Volltext Seite (XML)
Wöchentlich erscheine« drei Nummern. Pränumeration«' Preis 22; Sgr. Thlr-t vierteljäbrlich, Z Thlr. für LaS ganze Jahr, ohne Er- HSHung, in allen Lheilen Ler Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumerirt aus diese« Beil-latt der rüg. Pr. StaatS- Aritung in Berlin in der Erpedition lModren-Straße No. 34!; in der Provinz so wie im Ausland« bei den Wohllöbl. Post-Lemtern. Literatur des Auslandes. 113. Berlin, Montag den 21. September 183S Frankreich. Necker und die Frau von Staöl, bei Gelegenheit eines Besuches des Herrn Pctiet. °) Bon der Herzogin von Ablautes. ES war im Monat Mai 1800. — Aus allen Seiten wurden -außerordentliche Vorkehrungen getroffen .. . Die bei Dijon zusammen- gizogene Armee sollte vom General Berthier en oiiok kommandirt wer den. Man schickte sich zum Ausbruche au. Uederall herrschte eine rege und lebhafte Thäligkcil. Die Kaufleute verkauften, die Handwerker ar beiteten, die Offiziere scherzten, die Frauen lachte» oder weuuen. Dies Alles brachte eine Bewegung hervdr, die durch das „Äbschicdslied" (Girant tlu Oöpail), jene bekannte Hymne, noch mehr belebt wurde, welche, obgleich von Unreinen entweiht, nichlsdcstowcniger das heilige Wort eines ganzen Volkes geblieben ist, da« seine Summe zum Himmel emporhedt, um von ihm den Sieg und die Freiheit zu erbitten! Carnot war um diese Zeit Kriczs-Ministcr. . . Der erste Konsul, der die Menschen kannte, hatte ihn zu dieser Sielte erhoben, weil man in einem solchen Augenblicke, wo von dem Ausgange des Kampfe« das Schicksal Frankreichs adhing, im Kriegs-Minrstcrrum einen Maun wie Carnol brauchte. Allein er war es nur für Pari«. Denn der Staat«, ralh Pellet, ein Mann von großer Ucbcrlrgcnhcit, versah das Amr eines KriegS-MinisterS wahrend des Feldzuges in der Nahe des großen Konsuls selbst, indem er dazu noch die wichtige Stellung eines General-Zulen danten der Armee bekleidete. Pctiet war einer jener seltenen Menschen, deren Typus sich nach rind nach aus unserer Gesellschaft ganz verliert. Er unterhielt sich mit eimubmcndcr Anmulh in einem Salou, der mit Damen angcsüllt war, verstand es, in alten Dingen geistreich zu seyn, sprach mit Jedem, selbst mit sehr jungen Leute», me ihm nichts Beson deres milzutheilcn batten, und hatte trotz feiner großen Gelehrsamkeit und seines tiefen Geistes in seinem ganzen Wesen nichts Anmaßendes oder Abschreckendes. Als Petiet zum General-Intendanten der Jtaliäuischm Armee er nannt worden war, suchte er dasselbe Inkognito zu behaupten, das der -erste Konsul beobachtete. Er reiste gegen das Ende Mai von Paris ab und nahm seinen Weg nach dem Hauolauartier durch die Schweiz. Als er zu Genf ankam, erinnerte er sich, daß vier zwei Personen in der Nachbarschaft lebten, die er sich glücklich ichatzie zu scbcn, und die er genau genug kannle, um bei dcuselbcu einer guten Ausnahme sicher zu sehn. Es waren der Herr Necker und die Frau von Slaöl... Necker wohnte damals z» Coppct. Necker ist der Mann, der viellcichl am meisten Einfluß auf das Schicksal Frankreichs gehabt hat. Ich habe ihn lieben lernen, seitdem ich mit seinem Geiste näher bekannt geworden bin. Mein Vater stand in vielen finanziellen Verbindungen mit ihm, und da er selbst für das System Necker'« cingenommcn war, so hing cr au diesem M nne und seiner Familie mit voller Ergebenheit, so