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266 Bo» den Priestern. Die Priester werden entweder Bairäai's (Leidenschaftslose) oder Sädha's (Vollkommene) genannt und in drei Klassen abgcthcill, von deren beiden Letzten, Videhi's (Unlörpcrliche) und Mohani'S (Belänbtc) weiter unten die 'Rede sctzn wird. Sie sind verpflichtet, die heiligen Schriften zu stndircn, und alles Verdienstliche in ihren eigenen Werken nicht anzucrkcnnen; Ehelosigkeit, Keuschheit, Demuth, Enthaltsamkeit und Genügsamkeit zu beobachten, ihre Zunge im Zaume zu hallen, wenig zu schlafen, den Körper an Mühseligkeiten und Beschwerten zu gewöhnen; Mildthätigkeit, Freige bigkeit und Nachsicht zu üben; Zorn, Streit, Geiz, Egoismus, Wucher, Spiel, Luge, Diebstahl, Wollust, Heuchelei und jede Art von Ueppigkeil sind streng verpönt. Den Priestern ist cs verboten, in den Spiegel zu scheu, Taback zu schnupsen, sich zu parfümirrn oder zu putzen, da diese Linge Zeichen von Eitelkeit sind. Sie müssen scrncr barsus; gehen und dürfen unter keiner Bedingung reiten, fahren oder sich tragen lassen; eben so wenig dürfen sic ctwaS Lebcndigcs lödten, in der Einsamkeit lebe», und Geld verlange» oder an»ebmen. Tanz, Musik und andere srivole Vergnüglichkeiten, so wie der Gennfl des Labacks, Opiums u:cd anderer berauschenden Mittel und Getränke sind untersagt. Auch ist cs ihnen nicht erlaubt, Arzneimittel zu bereiten, obgleich sie selbst, im Falle eitler Krankheit, sich nicht weigern, solche von fremden Händen zu empfange». Es war die Ucberzcugung Namlscharan's, dafl Weiber und Gold, bei dem jetzige» verderbte» Zustande der Gesellschaft, die Hauplursache» alles Unglücks in der Welt setzen; deshalb crliefl er sür die Priester den gemessensten Befehl, Beide zu meiden. Der Gründer, ein verhcirathetcr Marni ohne Kinder, ging mit gutem Beispiele voran, indem er sich von seiner Frau trennte. Dieses Opfer, so wie das Verlassen der Kinder sind wesentlich »olbwendig, nm den Eintritt in de» Orde» gestaltet zu erhalten; doch glaube ich, dafl für die Familien solcher Bairügi'S jeden falls anständig gesorgt wird. Das Gesetz der Enthaltsamkeit wird in diesem Punkte so streng beobachtet, dafl ein Priester nur über Reli gions-Gegenstände sich mit cinem Frauenzimmer unterhalten darf; der geringste Versuch einer Frivolität würde die augenblickliche Entlassung les Schuldigen nach sich ziehen. Dulha-Ram, der drille Pricsterfürst, war zu der Zeit, als er ein Ramsanöhi wurde, verlobt, brach also seine Treue und warf das Kankna, rin vom Bräutigam um das Handgelenk getragenes Vandi (auch überhaupt ei» Armband von Gold, Silber, Wolle u. s. w. vom Sanskrit Knmlcunu) bei Seile; daher schrieb sich sein Name Dull.i, Bräutigam (vom Sanskrit Dohala, sehnsüchtig, brünstig). Ein Turan (Sanskrit t'nran'u, eine Tbürvcrzicrurig), einen Blumenstranfl in Stein gehauen darstellend, hängt zum Andenken an diese Begebenheit, unter dem Säulcngange seines Tcmpcls zu Schahpura. Gold erzeugt, ihrer Idee nach, Geiz, und die Annahme de« Goldes zerstört die vollgültige Wirkung aller vorbergegangenen Uebungcn der