Volltext Seite (XML)
540 Murat mit jener stolze» Wurdt, die seiner schönen Gestalt so wohl stand, „Sie werden meinem Bruder Franz erzählen, was Sie gesehen und was Sie gehört habe», und dann noch hmzufügen, daß ich diese Nacht schon abreise, um «ein Königreich Neapel wieder zu erobern." Lie Geschichte hat uns das klebrige gerichtet. Audienz Les Türkischen Gesandten Sollman-Musiaftr-Aga hei einem Minister Lndwig's XN Da der Herr van Lyonne, Minister und SlaalS-Sccrctair, der das Departement der auswärtigen Angelegenheiten verwaltet, Montag den 18. November dem besagten Mustaser-Aga durch den Herrn von der Giberle, einen Hof-Kavalier, der um ib» ist, Halle anzeigcn lassen, daß er den nächsten Tag um neu» llbr Morgens in seinem Hanse zu Su- resne bei ihm Audienz haben könne, so begab sich besagter Gesandte zur bezeichneten Stunde mir seiner Sune in drei sechsspännigen Wa gen dahin; nachdem die Wagen in dell Hof hiucingcsahrcu waren, stieg besagter Gesandte aus und ging die Treppe huiaus, ohne von irgend einer Person des Hausstandes besagten Herrn von Lyonnc'S empfangen zu werden. Der Herr von Kives, der cs dri dieser Gelegenheit eben so wie der Kiasa oder Intendant des Groß-Wesirs in Asien mit den Bolschastcru machte, ging besagtem Geschäftsträger drei oder vier Schrill entgegen; dann, nachdem Beide aus zwci gleichartigen Sesseln Platz genommen, ließ er ihm nach einigen höslichcn Worten Kaffee bringe». Besagter Mustaser-Aga Halle den Herrn von Lasontaine, ,einen Dvl- melschcr, zum Herrn von Lyonne gesandt, um zu erfahren, wann er Audienz haben könne, und besagter Herr von Lyonne empfing densc oen fitzend, mit bedecktem Kopse, und sagte ihm, baß er zur Zeit noch mit etwas beschäftigt scv, daß aber sein Herr sehr bald vorgclassen werde» solle. Kurz darauf zeigte man dem Gesandten an, daß cr kommen könne; cr verließ den Saal, in welchen: cr sich befand, und ging durch eine große Gallcrie, die halb mit Personen angcsullt war; er kam in dem Gemache an, wo besagter Herr von Lyonne ihm Audienz gebe» sollte; dieser befand sich dort mit mehreren Personen seines Gefolges; er und »iiicr von dem Gefolge standen, als der Gesandte eintral. Im Hintergründe des Saales stand ein Ruhebett von Goldstoff, woraus Polster, ebenfalls von Goldstoff, lagen, und zu Fußen desselben war aus einer Art von Erhöhung ei» mit Gold und Seide durchwirk- ter Persischer Leppich ausgcbrcitet. Der Herr von Lyonne stand auf diesem Teppich. Als der Turke bis in die Mine des Saales vorge- treten war, neigte cr den Kopf mehrere Male sehr lief, um nach der Sitte seincs Landes zu grüßen, woraus der Herr von Lvonne durch Ab- nchmt» seines Hutes, de» cr jedoch gleich wieder aufsetztc, ihm ant wortete. Besagter Herr von Lvonne irahm auch sogleich auf dem Ruhe bett Platz, lebnte den Rucken gegen die Brokat-Polster und ließ für besagte» Abgesandten ein mit goldene» Frangen befctzlcs damastenes Polster bringen. Als der Türkische Minister sich gesetzt halte, zerstreute sich Beider Gefolge rings umher, das des Herr» von Lyonne zu seiner Rechten, und das des Türken zu seiner Linken. Der Herr von Lvonne ließ den Herrn Dervieur, Stallmeister dec Marschallin von La Mothe, näher treten, der ihm als Haupt-Dolmetschcr diente, da derselbe die Türkische Sprache aus dem Gründe verstand Besagter Herr von Lvonne hielt sodann eine Rede an den Türkischen Minister, dic der Herr Dervieu^ satzweise, wie er sic aussprach, übertrug. Ungefähr folgendermaßen, wie einer der dabei Gegenwärtigen berichtet har, drückte sich bcsagtcr Herr von Lyonne aus: „Weil ich erfahren, daß Sic, als Sic mich um rine Audienz bil- ten ließen, mir den Titel Groß-Wcfir bcigelcgt, und daß Jemand Ihne» gesagt habe, eS