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454 der andere war unter seine Hüsten gekrochen und nahm eine solche Stellung ei», daß er das zerbrochene Bein seines leidenden Gefährten aufrecht hielt." Unsere Leser haben gewiß schon öfter von den Schlangen-Bändi gern des Orients gehört. Folgende Anekdote wurde dem Verfasser von einem Land-Aufseher in England milgetheilt, dessen einer Diener sich auf seine Bekanntschaft mit dem Schlangen-Geschlechte viel einbildete und feinem Herrn einige Proben davon darzulegen versprach. „Es war an einem sonnenhellen Frühlings-Morgen, als wir durch rin Gebüsch gingen, wo mein Diener plötzlich seitwärts sprang und über eine Bank setzte. In dem nächsten Augenblicke kam er zurück, mit zwei kräftigen Schlangen um seine Hände und Handgelenke. Nach dem er dieselben einige Zeit betrachtet, sagte er, indem er sie mit der lebhaftesten Freude bewunderte, zu mir: „„Zch kenne sie (das heißt, ihre Gewohnheiten und Beschaffenheiten), Sir, gerade so gut, wie ste sich selbst kennen."" Hieraus schlug er vor, einen Charakterzug dersel ben zu zeigen, der einen Begriff von ihrer Beschreibung in der heili gen Schrift geben sollte, — nämlich daß ste einst eine höhere Erkennt- uiß besaßen." „Als wir uns ans dem nächsten Wege befanden, setzte der Mann eine der Schlangen auf den festen Boden. Hierauf »abm er einen sehr dünnen Zweig und gab dem Tbiere einen sanften Schlag ans den Kopf. Sogleich schoß cs auf ihn los, er steckte seine Hand i» dessen offenen Rachen und fuhr fort, mit ihm zu spielen, indem er wiederholt auf den Kopf desselben mit dem Zweige schlug. Hieraus sagte er, daß die Schlange sich bald todt stellen würde. Dies geschah in der Tbat, indem das Thier das Ansehen annahm, als wenn es leblos wäre. Diejenigen, die um dasselbe herumstanden, dachten auch wirklich, daß es nicht mehr am Leben seh; aber dec Schlangen-Zauberer behauptete, daß es nur den Schein des Schlafes angenommen, und daß es nur so lange bewegungslos daliegen werde, als die Anwesenden um ih» her ständen. Als ste sich ungefähr zwanzig oder dreißig Hards entfernt hatten, bemerkte man, daß die Schlange schnell in die nächste Hecke entwischte. Unser Diener behauptete auch, daß die Schlangen oft, um sich dadurch gegen Angriffe zu wehren, einen unangenehmen Geruch um sich her verbreiteten. Bei einer Gelegenheit sah derselbe Mensch eine Schlange, wie sie im Begriffe war, ihre Haut abzulegcn. Er sagte, um uns seiner eigenen Worte zu bedienen, „„sie wäre ihm vorgekom- wen wie ein Mann, der das Hemde über den Kopf zöge."" Er fügte noch hinzu, daß der Kops des Thieres zum Theil noch in der alten Haut steckte, und daß cS sich selbst von der abgenutzten Bedeckung loS- machte, indem eS mit dem Körper durch das Luftloch, wie er es nannte, der alten Haut durchfuhr. Die Schlange erschien in einem sehr matten und erschöpften, die neue Haut dagegen hinsichtlich ihrer Farbe und ihres Ansehens in einem vollkommenen Zustande." Wir schließen unseren Artikel, indem wir noch eine alte Sage ans- uehmen, die wegen ihrer Sonderbarkeit bemerkenswerth ist. „Man hat mir eine wunderliche Anekdote erzählt, die mit der Re sidenz Karl'S I. und Olivier Cromwell S zu Hampton Court in Verbin dung steht. Man sagt, daß der König eines TageS in der Umgebung seiner Kinder an einem der Fenster des Palastes stand, -als nuc Zi geunerin oder Betielfrau zu ihm kam und ihn um eine Gab: bat. Ihr Aussehen erregte ei» Gelachter und wahrscheinlich auch .Srohun- gen, welche die Zigeunerin so empörten, daß sie ans ihren, Korbe eine» Spiegel nahm und ihn dem Könige verhielt: derselbe sah darin seinen eigenen Kops abgchauen. Sogleich wurde, wahrscheinlich in der ganz natürlichen Absicht, eine so prophetische Bettlerin wieder auSzusöhncn, derselben ein Geldstück gereicht. Hieraus bemerkte sie, daß der Tod eines