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395 Die kürzlich stattgcsundrnen Thatsachcn haben inbessen dargcthan, daß ein an Jagd- und Raubzüge gewöhntes wildes Volk anders behandelt werden muß, als wie cs seil 14 und mehreren Jahren van den Missio- naircn geschehen ist; ja, cs bleibt nubegreislich, "warum sie mit dem Un terricht in der christlichen Meral nicht überall bei den Kaffcrn-Häupt lingen, von denen doch die großen Raubzüge den Untergebenen besohlen weiden, begonnen haben und nach Eivilisirung der Ehcf'« erst zu den gemeinen Kaffer» sich wandten. Wenn auch schon seit Jahren in Folge der Einfälle kleiner Trupps Kaffern und des von denselben verübten Raubes an Vieh bei den Kolonisten Zweifel an der Richtigkeit der Acußerungen des Direktors der Missionsgcsellschast, »r. Philipp, in der Kapstadt,'so wie seines Schwiegersohnes, John Fairbairn, Herausgebers einer Kap-Zeitung, lind des kürzlich in England verstorbenen SecrelairS der tVnkiülavvr^-bsvoivl), Thomas Pringle, erregt wurden, so scheinen Loch) dessenungeachtet dieser drei Herren Berichte über die Fortschritte Ler Eivilisalion unter den Kaffern in London mehr Vertrauen bei den Behörden gesunden zu habcn, als die der Gegenpartei; daher unterließ man denn auch, von Zeit zu Zeit nachznforschen, ob die Kaffern sich zn kriegerischen Unternehmungen rüsteten, und war in neuerer Zeil auch wohl nicht sehr streng bei der Untersuchung der in's Kaffernland gehen den Waaren, aus daß das Verbot nicht übertreten werde, Echicßgcwchre, Pulver und Blei dahin zu führen. So geschah denn in der zweiten Hälfte des Dezembers der unvor hergesehene Uebcrfall der Barbaren mit ungefähr ItM> Feuergcwehreu, kie sclbigcn von der Kolonie aus im Tauschhandel überkommen waren, und womit die Kaffern seitdem schon mehr Kolonisteu und Englische Soldaten gelöklct und Wehr oder weniger verwundet habcn, als bei fämmllichcn früheren Invasionen. Hier beim Nachbar, dem Feld-Kornet van der Ncß, dir die Aussicht über die Kornetschast der Gegenden des Baviaans-Rivicr's fährt, kam am 22. Dezember die Nachricht aus der angränzenden Fcld-Kornelschast Ostrict-Rivier, daß Kaffern über die Gränze gekommen, Häuser der Ko- louistcn in Brand gesteckt, die Bewohner durch Hassagei-Snche ermor det und ihr Wich fortgeführt hätten. Diese Nachricht hielten mein Bruder und der obgenannte Feld-Kornet für übertriebe», indessen bestä tigte dieselbe sich lcidcr bald durch mehrere Eilboten zu Pferde. Nun flogen von dem Feld-Kornet Ordres zu Pferde nach allen Richtungen, und mit sehr lobensiverther Schnelle kamen nach drei Tagen, am 2. Wcihnachtslage, aus den Feld-Kornelschasten Bruintjcs Hvogte, Zwa- gcrshock, Tarka und Achtcr-Sncenwberg, sämmtlich im Distrikte Somcr- )ct, eine große Anzahl bewaffneter Kolonisten zu Pferde herbei, um ihren bedrängten Brudern an der Gränze bcizustchen. Ihne» folgte» wenige Tage später noch mehrere bewaffnete Männer aus dc» Kornctschasle» Besore-Sneeuwkerg, On-Snccuwbcrg und Zeekoe-Rivier (Hippopotamus- fluß) beim Oranjcfluß, ans dem Distrikte „Graff Reinelt." Unterdessen verlebte man hier bis zur Ankunft des Beistandes einen