gebe in Frankreich drei Groß-Wcstrc, so glaube ich mich vor allen Dingen verpflichtet, Ihnen eine so falsche Meinung zu beneh men, die überdies dem Ruhm des Kaisers, meincs Herrn, zu nahe tritt. Ich thue Ihnen also hierdurch kund, daß cs in diesem Reiche wctec Einen Groß-Wesir, noch drei, »och irgend cinc andcrc Autorität gicbl, als die des Kaisers selbst, dessen Minister weiter nichts sind, als ein fache Vollstrecker der Befehle, die er an jedem Tage und zu jeder Stunde mit eigenem Munde in allen Geschäftszweigen crthcilt, seh cs in geistlichen Angelegenheiten, denn er ist sehr gottesfürchtig, oder seh eS in Politik und Staatssachen, im Scewcscn, in der Rechtspflege, im Handel, i» den Finanzen, sey es endlich im Kriege, denn cr ist sehr tapfer, oder handle es sich um Ruhm, denn cr ist stets bereit, seine Freunde mit der Kraft seiner Heere zu unterstütze», die immer siegreich find, mag er sie nun persönlich oder nur durch seine Untergebene» befehligen, wenn sie unter seinem Namen und tuiker seinen Fahnen sechten." „ES ist wahr, daß während seiner Minderjährigkeit, als der Köni gin, seiner Mutter, dic Verwaltung des SlaateS oblag, sich diese einer Die Zeitungen von UM und u>70 meiden diese Gesandtscbast, olmc Ikdo» obiger Einzelheiten zu erwähnen, die tick ui den Manuskripten des Herrn von Brcteuil, dcr damals Lie Gesandten vorjulicllen hatte, verzeichnet unden Jene Platter sichren nur a», daß Mussasel Aga in den ersten Tagen des Monac August IM in Toulon anlangtc, daß ihm überall große Ehren bezeugungen erwiesen wurden, daß er de» z. November durch das Dauvhi- nenthor in Paris einzog, daß er im Hotel Venedig am Daupyineuvtaye wohnte und am Sten eine Audienz beim Könige halte. — In obiger Relation ist eg besonders mteressgut, wahriunehme», mit welcher gewincnhastc» Strenge man HM bemühte, die Grobheiten z» erwicdern, die sich das dama lige Türkische Ceremvnisll bei der Aufnahme Europäischer Gesandten er laubte. Hcutigeötages weiß Mahmud allerdings die Forme» besser zu beobachten. einzigen Person »»vertraute, der fie eine Macht verliehen hatte, die Uttgefähr derjenigen gleich kam, welche die Groß-Westre des Olloma- uischen Reiches besitze». Aber sobald unser Kaiser das Alter erreicht halte, um selbst regiere» zu können, Hal ec sich allein alle Macht Vor behalten, er überläßt Niemanden, wer es auch sev, das geringste Theil davon, er sieht Alles, Hörl Alles, bestraft Alles, befiehlt Alles, arbeitet ohne Aufholen den ganze» Tag i» seine» Geschäften, und denkt nur darauf, seinen Uttterlhanen Gerechtigkeit widerfahre» zu lasse», und durch diese HandlungSwcisc ist er die Wonne seiner Völker und ein Gegenstand des Staunens und dcr Bewunderung der ganzen El'risten- heil geworden. Ich selbst, de» Sic hier angcstclll sehe», wie cs ei» Groß-Wesir in Konstant,»opcl sehn würde, ich bin nichts als ei» un- bcdculeiider Schreiber Sr. Kaisers Majestät und habe leine a»dcrc Funclionen, als früh und spät die Beschlüsse auszuschreibk», welche Er in den Geschäften faßt, die sich auf daS besondere Amt beziehe», das ich vcrwalle. Nachdem ich sic zu Papiere gebracht habe, lcgc ich stc Ihm vor, um zu erfahre», ob ich seinen Wille» und seine Meinungen richtig auszcsaßl, und Er verbessert oder genehmigt das, was ich IVm vorlcgc, je nachdem es gut oder schlecht ist. Die andere» Schreiber verfahre» eben so, jeder in dem Bereiche des Amtes, womit dcr Kaiser sie beehrt hat; da es aber keine» Minister giebt, der über uns stände, noch Jemand dazwischen, und da dic auswärtigen Angelcgciihcilcn mir besonders übcrwicscn sind, so will unser Kaiser keine Verschiedenheit in dcr Behandlung unter seinen Botschaftern und denen Ihres Herrn dulden, wie auch keine