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307 würdige Indianische Altcrthümer aus, die thcil« aus den ungeheuren Höhlen in Kentucky, theils aus den sehr zahlreichen Grabhügeln an den Ufern des Ohio herrühren. Mehrere solcher Hügel sand man an dem Ori selbst, wo Cincinnati sich erhebt. Eben dies Museum besitzt auch eine Merkwürdigkeit, die ich sonst nirgends angetroffen habe, nämlich eine Darstellung der Hölle, mit deren Bezchaunng die jungen Mädchen von Cincinnati ihre Gcmüther aufre gen, weil sie in ihrem behaglichen und ruhigen, aber kalten und mono tonen lieben dazu gar keine Gelegenheit sinden. Man versinnlicht ihnen hier die Qualen lind das Angstgeschrei der Verdammte» durch Figuren mit Uhrwerken; man zeigt ihnen einen ausgestopftcn Baren, der vor Wuth brüllt und mit den Kinnladen klappert, und eine papierne Riesen- schlange, die sich bald mit langsamer Majestät, bald mit drohender Hef tigkeit zusammen- und auseinandcrwickelt. Dieses wunderliche Schau spiel, bei welchem Licht und Finsterniß abwcchselt, und das von einigen kleinen phanlasmagorischen Künsten, einigen Lamtamschlägcn und einigen Erschütterungen begleitet ist, die den Anwesenden durch ein Paar hinter Len Couliffcn verborgene Elektristr-Maschiuen beigebrachl werden, scheint die Nerven der jungen Cincinnatier, besonders aber der Cincinnatierm- nen, in einen wonnigen Schauer zu versetzen, und es ist für das Museum die Hauptgucüc seiner Einnahmen. Die Banke» sind i» Cincinnati sehr bescheiden placirt, in diesem Augenblick aber geht man mit dem Pla» um, ein prächtiges Gebäude, ihres großen Neichlhum« würdig, zu errichten, in welchem ihre Bureaus vereinigt werden sollen. Lie'Gicßcreic», worin die Dampfmaschinen verfertigt, die Werste, aus welchen die Lampfbötc gezimmert werden, die geräuschvollen, ungesunden und lästigen Gewerbe haben ihre Werk stätten an den äußersten Enden der Stadt oder in der angränzenden Ortschaft Fulton, oder in den Dörfern Covington und Newport, die am anderen Ufer im Staate Kentucky liegen, oder gar im freien Felde. Was das viele Schlachten von Schweinen, ungefähr ISO,VOO Stück jährlich, und die damit zusammenhängende Zubereitung des Schmeers und Speckes anbetrifft, so wird die Stadl dadurch weder beschmutzt noch verpestet, denn dies Alles geschieht außerhalb derselben an den Ufern eines kleinen Baches (steev craahj, der de» Beiname» „der Blu tige" (hloost) run) erhalte» hat, weil sein Wasser im SoMmer von jenem fortwährenden Blutbadc ganz geröthel ist, oder au den Ufern der Bassins eines von Cincinnati nach Layton im Innern des Staates gehenden Kanals, den man noch hundert Meilen weiter, bis zum Erie- See, fortlciten will. Cincinnati hat übrigens weder nach Englischer Art bepflanzte Quarevs, noch Platze, noch Alleen, noch Springbrunnen, wiewohl dergleichen sehy leicht anzulcgcn wären. Ehe es hier zu Ver schönerungen im eigentlichen Sinne des Wortes kommen kann, muß man erst noch warten, bis den Einwohnern Geschmack beikommt; bis jetzt denken sic nur noch an das Nützliche. Freilich erfordert jede Ver besserung eine Erhöhung der Steuern, und in den Vereinigten Staaten läßt sich die Bevölkerung dazu nicht sehr bereit finden. Eben dieser Widerwille gegen Auflagen ist auch der Grund, daß Cincinnati noch keine öffentliche Beleuchiungs-Anstalien hat. Seit ungefähr zwanzig Jahren besitzt Cincinnati rin Wasserleitungs- System (cvsiorvrorh»). Gegen eine jährliche Abgabe von 8 bis 12 Dol lars (II bis I6j Thlr.) für eine Familie erhält ein Jeder einen An theil Wasser, der für seinen Verbrauch mehr als hinreichend ist. Eine am User des Flusses angebrachte Dampfmaschine treibt das Wasser ZOO Fuß in einen Behälter, der sich auf einem der Hügel, welche die Stadt um geben, befindet. Von da fällt es durch gegossene eiserne Röhren in alle Stadtviertel herab. Die Lage des Behälters ist so hoch, daß das Wasser in jedem Hause von selbst bis zum Giebel binaussteigt. An den Trottoirs entlang sind von Strecke zu Strecke Brunnen angelegt, die dazu dienen, bei Feuersbrünsts» die Spritzen und Eimer mit Wasser zu füllen, und die nur bei solchen traurigen Gelegenheiten fließe». Die neuen Städte in