sorgcnvollcu Weihnachten; denn hätten die Kaffcrn sich in einer ähnlichen Zahl gleich bieder geworfen, wie »ach den Gegenden von Erahamssiadt, so konnte» sie aus den, benachbarte» Platz des Fcld-Kor»cts va» der Neß alle Bewohner nebst de» übrige» Familie», die dahin aus der Nabe geflüchtet waren, so wie uns hier auf des Bruders Wohnort, ganz leicht Len Garaus machen, zumal diese bcidcn Plätze ganz nahe cincm tchöneu Walde und von hoben mit Büschen versehenen Bergen umgeben liegen, dergleichen dic Schlupfwinkel der Kaffer» sind, von wo aus sic zur Nachtzeit Brand, Mord und Wichraub aussühren; hierzu wählen die Kaffer» gewöhnlich dic Zeit des abnchmcndcn Mondes so, daß der An fall und das Fortsäbrcn, besonders des Rindviehes, zwischen S und l > Uhr Abends, möglichst bei durch trübe Luft vermehrter Dunkelheit, unter nommen wird, um dann dc» Schein des Mitternachts aufgihendc» Mondes zum begucmercn und schnellere» Fortlrciben des Viehes, das dabei durch Haffaqci-Stiche zum Lause» gcnölbigt wird, zu benutzen. Am zweiten Tage der Gefahr lud der Feld-Kornet van der Ncß auch meinen Bruder'ein, zur Nacht mit seiner sämnulichen Diencrschast nach des Erstere» Wohnort zu kommen; da hätte» Sie einmal das Ge tümmel dcr Mengc voü Familien mit zahlreichen Kindern zusammcngc- drängt in cincm Hause sehen sollen, das gar nicht groß und von dem das Dachstroh abgetragen war, aus daß beim Angriffe dic Kaffer» cs nicht sollte» in Brand stcckc» können; inglcichcn die Menge Wage» und das in einem weiten Kreise zusammcngclriebcne Rindvieh, die Schafe nebst den Pferden von verschiedenen Besitzern, welche alle, sich nicht heimisch fühlend, unaufhörlich biöckten und wieherten. Indessen hatte» dic ausgestclllk» Wache» zu Fuß u»d zu Pferde während dcr Nacht keine» ter gewöhnlich auf Händen und Füßen berailkricchendcn Kaffcrn bemerkt, und so hatte denn manche Frau um das Lebe» ihres während dcr Nacht auf dcr Wachc gewesene» Mannks vergeblich ängst liche Sorge getragen. Am folgenden Tage hielt es der Feld-Kornet für gut, weil meines Bruders Gut ein wenig cutserütir vom schon genannten Walde liegt, auch das Thal hier weiter ist, daß sämmtliche Familie» sich mit alle» Habseligkeiten bei meinem Bruder bis auf Weiteres niederließen, und darauf zogen Alle hierher, ja cs kamen noch viele Andere dazu. Nach dem alle Wagen zu einer Burg aufgefahren und die Familien alle Räume in meines Bruders Hause überfüllt halten, so daß mehrere sich auf ihre Wage» und dic freie Luft beschränken mußten, wurden in ver schiedenen Außengcbäutcn Löcher für Schießscharten angebracht und kleine Häuschen, um daraus zu schieße», ausgrführt; ferner ward meinrs Grubers »och vorrälbiges Blei zu Kugel» gegossen, und von seinem Müder wurde» Patrone» angcscrligt. So verflösse» dic Tage bis znm 26. Dezember gegen Abend, ohne daß ein Anfall von Seilen der Kas. lern geschah, als jene vorgcnannlen bewaffneten Kolonisten aus dc» verschiedenen Feld-Kornclschaslcn cintrafcn und sehr sreudjg von den Frauen bewillkommnet wurden. Nunmclr konnte eine bessere Ordnung bei dem AuSstellen von Wachen während der Nächte eintrelen, nnh Patrouillen kcnnlrn