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496 Einfluß dcr Städte gelitten. Bürgerliche Freiheit und Gleichheit herrscht überall, und mehr verlangen sie nicht. Zu Italien ist die Verschiedenartigkeit so groß, daß sich säst bei jedem Schrille Gewohnheiten und Charaktere ganz und gar verändern. Die Männer sind fast überall gleich gcklcidel, hie Trachten der Frauen hingegen wechseln mit jeder Lokalität. Ihre gewöhnliche Kopfbedeckung ist der weiße leinene Schleier, der, ein Viereck bildend, horizontal auf dem Kopfe befestigt ist, und dessen Seiten in Fallen auf Schullern und Nacken herabfallen; nichts ist anmulhigcr und origineller. Diese schonen Italiänischcn Figuren erscheinen wie cingerahml unter diesem Schleier, der in dcr Thal etwas Gcheimnißvollcs Hal. Das Acußere dieses Volkes ist mehr edel als schon, die Masse hat nichts Merkwür diges, doch haben alle eine bestimmte, geistreiche und kräslige Physiog nomie; die Frauen sind meistenihcils sehr streng; nie wird Dir eine Ztaliänische Bäuerin öffentlich irgend eine Freiheit gestatten. Sie sind von herrlichem Wuchs und habe» schön geformte Kopse und Schultern, und obgleich im Allgemein!» sehr wenig bemittelt, tragen sic sich doch febr reinlich und sehen nicht so von Ärbcit abgchärtci aus wie unsere Bäuerinnen. Zn Subiaco wohnt mau bci cincm Französischcn Koch künstler, dcr eine Bäuerin aus dcr Umgegend gchcirather Hal, die sehr schön und klug ist. Dcr Tanz des Landes, den man im ganzen südlichen Zlalicn sicht, ist die Sallarclla; sie ist hinreißend, anmulhig, lebhaft und Icidcnschafl. kich; doch tanzl man in JläUcn wenig, weil das Volk im Allgemeinen nachdcnkcnd und ernst ist. Die Volks-Musik ist sehr eintönig/die Me lodie dcr Sallarclla wicdcrholt sich unausbörlich. Der Bewohner dcr Römischen Gebirge gleicht dem der Abruzzen; Frcimülhigkcit, Rauhheit, Ehrlichkeit und Gastsreundlichkcit sind die Hauptzüge seines Ebaraklers; cr sucht die Fremden aus und kömml wil lig ihren Wünschen zuvor-, cr crkcnnl kcincu Obcrbcrrn an, und kaum tegrcist cr, was cinc Rcgierung zn bedeuten habe; ohne einen klaren Be griff von Gleichheit zu haben, ist er dcr größte Dcmokral in Europa; er duzt Dich gewöhnlich. Ohne Dich zu kennen, fordert cr eine Prise Laback odcr nimmt sic aus Deiner Dose, indem cr bloß z>vnmos«o sagt. Nic hat cin Titel Eindruck aus ihn gemacht. Gesetzlich giebl iS «ine Aristokratie im Römischen Staat, wenigstens wird sie durch die Majorate in einigen Familien noch erhalten, saklisch aber ist keine zu sehen. Die Aristokratie beschränkt sich aus die Fürsten, die, persönlich betrachtet, eher Diener als Herren sind und gar kein Ansehen genießen. Bei unserer Ankunft in Subiaco sahen wir einen jungen Priester aus der Kirche kommen, wo cr zum erste» Mal die Messe gelesen balle; feine Freunde und Verwandle, die ibn mit Blumen geschmückt ballen und ihm die Hände küßlcn, führlcn ihn durch Ebrcnpforlcn von Laub werk und unlcr allgemeinen Freuden-Ausrusungcn ins väterliche Haus zurück; cs war cin Fcst sür die Sladl und cin Tag des Ruhmes für die Familie. Dcr Oberste in diesen Bergen ist dcr Pricsicr, dcr Freund aller Familien, derjenige, welcher die Gefühle dcr Menge ibcill; zwischen ahm und seiner Heerde wallet vollkommene Einigkeit. Dicsc Einigkeit zwischen Priester und Volk unlcr cincr Tbcokralic hat sicherlich zu den herrschenden demokratischen Gesinnungen viel bcigetragcn. Nichts ist den selben günstiger als der Katholizismus, vorzüglich in Rom, wo man Hirten den Stuhl des heiligen Petrus besteigen sah. Die Berge des Kirchenstaats sind nicht febr bock, aber doch einen Theil des Jahres hindurch mit Schnee bedeckt; dann sieht man sie von Rom aus den Horizont mit einer Eis-Linie umziehen, was den Anblick der Eampagna noch trauriger und schöner macht. Der Boden der Thaler ist fast nur allein urbar, den meisten der Höhen