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503 Epftbeten, mit übertriebenen Darstellungen dcS unvergleichlichen Ruhmc-, der Macht und der Fortschritte unseres Landes, besonders in geistiger «nd literarischer Hinsicht, und mit ungestümen Deklamationen über die angeblich» erhabene Freiheit; alles dies ist zu einer Masse ohne Ord nung, Geschick und Geschmack verarbeitet, von der wir leicht eine Menge von Beispielen anfübren könnten. Es finden sich indessen unter jenen Unabhängigkeits-Reden immer auch einige, deren sich lein Zeitalter unk kein Land schämen dürs ten. An die Spitze dieser jährlich am 4. Juli wicdcrkehrcnden Sie den kann man, ohne Anstand zu nehmen, die von Everett und Webster setzen. Everett ist bei seinen glücklichen Gedanken, bei dem Rcichtbume und der Harmonie seiner Sprache, bei der Freundlich keit seiner Manieren, bei seiner reifen und mannigfaltigen Gelehrsamkeit und bei seiner prächtigen Schreibart und vollkommenen Rundung der 'Perioden, mit dem reichen nnd ruhmwürdigcn Römischen Redner zu vergleichen während Webster, weniger reich und gelehrt, weniger empfänglich für das Zarte und Pathetische, weniger erfahren in der Abrundung der Sätze, weniger glücklich in der Diction, weniger ausge rüstet mit den Remnmcenje» der Geschichte, weniger bewandert in klas sischen Anspielungen, mehr direkt, lebendig, feurig, erhaben und einfach ist. Wie uns scheint, Hal kein Redner, weder in der alten noch in der neueren Zejt, eine so strenge Analpsis besessen, die eine Idee so rein durchsiebt" nnd in ihre einfachsten Elemente ansiost. Es ist die wunder bare Eigenschaft des Scharssinncs eines Webstcr'S, da Licht zn vcrbrci- tcn und auszuhellc», wo srüher nichts als Dunkel und Verwirrung war. .Kräftig, kühn und dreist rauscht er, gleich einem Gebirgsstrome, über seinen Gegenstand dabin. Auf den Besitz dieser beiden Män- , ner dürste ein jedes Land stolz ftvn, und wer nur immer mit ihren gedruckten Reden bekannt ist, wird zngeben, daß wir dreist den Einen unseren Eicero nnd de» Anderen unseren Demosthenes nennen dürfen. Den großen Sckauplatz der Entwickelung Amerikanischer Bered- samkcit bildeten die beiden Häuser des Kongresses. Diese Schule aber war, wie uns bedünkt, keineswegeS dazu geeignet, solche erhabene und ausgezeichnete Redner bcrvorzudringen. wie das Britische Parlament. Bei uns, die wir keine Mächte in unserer Nachbarschast haben, welche «nS in Furcht und Schrecken setzen könnten, die wir durch uns re Lage liegen jede Art von Nebenbuhlerschaft geschützt sind, bei uns können auch keine solche Diskussionen Platz greifen, die aus den unmitlelbaren Kollisionen des Interesses und der Macht zwischrn Staaten hervorgeben, deren Heere und Flotten beständig einander bewachen, und dercii diplo matische Agenten stets aus der Lauer sind, nm sich gegenseitig zu be rücken nnd zu überrumpeln. Anstatt ans einem Felde zu agiren, wo benachbarte Nationen als Parteien ausireicn, haben wir cs vielmehr nur mit elenden Zwistigkeiten nnd Havereien unter uns selbst zu lbun. Demnächst bestanden unsere Debatten meist nur- in Kämpfen wegen Einführung oder Nichttinsührung eines Zoll,Tarifs, wegen Adschiicsung oder Nichrabichließuug eines Handels-Traktats, wegen Ausstellung oecr Nichlaufstellung einer Armee, endlich über die Rechte der verschiedenen cinzelneu Staaten und unserer ganzen Nation, so wie über die buch stäbliche oder logische Auslegung gewisser Pbrawn unserer Verfassung und desgleichen.' Im Allgemeinen tragen unsere Kongrestreden die Farbe des Lokalen und der Partei, während man im Eirglischrn Parla mente ost die wichtigsten und allgemeinsten Gegenstände zur Sprache bringt. Dazu kommt, daß unsere Reden außerorkenibch weitschweifig sind, und wenn gian einmal die Debatten der ersten Kongreß-Sitznttgcn gelesen und sic mit dcn späteren vergleicht, so muß man erstaunen über tic Einsörmigkcit der Gegenstände der Diskussionen lind über die ewigen Wiederholungen ter Argumente und Auseinandersetzungen eines und desselben DmgcS. Man muß beim ersten Blicke glauben, daß jeder spätere Redner seinen Vorgänger ausgeschrieben und topül habe. Nun ist zwar das Letztere in der Tbat nicht der Fall, allein es bleibt immer die natürliche Folge des einförmigen Einsluffes cincs engen Kreises der Diskussion über Gegenstände, die säst unvkrändrrt dieselben sind und von Männern ergriffen werden, die, ungesahr mit gleichen Talenten be gabt und von ähnlichen Gefühlen bewegt, Vic Dingc stets durch ein und dasselbe Medium von gleichen Interessen ins Auge lassen. . (Schluß folgt.) 