am Tage nach dcm Walde und nach anderen Gegenden unternommen wer den, wobei auch zum öfter» durch die in de» Wald und das Gebüsch führende» Fußtapfcn mehrere Kaffer» in Klüflcn und Schluchten ent deckt wurdcn; doch konnten Anfangs nur wenige hier in dcr Nähe schuß recht erreicht und gelöklct werken. Eines Morgens hatte das Kommando »och vor Sonne»-Ausgang eine Nekognoszirüng unlcrnommc», bei welcher Gelegenheit cs auf cine» Trupp Kaffcrn stieß, welche, so srüh dergleichen wohl nicht vermulhend, in dcr Nähe des Einganges zum Walde beschäftigt waren, einen in mthrere Stücke zerlegten Ochse» am Feuer zu braten; bei Ansicht dcr bcwaffne- len Kolonisten entflohen sic jedoch sogleich in den Wald. Die in meh rere Stücke zerschnittene Haut des gcschlachtctcn Ochsen trug zu unserem nicht geringen Erstaune» mcines Bruders Zeichen. Die Kaffcrn halte», wie sich spater ergab, vo» einem Hausen Rindviehs, das dcr benachbarte Feld-Kornet und mein Bruder zur Sicherheit weiter landeinwärts hallen lreibeii lassen, ungcsähr dreihundert Stück beim Busch des ersten Rast platzes den Treibern unbemerkt hivwrggeführt, und hiervon gehörte» mcinem Bruder etwas übcr 1A) Stück Ochsen und Kühe, die sämmt- lich verloren wordc» sind. Das tägliche Palrouillircn zu Pscrde, sowohl in unserer Feld-Komet- . schäft als in der nächsten des Lsiriel-Rivicr, welche unter dem Kornel Erasmus stand, hatte dic Kaffcrn indessen ziemlich in Furcht gesetzt, so daß sie sich am Tage im Dickicht der Büsche uud Wälder verborge» hiel ten, und wenn man nur einmal die Waldungen mit de» sehr dichten dornige» Büsche» hier gesehen hat, so erhält inan auch die lleberzeugung, daß Hunderte sich darin sicher verbergen können, obnc von einer gleichen Zahl Erploratorc» aufgesunden zu werden; dazu wären die großen soge nannte» Bluthunde sehr nützlich, dcrcn Gebrauch man aber hirr nicht kennt; den» wen» gleich die hiesigen Hunde auch ziemlich groß un» aus den Werften dcr Kolonistenplätze zur Nachtzeit sehr wachsam sind, auch einem Fremden, dcr sich ihnen des Nachts »ädert, ebc» so gefährlich sind, als die Hyänen und andere Bestien, die sie von dcn Hürde» dcr Schaase und Ziege» abzuhalten haben, so sind sie koch am Tage, wohl zum Theil aus Müdigkeit (denn sie müssen manchmal die ganze Nacht im wciien Kreise rings um die Vichhürden die umher- schlcichende» Hyänen durch unausgesetztcs Bellen abhallen), auf den Werften liegend, ganz ruhig und werde» nicht leicht einen um diese Zeit kommenden Fremde», zumal eine» weiße» Menschcn, ohne gehetzt zu werke», a»bcllcn; ja, ma» Hal sich überzeugt, kaß diese Hunde, nach anderen Gegenden mitgenommen, auch nicht leicht aus Anhetzcn ein Thicr, bas größer ist, als sic selbst, angreifen. Dic nächtlichen Einfälle und der Viehraub der Kaffcrn aus mch- rcrcn Kolo»iflcn-Bcsitzu»ge» und die am nächsten Morgen daraus ver- folglc» Fußtapfen, führte» die Kolonisten doch hier und dort in wen:« ger große» Büschcn auf die Spuren der Räuber, und so wurden i» un serer Nachbarschaft am Konapflusse 14 derselben gelödtct und noch meh rere verwundet; ferner wurde» am Winterderge, unter der Anführung des tapferen