fehlt cs an gutem Erdreich. Die höchsten Gipfel sind, wie auf dcr ganzen Apen ninen-Kelle, ohne Baume und ohne Grün, obgleich kein einziger so hoch ist, daß die zu verdünnlc Almosphärc jede Vcgclalion unmöglich machte. Die meisten der hoben Bergrücken sind mit Dörfern gekrönt, die wie Falken-Nester daran hängen; das alte lchnsherrliche Schloß be herrscht jede Hän>cr-Gruppe; doch ist cs überall nur noch cine Ruine, denn das Lebuswescu") ward hier zu derselben Zeil zerstört, wo cs in ganz Europa zusammcnstürzic. Aber wenn auch das Lchuswescn aufge hoben wurde, so.stellte sich doch erst sehr spät die Ordnung scsi; die Zeit, wo Räuberbanden das Land durchstreiften, ist »och nicht so scr», als daß die Ackerbauer cs wagten, in die Ebene binabzusteigen: sie be wohnen meist alle ganz unzugängliche Orte. Hier drängt sich cine sehr zghlrcichc Bevölkerung zusammen; aus einem Bergrücken, den die Manl- tbicrc kaum zu erklimmen vermögen, und wo man vor vierzig Zähren die Regierung kaum dem Name» nach kannte, wobnen ILOO bis iWOO Personen zusammen. Viele dieser luftigen Dörser haben Tborc, die noch vor kürzet» des Nachls bci Annähcrung irgend cincr Gefahr sich schlossen. Nur wenige Häuser stehen einsam, und alle sind von neuerer Bauart. Die höchsten Dörfer thürmcn sich mitten unter unfruchtbaren Felsen auf; die Hirten leben nur von dem Ertrage ihrer Hecrden; wah rend der Aerndtczcit gehen sie auch wohl, um zu mähen, in die Römi sche Eampagna odcr in die Pontinischcn Sümpft. Wo man aber nur die Schaufel oder den Pflug zu brauchen vermag, ist die Erde angcbaut. Die Kultur ist ungefähr dieselbe, wie mail sic ans dcr qanzc» Äpcnni- nen-Kettr anlrifft: Olivenbänme, Wcinrcbcn, die sich wie Ulmen tinpor- ranken, Korn, Hafer und Mais; wenig künstlich angelegte Wiesen und ) Das Lekmswegm hat in Italien nur im Königreiche Neapel, durch die Anüedlunq der Normannen, bestanden. Hier wird also des pchnswesenö nicht als einer Institution, sondern als einer Epoche gedacht, wo Krast und Ge walt allein herrschten t diesem Zustand der Dinge wurde durch die Päpste Alexander VI. und Sixtus V. ein Ende gemacht. gar keine Karlvffeln. Die Hdcrdcn leben beständig aus ihren Weide plätzen. Diese Art des Anbaus crsorderl mühselige Anstrengungen und ist ziemlich kostbar, denn ein großer Theil des Erdbodens am Abhänge dec Berge muß durch Terrassen unterstützt werden; doch reicht sein Er trag hin, den Ackerbauer hinreichend zu ernähren. Dieser Letztere ist selten Eigcnthümcr, zuweilen besitzt cr wohl cin Haus odcr ein klcincS Kapital, die Pacht-Bedingungen sind aber durchgängig sehr mäßig. Ma» schließt ost Erbpachten ab, die drei Generalioncn hindurch in Kraft bleiben; die Kolonisten gebcn nur das Viertel ihres reinen Er trages ab lind zahlen niemals Abgaben. Die übrigen nur in todler Hand befindlichen Besitzungen werden auf Kosten dcr Eigcnlhümcr durch Arbeits-Aufseher bcstcllt, und das ist gewiß die schlechteste VcrwaltungS- art, sowohl sür den Boden wie für den allgemeinen Wohlstand. Alles, was »ich! Besitz dcr Mönche odcr Fidei-Kommiß ist, gehört dcr Mittel- Klasse. Die Mal-Aria allein verhindert die Römische Eampagna, sich dessel ben Wohlstandes zu crsrcucn; die Geschichte der Mal-Aria und die Mittel zu ihrer Zerstörung würden ein illlcrcssankcs Werk ausmacheu. Zn jedem anderen Lande wäre sic wahrscheinlich schon längst ans den Ümgebungcn dcr Hauptstadt verschwunden, aber dazu sind Kapitalien und cine umsichtige, geregelte Regierung erforderlich. Alles, was die Päpste bis jetzt gclhan haben, ist erfolglos geblieben. Wie viel andere Gegenden Italiens, in Toskana und in Neapel, sind noch von dieser Plage hciiilgcsllcht. Mali kann ohne Ucöcrtrcibung behaupten, daß im zehnten Thcil dcr Halbinsel diese tödlliche Luft herrscht. Von Magnonconrt. Bibliographie. Imaliu e l-ostovico. — Historische Novelle von Giuseppe