den Vereinigten Staaten sind mcistentheils mit hydraulischen Anstalten versehen. Unter den alten besitzt Philadelphia eine ganz vortreffliche, die der Stadt in Folge vieler unglücklichen Versuche sehr thcuer zu stehen kam. Sie kostet mindestens lS Millio nen. Der Wasserverbrauch zu Philadelphia wird von dem Schuylkill geliefert, der die Stadt in Südwestcn begränzt. Ein in dem Fluß an gebrachter Wasserfall setzt dir Pumpen in Bewegung, welche die Be hälter füllen. Diese Anstalt zu Fairmount, welche die Räder, Pumpen und Behälter umsaßt, ist mit vielem Geschmack und sehr wenigen Ko sten eingerichtet und verziert, macht aber einen sehr anmulhigen Ein druck, obgleich die Verzierungen eigentlich aus weiter nichts als einigen Rasenplätzen, hölzernen Balustraden und einem Paar schlechter Statuen bestehen. In diesem Augenblick ist auch die Rede davon, zu Boston «ine Wasserleitung einzurichtm, die wohl an 2 Millionen kosten kann, weil mau das Wasser dazu sehr weit wird hcrleilen müssen. Ncw- Hork, welches diesen Mangel ebenfalls sehr schwer fühlt, will ein Glei ches thun, und das Unternehmen wird dort aus gleichem Grunde aus 25 Millionen geschätzt. Die Wasserleitung von Cincinnati kostet kaum 800,000 Franken, obgleich sic dreimal umgeändert wurde. Im Allge meinen werden in den Vereinigten Staaten diese Anstalten als städti sche Sache betrachtet, in Cincinnati jedoch gehört die Wasserleitung einer Privat-Gesellschaft, und das Wasser wird daher hier tbcurcr be zahlt, als in Pittsburg und in Philadelphia. An letzteren Orten be trägt die Waffersteucr für eine gewöhnliche Familie 8 bis 6 Dollar« jährlich, also nur S Centimen aus den Tag. Die Stadt Cincinnati Hal dreimal mit jener Gesellschaft unterhandelt und dreimal einen vortheilbaf- llen Kaufpreis zurückgewiescn. Das erstemal bot man ihr die Uebernahme der Anstalt für 178,000 Franken an, das zwcitemal für 400,000, das drittem»! forderte man schon 870,000, und sie wird am Ende I bis 2 Millionen dafür zahlen müssen. In diesem Geschäft, so wie hinsichtlich der Beleuchtung, hat die Weigerung der Stadl ihre» Hauptgrund in der Schwierigkeit, neue Abgaben einzufübren. Wenn man von der Wasserfeste anlangt, gewährt Cincinnati einen imposanten Anblick. Noch bedeutender nimmt es sich airs, wenn man es von dem Gipfel eines der umliegenden Hügel be trachtet. Man übersieht dann den sich langsam dahin schlängeln den Ohio und den Licking, der sich in einem rechten Winkel hm- einstürzl, die Lampschiffe, mit denen der Hafen gefüllt ist, das Bas sin des Kanals, mit dem daran stoßenden Magazin, die zehn Schleu sen, die cs mit dem Fluß in Verbindung setzen, die weißen Scidcn- mühlen von Newport und Covington mit ihren hohen Schornsteinen, das Depot der Bundes-Armee, aus welchem am äußersten Ende eines Mastes die gestirnte Flagge weht, und die Spitzen der schlanken höl zernen Glockcnthürmc. Bon allen Seiten ist der Blick durch einen Gürtel von Bergen und Hügeln begränzt, deren Abhäilge noch von der gewaltigen Vegetation der Urwälder bedeckt sind. Diese« reiche Grün wird hin und wieder von einigen Landhäusern unterbrochen, die mil Kolonaden umgeben sind, zu denen jene Wälder da« wohlfeile Material geliefert haben. Man kann wohl sagen, daß die Bevölkerung, die sich in diesem Panorama umberbewegt, im Schooßc de« Ucberfluffcs lebt, daß sic fleißig, sparsam, mäßig und lernbegierig ist, und daß, wenn ihr, mit sehr wenigen Ausnahmen, die seinercn Vergnügungen und die ele ganten Sillen der künstlichen Civilisation unserer Europäischen Haupt- ftädle fremd sind, sie dafür auch deren Laster, Zerstreuungen und Thorheile» nicht kennt. Auf den ersten Blick glgubt man nicht, daß zwischen dem rechten und linken Ufer des Strome« ein großer Unterschied ist. ES scheint, au« der Ferne gesehen, als ob der glückliche Zustand Cincinnati « sich auch auf das andere User erstrecke. Das ist aber eine Täuschung. Auf dem rechten User, nämlich im Staale Ohio, giebt es nur freie We sen; gegenüber ist die Sklaverei zu Hanse. Man kann hundert und abermal hundert Mcilen auf dem Fluß hinabfabren, so wird man stet« zur Rechten die Freiheit, zur Linkcn die Sklaverei haben, obgleich