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Haut crlcidct, allgemein berühmt und diesechalb zum populairen Bilde der Veränderlichkeit und des Wankelmuthes gcwordcn. Wenn wir den alten Autoren glauben dürfen, so besitzt es die wunderbare Kraft, die Farben aller mit ihm in Berührung kommender Gegenstände nach einander anzu- nehmen; aber die Naturforscher haben seit lange schon die Geschichte dieses kleinen Thierchens von allen damit verbunden gewesenen Fabeln gereinigt. Indessen, wenn man ihm auch die Fähigkeit abspricht, die Farben bis ins Unendliche wechseln zu können, so muß man ihm doch zugcstchen, daß seine Haut merkwürdige Berändcrungen erleidet, und daß ste bald vollkommen weiß, bald gelblich und bald beinahe schwarz ist, je nachdem das Thierchcn schläst oder wacht, ruhig oder durch irgend eine Widerwärtigkeit aufgeregt ist. Dieses sonderbare Phänomen war wohl geeignet, die Neugier zu erre gen, und viele Zoologen haben sich darum auch angestrengt, die Ursache dieser Erscheinung zu entdecken. Wir verdanken ihnen eine große Zahl Hvpothcsen, bald mehr, bald minder wahrscheinlich; aber sie haben ihre Meinungen weder aus physiologische Erfahrungen noch auf anatomische Untersuchungen hastet, und folglich tragen ihre Resultate kcineswegcs den Ebaraklcr einer erschöpfenden Genanigkeit. Nach Hasselguist rühren jene Beränderungen von einer Art von Krankheit, oder, bestimmter, von einer gewissen Gelbsucht her, wel cher dieses Thicrchen muerworscn ist, besonders wenn man cs zur Wuth reizt. In neuerer Zeil hat ein Autor das Phänomen dadurch erklärt, daß er das Blut des Chamäleons als violetblau bestimmt, während die Geflechte der Blutadern und die Haut selbst gelb sind, so daß die Hautfarbe in dem Grade wechselt, in welchem das Blut zu- und ab fließt. Cuvicr betrachtet den Farbenwcchscl als eine Wirkung der enor men Ausdehnung der Lungen dieser Thiere und meint, daß in dem Waaße, wie diese Organe von Luft erfüllt oder geleert sind, ste das Ganze des Körpers mehr oder minder durchsichtig machen, indem sie eine größere oder kleinere Quantität Bluts in die Hautdecke treiben und diese Flüssigkeit selbst mehr oder minder glänzend särbcn. ES gicbt auch noch andere Naturforscher, welche alle diese Verände rungen der Respiration beimcsscn und auf unterschiedene Weise die Einwirkung der Lungcnausdchnung aus die Haut erklären. Die Hautdecke der Chamäleons ist, wie mau weiß, mit einer großen Anzahl kleiner schuppigen Körnchen übersäet, welche ihr den Anschein einer Zebra- Haut geben; man sagt auch, daß diese Körnchen eine gelbliche Farbe ha ben, wahrend das Untere der Haiti dunkelrolh ist, so daß, wenn das Häulchen znsammengezogen ist, man nur die Körnchen allein sehen kann; wird cs aber durch das Ausblascn der Lungen ausgedehnt, dann lcenncn sich dieKwrnchen von einander und lasset, die natürliche Farbe der Haut hervortrclen, wodurch denn die wechselnden Farben dieses Lhieres entstehen. Herr Spittal, dem wir einige interessante Beobachtungen über diesen Farbenwechsel verdanken, betrachtet sic als mit dem Zustaüde der Lungen verbunden; und Herr Houston, welcher die Wissenschaft durch die Untersuchungen der Struktur und der Zungcnbewcgungcn dieses sonderbaren Tbicres bereichert hat, betrachtet ;cnrs Phänomen als eine Folge der Bluiwallung in den,Hautgesäßen. Endlich konnte man auch fragen, ob diese Mannigfaltigkeit der Farben nicht von der beson deren Natur des Obcrbautchcns bcrrührc, welches, indem cs selber einige Modiflcalioncn erleidet) aus das Licht in verschiedener Weise wirken und hinter einander alle Strahlen zurückwcrfcn kann; so wie sehr dünne Mctallplatlcn eine Reihe von Farben hervorbringcn, je nachdem ihre Starke vermehrt odcr vermindert wird. Wenn man nun alle diese Erklärungen prüft, so wird man bald cinsehen, daß sie nur