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271 unsere Anordnungen hinsichtlich dessen, was noch zu ihun imd zu leisten war, genau berechnen konnten „In der Absicht nun, mich der Thalsachen, wie sic sich uns hier ergaben, uni so mehr zu vergewissern, und mich durch die verschiede nen Einschnitte der Küste nicht täuschen zu lassen, widmete ich den Tag einer genaueren Untersuchung der Verhältnisse. Ma» kann sich leicht denke», mit welchem Schmerz und Leidwesen wir nun die Notb- wendigkeil einsahen, uns von dem Punkte, dessen weitere Verfolgung uns bereits den glänzendsten Erfolg unserer Expedition zu sichern schien, nunmehr aus einmal wieder zuruck zu ziehen. Unsere Entfernung vom Kap Turnagain war jetzt nicht größer, al» der Raum, den wir bereits zurückgeltgt hatten, und hätten «ns nur noch einige Tage zu Gebote gestanden, so wären wir im Stande gewesen, alles auf eiumal zu voll enden, was noch zu leisten blieb, und so hätten wir in Triumph nach der „Victorv" und sogleich narb England mit den gewünschten Er folgen unserer langen beschwerlichen Anstrengungen zurückkehrcn können." „Allein diese Tage standen nicht in unserer Gewalt, denn es man gelte uns an Mitteln für unsere Existenz. Wir halte» von unserem Schiffe aus Lebensmittel aus einundzwanzig Tage mitgenommen, und schon war weil mehr als die Hälfte davon, trotz der Reduktionen, die wir bereits vorgcnommen, verzehrt. Es blieb uns demnach nichts übrig, als uns unserem Schicksale zu ergebe», und so beschlossen wir, nachdem wir noch eine» Tag vorwärts gezogen, wieder zu unserem Schiffe nm- znkchren. Unser kürzeste Rückweg war auf zweihundert sEngl.) Meilen angeschlagen, und sclbst bci den eingeschränktesten Rationen konnten wir ans nicht mehr, als auf »och zehn Tagt Lebensmittel rechnen." „Da mehrere von uns in Folge ihrer Anstrengungen an den Fü ßen litten, so benutzte ich die Gelegenheit, ihnen hier einen Rasttag zu geben, und verließ mit Abernethy nm acht Uhr de» Abends ruiserc Sta tion, um aus weitere Forschungen auszugehen. Ohne Gepackt zogen wir leicht bin in südwestlicher Richtung bi» Mitternacht, wo wir von einem Eisberge von vierzig Fuß Höbe aus eine Landspitze erblickten, die un gefähr fünfzehn Meilen südwestlich sortlicf, und die nur mit der Ge gend, in der wir uns befanden, zusammenzuhangen schien. Der ganze Strich bildete eine ausgedehnte Bucht, die von einer großen Masse kompakten Eises besetzt war. Eine kleine Untersuchung veranlaßte uns, anzunehmen, ob der entferntere Punkt doch vielleicht eine Insel sehn möchte, indem wir einen Zwischenraum von acht Meilen zu bemerken glaubten. Indcß war es uns nicht möglich, die Sache näher zu er forschen, da uns die Zcit zu sehr abgemessen war und die steilen Eis- maffcn zwischen diesen Punkten eine sehr beschwerliche und mühsame Reise nolhwendig gemacht batten." „Wir pflanzte» »»»mehr, der Sitte gemäß, unsere Flaggen aus, und nahmen Besitz von dein Lande, so weit wir c» übersehen konnten, während wir den Ort, wo wir uns befanden, Biciorp-Point nann ten, und dies sollte, wie es sich in der Folge erwies, das „nun zsirm ultra" unserer gegenwärtige» Erpedilion sehn." „Bei Bictorv-Poini richteten wir einen Steinhausen von sechs Fuß Höbe auf und verschlossen in demselben ei» Kästchen, das einen kurzen Bericht der Ereignisse uiiserer Erpedilion von der Zeit an, wo wir von England abreistcn, enthielt. Die» thaicn wir, um dem allge meine,> Gebrauche zu genügen imd der Sitte gemäß zu bandeln, ob gleich wir, wie ich frei gestehen muß, damals nicht im Entfernteste» die Hoffnung »ährten, daß unser kleines Denkmal je einem Europäer zu Gesichte kommen dürste, im Fall cs auch nicht in die Hände der Eski mos fallen sollte. Damals wußten wir jedoch