Tugend und Frömmigkeit. Ich stritt gegen das Verbot desselben, dar auf fußend, dafl der Mißbrauch, wie in jeder anderen Sache, auch hier bei verhütet werdciz, die Sache hingegen viel Gnies stiften könne; ferner fragte ich: warum, wenn man von de» Weibern so Schlechtes dächte, .diese doch als Konvertiten iu dcr Sekte zugelasscn würden k — „Die Berührung des Goldes"» sagte Narajan-Das', „ist eine Verlockung zur Sünde, und die Ebe ist den Geistlichen (nicht abcr den Laien) darum verboten, weil Familicnsorgcn sehr störend aus ihre religiösen Betrach tungen einwirken würden. Das Herz soll an Einem allein — an Golt hangen, wer seine Gefühle auf irgend etwas Irdisches richtet, ist kein Bairügi." — Als Beleg, welch geringe» Werth die Ramsam'-bis auf Gewinn legen, wird Folgendes erzählt: Es brachte einmal Jemand dem Dulba.Ram einen sogenannten Stein der Weisen, welchen ter Weise stillschweigend annahm und in einen Brunnen wars. Dcr Gcbcr, über diese Verachtung seiner Gabe erbittert, brachte seine Klage vor den Rad sch a von Schahpura, welcher den Oberen um den Grund scincs Verfahrens befragte. Nachdem der Kläger cingrstandcn halte, den Stein weggegcben zu haben, fragte der Maha.nl: wie er sich vrrnünfliger Weise über dcn Bcrljust eines Gegenstandes, dcr ihm gar nichl mehr angehörle, beklagen könnek „Dcr Grund", so fuhr nun Dulha-Ram sorl, „wcswcgen Du mir dcn Slcin übcrreicht hast, war: mich zum Böscn zu verlocken, aber ich strebe nichl nach Gold, auch ist die Vered lung dcr Mciall-Snbstanzcn cine unpasscnde Bcschästigung sür einen Beil- lcr; nimm diese zwanzig Rupie» und cnlsernc Dich!" Ei» Vairügi, dcr überführt ist, Gcld genommcn zu babcn, wird mit einer cigcnS dazu glühend gcmachlcn Münze an dcr Stirnc gcbrand- markt lind aus dcr Gemcine gcstoflc». Doch muß dieses strenge Verbot auch in Bezug auf die VaiGgis nur dem Name» nach genommen werden, da Laiciibrüder wobl Geld zum Nutzen des Ordens in Empfang riehmen dürfen, und zwei Banja's (Kaufleute) der Sckle, die ihren Auf enthalt in Schahpura genommen haben, sind angewiesen, Geldsendungen tiitgegenzunchmcn, Kapitalien auszulcihcn und Handel zu treiben — Alles sür die heilige Brüderschaft. Ein Frauenzimwcr kann auch Priesterin werden, — wie z. B. Sämarnp, ein« eifrige Anhängerin Ramlschürau's, — wciin sic Mann n»d Kinder verläßt und sich streng an das Gebot ter Keuschheit und andere mehr hält. Es ist ihr abcr, bei Strafe körperlicher Züchtigung und der Ercommnnicalion, verboten, sich dcn heiligen Orten, als dcn Wohnsitzen der Priester, nach Sonnenunlergang zu nähern. Es wird nämlich als zweckmäßig angesehen, die Priester vor Versuchung zu be wahren; obgleich man voraussctz«, dafl sic schon vor ihrer Ausnahme in die Sekte eine völlige Gewalt über ihre Lcidrm'challcn, wie über alle gesetzwidrigen Begierden erlangt haben. Die beiden Geschlechter sitzen auch in de» Tempeln eben so wenig cermischt, als sie zusammen singen dürfen. Was die Verfügungen, wenig zu schlafen und viel zu arbeiten, betrifft, so sagen sic: man k.'nne im Grabe hinreichend ausschlrfen; das Lebe» setz flüchtig und