4 Italien. 8cvvv iRurioho 6nl Mustin ovo ei'itnlin. sH'.fivrische Scenm aus dem Italiämschcn Mittelalter.) Mailand, 18Z>. Der Verfasser dieser kleinen Novellen — wie man sagt, ei» junger Turiner Edclriann — hat für gut befunden, das strenge und unpar teiische Urthcii der Kritik hinter dem Schleier der Anonymität zu er- warlcn. Dit erste Novelle oder sogenannte Scene dieses Buches ist über- schrieben: „bin b'ralo" fein Mönch). Die vornehmste Rolle spielt nämlich der bekannte Dominikaner-Mönch Fra Giovanni da Vi «enza, dcr mit heilerer Stirn, mit Augen voll apostolischen Eisers und mit eiiicin Antlitz, in welchem echt christliche Milde sich malt, nach dcr Stadl Padua wandert, wo man ihn als einen Friedensboten mit Freude und Verehrung auftümmt. Seine glühende Beredsamkeit Katie i» Bologna unzählige Bürgcrzwiste geschlichtet, dem Lurus dcr Frauen Einhalt geihan — mit eincm Worte, das Gemeinwesen vcrbcffcrt. Jetzt kommt cr, den Frieden in der Hauptstadt dcr Veroncstschcn Mark zu predigen, deren Bürger ebenfalls in beständiger Fehde leben und ein ander ost blutig bekämpfen. Die ganze Bürgerschaft von Padua fährt ibm bis Monsclice entgegen und führt ibn im Triumphe nach der Stadl, w» cr auf dem Platze della Valle predigt und das Volk zur Ei streicht mahnt. Dcr Verfasser hält sich hier an die Geschichte, oder vielmehr an zwei gleichzeitige Ehronikcn; doch in dcn Scenm, wo cr Len Pater predigend einführl, wo cr Leidenschaften und Eharakierc zeichnet, entwickelt cr dcn ganzen Rcichthum eines wahrhaft poetische» Geistes. Frater Giovanni mußte noch an vielen Orten dcn Schiedsrichter machen > in Treviso, Feltre, Bclluno, Vicenza, Verona, Manina, Brescia, bei dem Grasen San Bonisacio und bei dem Herrn da Camino. Allein das schwierigste Geschäft stand ihm noch bevor; er sollte das HauS Este mit tritt Hause da Romano, oder Azzo von Este mit Ezzelin, Gra sen von Ona a, und seinem Bruder Alberico versöhnen. Dcr Eiser des Fraters, besiegle jedes Hindcrniß, und das Unicrpsand des Friedens zwischen beiden Häusern war die Hciralh Rinaldo's, des Sohnes Azzv'S L11 von Este, mil Adelaide. Tochter des Alberico da Romana. Dcr Vcrsasser erzählt nicht bloß, er führt die Personen selbst auf dcn Schauplatz. Wir traten mit ibm in einen Saal des Schlosses von Treviso und erkannten dcn grimmigen Ezzelin, an „jener Stirn, aus dcr so schwarzes Haar sich kraust." Er Halle damals noch, nicht jener unmcuschlichcn Lvrannei sich schuldig gemacht, um dcrclwillen das Volk ihn sür einen Sok« des Teufels hielt; noch war cr nicht Herr von Padua, als welcher er neunzehn Jahre lang (I2Z7 — I2SV) mehr als cilftauscnd Paduaner vor Hunger und Kälte umkommen, unter Folterqualen sterben, oder im Kerker verschmachten ließ; aber schon Halle ec unzweidcnlige Beweise von jenem unersättlichen Ebrgcizc, jener mörderischen Parlciwutb gegeben, die ihn spälcr zu einem Ungeheuer von Grausamkeit steigerte.' Man hatte über Adelaidens Schicksal rnlschieden, ohne sie nur zu bcsragen; und dieser Umstand gicbl dem Verfasser Sloss z» einem an, deren Dialoge, der noch rührender und gemüthvoller ist, als der erste. Weder Adelaide noch ihre Muller w«ß, daß dcr Valcr jene Heirath mil Fra Giovanni abgeschlossen Hal; sic wenden sich an dcn Lrtzlcrcn, um sie zu hinttrkrcibcn, uno herzzerreißend ist die Sccne, in welcher Adelaide wciiicnd gcstehl, daß sic cinc» ganz Anderen liebt, als Rinaldo von Eue. „Ihr, o