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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration»- Preis 22^ Sgr. Air.) vierteliährlich, 3 Lhir. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man pränumerirt auf dieses Beiblatt der AUg. Pre Staat». Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren-Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 123. Berlin, Mittwoch den 12. Oktober 1836 Italien. Subiaco und seine Bewohner. Der Reisende, der Italien kennen lernen will, das Ur-Italien, seine Ueberlicserungen, seine» Glauben, muß die gebahnte» Wege ver lassen, die antiquarischen Forschungen und die Museen aufgcbcii und den langweiligen Reise-Wegweiser vergessen. Er muß seine Rechnung inil dem Himmel abschließen und die entlegensten Gegenden in de» wFnig oder »och nie belrelenen Bergen, in den Alpen, de» Apenninen, d.n Abruzzen, i» Kalabrien und in den Sumpfen der Mal-Aria ducch- andern. Da wird er unbekannte Völker ausfiudc», die noch nie ein Fremder besucht, Sitten, durch keine moderne Civilisation abgcschliffen, von denen der Nordländer keine Ahnung bat. Hier sieht der Beobachter Italiens Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; da trifft man noch das alte Itallen, das Ur-Italien mit feigen Laster» u»d seinen Vor zügen. Die Bergbewohner sind zu allen Zeiten in der Geschichte der Menschheit die Bewahrer der National-Erinnerungen gewesen; in Italien aber sind die alten Sitten imd der alte Glaube, mehr als bei zedem andere» Volke, vor der Zivilisation zuriickgcwichc» und haben ein Asyl auf den Gipfeln jener Gebirgskette gesucht, welche Lie Halbinsel von Norden nach Sude» durchzieht. Bor der Revolution wurdet, die Hanplstädle der verschiedenen Staaten eine Beute der philosophischen Eroberungen des achtzehnten Jahrhunderts, deren Einfluß die höchste» sowohl wie die miiilercu Stände mehr oder minder empfanden. Napoleon'» Eroberung aber bat Italien vollkommen dcnalionalistrt, es hat durchaus nichts Charakte ristisches bewahrt, es ist Italien mit Französischen Idee». Atom und seine Provinzen bliebe» zwar miudcr lange unter dem Joch de» große» Mannes, doch hat die Fluch der Reisenden, die e« seit achtzehn Jahre» überschwemmt, diese Hauptstadt der Christenheit in eine völlig nordische Stadt umgewandelt. Die Völker des Kirchenstaates und der Gebirge in den Umgebun gen RomS wurden also am welligsten frauzösirt, ich möchte fast sagen europäisirl. Kaum vier Jahre bestand eine geregelte Regicrungssorm unter der allgemeinen Auflehnung der Einwohner gegen eine Macht, die ihre» Gewohnheiten und ihren Gefühlen entgegen war; von da an bi« jetzt haben nur wenig Reiselide diese Gegenden durchwandert: es sangen jetzt kaum einige Maler an, weiter vorzudringen. Lie Bevölke rung der Gebirge an' den Gränzcn des Kirchenstaates und des König reichs Neapel hat daher noch das meiste Italiänische National-Geprägc bewahrt, und hier muß man dieses interessante Volk siudiren. Um nach Subiaco zu gelangen, kömmt man durch jene eben so traurige als schöne Römische Campagna und durch Tivoli, wo man nur kurze Zeil verweilt, denn hier ist "nichts Italische» al» die Schönheit ter Frauen. Nach einer zweitägige» Wanderung betritt man endlich da» liebliche, lachende Thal von Subiaco, da« die schnellen Gewässer