von zu großem Werlhe, um in Müßiggang verbracht zu werden; auch sitze sich dcr Mensch dadurch, dafl er die kostbare Zeit verschlafe, auf eine und dieselbe Stufe mit dem Biche. Ihre Nahrungsmittel sind armselig und werden, in geringem Maafle von ihnen gebraucht, weil Enthaltsamkeit die Mutter ter Wachsamkeit ist, und Uederflnfl an Nahrung und Schlas den Geist abstumpft. Die Priester wohnen abgesondert von den Wohnungen der übrigen Menschen, da das Gewirrc dcr Städte sie in ihren Betrachtungen stören würde; doch wird ihnen zu gleicher Zeit auferlegt: miteinander zu wohnen, ihre Jrrthümer gegenseitig zu berichtigen und die Dunkelheit zu zerstreuen (d. h. sich einander zu belehren). „Eine einsam brennende Lampe", sägte das Oberhaupt hinzu, „mag noch so hell strahlen, immer wird sie einen Schallen zu ihren Füßen babcn; sctze abcr noch cine zweite Lampe in das Zimmer, und keine wird einen dunkeln Schatten werfen." Dcr Priester ändcn beim Eintritte in dcn Ordcn seinen Namen, nm anzudcutcn, daß er ein ncucs Leben beginne; sciu Barl und Haupt haar (mit Ausnahme eines kleinen Schopfes ans dem Wirbel) wird glatt abgeschorcn. In ihrem Bezirke wohnen einige Barbiere, deren Geschäft die Ausführung dieser Ecrcnionie ist. Diese Barbiere sind reich und empfangen gelegentlich Geschenke von Werth; so Hörle ich, dafl ein Tscharan einst in einem Anfälle von Frcigcbigkeil einem derselben sünf- hundrrl Rupien geschenkt hätte. Die einzige Bekleidung der S-ldha'S besteht aus einem sieben und eine halbe Elle langen baumwollenen Gewände, von grobem Faden, und einem kleincrcn zum Gürtclbandc; ferner einem baumwollenen Lappen als Sieb, durch weiches sic jcdcsmal das Wasser, ehe sic cs zum Kochen oder anderswie gebrauchen, kurch- sickcrn lassen, nm die darin befindlichen Thierchcn vor dem Tode zu be wahren. Dies Gewand wird mit Girn, einer Art rolhcn Ockers, als Sinnbild dcr Demuth, gefärbt; im Winter wird ein zweites und oftmals ein drittes darüber gcwoiscn; oft abcr, wcnn fie anch so sich nicht cr- wärmcn könne», werfen sie alle Kleider ab, um dcn Gcfühlssinn zu pci- nigcn, indcm sic cs, ihrem Ausdrucke nach, unter ihrer Würde ballen, von den Elcmcnten des Winters überwunden zu werken. Dieser Ucbcr- wurs wird über den Kopf gezogen und bildet dessen einzige Bedeckung; übrigens wird auch miluutec in dcn Winler-Monalen Wollcnzeug statt Baumwolle gebraucht. Sie geben alle barsufl und reite» oder "fahren nie. Ein perpendikuläres Zeichen von wciflcr Thoncrdc, Sir, genannt, an dcr Stirne ist das unterscheidende Zeichen dieser Srkle°), welches den Glauben an die Einheit Gottes bedeute» soll; auch krage» sie eine» Rosenkranz mit Gctzbtperlcn um dcn Hals. Mctallcne Geschirre sind vcrbotcn; die Sudhaus trinke» aus hvlzerukn Schalen und esse» aus Steinzeug, Porzellan oder irdenen Geschirren, welche letztere, wie bekannt, den orlhodorcn Hindu's nicht erlaubt sind. Sic cutballcn sich dec Fleischspeisen, und was sonderbar ist, wcnn man die ausserordentliche Sorgsalt, die sic anwcndcn, uni kcinc Insekten zu bcschädigcn, betrach tet, sic gcnicflen »ichts chnc