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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Prönumrrations Dreis 22^ Sqr. (^ Thlr.) merte'iechrlich, 3 Tdlr. süe da- ganze Jahr, ohne Le Höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. a g a für die Man pranumeriri auf dieses Beiblatt der AUg. Pr. Staat«. Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohrin - Straße Nr- 34); in der Provinz so ipie im Auslände bei den Wohllöbl. Post-Aemteen. Literatur des Auslandes. litt. Berlin, Montag den 26. September 1836. England. Die Londoner Kunsi-Ausstellungen von (836. Erster Artikel. Wktm ein gcwissenhasler Kritiker, dem aber die Zeil sehr sparsam zngemeffc» ist, vom Kontinente nach London mit dem Auftrage käme, die Englische Malerei und Bildhauerei im Fluge zu deurlbeilcn, so würde er seinen Komiuenle» ohne Zweifel nur sehr nnvollständigc Begriffe davon zurückbringen. Wofern er nicht bei seiner Ankunft mit tüchtigen Kenntnissen und hinlänglichen Empfehlungen im Vorau« genistet ist, wird er sich viel leicht begnügen, dem Hausen zu folgen, der sich nach Somerset- House drangt. Während jedoch die Haupt-Ausstellung der Akademie ihre beiden Flügellhürcn geöffnet Hal, wird das schaulustige Publikum noch von drei anderen wichtigen, aber weniger populairen Ausstellun gen, an verschiedenen Orten der Stadt, gleichzeitig zum Besuche eingc- ladcn. Man würde sich also nur einen sehr unvollkommenen Begriff von dem jährlichen Zustande der Kunst in England machen (und ein für alle Mal sep cs gesagt, daß Kunst hier bloß die Kunst der Malerei und Skulptur bedeutet), wenn man nicht die vier Ausstellungen kennen gelernt und studin hätte. e ES wird nicht unnütz sehn, jit erkläre», wie und warum sic so ge trennt sind. Ä-ir haben weder die Absicht, noch die Muße, der König!. Akademie einen Berwurf zu machen. Zm Zähre 1708 gegründet und, ohne dir Asststrnien zu zählen, aus 40 Akademikern'bestehend, füllt sic, mag sie nun eine gute oder eine schlechte Anwendung von ihren Privilegien machen, alljährlich Somerset-House mit den GemLldei, und Skulpiure» ihrer Mitglieder und ihrer Zöglinge, zum Nachtheil der fremden Kon kurrenten, welche sie nach Willkür auSfchließt. Hätte sie ihr Ansehen freisinnig ausüben wollen, so wäre die Sache nicht leicht gewesen. Ihr beschränktes Lokal erlaubt ibr nicht, aus ein Mal mehr als tausend bis zwölshundert Werke auszustellen. Demnach waren die Aquarell-Maler, die in dec Kunst eine wahre Macht bilden, im Zähre 1804 der Meinung, daß die Akademie für ihrr Feierlichkeiten ihnen keinen hinreichenden Platz gewährt. Sie wollten von nun an ihren eigenen Weg verfolgen. Mil Bereinigung ihrer Kräsle gründeten sie die Gesellschast, welche in diesem Zahre London zu ihrer 32stcn Ausstellung einlater. Dieses Beispiel von Unabhängigkeit, welches ter Erfolg krönt, sollte nicht ohne Nachahmer bleiben. Verschiedene ausgezeichnete Künstler sind es endlich müde, den akademischen Stühlen und goldenen Denk münze» ihr Gesuch vergeblich vorzutragen. Eine neue Gesellschast wird gegründet, welche alle Gemälde und Marmor-Arbeiten, mögen sie nun von Somerset-House zurückgcwiesen seyn oder nicht, ausnehmen wird. Dieser Berlin von Britische» Künstlern empfiehlt sich jetzt durch seine dreizehnte Ausstellung, die mehr als lausend Werke cnlhält. Nichts verwöhnt so sehr, als das Glück. Zhres Ursprungs ver gessend, hallen sich die seit 1804 vereinten Aquarell-Maler nach und nach gegen junge Künstler noch eifersüchtiger gezeigt, als es je die Akademiker selbst gewesen waren. Glücklicherweise ist die Quelle der Bcreinc unerschöpflich. Lie Unzufriedenen treten wieder zusammen; sic wenden sich q» die Gunst des Publikums; sic finden Ermuntcrung, und ein »euer Verein von Aquarell-Malern kündigt gegenwärtig scinc - fünfte Ausstellung in der Stadt an. ES girbl also vier verschiedene Ausstellungen, welche mit ungleichen Berechtigungen aus die Theilnahme und die Gunst des Publikums An spruch machen, von denen aber keine zu verachten ist. Wenn wir die Nummern ihrer vier Verzeichnisse jusammenrechnen, so finden wir, daß sie im Jahre 1830 zweitausendscchshundcrlvierundsechjig Werke der Zcich- nrnkttnst, der Skulptur und der Malerei, also ungesähr ö>00 Stücke mehr, als die diesjährige Pariser Ausstellung ballen. ES würde einfacher und bis auf einen gewissen Punkt auch passen der sehn, wen» sic alle, wie im Louvre, in einen, einzigen gemeinschast- lichen Gebäude vereinigt wären. Zch will jedoch nicht behaupten, daß die Trennung nicht ihre Vorihcile bat. Wettciscr wird ohne Zweifel überall aus der unmittelbaren Zusammenstcllttng von Werken entstehen; aber fördert nicht eine entschiedene und fast