Adelaide", sagt Fra Giovanni, „wäret zum Hoffnungs- Anker dieses unglücklichen Volkes erkoreni vermählet Ihr Euch mit Rnialdo von Este, so wertet Ihr eine neue Bundes-Arche zwischen den feindlichen Parteien. Durch Euch wird die Zwietracht der Völker und der Gewaltigen beschworen, und mit Eurer VeimählUng empfangen Alle das Unterpfand eines künftigen gedeihlichen Friedens. Euch be grüßen schon die Einwohner der Marca Trivigiana wie einen Morgen stern, dcr ihnen ungehosfle Glückscligkcit bringt. Wolltet Ihr, die vom Himmel geliebte Jungfrau, durch unbctouncne Liebe das Vaterland in'S Verderben stürzen k Wolltet Ihr die Schwerter um Euretwillen immer gezückt und das Haus Romano durch Eure Schuld stürzen schenk Daß jedes Weibern dcr Marca Trivigiana, die von Euch die Wieder kehr des häuslichen Friedens erwartet, durch Euch sich verurtheill sehe, ihren Jammer zu erneuern? Daß die ihrer Aellern beraubt n Kinder ihre Wehklagen erneuern? Daß die Männer, von gerechtem Zorn ent stammt, zur Rache schreiten an tcm Urbelgesinnlett, dcr Euch verführte; daß Adelaidens Name verflucht werde? . . . Diese lräsligen Worte be wegen das Mädchen, ihre zärtliche Leidenschaft dein Vaterlankc zu opfern: sie wird cin Pfand des künftigen Friedens für die Bewohncr der Marca. Um dem schon abgeschlossene» Frieden eine größere Sanclion zu verlcikcn, läßt Fra Giovanni aus einer geräumigen Wiese an der Etsch, vier Miglicn von Verona, die Einwohner von Verona, Man tua, Brescia u. s. w. jusammcnlrctcn. Mchr denn Rtv.OW Menschen waren an jenem Tage (dcm 28. August IVG) dort versammelt, und Gerardn» Maurisins behauptet, ftit Christi Geburt das- kein Redner oder Prediger jemals cin so ungrhcures Publikum gehabt. Fra Giovanni predigte diesem Italischen Vvlkcrhccrc von einem tmgciahr sechzig Ellen hohen Gerüste (durch ein Sprach okr?) dj.e Worte des Evangeliums ..ziamnn mo.nn eia vokin, zwi-oii, oc-linczu» col i«", zum Lene wählend. Er befestigte die Pakte» jenes Friedens, den cr selbst gestiftet; cr donnerte das fürchterlichste Anathema gegen diejenige», die es wagen sollten, ibn zu verletzen; er verkündigte die Heircuh Rinaldo's von Este und Adelaidens, und schärfte seinen Zuhö rern ei», daß Ezzelino ia Padua das Bürgerrecht haben müsse. Er warf also eine Fackcl in dicsc Stadt, die nachmale zu cwcm entsetzlichen Brande wurde. Der Vers. Kal dcn Ruhm Fra Giewanm'S ganz makcllo« crballcn wollen; nsit dcr schönsten Seite in scincm Lebcnsbuch zufrieden, wollte er ihn durch Erzählung dessen, was nachkam, nicht entlarven und be schämen. Thun wir aber besser, wem, wir den scheinheiligen Ehrgeiz und die grausame Unduldsamkeit dieses Fraters offcnbarcn? Die Ge schichte muß, wenn sic eine Führerin durch'» Leben sev» soll, nicht bloß nichts Falsches sagen, sondern auch nichts Wahres verbergen. So sagen wir denn, daß derselbe Mönch, der ein so heiliges Werk gcthan hatte, indem cr den Frieden dcr Lombardei wiederbcrstcllie, in dcr Folge nach Vicenza ging; daß cr sich vom Volke zum Grafen sind Herrn dieser Stadl erwählen ließ; daß cr, nach Verona abgehend, auch dort die Hcrrschcrwürte erhielt; daß er Geiseln und Festungen empfing; daß cr die Ketzep blutig vcrsolgic und in dreie» Tagen ich,«DO derselben, Weils Manner, «Heils Frauen, worunter auch Glieder der angesehensten Fami lien Vcrona's, lebendig verbrennen ließ; daß er einst l» Vicenza mit den Paduanern, die sich cingeschlichcn hallen, in Handgemenge gerietst und cingekerkert wurde; nach wenigcn Tagen cmlicß man ihn wieder, und Fra Giovanni kehrte nach Verona zurück, wo er jedoch keinen Gehorsam mehr fand. Dies bcstimmle ihn, die Geiseln zu entlassen und die Festungen wieder abznlrcicn, worauf cr, den Schauplatz des irdischen Glanzes vcrlasscnd, sein übriges Leben in Dunkel und Verges senheit zubrachte. Die zweite Novelle führt uns in die von SiSmondi sogenannte Helden-Periode des neueren Italiens, welche Laute verewigt Hal, . ') ku Ke»- p-r tot koLr'.iftt iu uuum. (8e,r^)tl»r. IlLll.-, TV p. 3>)