cs immer derselbe Boden ist, den die Arbeit de« weißen Mannes überall auf gleiche Weise urbar machen und bebauen könnte. Kommt man in den Mississippi hinein, so findet man Gleichheit zwischen beiden Usern, auf beiden Seiten Sklaverei; ein blinder Schlendrian oder vielmehr eine verzweifelnde Ohnmacht von Seilen der Regierenden und ein be- klagenSwcrlher Egoismus von Seiten der Regierten haben diese Pest auf einem Boden einreißen lassen, wo keine Nothwendigkcit dazu vor handen war. Wer kann sagen, wann und wie und mit welchen Schmer zen sie zu heben scyn wird « Ehe ich meine Bemerkungen über Cincinnati schließe, will ich noch meines Zusämmcntreffen« mit einem merkwürdigen Individuum erwäh nen. Ich halte an der Wirlhs-Tafel einen Mann von mittlerem Wuchs, von trockenem und derbem Temperament und ungefähr 60 Jahren be merkt, der noch das lebhafte Aeußcre und muntere Benehmen eines Jünglings Halle. Seine heileren und elastischen Gesichtszüge, die An- mulh seines Betragens und eine gewisse Hcrrschermiene, die aus seinem schlichten Anzuge hcrvorleuchlctc, hatten meine Ausmersamkcit erregt. Man sagte mir, es sev der General Harrison, Registrator des Stadtge richts von Cincinnati. „Ist die« der General Harrison von Tippecanoe und von der Themse?" „„Derselbe, der ehemalige Ober-Befehlshaber der Armee, der Besieger des Indianer-Häuptlings Tckumsch und de« Englischen General« Proctor, der Rächer unserer Niederlagen bei Detroit und am Rosincnfluffe, der ehemalige Gouverneur des Gebietes Indiana, der ehemalige Senator des Kongresse« der Vereinigten Staaten, und der ehemalige Gesandte unserer Nation bei einer der südlichen Republi ken. Er ist im Dienste seine« Vaterlande« ergraut, er hat zwanzig Jahre seine« Lebens in jenen wilden Kriegen gegen die Indianer zuge- brachl, wo bei größere» Gefahre» weniger Ruhm einzuärudten «ar, ä>« bei Rivoli und Austerlitz. Jetzt sehen Sie ihn arm, mil den Sorgen für eine zahlreiche Familie beladen und, obgleich er noch in voller Kraft ist, von der Regierung der Union hintangesetzt, weil er es wagt, unabhängig zu denken. Da hier die Opposition die Majorität bildet, so kamen seine Freunde, um ihm ayszuhelfen, überein, den Registrator de« hie sigen Stadtgericht«, der ein Zacksonist war, abzusctzen und dem General, gleichsam als Pension, diese ziemlich einträgliche Stelle zu geben. Seine Freunde in den östlichen Staate» wollcn ibn zum Präsidenten der Ber einigten Staaten machen, wir hier haben ihn einstweilen zum Aktuarin« an einem kleinen Gericht befördert."" Nach einer Pause sügte mein Tischgenoffe hinzu: „„Sie können an eben dieser schlechten Wirthe-Tasel noch einen anderen Kandidaten für die Präsidentschaft sehen, der bessere Aussichten als der General Harrison zu haben scheint. Dort drüben Herr Maclean, Richter am Ober-Tribunal der Verciniglcn Slaaten."" Die Beispiele solcher Zurücksetzung von Männern, deren Lausbahn die ehrenvollste war, sind in den Bereinigten Staaten nicht selten. So sah ich zu New-Hort den berühmten Gallatin, den man am Ende mit sehr kurzem Dank abfertigte, nachdem er vierzig Jahre al« Gesetzgeber, als Minister im Inlande, al« Unterhändler im Ausland« gedient und an Allem, was die Bundes-Regierung Gutes und Weises geiban, thäti- gcn Antheil gciwmmcn, und der seine mühselige Laufbahn in Mangel und Noth beschlossen hätte, wenn seine Freunde nicht darauf bedacht gewesen wären, ihm eine Stelle al« Präsident der New-Horter Banke» anzubielen E« ist bekannt, wie kümmerlich der Präsident Jefferson seine letzten Tage hinbrachte, und wie er sich genötbigt sah, die Legislatur von Virginien nm Erlaubniß zu bitten, seine Güler durch eine Lotterie ausspiclcn zu dürfen, während der Präsident Monroe, noch ärmer als jener/ nachdem er sein väterliches Erbe im Dienste de« Staate« aufge- zehrt hatte, da« Mitleid de« Kongresse« anflehen wußte; und diesen Männern verdankte ihr Vaterland den unschätzbaren Besitz von Louisiana und Florida! (Rich. Güevrlier. — ff. st. I).) England. Uebcr den Farbemvechsel dcö Chamäleons. Da« kleine unter dem Namen Chamäleon bekannte Thicrchen ist sei« langer Zeit, der schnellen Farbenveränderungen wegen, welche sei ne