Vollo. — Venedig. Iponiioirio txastito. (Vcrralhcnc Freundschaft) Drama in r Akten, von P. F. — Mailand. Mannigfaltiges. — Die Frauen dcr E» gli scheu Legion in Spanien. Die Probeil voll deni schönen Geschlecht Großbrilanicns, welche von dcr Legion mit herübergebracht wurde», konnten wahrlich den Spanier» keine hohe Begriffe voll Britischer Frauc»schönc einstößcn. Ihr zer lumptes Acußcre, mit den schmutzigen Strohhütcn und vcrdudelteii Nachtmützen, reichte bin, die sauberen Scnoras in Staunen zu ver setzen und ihnen die wiederholte Frage abzunölhigen, ob denn alle Frauen in England wie diese wäre»? Die Haufen ünbcschuhter Bcwob- ncrinncn ter Grünen Insel, die mit den Irländischen Regimentern herübcrkamen, sind über alle Beschreibung erhaben, und die Figur, welche sie als Nachzügler eines Bataillons aus dem Marsche spielten, eine Pv- ramidc von Kindern ans ihrem Rücken und ein Paar auf jeder Seite cinhertrippeind, war cine gar zu merkwürdige Erscheinung für die Ein geborenen, von dcncn sic zuletzt als cin regelmäßiges, nolbwrndiges Beifügsel dcr Britischen Legion oder als eine überzählige Weiber- und Wafchsrancn-Compagnie eines ;ctcn Regiments betrachtet wurdeii. Wie es diese Zahl von Weibern, die jeglichen Transport begleitete, nnterwc- ges anstellte, sich Lebensmittel z» verschaffen, das ist unerklärlich, denn weil ihre Anwesenheit bci dcii Truppen gegc» den Beseht war, so beka men sie keine Rationen verabreicht und waren ganz ohne Geld, da sie seit den letzten sechs Wochen von ihrcii Männern keines hatten erhalten tonnen, lind doch humpelten sie mit fort durch Dick und Dünn, in gutem und schlechtem Wetter, so manche beschwerliche Meile, mit leich ten Herzen und rochen Wangen, den Beschien des Generals eben so Trotz bietend, wie de» wachsende» Plage» des Marsches, bis sie rndlich die Genuglbunng hatten, in,die Thore von Vittoria cinzuziehc». Wahr lich, wenn Irland seine Männer verlöre, so könnten seine Weiber sich erheben und für die Sache ihres Vaterlandes kämpfe». <1>velve Ülanthz in tl,o IZoilish chmAicm.) — Handschuh-Verbrauch eines GciUlcma». Ler älteste Sohn eines nicht jchr reichen Lords bemerkt-, als cr im Begriff stand, sich zu vermähle», cr sühle jetzt die Nothwcndigkcil einer Beschränkung fei ner .persönlichen Ausgaben. Man fragte ihn, wie cr das mache» wolle? Er jprach: „O, ich kann an viclcn Dingen etwas ersparen, zum Bei spiel an Handschuhen; den» bis jetzt habe ich täglich im Durschschnitl fünf Paar verbrauch,.-- - „„Wie ist dies möglich?-"' — „Das solle» Sie gleich erfahren: ich gehe aus, und meine Handschuhe werden schmutzig; ich reite aus, und sie sind ruinirt; ich gehe dann zum Diner und muß also ein neues Paar haben; am Abend ist Ball und da ge brauche ich wenigstens zwei neue Paar." (f,. ?.) — Kluge Vorsicht. Cin Iialiänischer Komponist, der seine» Tod nahe glaubte, ließ cine» Beichtvater kommen, um die letzten Trö stungen der Religion aus seinen Händen zn empfangen. Dieser wollte deni Kranke» nicht eher Absolution verstauen, bis er eine neue Oper, sein Meisterstück, de» Flammen preisgcgcbcn. Nach langem Sclbsi- kampse entschloß sich der Patient zu diesem letzten Opfer und empfing die gewünschte Absolution. Als das Uebel endlich wider Erwarten eine günstige Wendung nahm, kamen seine Freunde und wünscht«, ihm Glück; doch konnten sic nicht umhin, ein paar Vorwürfe darüber ein- fließc» zu lassen, daß er seinen Paß in die Ewigkeit — der obendrein unnölhig gewesen — so theuer bezahlt habe. La langte der Rckonva- lescenl mit pfiffiger Miene unter seinem Kopfkissen cinc vollständige Kopie des geopferte» Werkes hervor und sagte: „Glaubt Ihr etwa, ich würde mich von dem Original getrennt haben, bevor ich für cinc Abschrift gesorgt hätte?" ' (I-. ?.) HerauSgezebcn von der Nedaction dcr Mg. Prcuß. Staats-Zeitung. Rebigirl von I. Lehmann. Gedruckt bci A. W. Hap».