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Alle« Bischerige waren jedoch mir Präludien, und erst mit „Kloire et AsIIieur" stimmt Herr von Balzac einen höheren Ton an. kloire et Uallleur ist die Geschichte eine- junge» Malers, der Augustine», die Tochter eines Krämers, heirathet und mit »iner Herzogin verdolenen Umgang hat. Sein armes Weib erfährt dies, fahl ein Herz und geht zu der vornehmen Lame. Sic bittet dieselbe, mit ihrem eigenen Ge mahl gnädigst siirlieb zu nehme» und dem jungen Maler nicht ferner ihre Gunst zu schenken. Die Herzogin wUligt ein und gicbl der Frau, als Unterpfand ihres Versprechens, ein Gemälde, das der Maler für seine vornehme Geliebte angcsenigt hatte. Dieser wird vor Kränkung und Eifersucht beinahe rasend, und die arme Augustine versucht cs ver- gcbens, ihn zu beschwichtigen. „Die liebliche Stimme dieses engel- gleichen Wesens", so sagt der Lers., „wurde ein Kannibalen-Herz ge rührt haben, nur nicht das eines Parisers, den seine verwundete Eitel keit martert. — Ha! schrie der Künstler mit donnernder Stimme, ich will Rache an ihr (der Herzogin) nehme». Sie soll sterbe» vor Schaam. Ich will sie malen — ja, ich will sie malen als Messalina. — Heinrich — unterbrach ihn sein Weib in sterbendem Tone. — Tobten will ich sie! — Heinrich! — Sie liebt ohne Zweifel den kleinen Dra goner-Rittmeister, weil — haha! — weil er zu reite» versteht!!! — Heinrich! o Heinrich! — Fort mit Dir! schrie der Maler, wie ein Tiger brüllend." — Doch wir verschonen unsere Leser mit einer Wiederholung aller der Vorwurfe und Drohungen, .womit dieser Eiende sein sterben des Weib überbaust. — „Eine Inschrift aus dem Kirchhofe des Montmartre berichtet, daß Madame de Sommervicup in ihrem 27stcu Jahre gestorben ist; und ein Poel — ein Freund dieses himmlischen Geschöpfes — sah in diesem schlichten Epitaph die Ich le Scene eines Drama's und ermangelte nie, so oft er die Inschrift las, an sich selbst die Frage zu richten, ob die gewaltige» Kämpfe des männliche» Genius nicht eine teuime z>Ins forte als Augustine» crfordcrl hätten!" Diefe Moral ist bewundernswürdig — „ein Schatz von Liebe und Treue, eine Engel-Schönheit und himmlische Tugend" find, wie es scheint, einem Französischen Malcr noch nicht genug, zu mal da er ein Genie, oder, besser gesagt, ei» in sich selbst verliebter, aus Eitelkeit hypochondrischer Narr ist. Wenn nun der Mann mit dem Titanen-Geiste, oder vielmehr der Tollhäusler in foli», sei» edle« Weib aus unwürdige, empörende Weise behandelt — wenn er durch Un treue oder satamschc Launen zu ihrem Mörder wird — dann reden seine Freunde von einem Drama, oder der letzten Scene eines Drama's, fällt aus das arme Schlachtopfer, weil cs eben als ein tresoo sie honte und eine coöalure ve- Genius zu ringen, dazu ist ja eine 1'einmo fort« (Schluß folgt.) Türkei. Sultan Mahmud. Nach der Russischen Darstellung von Constantin Basili. Gekleidet wie ein Europäischer Offizier, ist Sultan Mahmud eben so sehr mit seinen Regimentern beschäftigt, als es die früheren Sultane mit ihren Harems waren, und der Eiser, mit welchem er seine Umge staltungen betreibt, setzt ihn in einigen Tage» mehr in Bewegung, als es mit vielen scincr Vorfahren während ihrer ganzen Regierung der Fall war. Selbst seine Gesichlszüge habe» sich aussallend verändert; früher bedeckte sein Antlitz eine kränkliche Blässe, und die ihn umrin gende Ueppigkeil des ScrailS machte ibn noch unsrcundlicher und finste rer, als er schon von Natur war. Während meines letzten Aufenthalts in Konstantinopel konnte ich über die mit ihm vorgegangene Verände rung nicht genug erstaunen. Das erste Mal begegnete ich ihm nnver- mulhet i» der Vorstadt Bcschittasch am User; er kam von der Sultanin, seiner geliebten Schwester. Anfangs erkannte ich il'n nicht, blieb aber »och zur rechten Zeit sieben, um ihn zu grüßen; die Verbenguiigen der Europäer und scincr Unterthemen crwicdert er gewöhnlich mit einem freundlichen Lächeln, ohne jedoch das Haupt zu ncigcn. Sein Gesicht hat jetzt etwas von dem Kolorit eines an das Lagcrlcbcii