feindliche Konkurrenz noch besser die Fortschritte der Kunst« Zn Bezug auf die bequeme Nebcrsicht für den bloß Neugierigen und den Kunstliebhaber, wird die leichte Mühe, vier verschiedene Aus stellungen zu besuchen, nach meinrr Ansicht hinlänglich durch den Bor thcil belohnt, daß man nicht von einer einzigen allgemeinen Ausstellung überschüttet wird, die den Betrachtenden zu Boden drückt und verblüfft. Es sind also nicht weniger als vier Ausstellungen zu besehe». Dies ist ei» saurcs und mühsames Geschäft; darum werden wir sie nur schnell hinter einander durchgehen und uns bloß auf die Beobach tung des allgemeinen Charakters und der hervorstechendsten Werke einer ;eden beschränken. Wir wollen nächstens versuchen, ihren Gesammtwerlh abzuschähei,. Italien. Dante, Peirarka und Boccaz. Bon A. W. v. Schlegel. (Fortsetzung.) Wie es sich aber auch mit ter Verbreitung der Sekte der Wal denser, mu ihrer Dauer oder Vertilgung im übrigen Italien verhalle» mag, ja, wenn wir selbst mu Herrn Rosselli aunchmen, daß die Mit glieder des geheime» Vereins durchaus gleiche Ansichten gehabt hätten, so ist doch ein wesentlicher Unterschied vorhanden, der die Letzteren von jenen Ersteren himmelweit entfernt. Die Albigenser und Waldenser bekann ten ihre Ucberzeugung offen und frei; als tugendhafte Männer lebten sic »ach den Vorschriften ihres Glaubens und narbe» für denselben. Dit Bereinsgenossen dagegen verbargen sich sorgfältig und trieben die Ver stellung so weit, daß sie religiöse Gebräuche mitmachtcn, die sie im In nern verdammten, rin Benehmen, das die Waldenser für gottlos gehal ten hätten. Die geheime Gesellschaft Hal in ter Thal ihr Eebeimniß wunder bar streng bewahrt, daß »ach so viel Jahrhunderten Herr Rosetti der Erste ist, der cs entdeck«. Sic Hal dazu ei» vorlreffnchcS Mittel ge wählt, nämlich weder gehandelt noch gesprochen. Doch nein, ich irre mich, si: hat zu gleicher Zeit zu schweigen und zu sprechen gewußt; sie hat gesprochen, ja, geschwatzt, aber in einer Sprache, die sür Zeder mann unverständlich war, die Mitglieder des Vereins ausgenommen. Diese aber brauchlcn nicht mehr überredet zu werden, und die Anderen lasen, ohne sich etwas ArgcS tabci zu denken. Sie glaubte», Lieber der Liebe voll reiner, idealer Gefühle zu lesen und ahnten nichts von dem Eisthauch ter Ketzerei. Zu welchem Zweck hätten wohl so viel Dichter (denn keiner aus dieser Epoche entgeht dem Späherblick des Herrn Rosselli) ihren Geist aus die Foller geschraubt, um so viel Bemänte lungen eines und desselben Themas zu erfinden und in Verse zu brin gens Denn wenn wir die unglaublichen Auslegungen des Herrn Rosselli für wahr annchmcn, so Hal nichls i» diesen verhüllten Stellen dazu beigelragcn, auch nur eine bereits in Ausnahme gekommene Meinung zu befestigen, sondern sie wäre» ewig bloß müßige Räthsel geblieben. Man erzählt, der Barbier des König« MidaS habe, al« Letzterem eine häßliche Verwandlung widerfahren, ans Furcht, daß ihn sein Ge- bcimmß erdrücken möchte, um sich Erleichterung zu verschaffe», zwischen dem Schilf eine« Teiche« ganz leise gesagt: „Der König MidaS Hal Eselsohren!" Dcr besagte Verein gleicht diesem Barbier ausnehmend; nur war dcr Ersolg verschieden. Da« Schilf, als e« emporgewachfe» war, wiederholte iiii nächsten Zahrc, wenn der Wind es bewegte, die selben Worte, und so halte dec Barbier die Freude, da« Eebeimniß ausgcplaudert zu sehen, ohne daß man ihn einer Indiskretion beschul dige» koniile. Die Vereins-Mitglieder hingegen murmcllen, nach Herrn Rosselli, nnaushörlich zwischen den Zähnen: „Der Papst ist dcr Anti christ!" ohne daß jemals ein Echo erwachte, welches ihre Lehre populair gemacht hätte. Herr Rosselli hat einem Einwurf, dcr sich sehr natürlich darbielet, zuvorkommcn wolle». Haben die Häupter der Kirche die ganze Zeit hindurch nicht gemerkt, daß man aus sie schmähe, und daß man ihre Macht zerstören wolle« O, allerdings, sagt er, sie wußten c« sehr wohl, aber sie hielten es sür klüger, sich zu steile», al« verständen sie e« nicht. So ging Alles sein höflich vorüber; man lächle von beiden Seilen unter der Kappe, und die Nation allein war der Narr. Wahrhaftig, wenn dcr Verein von dcr Arl gewesen >värc, wie Herr Rossetti ihn schildert, so hätte» die Häupter der Kirchc sehr Recht gehabt, ihn zu verachten. Ein einziger Man» von Savonarola « Schrot und Korn war surchtbarer, al« Tausende so kindischer und erbärmlicher Gegner. Die Beförderung jede« einträglichen Aberglauben«, ter Handel mit Ablaßbriefen, die Kunstgriffe zur Bereicherung dcr schon viel zu be güterten Kirche, die Verdeckung der Sille» des Klerus und besonder« des Römischen Hole«, dcr weltliche Ehrgeiz, der NepoliSmuS und da«