Zuthu» des Feuers, Früchte und Gemüse nicht ausgenommen. Sic schcucn sich nicht, das Elcment zu bcrühren, abcr sie bereiten sich ihre Spciscn nicht selbst zu; so scheint cs, daß sic, wcnn auch selbst sich vor dec Todsünde, ci» lebendiges Wescn zu lödten, sürchtcnd, dieses bei Fremden doch nicht wit demselben Abscheu anschc». Selbst das beschwerlichste Ungeziefer wird heilig gehalten; wenn ein Ramsanöhi ein Licht anzündct, so dickt ec seinen Schirm darüber, auch findet man keine Lampen in den Tempeln, weil cs möglich wäre, daß sie Insekten zum Tode verlocken könnten. Von denselben Ansichten geleitet, sehen dic Pricstcr jedesmal, ehe sic zulrclc», auf die Erde und gehen vier Monate hindurch, nämlich von dcr Mitte des Asarh (des allen Aschäd'ha, also vom ersten Juli) bis zur Mille des Karlik (d. i. bis zum Ende des Oktobers, also eigentlich Monate; dcr alte Name war K.lrtika) nur bci sehr dringenden Geschäfte'», aus dcm Hausc; die I»- scklcn sind nämlich in dcn nasscn Monaten am incistc» verbanden; des halb fürchten dic Pricstcr, sic, bci cincm ctwanigcn Bettele» dcr ver- schlungcncn Pflanzcn, zu lödten; ja sic machen sogar, wenn sie aus Ker Reise find, ohne Rücksicht auf die Lage, bis zu Ende dcr Jahreszeit Halt. Die Gcsammtzabl dcr Südha'S übcrsicigt nicht, so weit ich mich durch Erkundigungen in verschiedene» Gegenden überzeugen konnte, acht hundert Seele». Eine Schätzung der Köpfe hat nie staltgcsnnden, denn sie wohnen zerstreut rings im Lande umher, ost in einer sehr bekenlcn- den Entfernung von Schahpura und koinmcn nie zum Phul-Dol-Fest °°) zusammen, so daß cs fast ganz unmöglich ist, eincn gcnaucn Schätzungs- Ucbcrschlag zu machcn. In Schahpura selbst ist ihre Anzahl gleichfalls nicht bestimmt, manchmal lriffl man uugcfähr hundert zusammen im Tempel; die Reisenden, welche dahin geben, um den, Oberhaupts ihre Ehrsurchl zu bezeigen, ihn uni Rath zu fragc» und scincn Scgcn zu empfangen, pcrwcilcn gcwöhnlich drei Tage, um dann Andcrcn Platz zu machcn. Dic Pricstcr lönncn, mit Rücksicht ans ihre geringen Bedürfnisse, reich genannt werden, anch tragen die Laien reichlich zu ihrem Unler- haltc bci Zwei Gcisiliche durchwandern täglich Schahpura, um vo» den Laien dcr Gcmcinde und den vornchmcrcn Hindu s zubcrcilcic Spci- sen cinzusammeln, und diese tragen auch bereitwillig dazu bci, ihre Propianlsäckt zu füllen. Von anderen Religionssekicn ncbmcn sic kcine Spciscn an. Dicsc Gcwohnhcit dcs Einsammclns ist wabrshrinlich ci» Akt dcr Dcinnlh und gewiß aus keinem habsüchligcn Grunde cnlsprun- ge». Die Ordensbrüder nehmen diese Spenden zur Abeiidmablzcil; von ihrem Gcldc abcr bezahlen sic das einfache Frühstück, außer dem fit kein Mahi mehr zu sich nehmen. (Schluß folgt.) ') Bei den alten Indiern cvkannte man die Vtvschicdcucr. cvOklcn an Lcr verschiedenen Form, Zai» „nv Harte, so wie an dem Stoffe der «kernzelchcu. . - Dcr UcberseVer. ") Wörtlich Vlumenschwingnnas e ^efl, schon der Len Aleen unter dein Ramen PbuUa DoNa oder Noß Lola besann:, cm He» zu Ltzrcn Krischna'j, in Ler Mitte dcs Monats P'tzalgnna Februar). Dcr Ucvcrseyer.