wie alle die Meinigen. Als Necker iu das Ministerium' eingeirclen war, batte cr einen harten Kampf gegen die Mißbräuche zu bestehen, die cr abschaffen sollte. So sah cr sich im Jahre 1776, zum Finanz-Direktor ernannt, ans ein mal von einer Armcc von Feinden eingcschlossen, die um so gefährlicher waren, als sie ihre erworbenen Siechte, wie sic glaubten, auf dic Ver nunft, auf die Gcrechttgkcit und die Königliche Gnade bcgtündclcn. Die Hoflcute, dic Minister, die Parlamcutc, bw privilcgirleu Gutsbe sitzer bildeten die erste Reihe; hierauf kamen Lie Freunde Lurgot's und Vie Ockvnomistc», sodann kam die Hobe und dic uicdcre Finanz-Ver waltung; dann auch ein Mann, oder vielmehr ein alter Poltergeist, Hcrr von Manrcpas, der sein Kontingent zum Mißvergnügen aller derer, die ich eben genannt, bcrbeifübrlc; und endlich zuletzt erschien die Schaar Ler Königlich Gesinnten. Damals war cs, wo Hcrr Nrckcr schien edlen und schöne» Charakter dirlegte, und wo cr selbst gcgcn dcn König aus- Lulreten wagte. Das Wohl des Lande«, das cr befördern wollte, Halle in seinen Augen mcbr Gewicht, als dic wechselnde Gunst eincs König« ... Er versuchte cS, den Sturm zu beschwören .., Die Liebe des Volkes, der Künstler, der Gelehrten und aller derjenige,,, die nur selbst dachten, tröstete ihn gegen dir Bitterkeiten, die er z» Versailles ersuhr Ein Umstand, der beweist, wie sehr Recker im Geiste per Nation gehandelt, ist die ungeheure Menge der Büsten, der Statucn, der Bücher und der Jeichnungcn, die für ihn aufgeführt und hcransgcgeben wurde». Die Zahl der zu seinem Lobe erschienenen Kupferstiche beläuft sich auf drci» ') Au« de» nächstens in Pari« erscheinenden ltk«m»lre» nur tu IGntaurrtlo», v»n -er Herzogin von Mranees. untachtzig während sclncs zweiten Ministeriums uud siebzig während des ersten Ministeriums! . . . Man sah sei» Bildniß i» Email auf Armbändern und Schnupflabacks-Dosen. Eine Frau, die sich im Palais Nova! befand, wagte es einmal, verächtlich von ihm zu sprecheu; sogleich wur^c sic umzingelt, ergriffe» u»d auf die fürchterlichste Weise zurecht gewiesen! Eine Zeichnung stellte diese unglückliche Scene dar! Die Anhänglichkeit, die ,elne Freunde gcgcn ihn hegte», war von un- degränzter Art. Seine Gegenpartei am Hose war ohne Zweifel zahl reich; aber nichGdcstowcuigcr hatten diejenigen, die sich an ihn hielten, das Uebcrgewicht über die Anderen. Die Familie Noailles war ihm ganz ergeben; der Herzog von Choiscul, der Marquis von Castries, die gebieterische Herzogin von Grammont, die Schwester de« Herrn vo» Choiseui, die stolze Madame de Brionue und dic Fürstin von Beau- vca», eine liebenswürdige und geistreiche Damc. alle diese batten nichts Eifrigeres zu unternehmen, al« für Necker Prosclvtcn zu machen; Lie Madame de Blot, die Maiircsse des Herrn von Castries, mit ihrem sentimentalen Jargon, und die feurige Gräfin von Teffö, so wie dic Her zogin von Chalons, nölhigten de» Herrn von Coiguv, obgleich derselbe dcn Herrn Necker weder schätzte noch lieble, dennoch dazu, sciu Verdienst laut zu verkünden. ES waren noch drei Frauen, die bei ihrem großen Einflüsse auf dic elegante Welt alle ihre Gewalt zu Gunsten Ncckcr'S auwcndeten. ES warcn die Frauen vo» Simia»c, von Pap und Pie Marquise von Coignv, welche Letzter^ sich damals besonders durch ihren Kampf gcgcn die Königin