als reine Hvpothcsen zu beachten sind. Mir aber schicn diese merkwürdige Erscheinung eine vollkommenere Er klärung zu verdienen, und ich habe mir darum mit Eifer die Gelegen heit zu Nutze gemacht, welche Herr Savart mir dargeboicn hat, um neuerdings dicscn Farbcuwechscl zu untersuche» und die Ursachen jenes sonderbaren Phänomens zu ergründen. Im Juni I83Z erhielt Herr Savarl zwei Chamäleons aus Algier, welche er bis Ende Oktobers am Leben erhielt. Eines dieser Thiere, welches wir mit Nr. I bezeichnen wollen, war gewöhnlich von einer grauen ins Purpur spielenden Farbe; aber während der Nacht, wenn es eingeschlasen war, schien cs weißgrau zu sehn. Bisweilen zeigten sich an den Seiten schmutzig gelbe Flecke, und ein andermal erschienen auf verschiedenen Theilen seines Leibes andere Flecke, welche rotb oder kunkclvivlet waren. Endlich, einige Tage vor seinem Tode, nahm es eitle gelbe Farbe an und bedeckte sich niit einer Menge klcincr schwar zer Punkle, die sich siuscnwclsc ausdcbntcn, sortlauscndc Flecke bildeten und beinahe die ganze Körperflächc bedeckten. Däs Chamalcon Nr. 2 war gewöhnlich von dunkclboutcillcngrüncr Farbe, welche der schwarzen nahe kam. Wenn cs lies eingeschlasen war, dann »ahm cs, wie das erstere, dic bleiche Farbe des Blaßgclbcn an; während des Tages beobachtete man an den Seiten salalgrüne Flecke, während der übrige Körper bonleillengrün war. Wenn man cs nabe bei einem Fenster placirte, wo es die Hoffnung, zu entwischen, ergriff, verbreitete sich eine gelbgrüne Farbe über den ganzen Körper. Als es endlich krank wurde, da erschienen einige gelbliche Fleckc, cs behielt aber bis in seinem Tode die Hauplsarbe, nämlich bläulichgrün, dic ihm gcwöbnlich eigen war. Nr. 2 wechselte leichter die Farbe als Nr. I, aber bei dem einen wie bei dem anderen gingen die Vcränderungcn nur stufenweise von Stallen. Wir hallen immer mehr cingeschcn, daß sic ganz unabhängig von dcr stärkeren oder schwächeren Ausdehnung des Körpers waren, Die Chamäleons bliesen sich zuweilen ungeheuer auf, ohne dabei einen Farbenwcchscl zu bekunden; und in anderen Augenblicken ldalen wieder die Variationen schnell ein, ohne daß ihnen eine Veränderung in der Ausdehnung vorangegangen war. So zerstör» denn die unmittelbare Beobachtung alle die Hypothe sen, mit deren Hülse die Naturforscher den Fardenipechsel des Chamä leons aus der Ausdehnung der Lungen hcrzuleiten sich bemüht haben. Bis dahin aber hatte diese Beobachtung immer noch keine reelle Ur sache dieses Phänomens an's Licht gebracht. Ich nahm daher, um einen klaren Einblick zu erlangen, meine Zuflucht zur Anatomie. Unmittelbar nach dem Tode des Chamäleons Nr. 1 machte ich einen Theil der Haut lgs, auf welcher sich die beschriebenen rochen und kunkclcn Farben, so wie auch ein breiter gclblichgraucr Flcck befanden, und brachlc dieses Bruchstück vermittelst eines stark vergrößernden Glases.zur Untersuchung. Lie Oberfläche dieser Haut ist, wie man weiß, mit einer unend lichen Zahl von kleinen runden Wärzchen bedeckt, zwischen denen man noch um vieles feinere Körnchen erblickt. Wir haben auch schon be merkt, daß einige Nalursorschcr den Farbenwcchscl des Chamälcons dem Umstande deigemcssen haben, daß die kleinen Wärzchen gelb, die übrige Haut, aber anderer Farbe ist, und darum auch, wenn die Haut sich zu- sammenzicht, die gelbe Farbe ter Wärzchcn allein sichtbar bleibt, hin gegen bei dcr Ausdehnung derselben die Körnchen sich zerstreuen und dic untere Haulfläche erscheinen lassen. Aber die Wirklichkeit war dieser Hypothese geradezu entgegen; denn sowohl an den dunkelsten Stellen des Leibes, als an den hellsten, war cs genau unter den Wärzchcn, wo dic Lokalsarbe, es mochte eine scvn, welche es wollte, sich verschiedentlich vcrändkrtc. An den Hauptthcilcu, welche von dunkelrotber Farbe waren, konnte