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466 lungen, v>ie dem Rembrandt, welcher seine erste so vollendete Manier durch jene zweier, dir in de» Details so nachlässig ist, und der nur durch die ideale Vcrtheilung von Licht und Schauen ivre großen Wir kungen bervocbringl, zu Metzen suchte? Wir sind weil entfernt, es zu glauben. Ler Künstler dal etwas an Mannigfaltigkeit gewonnen; er hat viel an Feinheit und Vollkommenheit verloren. Für den Gewinn, den Herr Wilkie au» der Fremde milgcbrachi bat, Halle er besser gelba», wenn er sein Vaterland niemals verlassen hätte. ES würde nnvrrzcihlich scyn, wenn wir die mythologischen Compo- sitionen des Herrn Euy nicht empfehle» wollten. Ler gegenwärtige Standpunkt der Kunst verlangt nicht mehr, daß man ter sanften Poesie der Mythen noch fo viel Böses nachsagc. Rian dal lange genug ihre Anmuth verunglimpft und herabgewurdigt. Die Geister find zu ehren, die sie jetzt wieder cittzufübren suchen. Herr EUH gehört zu ter kleinen Zahl dmenigen, wctche diese Restauration glücklich durch setzen werden. Er hat der Beim- den Zauberrciz ihres Gürtels und dem blinden Golle die Unfehlbarkeit seiner 'Pfeile wieder verliehen. Dazu kommt noch, daß dieser Erneuerer nicht den schlechten Geschmack gehabt bat, die kolossalen Psychen des vorigen Jahrhundcus wieder zu erwecken; er Hal die antike, geflügelte, durchsichtige und doch körperliche Seele wieder belebt. Auch hat er die Vorsicht gebraucht, seine geschmackvollen heidnischen Scene,,, die man eben so gut Idyllen von ÄncrL Ehcnier nennen könnte, cinrabmen zu lassen. Herr Mulready und Herr Leslie haben nur zwei Skizzen geliefert, aber jede ist ein kleines Meisterstück. Betrachten wir zuerst die des Herrn Mulready! Ein Bauerjunge hat eine schöne reise Birne gefun den. Halb Part! — halb Pari! rusr sein Kamerad. Der Steril, der sich daiüber entspann, wäre beinahe nach dem Rechte des Stärkeren tntschieden worden, wenn nicht solaendcr Vergleich zu Stande gekom men wäre: der Finder soll seine Birne behalten, nachdem der Präten dent einen Mundvoll davon abgcbiffcn haben wird. Lie Ausführung des Vertrages ist gerade ter dargcstcllte Augenblick. Der Besitzer ist so vorsichtig gewesen, die in Anspruch g-nommcne Frucht nicht aus den Händen zu geben; er hält sic scsi in der Faust, während der Präten dent einen Mund öffnet, der die Birne sammt den zehn Fingern, die sie hallen, zu vrrschlingcn droht. Der Triumph dieser reizenden länd lichen Komödie ist, das; man unmöglich crrathcn kann, welche von den beiden Physiognomiken den gierigsten Appelil zeigt. „Der Auiolvknk" des Herrn Leslie zeigt von nicht weniger sprechender Wahrheit und Lebendigkeit. Shakespeare ist hier mi! seltener Treue und mit seltenem Glück wietergegcben. Die gewählte Scene ist eine der lustigsten im „Wintcimährchcn" Akt 4. Sc. 3. Der boshafte Taschendieb legt als Tabulett-Krämcr seine verlatschten Waarcn vor den darüber erstaunten Mädchen aus. Während der gewandte Schelm mit Hand und Auge auf der Lauer sicht, unterhält cr sei» leichtgläubiges ^Auditorium mit fotgcndcr Erzählung: Hier ist noch eine andere Ballade von einem Fische, welcher Miilwoch den 80. April vierziglauscnd Ktas- ter über dem Wasserspiegel auf der Küste erschien, von wo cr diese Ballade über die Grausamkeit der hartherzigen jungen Mädchen sang. — Nie batte noch der Pinsel die Heiterkeit Shakespeare'», dieses lan- iienhaste, leichtsinnige, spöttische und versübrerische Lächeln, welches der göttliche Dichter aus die Lippen seiner zu gleicher Zeil in'Trauer und Thränen erhabenen Muse hinzauberl, so geistreich wicderzegebeu. Die Landschastsmalcr sind der unbesircilbarste Ruhm der Akademie lind auch der gegenwärtigen Kunst-Ausstellung von Somerset-House. Herr Stanfield hat leider seine Barke in diesem Jahre zu weil vom Ufer abstvsjen lassen und bal die Küste, welche Keiner besser zu male» verstand, aus dem Auge verloren. Sein „Seegefecht" wird hoffentlich dem „älteren Marine- und Militair-Klnb", der cS bestellt bat, gefallen; ich zweifle aber, ob er den Künstler selbst befriedigt. Wie? diese stille Gruppe von großen mastloscn und friedlich abgetakelten Kriegsschiffen