hcrvorthat; dieser weibliche Pbal.mr erhielt den Herrn Necker eine» Augenblick gegen dic hercinbrcchcnde Flutb aufrccht, mit welcher ibn der vom Herrn von MaurcpaS erregte Sturm bcdrobie. Dieser Sturm war um so gcfährlichcr, als dcr alle Minister scincu Haß untcr einem Scheine von Wohlwollen verbarg, dcr dcn draven Mann täuschen mußte. Herr von Maurcpas wurde von allen den jungen Frauen verabscheut,' deren Namen ich so eben angcsührt habc; 'sie namucii ihn nicht anders, als dcn allen Mentor. .. Und es war cigcnllich mehr dcr Haß gegen diesen Mann, dcr sie untcr die Fahne Necker s versammelte, als das eigentliche Hobe Verdienst des Letzteren, das sic in ihrer zu großen Flatterhaftigkeit kaum zu würdigen vermoch ten. Das Merkwürdigste bei der Sache war, daß Hcrr Necker, von Natur streng in seine» Manieren, und die Frau Necker mit ihren pu ritanischen Sitten, ihrer langcn und mager» Taillc, ihrer blaffcn Figur und ihrem Munde, der nicht zu lächeln verstand, daß diese beide» nicht die geringsten Kosten darauf verwandle», um da« Wohlwollen der Armee z» gewinnen, die gegen jene» sochl; dieselbe wuchs immer mehr und mrhr an durch cine Mcuge von jungen eleganten Herren, durch Hof-Abbös, die unter den Befehle» aller der >u»gen Frauen standen; uud das war der Kreis der sanatischcii Verehrung, dcr den Herrn Nccker zur Zeit seincs ersten Ministeriums umgab und in schien Schutz nahm. Die Frau von Staöl war damals noch nicht verbeiraibct, und sie war zu jung, um irgend einen Einfluß auf die Well auszuübcn. Unter den Gelehr ten vertheidigten Thomas uud der Abbö Navnal die Nckromanir, wie mau das Gcnfifchc Svstcm bezeichnete, uud alle diese heterogenen Interessen, die zu Glmsicu Nccker's sich vcrcinigtrn, gehören nicht etwa zu den minder merkwürdigen Phänomenen der Revolution. In dcr That ist es merkwürdig, die eben angeführten Namen ans dcr Liste der Freunde Les Herr» Necker zu finden. Die Opposition nahm einen Charakter an, dcr die Aufmerksamkeit auf die Begebenheiten lenken mußte, die sich unler dcu Augen vorbereiteten, wenn man in Frankreich je etwas vorberzusehkn im Stande gewesen war. Allei» der Kamps dauerte nicht lange. Dcr Hcrr von Maurcpas batte den Bor- tbeil voraus, aus einem Terrain zu kämpfen, das ec kannte, und Waffen in dcr Hand zu führen, von denen cr wußte, daß ste schrecklich waren. Er versuchte cs, Nccker lächerlich zu macht», --r faßte Spottverse auf ibn ab und »ersparte kein Bonmot, keine SowkaSmeu, bis er endlich die verehrte Standsäule auf ihrem Piedest si z„m Wanke» brachtc- Ncckcr scineescil« beförderte selbst seinen eigenen Sturz, indem er, cdcl und stolz, überzeugt von ter Gerechtigkeit 'seiner Sache, seinen Feinde» nur durch neue Unterdrückungen antwortet'., und indem tägliche Strenge seine Verwaltung bezeichnete; aber ein Umstand trug besonder« dazu bei, ibm dcn schrecklichste» Stoß zu versetze»; cS war dic Monomanie dcr öffcnlllchcn Meinung. Er täusch»., sich über da«, was sie Wahres enthielt, und belegte mit diesem No.meu den philosophische» Geist, der Frankreich gestürzt bat. Er tauichic sich und fiel, lu^q sih, Sturz war von unberechenbarcn Folgen begleitet; es wurde bei hrm alle» Mcnlor »icl davon gesprochen, ihn i» die Bastilic euupenep, lasse», so wie von hundert anderen dergleichen Posseu. N'.ck«w hingegen hielt beim Könige um dieselbe