Hundes in demselben Zimmer, wo der König sich befände, das Signal seyn werde, zur Restauration des Königreichs für dessen Familie. Man behauptet, daß Olivier Cromwell später seiner Sicherheit halber in dem nämlichen Zimmer schlief. Er ließ sich von einem treuen Hunde be wachen, der an der Tbüre stand. Als er eines Morgens erwachte, fand er den Hund lobt, worauf er denn, in Erinnerung an die prophetischen Worte der Zigeunerin, die man ihm einmal milgetheilt hatte, ausrief: „„Die Reichs-Herrschaft ist von mir geschieden!"" Cromwell starb kurz darauf, und die tm-nn' 'bar eintrctendcn Ereignisse sind bekannt." (eVtlicuseu:»,) Bibliographie. Aemariuls »k tl>„ oea. (Denkwürdigkeiten der See.) Bon dem Geistlichen W. Scorcsbv, ehemaligem Schiffs-Capitain. (Dec Ver fasser sucht in diesem Werke aus seinen Seemanns-Erinnerungen zu beweisen, daß die Vorsehung imnwr diejenigen ganz besonders m Schutz genommen, die den Sabbach geheiligt hätten.j X Protestant momnrial kor tli« cammLmoratlon «k tüv 4tli fla^ ok Octnber IMS. (Protestantische Denkschrift zur Feier des 4. Oktober I83S, als des Zten SäkulumS der Reformation und der ersten Publikation dec vollständigen protestantische» Bibel- - Uebersctzung in Englischer Sprache.) Bon T. Hartwell Horne. fEine religiöse Parteischrist, gegen die römisch-katholische Kirche gerichtet! Die Lcitmü constitution. (Die Britische Verfassung, ihr Ursprung und ihre Geschichte.) z Sh. Isis ckrama vimlicatest (Rechtfertigung des Drama'S sgegen die Bigotterief. i Von John Denman. ' Remoirs ni U>e rcv. H. V IGÜGI. (Dcukwürdigkeilen des Geist lichen Ür. G. T. Bedell von Philadelphia.) Bon S. H. Thug. 7L Sh. Inin ol sümira' Viscount Nxmyutü. (Leben des Admirals Ermouth.) Bon Edward Osler. 14 Sh. Karcatlve v( six montüs rcsinenco in a convcnt. (Schilderung, eines halbjährigen Aufenthalts in einem Kloster.) Ben Reed. 1^ Sb. I^c l,in^ooüs. — Amerika vor sechzig Jahren; von Miß Sedgwick. L Bde. 1 Pfd. IIL Sh. Frankreich.' Necker und die Frau von Stael, bei Gelegenheit eines Besuche« des Herrn Petiet. (Schluß.) Die Frau von Stael begleitete ihren Vater in sein zweites EM ste lieble ihn mit einer zu großen Zärtlichkeit, um ihn nicht in seinem Unglücke, edel und groß, wie er war, demjenigen Manne von Europa vorzustellcn, der zu der Zeit unter Allen am fähigsten war, ihn zu be- urihcilen und zu schätzen. ES war Lavaler!... Am 24. Zuli I78S empfing derselbe ein Einladungsschreiben von der Frau von Staöl zu einem Diner im Gastbause zu Len Drei Königen, in Gesellschaft des Herrn Necker und seiner Familie. Wir sind so glücklich, das bei dieser Gelegenheit von Lavaler niedergeschriebene. Aktenstück hier wit- theilen zu können. „Wiewohl ich mir", sagte Lavaler, „den Herrn Necker, was die Einzelhkilen anbelriffl, ganz anders vorgestellt, so entsprach doch seine Figur beim erste» Anblick ganz meiner Erwartung... Zch war indeß bei der näheren Betrachtung über die Verschiedenheit aller seiner Züge erstaunt, in Vergleich mit den Darstellungen, die man davon gemacht hatte: mein pyysiognomischeS Urtheil über den Total-Eindruck war bald entschieden." „Das Ganze seiner Figur drückt in einer gewissen Entfernung ein Gefühl von Ehrfurcht aus; jedoch giebt sich, ,n der Nähe beobachtet, mehr Liebenswürdigkeit zu erkenne». Der Bau der festeren Theile seiner Kopfes gehört nicht zu de» originell großen Partieen Ler Natnr. Aber das Ganze hat etwas Zusammenhängendes, das sich mehr der morali schen Bollkommcnheit nähert, entschieden für die vollendete Klugheit und die ruhige Weisheit. Seine Züge im Allgemeinen drücken vereint die Gült, die Sanskmutb, die Rechtschaffenheit und den Adel seiner Gefühle aus. Zndcß wurde er trotz seines Wohlwollens verkannt, in dem er eine mehr gesetzte und ernstere Miene angenommen hatte, wie ste bei de» Franzosen sonst nicht gewöhnlich