gewöhnte» Militairs; der Ausdruck desselben ist lebhaft und durchdringend; sein Blick aber richtet sich starr aus die Person, die er ins Auge saßt, und verbirgt etwas, was an daS Schicksal der Ianitscharcn erinnert. Die Hosleute nenne» ibn de» strengen Alerander. Seine» ungewöhnlich großen Feß mit hcrunirrhängeuder seidener Quaste trägt er bis ans die Augenbrauen berabgedrückt, was sei» Aussehen noch sinstcrcr macht. Der Bart ist jetzt sehr kurz geschoren und pechschwarz; man glaubt, daß cr ibn färbe, nm seine Phvsiognomie mäimlicher zu machen. Er ist von mittlerem Wuchs, abcr breitschulterig und gut gewachsen; er soll eine sehr gesunde Constitution habe» und ein Feind von Acrzten und Arznei sehn. Zu Pferde nimmt cr sich viel schöner aus, und seitdem cr die neue Tracht annabui imd auf Europäischem Sattel reitet, galoppirt cr Gicht und frei aus scincm Arabischen Hengst vor der Fronte einher. Er kleidet sich mit vielem Geschmack, und ganz besonders zeichne» sich seine Französischen Stiefeln und seine goldenen Sporen aus. ES dauerte lange, bis er sich entschloß, zu seiner Europäischen Tracht Handschuhe cmzuzieben, bis diese endlich auch die Zahl der Neuerungen vermehrten. Sellen sicht man ibn, so wie überhaupt einen angesehenen Türke», ohne Mantel. Die Türke» hatten sich so oft über die enge Kleidung der Europäer lustig gcmacht, der Mensch kam ihnen i» Deutscher Tracht so winzig und so unanständig vor, daß sic sich noch jetzt eine Art von Gewiffcn daraus machen, sich in Jacken und kurzen Nocken, besonders deih Volke zu zeigen und daher, um ihrer Würde nichts zu vergeben, leichte runde Mäntel von leuchtenden Farben um ihre neue Tracht Wer sen. Die frühere Etikette erheischte, daß man vor Hobe» Personen in «nein, Binisch genannten, Mantcl erschien. Sogar bei feierliche» Audienzen Europäischer Gesandten gab man Letzteren sogenannte khren- Kastans. In diesen Audienzen behielte» die Europäer gewöhnlich ihre Hüte auf, indem cs sehr unhöflich gewesen sehn würde, mit unbedecktem Haupt dazusitzen, als wäre man im Bade, wenn man eine Person von Ansehen, wie z. B. ei»cn Groß-Wesir, vor sich batte. Interessant ist es, jetzt in Konstantinopel der Art und Weise zu folgen, wie die alten cmgcerbtcn Begriffe der Türken sich allmälig um- gestaltcn. Die Mode bat ihren Kampf mit ihnen begonnen. Ob sie wobl die Türken dahin bringt, daß, den Europäern gleich, jede Gene ration die Tracht ihrer Väter nicht ohne Lächeln anschauen kann? . . Es soll, wie Einige meinen, unzertrennlich von Aufklärung und glück lichem Slaalstcben sepn. Dergleichen Gedanke» falle» Einem unwillkürlich ein, wenn mau einen großen Chalifcn vor sich sicht, von dessen Lupus und orientalischer Pracht man von Jugend auf so ViclcS hörlc, — wenn man dicscn Chalifcn in einer Tracht vor sich sieht, in welcher cr mehr einem Ko saken-Offizier als einem Oltomanischcn Padischah gleicht. Ein schwar zer achtrudriger Kaik, ohne alle Verzierungen, crwartctc den Sulla» am Ufer; die Ruderer waren Griechen in dcr leichten Kleidung Bos- porischcr Matrosen. Rasch durchschnitl der Sultan den Bospor bis zum neuen Schloß am Asiatischen Ufcr, Bcilcrbci, das jetzt sein Lieb lings-Ausenthalt ist. Ich erinnere mich noch, wie vor nicht sehr langer Zcit 2V prächtig auSgeschmückle Gondeln den Sultan mit seinem Hose ans dem Serail nach den Vorstädte» oder »ach de» Moschee» sührlcn; 26 Bostand- schi'S ruderten mit vergoldeten Ruder»; unter scharlachrothem Baldachin saß dcr Bcherrschcr dcr Gläubigcn, und vor ihm lagen Sklaven und Hoflcule auf den Kniccn. Das Steuer regierte dcr Bostandschi-Baschi, ter finstcrc Vollzieher geheimer Todesurtheilc; vor dieser Gondel suhr der Serail-Beamte Dcwlct-Alasst, einen reichen Turban, den cr ans den Händcn hielt, nach allen Seiten hinneigcnd als Zeichen dcr Huld des Herrschers gegen das Volk; dcr Gondcl solglc ein lcichtcs Fahrzeug, das seiner scharfen Form wegen Küilanqidsck (Schwalbe) hieß und dazu bestimmt war, den Sultan ins Serail zurückzusübrcn. Bon dcr Ad miralität und dcm Serail donnerte das Geschütz, und