ist die dreifache Flotte von Trafalgar? Das Verzeichnis sagt nur: links sicht man den Vice-Admiral Eollingwood auf drni „Royal Sovereign" mit seiner Prise „Santa Anna"; rechts sind der „Bucentanr" und die „Santissima Trinidad", ganz überschüttet von dem Feuer dcS „Neptun" und des „Leviathan". Im Cenlrum steht die „Victoria", an deren Bord Nelson mit drin stolze» Bewußlseyn einer vollbrachten Pflicht eben verschieden ist. Das Beste ist, daß mau die Ordnung des KampscS genau erkciint; aber wo ist die Seele, wo ist der Gedanke? wo ist dec Schrecke» dieser furchtbare» Scene? Wie? unter so vielen zerschmcUer- ten Fahrzeugen, unter so vielen rauchenden und brcnnendcu Trümmern, bei einer so uncrmcßlichcn Niederlage nichts, als schöne, sricdliche und durchsichtige Wellen? Wie? nicht Eine schäumende und zornige Woge? O, dieses Mcer empfindet die große Schlacht nicht, wclche'eS trägt! Hätte cS cine glückliche und geschmückte Flotte nach dem Hase» gcsübrt, so könnte eS nicht ruhiger und gleichgültiger scyn. Ich behaupte nicht, daß dieser Versuch gegen Herr» Stanfield spricht; jedoch sehe cr sich künftig mehr um, ehe er den Kampf auf diesem lanncnbasicn Elemente darsicllt. Jene Seegefechte «erlangen einen in andere Farbcii getauch ten Pinsel, als ihn der lachende Gols, wo friedliche Segel gleiten, und »in romaniifchcS Felsenriff erfordert.^ Was ist dies sür ein Grad in, Hintergründe einer Doppelreihe von schlanke» und rcichbelaubten Pappel»? Glänzende Tropfen funkeln auf den kränklichen, zitternden Blättern. Ein schüchternes Reb schlüpft durch de» Vordergrund, um sich zu verbergen. Warum scyd ihr so er griffen von dieser einfachen Eomvosilion? Gewiß nicht deshalb, weil ihr aus dem Grabsteine den berühmten Namen deS Sir Joshua Rcy- .. *i Unsere hiesigen Leser erinnern sich bei dieser Gelegenheit qcwiii unwill kürlich deS nur der t»es,ahr,qe» Berliner Ausstellung penndliche» Bildes von Levoittevin- Untergang deS französischen Linienschiffes , le Vcnreur". im Kamme mit drei Engluchen Linienschiffen. Hier sind >n der Thar nicht bloß rauchende lind brennende Trummer, nicht bloß Leichen »ud Verzweifelnde, soilder» hier lebt auch der Geist jener Zeit des Schreckens und der Srtase, in der das französische Volk ;u unerhörten Kämpfen und Siegen geirieben wurde iiolds leset. Da? ganze Gehcimniß des Eindrucks liegt in eurer Seele und in der des Malers. Herr Eoustable ist König unter den Könige» des idealen Gebietes. Auch ist cs nicht Alic» verständlich, selbst den Auserwahllen nicht zu jeder Stunde. Ihr sogar, die ihr jetzt weint, ihr habt die Natur nicht immer so gesehen, wie diese lebensvolle Lein wand sie euch zeigt; aber ihr habt sie so bemerkt des Morgens oder des Abends, wen» ihr mit klopfendem und beklommenem Herzen auf die Felder ging! und unter Thräiic», ohne zu wissen, ohne auch zu fra gen, ob cs Thränen der Freude oder des Schmerzes wären, unstat um her blicktet. Laßt uns un» schnell zur zweiten klage hinabstcigen! Die kleinen Nahmen imd die kleinen Portraits sollen litis, trotz ihrer bcirächilichen Menge, nicht aufhalicn. Ich schätze sehr die zahlreichen Miniatur-Portraits des Akademikers Chalon; das ist aber auch Alles, was ich darüber zu sage» hätte. Zwei Kopiecn aus Emaille von Herrn Bolik nach Vcm Dyck sind geschukie und glückliche Reproduktionen ihrer berühmten Originale. Unter ter gedrängten Menge von Miniaturen könnte ich Einzel nes sehr loden: die Sorgfalt, die Feinheit, die Geschicklichkeit und die Vollrutuiig. Vorzüglich müßte ich empfehlen Herr» Barclay, Herr» Denning, Robertson, Roß, Booth, Rochard und Newlcu. Jedoch ge stehe ich, unter allen den kleinen Meisterstücke», in Bezug auf äußere Grazie und maiericlie Ausführung, welche diese Künstler ausgestellt haben, mich vergeblich nach einem Gesicht umgeschcn zu Habelt, das mir seine Seele zeigte und mich darin lesen ließe, wie cs die unbedeu tendste Figur Ler Frau von Mirbel in Paris Ihut. Jetzt sind wir im Rcz-de-Ehaussöc, wo uns die Skulpturen crwar- trn. Hier herrscht eilte fast vollständige Finsterniß. Doch da« macht nichts aus; die Weiße des Marmors wird diese ominöse Nacht bald durchdringen. Ltc Gö'.lin