man sich, mit Hülse des Mikroskops, leicht überzeugen, daß die den be nachbarten Theilen eigene gclbgraue Farbe nicht ganz verschwunden war; aber die Haut war wie übersprengt mit einer unendlichen Zahl kleiner purpurrolbcr Punkte, bald mehr, bald minder dunkel, und jede Warze schicn mit einem Netze bcdcckt; dcm unbewaffneten Angl aber schienen diese Punkte dic ganze Oberfläche zu bedecken. Zwischen einigen dieser Warzen nahm man auch Punkte von derselben Farbe wahr, aber sie waren um Vieles leichter und blässer. Endlich erschien diese Farbe aus der inneren Oberfläche dcr Haut weniger hoch und kräftig. Die nicht purpurrothcn Hauptlbeile zeigte» aus dcr äußere» Ober fläche »ur eine gclbgraue Farbc, mehr ausgcdrückt auf den Wärzchcn dcr Haut, als in dm Zwischenräumen, welche sie trennten. An cimgen Orten, dic Flanken entlang nnd aus dem imterm Theil des Lcibcs, war diese Farbe weißlicher, als überall anderswo; während sie in den höhe ren Theilen des Rückens sich dem reinen Gelb näherte. War die Haut ausgedehnt, so daß sich die Wärzchcn, mit denen sie übersüllt war, zerstreuten, so fand gar kein Farbcnwechsel stall; wcnn man aber die innere Oberfläche »nlcrsuchlc, fand man überall dieselbe violcUrotbc, in s Schwarze svielcnde Farbc, welche von Inncn und Außen uchlbac war. So schicn es denn, daß überall in der Obcr- haul des Thiercs zwei gäiizlich verschiedene Schicblc» cristirlcn; eine von grauer Farbe, welche nach den verschiedenen Theilen, an dencn man sic beobachlctc, bald gelbcr, bald weißer war, nnd eine andere von violcltrolhcr oder schwärzlicher Farbc. Lie ManttigfalligteU der Farben, welche man an dicsem Thicrchen bemerkt, cnlstebt alsodahkr, daß biS' weile» die letztere dieser Schichten auf der Oberfläche, durch das Ober- Häutchen hindurch, bald mehr, bald minder mit dcr crstcrcn vermengt, fühlbar ist, und bisweilen unter dieser gänzlich versteckt bleibt. Durch dic Feststellung dieser Tbatsachc wurde es nun wahrschein lich, daß die Erscheinung dcr Purpurflccke von verschiedener Größe, welche bei dcm lebenden Thierchcn hin und wieder wahrgcuommen worden, »ur von dcr verändcrtcn Stellung der Schichte» odcr inneren Häutchcn abking. Lie Zergliederung des zweiten Chamäleons bestätigte das, was ich so eben gesagt habe. Wir fanden zwei komplett unterschiedene Schich ten darin; die eine äußere war gelb oder weiß, nach Maßgabe dcr Theile, welche wir gerade unlcrsnchtcn; dic zwcilc inncre war von bou- tciUengrüner, in's Schwarzc spielender Farbc. Es ist uuzwcisclhast, daß die Vermischung dieser beiden Farben und dic Vocberrschung der einen über die andere die Mannigsaltigkcit erzeugten, welche wir bei dcm Leben dieses Thierchens wahrgenvmmm. sMiina jßchvc,och. — Lflinb. ?IuI. flourn ) M a n n i ,q f a ! r i g e s. — Sbakcspearcana. Der Shakespeare-Klub zu Stratford am Avon bat eine Subscriplio» cröffncl, nm das Monument des großen Lichters in dcr Stratforder Kirche wiederherzustelleu und das Inncre des RanmcS, der das Grab Shakespeares und die Gräber mehrerer Glieder seiner Familie enthält, anszubeffem. Wenn dic Subscriplio» noch mehr cintragcn solllc, als zu dicscn Zwecken erforderlich seyn würde, so will man den Ucbcrschuß zu anderen mit dem Andenken Shakcspearc's in Verbindung stehenden Eegenständc» verwenden. — Unlcr den Manuskripten des Lord-Kanzlers Ellesmere, die im Besitze Lord Francis Egerlon's sind, hat man kürzlich einige wichtige Ent deckungen gemacht, die über Shakcspearc's Leben und Verhältnisse nä here Aufschlüsse geben. (älnoninZ Gnoanida.) Diejenigen Leser des Magazins, deren Abonnement mit die sem Monate zu Ende geht, werden ersucht, dasselbe zeitig zu erneuern, damit in der Versendung des Blattes keine Unter brechung cintrclc. Herausgegeben von der Siedaclion der Allg. Preuß. Staats-Zeitung. Gedruckt bei A. W. Hayn.