die regulären Ar- tillcrislcu, Toxschi's, die vor dcn schönen Kasernen in Topchana ausge stellt waren, verbeugten sich in Reih und Glied »ach dcm Kommando bis zur Erde vor ihrem Padischah. Jetzt ist dcr Sulla» nur des Frci- tags, wcnn er zur Moschee fährt, mit einigem Glanz umgeben, der abcr wenig mehr vom orientalischen Charakter an sich trägt. In jedem Jahre vermindert cr das frühere so sehr zusammengesetzte Ccremonirll seines Hofes, in weichem sich die Gebräuche Tatarischer Chanc mit dcr unendlichen Etikette der Byzantiner vereinigten: Einer mußte einen Turban tragen und das Volk grüßen; ein Anderer ein silbernes Gefäß mit Wasser, um de» Durst des Sultans zu stille»; rin Dritter einen Schemel, im Fall dcr Sultan zu Pferde steige» wollte; ein Vierter warf Geld unter das Volk aus; ein Trupp finsterer Schnurr bärte (Tschausch) umgab ibn und schrie, wenn cr vom Pferde stieg, in vollem Chor: — „Allah schütze de» Padischah, unscrn Herrn!" In den ersten Tagen des Juli ward im Serail dic Ucbcrsül'rung des Thronerben Abdul-Chamid's von cincr Schul-Klasse in dic antcrc gefeiert. Ich befand mich mitte» i» der Volksmenge bei dcr Moschee Machmudich, in welche dcr Sultan an diesem Tage seinen Sohn führte. Dieser junge Prinz, der damals Iv Iabr alt geworden war, zeigte sich zum ersten Mal öffentlich dcm Volkc. Die Garde-Regimenter waren zu beide» Seiten dcr Straße ausgestellt; dcr Schachsädch (Thronfolger) ritt im Kostüm eines Offiziers der regulären Truppen vor seinem Batcr, und der ganze Hos begleitete an diesem Tage seinen Herrscher in dic Moschee, wo der Thronfolger de» Segen des Imam's beim Beginnen seines neuen Unterrichts empfangen sollte. Einige Bittschriften wurden dem Sultan vor seinem Eintritt in die Moschee überreicht, was der beständige Gebrauch in dcr Türkei ist: dcr Zug in das Gotteshaus bietet die einzige Gelegenheit dar, wo die Un- tcrthanen sich ihrem Monarchen nähern dürfen; hicr überreicht Icdcr seine Gesuche, als ob des Sultans Herz vor dcr Stunde des Gebetes allen Unglücklichen seines Reiches zugänglich scy. In der Redc, die dcr Imam an diesem Tage dcm Sultan hiklt, nannle er dcn jungen Prinzen: „dic allcrschönstc Blumc im großen Blumenkranz des Glaubens und dcr Hrrrschasi; den allcrtöülictzsicn Sprößling im Garten dcr Macht und des Sieges; dic hcrrlichstr Peric dcr Monarchie, den glänzendsten Stern am klaren Himmel der Volks- Wohlfahrt und des Friedens. Alles aihmel in ihm dcn Adel und die Majestät seines erhabenen Vaters, — sende der große Allah seine Siege auf ihn hernieder! Der junge Zweig seines Daseyns schießt im Ange sicht des über seine Vollkommenheiten erstaunten Hofes majestätisch em por und verspricht, dic Welt einst mit semem Schatten zu überdecken." Diese blumenrcichc Sprache des Orients ist den Türken zugleich mit dcn Traditionen von ihrer alten Macht und Herrlichkeit geblieben; damals mag sie vielleicht ihre Bedeutung gehabt baden: jetzt abcr bietet sie nur rhetorische, dcr Sprache eigene Figuren dar. Die Literatur überlebt dic Nation. Mahmud liebt mit großer Zärtlichkeit seinen Soh» und seine Töch ter, insbesondere die älteste derselben, die mit Chalil-Pascha vermählt ist. In früheren Zeiten wurde» die Sultaninnen regierende» Fürste», Vasallen des Sultans, zu Theil. Mabomcd III. gab sie seinen Beam te», weil er 2S Schwestern und eine Menge Töchter besaß. Von dieser Zeit cm wurden dic Vermählungen dcr Prinzessinnen ins Finauz-Svstrm des Serails gezogen; schon in der Wiege cnbeiltc man ihre Hand an die reichsten Pascha'-, dic jährlich cine beträchtliche Summe zu deren Unterhalt bcrgcbcn mußte». Nicht selten überlebte ci»c junge Prinzcssin bis zur Zeit ihrer Vermählung mchrcrc alte Bräutigame, und ver mählte sic sich, so mußte der Pascha, der bis zu diesem Ehrentage lcbtc, die Residenz bald verlassen, ohne das Recht .zu haben^.scinc Gemahlin mit sich zu nehmen. Jetzt ist cS anders. Chalil-Pgscha, dec Schwie gersohn des Sultans, lebt in Konstantinopel mit seiner Gemahlin. und der ganze Tadel nichts Besseres war, loste!!! Mit einem noihwendig!