zwischen den beide» Kaisern, hinsichtlich ihrer Würde, ihrer Größe und ihrer Macht stallfindcl; cr Hal mir also an- besohlcn, möge» Sic nun Bolschasicr oder nur Gesandtcr scv», mit Ihne» auf dirsclbc Wcisc zu unlerhandcin, wie die ersten Minister Ihres Kaisers mit seinen Botschaftern und Gesandten, das heißt, ich soll mich aus ein Ruhcbclt setzen und Ihnen nur eine» Scffcl anbielen, ich soll nicht vorircicn, weder um Sic zu empfangen, noch um Sic zu begleiten; ich muß Ihnen selbst crklärcn, daß ich nicht weiß, ob Sic dcr Kaiser, mein Hcrr, wenn auch das Wort ..chstclst'. welches so viel wie Botschafter bedeutet, sich in Ihrem BcglaubigttnzSschrcibr» befindet, in dieser Eigenschaft empsaugen wird, sofern Sic ihm keine Geschenke üdcr- bringcn, wie er sie Ihrem Herrn durch seine Botschafter zu übersenden pflegte, zumal da er erfahre», daß dic Minister der Pforte Ihrem Kai ser vorgcspicgelt haben, cs scycn Tributzeichcn, welche die anderen Herr scher ihm schickten; von Seiten meines Herr» sind cs jedoch nur Zei chen seiner Großmulb und seiner Zuneigung.^ Nachdem dcr Herr von Lyonne diese Rede an den Türkischen Minister becndcl Halle, wollte ec mit ihm in Unterhandlung treten; er besah! daher seinem Gefolge, sich zlirückjuzichkn, und der Turke ihat ein GlcichrS gegen seine Leute; cs blieben nur dic Herren Dervieur und Lafontaine, Letzterer der Dragoman des Türkische» Ministers, ats Dolmetscher zurück. Länger als zwei Stunden unicrhandclten sie mit einander; nachher ließ der Derr von Lvonne Kaffcc und Sorbet bri», gen. den man ihm knieend und dann dem Türkischen Minister stehend überreichte, und Letzterer äußerle sich sehr zufrieden über diese Audienz. (IkuouiUi im inöllits relaiis. ü l hislnire sto hranco.) Bibliographie. I/anhorxo cli ü trois ftins. — Von Bcauoois und Rover. 7, Fr. Schwel«'« ein IPivorru. — Von Morlonvai 2 Boc >3 Fr. tchinilzuo st,-« zstaivü stiniuo» ü leu. Von Baudens. 7^ Fr. (laste civil punsiui ste ioinziiru st'LuUicbu — Ukbcrsctzt von Declerrg. 7 Fr. stanliizuit,'» innninnonlalo«. — Von Eaumcnl. Füllst? Ablhciillng. k2 Fr. s-v8 steux cnmmunstuui— Es» Gerber. 2 Bdc. 13 Fr. lsssoi st'une zchilni-ozchiv stu I'art. — Von Robert. 6 Fr. Mannigfaltiges. — Rom und Herr von LamcnliaiS. Der bekannte Abbe de LamcnnaiS Hal so eben in Paris unter dem Titel „ästaiee ste linmo" dic Geschichte seiner Kontroversen mit dein Päpstlichen Stuhl hcrauSgegrben. ES wird darin unter Anderem ei» Schreiben des Kar dinal Pacca milgeibcilt, in welchem die politischen Ansichten des Rö mischen HoscS offen dargelcgl weiden. Herr von Lamrnnais berichtet zugleich über seinen Aufenthalt in Rom, so wie über die Eindrücke, die er auf seiner Reise durch Italien gesammelt hat. — Ein alter bewährter HauSpoct. Thomas Tuffer gab im I. ISS7 ein Büchlein heraus, welche« cr „Hundert gute HaushaltS» Di»ge"°) nannte, und worin er i» Verseil den Landbau und die HanS- wirthschaft, so wie Sitten und Gebräuche seiner Zeit besang. Diese Verse wurden so populair, daß sic jeder Landmann auswendig wußte, und daß einzelne Bruchstückc davon noch jetzt, nach beinahe dreihundert Jahren, im Munke de« Englischen Volkes leben. Da aber seit langer Zeil kein Abdruck derselbe» erschienen und zu besorge» war, daß die Erinnerung an den bewährte» HaiiSpoelen nach und »ach verloren gehe, so hat ei» Pächter in Esser, Herr EharlcS Elarke, einen ncne» wörtli chen Abdruck besorgen lassen, der jedoch ohne Ksmmcnlar dem Auslän der kaum verständlich seyn möchte. '! L tmiMrccki voock Pointe« ok HasdanNetr. 8«l lori» dz, Ptu>a>„ 6cutlemr»o. Herausgegeben von her Redaktion der Allg. Preuß. StaatS-Zeitung. Redigirt von I. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Hayn.