de» Anio bespülen, der bei Tivoli den Namen Tcverone a»nimmt. Hier bietet mG die Natur den heitersten und verschiedenartigsten Anblick dar; e» giebt nicht» Reizendere« und »ich,« Bezauberndere«, al» diese vom Ackerbau belebten, fast bi» zum Gipfel bebaute» Berge. Erst wenn man ganz nahe daran ist, erblickt man Subiaco, da» überaus romantisch liegt; die Stadl ist um einen kegelförmigen Berg herum gcbaut, auf dessen Gipfel ein alte» Schloß, der Aufenthalt de« Päpstliche, Vikars (jetzt Kardinal Galessi), thront; sie zählt fünf- bi» sechstausend Einwohner, meist Ackerbauer und Handelsleute, und einige Adelige, die sehr zurückgezogen leben. Die Bauart der Stadt ist ziem lich gut, und der Ort wurde durch Pius VI., der hier al» Vikar resi- dirle, bedeutend verschönt; ihm ist auch ein Triumph-Vogen am Ein- gaugsthor, an der Seite nach Tivoli bi», errichtet worden. Auch einige Spuren von Industrie gewahrt man hier, Papiermühlen und eine Schmiede. Weiter hj» im Thal, ungefähr eine halbe Meile von Su biaco, liegt auf einem Bergrücken da« Kloster der heiligen Scholastika, im Anfänge de» sechsten Jahrhundert« vom heiligen "Benedikt unter dem Namen de» heiligen Cosmu« und heiligen Damian» gestiftet und ipäter seiner Schwester Scholastika nach ihrer Heiligsprechung geweiht. Die Zahl der Benediktiner-Mönche, die c» jetzt bewohnen, ist sehr genug, e« sj„d »»r noch zwölf darin; da« Kloster ist weitläufig und schon; seine Lage ist herrlich, den» e» beherrscht da» ganze Thal. In den verschiedenen Gebäuden, aus denen e» besteht, kann man die Archi- oktur der einzelnen Epochen, vom zwölften Jahrhundert bi« aus unsere Zeilen, siudiren. Ein Golhischer Thurm,'mit weißen Marmorsäulen umgeben, siebt am meisten die Aufmerksamkeit de» Beschauers auf sich; auf den Säulen im ersten Klvflerhofe sind die Bildnisse aller Könige gemalt, di« da» Kloster mit ihrer Gegenwart beehrten, eben so die der Kaiser und Päpste, die cs mit Wobllhalc» überschütteten. Es bleiben dem Kloster noch jetzt 80,000 Livre» Einkünfte; die Bibliothek ist sehenswert!) und zahlreich, aber die Mönche, obgleich Benediktiner, sind sehr wenig unterrichtet. Einer von ihnen, den ich genauer kannte, war ein vollkommener Stutzer, sehr gewählt in seinem Äeußercn, ein ganzer Weltmann, der an nichts weniger dachte, al» an sein Kloster; er besaß die besten philosophische» und literarischen Werke Frankreichs. Wenn man auf de» Felbwäudcu weiter fort klettert, so kömmt man durch ein hübsche» Eichen-Gehölz, das hier ganz einsam grünt und ge gen die ringsum herrschende Dürre angenehm absticht. Dann gelangt man zum Kloster de» heilige» Benedikl u»d der heilige» Grolle («euer» «Poco), da« ebenfalls vom heiligen Benedikt, der mehrere Jahre unler diesem Felsen lebte, gestiftet und zuerst dem heiligen Silvester geweiht wurde. Die ganze eine'Seite de» Kloster« ist am Felsen herab gebaut und gehört verschiedenen Epochen au; ein Theil der äußere» Mauern war mit sehr schöne» Fresken bedeckt. Da« Innere de« Kloster« ist ge räumig; in mehreren Säle» sind schöne Fresken und kostbare Gemälde. La» Refektorium war früher cbcnsalls mit Frcsko-Malercien geschmückt: die Mönche aber, die es zu dunkel sande», ließe» c« weiß übertünchen; nur die beiden kleinere» Wände des Saale» sind noch wohl erhalten und werde» von