der Bildhauerei, über die Trägheit des Herr» Chantrcy weinend, würde, an der Eingangslhüre des Saales ausgestellt, eine paffende Statue seh». Herr Ehantreh wird seiner Uulhäligkeit nicht müde. Ec Hal diescS Jahr noch nichts hcrvorgebracht. Das Alter hat jedoch seine Hand nicht so sehr erschlafft, daß er den Meißel nicht slih- ren könnte. Hält er vielleicht, mit dem akademischen Lorbeer gekrönt und mit dem errungenen Ruhm zufrieden, sein Geschäft für vollendet und glaubt ee, der Gegenwart und der Zukunft mchlS schuldig zu seyn? Da würde er sich schrecklich täuschet,. Hat ihm Shakespeare nicht gesagt, daß die Zeil ter größte Verleumder ist, und daß sic plötz lich dir berühmtesten Namcu vcrtunkcll, die sich nicht selbst täglich durch eine Handlung ihren Zeitgenossen bekannt machen? Herr Baili ist der einzige akademische Bildhauer, ter in dcm Lehn stuhle der Akademie uicht. cingescblascu ist. Unglücklicher Weise aber sind alle seine Werke nichts weniger als Muster der Volllommcuheit. Seme „schtaseudc Nymphe", sein vorzüglichstes Werk, läßl mich kalt uud niißsallt mir außerordentlich. War dieses aufgcduusciie Mäd chen mit bänrischem Glieterbau jemals unter jenen leichte» und zarte» Schönheiten, welche die Diana auf der Jagd begleitete» und die Rehe im Laufe überholten? Und daiui, wenn ich sie auch uur sür eine wirk liche uud echt körperliche Evaelochier halten wollte, muß ich gestehen, diese Frau schläft nicht. Mail wird sie niemals erwachen sehen. Sic lieg! in ihrem Marmorbctle begraben; sie ist lodt. Der Bifchos von Limerick, von demselben Künstler, bietet doch wenigstens eine schöne nachdenkende Stellung und ein treues Abbild jenes nesfinnigen Ausdrucks, ter die Physiognomie de« gelehrte» Prä- talk« so aussallcud machte. ES ist ein undankbares und unnützes Geschäft, mühsame Anstren gungen, denen der Ersotg »kcht enlsprvcheu hat, zu krilisireu. Ich gehe au einer Menge dekeiuungs- und charakterloser mythologischer Figuren und Gruppe» vorüber und nähere mich den zahlreichen Büsten. Ich bedauere es, murr ihnen eine kleine Statue des Lords John Russell in der Kleidung eine« Römischen Senator« zu finden. Lord Joh» Russell in dieser Gestalt und in diesem Gewandt ist eine doppelt un glückliche Idee. Hätte der Pariser Künstler Dantau sciuc Sammlung Englischer Karrikaturc» und Ehargcn vergrößern wollen, er würde die Sicune nicht ander« gebildet haben. Nicht« ist weniger edel, nichts weniger grandios, al« der Ausdruck und die Haltung des edlen Lords, und »ich!« tst demnach auch weniger für die Römische Toga geeignet. Außerdem ist die Statur dieses Minister« so klein und ohne Wurde. Vi-Uhicht hat der berühmte Sohn des Herzogs von Bedford selbst die Schwäche gehabt, sein Abbild so zu dcstellcn, um cS leichter aus da« Kamiii srtzcu zu kömien; wo uicht, so Hal ihn Herr Francis sehr lächer lich kargcsteUl. Dem Lord Melbourne hat Herr FranciS mehr Gcrechligkcil wi dersahren lassen. Er hat ihn da ausgesaßt. wo er ihn aussasscu mußte, iu seinen großartigen Aufwallungen des beredten Zornes; der Marmor ist leidenschaftlich bewegt; der Kops hat eine gute Richtung, die Ader» sind ausgcschwollcn, die Nasenlöcher geöffnet, das Auge voll Fencr. Ja, das ist der Ebes dcS Whig-Kabüicls im Oberhause, wenn er, durch die Opposition der Tories auss Acußcrsic gebracht, ausspringt und sie mit donnernden Worten mederschmettert. Am Ausgange des Saales bitten uns »och zwei kleine Basreliefs um einen letzten Blick. Las eine bat die Absicht, een Sturz drei sün diger Engel tarzustrllen, wahrscheinlich nach dcm zansiunigeu Gedichte von Thomas Moore. Ich bitte den Herrn Archer um Verzeihung, aber dicse drei verzückten Fratzcuschueider, welche er >» den Abgrund stürzt, habe,, im Himmel niemals dc» Heilzenscbcin um ihre Stirn ge tragen. Ja, wen» cr verrückte Narren aus e-m Dachsensier eines Jr- renhauses^fallc» ließe, so würde er Recht dabe». Der Schutzengel einer blauen Glockenblume, eine leichte Sylphide, die sich im Kelche ccr'Blume, deren Seele sic ist, wiegt, charakterisier genau das junge, zarte nud anmuihige Talent deS Hrcrn Wcstmacotl und entlaßt uns den Somrcsck-Housc mit c,ucm ziifc,kdcnr:i Lächeln.