ist. Seine Stimme ist außerordentlich sanft; alles klebrige ist bei ihm gesetzt, reif und fern von aller Pedanterie! Die Manier der großen Welt blickt bei ihm durch..., aber der Staatsmann sticht bei ihm besonders hervor... jedoch ohne llebertreibimg. Er Hörle mich von meiner Wiffeirschast mit der vollkommenen Ruhe eines Weift» sprechen, der Alles untersucht und über »ichlS voreilig aburtheilt. .. Alle seine Worte waren ruhig, aber sie stoffen unmittelbar aus der Quelle hervor; alle feine Blicke waren aufmcrlsam, obgleich bescheiden und zurückhaltend; alle seine Antworten paffend und von einem edeln Ausdrucke. Seine Slirn hat etwas von weiblicher Zärtlichkeit; sie ist weder durch Knoten, noch durch Winkel, noch durch Runzeln bezeichnet... sie erscheint beweglich und gleicht allen Stirnen dieser Galtung." , „Zn seinen Augcnliedcrn, die weder dick, noch scharf ausgeprägt sind, so wie in der sattsten Vertiefung und in der Farbe und der Form seiner Augeu, liegt ein unbcgränzter Ausdruck von Weisheit, von Ernst und selbst von Eanflmuth ... Seine Gesichtsfarbe ist blaßgelb, ziem lich wesentlich für das Zdeal eines Weisen des Kabinels und sehr be deutungsvoll für einen in sich abgeschlossenen und friedlichen Charakter. An seinem Munde, dessen mittlere Linie sehr charakteristisch ist, scharf ohne Harte, spielen sich die Grazien der natürlichen Bonhomic, die nicht nur Achtung, sondern selbst persönliche Anhänglichkeit einflößt. Sein Kinn ist lang und stcischig, aber keineSwegeS plump; sein Hintcr- kopf befindet sich in vollkommener Harmonie mit der Stirn und er- thcilt dieser Physiognomie, der es nicht an Wärme fehlt, den Grad der Rube, wie er bei den großen Denkern und Slaatsmämiern erfor derlich ist." „Die Nase hat nichts Besonderes. Sie ist weder groß, noch von scharfen Umrissen, noch winkelig, noch spitzig, noch stumpf; ste Hal eine sanfte Biegung, wodurch sie dem geübten Auge den Total-Charakter, nämlich die Einförmigkeit und die Würde verleiht; denn ich habe bet ihm nicht einen Ton gefunden, der nicht mit dem Ganzen harmo- nirte!.. „Ich bezeugte der Madame Necker (so bekannt durch ihre erhabene Weisheit und durch ihren Geist, von einer langen Taille, einem delika ten Körperbau, wie dies besonders ihre äußerste Bläffe bekundete) mein Erstaunen über die Ruhe des Herrn Necker. „„Sie täuschen sich"", erwicderte sie hierauf ganz frei, „„er ist nicht ruhig; sonst würde rr während des Diners mehr gesprochen haben."" „Bei Tische war er aus Alles aufmerksam, zuvorkommend und ge fällig; alle Welt sand cS in seiner Nähe ganz behaglich. Le bezeugte eine" so natürliche Herzlichkeit für seine ehiwürdige Frau! und eine so sichtbare Zärtlichkeit für die gefühlvolle und "geistreiche Frau von Staöl... Beständig offen und nie in einer Stimmung, Lie den Mund verschließt und die Vertraulichkeit hemmt..." „ .. . Seine Tochter lenkte wider meinen Willen das Gespräch auf die Physiognomie. Was er darüber äußerte, zeigte ibn als einen kompetenten und vollkommene» Richter in der Kcnumiß der Men schen. Kurz, wenn ich je eine» mit vortrefflichen Eigenschaften ausge rüstete» Staatsmann gesehen, so ist cS dieser Mann, dem das Geschick eben so viele Freunde als Feinde zuertheilt Hal." Dies ist im ÄuSzuge das Bild, das Lavaier von dem Herrn Necker entworfen Wir haben es hier unseren Lesern zum Besten gegeben, weil Necker eine ungeheure Rolle in unserer politischen Welt gespielt, und weil sein Einfluß von der höchsten Wichtigkeit war. Unser Petiet hatte ihn während seiner zwei Ministerien hinreichend kennen gelernt i nd stand selbst in Verbindung mit ihm; er kannte die Fran von Staöl gut; er entschloß sich daher, wie wir bereits gesagt, »ach Copxrt ad- zugeben. Er ward hier mit einer Freude empfangen, die seine Reue-Stra pazen mehr al« belohnte. Die Frau von Staöl war diejenige, die de»