Tragbarkeit von 140 bis ISO Tonnen, war mit sechs Kanonen bewaffnet, hatte 2S Mann Besatzung a» Bord und war mir fcinem Mnndvorralh für da« Osfizier- korp« des Englischen Geschwader« beladen, da« in der Nahe der Kap Finisterrc kreuzte. In Folge diese« Ereignisse« fragten wir di^Lootsen der Insel Batz, wer der kühne Commandeur de» siegreichen Kutter« seh, und erhielte» zur Antwort, daß er Antonio Balidar beiße, daß er entweder ein Ba«ke, ein Portugiese, oder wohl gar ein Spanier und ei» über alle Be schreibung hinaus verwegener Bursche scp, dem da« Größte gelingen werde. Die Nieder.Brclagneschc» Loolscn griffe» der Zeit vor und verkündeten im Vorau« sei» Geschick. Nachdem wir den Namen unsere« Helden gehört batte», war es unser größter Wunsch, jh» zu schelt. Um unsere Neugier einigermaßen zu verdecken, begaben wir un« cm Bord de« Kutters, um dem BrschlS- haber desselben unsere Glückwünsche darzubringcn, die er empfing, ohne einen besonderen Werth auf unsere Aufmerksamkeit zu legen. Aber trotz dieser Gleichgültigkeit, die nur durch eine große Bescheidenheit oder eine eben so große Indifferenz zu erklären ist, sägte ec hinzu, daß wir, wenn wir uns noch eine kurze Zeit gedulden wollten, bald ganz andere Dinge sehen würde». Im klebrigen war Capitain Balidar ein hübscher Bursche; er batte eine große Figur, ein offene« Wesen und eine nicht gewöhnliche Beweglichkeit. Ich bemerkte, daß seine Augers die von hohen Brauen überwölbt waren, durch Wimpern verdcckt wurden, die mindesten« einen Halden Zoll Länge halten. Im klebrigen trug er auf seinem Schiffe, nach Art und Gewohnheit anderer Kaper-Capitainc, eine kurze runde Jacke und lange blaue Beinkleider, wie seine Matro sen. Seine männliche Schönheit und die Energie, die sich in seiner ganzen Haltung aussprach, reichte» übrigen« vollkommen bi», um ihn, inmitten seiner Equipage, für den Capitain zu crkenne». Z» der That war diese Würde da« Einzige, wodurch er sich äußerlich von ihnen un terschied. Er selbst wußte so gut, welche Gewalt sein glückliche« Acußere aus seine Umgebung ausüblc, daß er lächelnd mit dem Finger aus sein» Augen deutet» uud sagte: „Hier habe ich die großen Epaulettcu eine« Fregatten-CapilainS." lind in der That gehorchte» die Matrosen blind lings dem Winke seine« Auge« oder seines Finger«, und nirgend« ist die seemännische Subordination besser gehandhabt worbe», al« auf den Schissen, die dieser „Manu au« Nichts" kommandirte. Die Englische Gokleuc, deren Wagnabme unter unseren Äugen vollbracht worden war, wurde unverzüglich abgetakelt, um in dem Hafen von Roscoff verkauft zu werden, der nur ri»e kurze Strecke »0» dem Ka nal der Insel Batz entfernt ist. Sie wurde bald darauf unter dem Namen „Esperance" für Rechnung de« Herrn Guilbem i» Brest wieder aus gerüstet, der sie forischickie, um i» der Nah« von Isle-de-France zu kreuze». Der kleine Kutter, der von Balidar kommanditt wurde, al« er sich der „Esperance" bemächtigte, war einer jener leichten Sommer-Kreuzer, die die Kaufleute zu Calais, Boulogne, Dieppe und St. Malo au«, rüsteten, um sich während der Windstillen mit ihren Rudern den großen Englischen Schiffen zu nähern, die sich in jenem Kanal einfauden, und sie anszubringen. Nachdem unser Portugiesischer Capitain eine» so schla genden Beweis seiner Geschicklichkeit lind seines MiitheS abgelegt balle, ward e« ihm nichl schwer, für den Winter-Kreuzzug, der sich vorberei tete, da« Kommando eine« größeren Schifft« zu erhalten, al« da« war, womit er ein so glänzende« Debüt bestanden halte. Im nächsten Win ter sehen wir ibn aus dec Rhede der Insel Batz Anker werfen, und zwar unfern von dem Orte, wo wir ibn da« erstemal getroffen halten. Er kommandirte eine» schönen Logger au« Calais und hielt sich über zeugt, am Bord desselben, das Seinige zum Ruin de« Englischen Han del« beizuiragen Der Name dieses Loggers war, wenn ich nicht irre, „la Revolution". Die Namen der Schiffe entschwinden meinem Ge- dächlmffe nur zu leicht, wenn die Männer, welche sie befehlig»», sich da« Privilegium erzwinge», sich ausschließlich meiner Einbildungskraft zu bemächtigen. Al« er sich von dem AuSrüstungshasen nach der Insel Batz begab, batte er seiner Mannschaft ein meikwürdigbs Beispiel seine« kalten Blutes und seiner Geistesgegenwart gegeben. I» der Bay von Lannion fiel er, in dem Augenblick, wo er ein kleine« Sprachrohr an den Mund setzte, um seinen Leuten einige Befehle zu ertbeile», von der Gallen» in« Meer und begann nun, inmitten der Wellen, mit lauter Stimm» die Manöver zu befehlen, deren Ausführung zu seiner Rettung nölbig waren. Dies war unbedingt da« erstemal, daß der Capitain eine« Schis se« im Schwimmen seiner Besatzung mit dem Sprachrohr Befehle »r- Ibkille. Wenige Tage nach seiner Ankunft aus der Rhede, wo er feinen Anker in unserer Nähe auswarf, um einen günstigen Wind zum Beginn seine« Kreuzzuge« abzuwarte», vernahm Balidar, baß ei» großer Logger von Iersev auf der Höhr der Insel Batz kreuze, um den drei ober vier Kapern, welche sich jn dem Hafen derselben befanden, den Ausgang ab zuschneiden. Die Gelegenheit, seinen Winier.Krenzziig cb»n so glänzend zu eröffnen, wie er den de« Sommer« beschlossen halt», schien ihm gün-