Feld-Kommandanten va» Wyk, 73 erschossen und daneben eine große Zahl verwundet, die zwar entflohen, von denen aber noch die meiste» später tobt gesunde» Worten sink. Endlich entdeckte man auch iu den ersten Tage» des Januars die Spuren einer Anzahl Kaffern in einer waldigen Bcrgschlnchl, in deren Nähe zwei Kolonisten- Plätze liegen, die mit schönem Rindvieh versehen waren, dessen Beran, bung man in einer künftigen Nacht gewärtige» tonnte. Diescrhalb machten sich 3«) Kolonisten dorthin auf und bestiegen von zwei entge gengesetzte» Seile» den iu dec Mille mil hohe» Büschen bewachsenen Berg; der zuerst die Kaffern ciildcckende Theil gab dem ankeren kurch einen Schuß das Zeichen zmn Angriff, und während die sich umringt sehenden Kaffcrn eine Art von Elurm kurch das Werse» unzähliger Haffagcicn aus die Kolonisten mllcrnahmeu, schosse» diese 22 Wilde nieder und vcrwundelcn mehrere ankere, die indeß noch entfliehen konn ten. Da dies ganz nahe bei meines Bruders Territorium verfiel, so ritt ich am andere» Tage mit Begleitung nach jenem Ort, um von dc» Kaffer-Leichen ein Paar zu erhalten, deren Gerippe ich zu wissenschaft lichen Zwecken präparircn wollte; wir gelangten auch bald zu Pscrde bis zum Berge und bestiegen drnsclbc» zu Fuß, was bei der Januar- Hitze und dem steilen Wege durch dichte, mit unzähligen Widerhaken versehene Büsche sehr viele» Schwciß kostete. Dafür war aber auch in zwei Beziehungen dcr Lob» nicht gering. Auf dcr einen Seite bot uns nämlich Lcr felsige Gipset des Berges mehrere Höblc» dar, in welchen sich Formationen fanden, an denen man dic Urwelt sich vergegenwärti ge» konnte, nnd auf dcr anderen Seite fanden stch, tbeils in den ge räumigen Felsenhöhlen und thcils an Baumstämmen liegend, wo sie von dem weiteren Hinabrollc» vom jähe» Berge ausgehalten worden waren, viele große muskulöse nnd »heilwcise mit gesälliger Gesichtsform begabte, zu Athleten geschaffene Kaffcrn. Die Hinabschaffung dcr von der Hitze sehr ausgrtricbcnen und also noch voluminöser gewordenen Leichen war aber zur Zeit, nach dcm einstimmigen Urtbcil der ganzen Gesellschaft, auf dem weiten Wege durch die sehr in einander gewachsenen Büsche bis unten zu dem von uns mitgrbrachten Wagen, nicht aussuhrbar und soll dann versucht werden, wen» erst wilde Vierfüßer, Geier, Ameisen, die Wärme und der Regen alle Wcichtheile von dem Knochengerüste werden abgelöst haben. Es mochte das fleißige Ausscnden von Patrouillen aus dieser Kor- ticlschast, so wie dcr Anblick vieler Wagen, die nächtlichen Wachtfeuer :c. die Kaffern auf de» Gipfeln der Berge wobl glauben gemacht haben, daß eine sehr starke Streitmacht aus diesem Platze versammclt wäre, und deshalb halten sie wobl auch bis dahin keinen Anfall aus uns ge wagt; indessen in einer regnichtcn sehr dunkel» Januar-Nacht waren dennoch ein Paar beherzte Kaffern an die Rindvieh-Hürde meine« Bruders auf einer Stelle herangekrochen, wo man keine Wache ausge stellt, hatte» diese Hürde, die aus großen Mimosen-Acsicn bestand, ge öffnet, das sämmtliche Rindvieh binausqelassen und darunter des Brü ters feisteste Zugochsen weggelrieben, Das Umherlause» des nicht mit.