de» Künstlern sehr bewundert. Die Kapellen liegen über einander gethürmt im Mittelpunkt des Kloster», über und unter der Grotte de» heilige» Benedikt; es sind deren neun in drei Stock werken, alle mit Fresken all« dem vierzehnten und fünfzehnten Jahr hundert verziert, die man nicht ohne Staunen betrachten kann. Datum und Namen der Maler sind dabei bemerkt: c» waren Griechen, wie viele dec Küiistlcr in Italic» zu jener Zeit. Die Freske» sind »och immer von bewunderungswürdigem Kolorit, vor« unbegreiflicher Frische und herrlichem Glanze; einige sind ausgcbcffcrt und dadurch verdorben. Die Grotte, in die der heilige Benedikt sich zurückgezogen, ist mit einem Altar und mit seiner Statue von Bernini verziert. Nicht» bringt einen lebhafteren Eindruck hervor, als diese wunderbare Verkettung auf eiu- nuder folgender, mall cricuchlcler Kapellen, in denen sich Einfachheit nn! Größe vereinigt. In der Sakristei sind mehrere sehcnSwerthc Ge mälde und Reliquien, unlcr andere» ein Stock vo» der Größe de» hei ligen Benedikl; er maß ungefähr siebe» Fuß °). Das Kloster wird von de» Kenedikiinern bewohnt; die Diener mit eingcrechml, sind aber nur zwanzig Personell darin; c» bat 4000 Livres Einkünfte. Der Neapo litanische Herzog von .... Hai sich nach einer glänzenden politische» Laufbahn hierher zurückgezogen, um vor srincn Gläubiger» geschützt zu sevn; ei» Wcltgcistlicher darf hier nur mit besonderer Erlaubniß de» Papstes Ausnahme finden. (Schluß folgt.) Isla n d. Isländische Skizzen. (Schluß.) Der Gcvscr springt nicht regelmäßig; cr ist dem Einflüsse de» Re gens, de« Winde« und der Iahreszcüe» unterworfen. Wir hallen, um den Ausbruch i„ der Nähe zu beobachte», unser Zelt zwischen den Quelle» selbst aufgcschlagen. Während de« Tages sürchtcle» wir uns, uns auch nur einen Augenblick zu entscrnen, und de« Nacht« wachten wir abwechselnd, um uns die merkwürdige Naturerscheinung ja nicht entgehen zu lasse». Wir wurden mehrere Male durch den Ruf des jenigen geweckt, der die Wache hielt. Da» Becken des Eevser gerietb in Bewegung. Man vernahm eiiien unterirdischen Kanonendonner, und der Bode» erzitterte, gleich al« wenn er au« einander fahren wollte. Wir liefen in aller Eile auf den Hügel zu, aber der Gcyser, der sich gleichsam über nn« lustig machen wollte, stieg nur bi» an die Kies- schale imd ergoß sich dann langsam gleich einem Waffergefäße, das überläuft. Endlich, nachdem wir zwei Tage vergeblich gewartet, feuer ten wir unsere Flinten ab und warfen eine Menge Steine in den Strockr. Auf einmal fing das Wasser zu brüllen an, al« wenn e« die von uns ihm zugesügte Beschimpfung bi« tief in da« Innerste empfun den hätte; daraus stürzte c» in gewaltigen Sprüngen hoch empor, warf Alle» wieder au», was wir hineiiigeworscn, bedeckte das ganze Thal mit einer Schaumdecke und hüllte e» in eine Rauchwolke ein. Die mit *) Am Eußc der Grotte leigt man eine» Rosenstrauch, der ehemals nur ein Dornenacnist war, aber in jene« Gewächs verwandelt wurde, weil ßch der heilige Benedikt darauf geworfen hatte, um einen bösen Gedanken zu ver iaacn. Shnc Liefe Tradition in Zweitel Oeben zu wollen, scheint es, daß der Heiliqc die Kunst, zu pfropfen, zuerst >» diese« Thal brachte: auf einer E"»ke an der äußeren Mauer ist er, einen Rosenstock viropfend, dargesteut