noch nicht, daß nnser alter und treuer Freund, Eap. Back, bald dieselbe Reise unternehmen würde, um uns, die Todtgcglaubtrn, anszusnchcm Es ist also wohl möglich, daß er bei seinen gegenwärtigen Forschungen östlich vom Kap Turna- gai» das Denkzeiche»'und den Beweis unseres eigenen „Turnagain" (Kehrwieder) auffinde, und wir können uns aus eigener Erfähnmg die Freude leicht denken, welche ihm die Auffindung einer Freundc»- und VatcrlandS-Spur dieser Art gewähren würde. Sic scv dem Wak- kcrn gegönnt, diese sowohl als auch jene andere Genuglbuung, das vielleicht zu vollenden, was uns nur zum THAl gelungen ist. Wahr lich, es sollte uns dies eben so freuen, al» hätte» wir selbst die lange fortgesetzte gefahrvolle Arbeit zu Ende gebracht." „Es war am M. Mai um ei» Uhr nach Mitternacht, als wir die sem äußersten und letzten Punkte unserer Reise den Rücken kehrten." (Fortsetzung folgt.) Frankreich. Was sichert in Paris den Erfolg der Theaterstücke) Man stürzt sich jetzt in das literarische Leben, wie man sich vor der Revolution in den geistlichen Stand, wie man sich unter dem Kaiserreich in die kriegerische Laufbahn stürzte. Ader ach! man denkt eben so wenig an die Leiden eines solchen Noviziats und an seine fort währende» Unruhen, wie man an die Langeweile in dcn Seminaren und an die Kanonenkugeln auf dem Schlachtfclde dachte. Man träumt von Victor Hugo » Palmen, von Zanin'S Wünschclruthe und von Ka simir Dclavigne s Popularität, so wie man vom Marschallsstab und von der Bischofsmütze träumte, ohne zu bedenken, daß der Weg, den man betritt, mit Unglücklichen besät ist, die vergeben» gegen Obskurität und Elend ankämpsen. So traurig auch dieser Anblick ist, so cnl- muthigt er doch Niemanden; denn auch die armen Abbö'S, die ihr ganzes Leben lang sur kiOO Livre Honorar Unterricht erthciltcn, und die verstümmelten Korporale, denen cs nicht wenig Mühe kostete, zu der großen und seltenen Gunst des Invalidenhansc» zu gelangen, schrecktefl Niemanden ab, die Tonsur zu nehmen oder sich änwerdcn zu lassen. Die Einen wiederholten sich ganz leise jene» ost gehörte Vaudeville Gar Mancher, zum Marschall von Trankreich erkürt, Zog ans, aus den Rücken da» Bündel geschnürt. Den Anderen spiegelte ihre Phantasie beständig Sixtus den Fünften, de» Sauhirle», vor, der seine Stirn mit der Römischen Tiara schmückte. O, wenn man den Lauf beginnt, da sicht cs au», als würde man mit wenig Schritten am Ziele sev»; der Thurm scheint so nahe! Aber der Weg wird immer länger, immer weiter; er schwillt a», er will gar nicht enden, und oftmals muß der Reisende, der seinen Kräften zu viel zugemulhct hat, anhallcii und die Nacht vhne Obdach, ohne Nahrung zubriilgcu, in zerfetzten Kleider», mit wunden Füßen u»d zu schwach, um »och einen Schritt weiter zu kommen. Laun sieht er mit Schrecken hinter sich; er verwünscht seine Einbildung und seine Thorheit, denn er Hal nur Abgründe und kahle Felsen gesunde», wo er nichts al« grüne Rasenplätze, crauickc»den Schatten und spiegclklare Bäche erwartete. Aber nun ist cs zu spät; er muß unter Thränen und endlosen Quäle» i» dieser Einöde blcibcn. Das ist das Glück de« literarischen Leben». Welcher junge Schriftsteller hätte nicht bei seinen Arbeiten in süßem Entzücken — nicht von dem mühseligen und manchmal gewinn- reichen Lebe» eines Journalisten, nicht von dem langsamen und stum me» Ersolg des Roman-Dichters — sondern von. Glanz Le» Theaters, von einer "zahlreichen Versammlung, von andächtigen Zuhörern geträumt, von der Recilation seiner Verse durch die Dorval oder die Mars, von einem «nthusiastischen Publikum, da» sich, als wäre cs ein einzige» Ganze, einmülhig erheben, Beifall klatschen und den Name» des Dich ters fordern würde, von den Freunden, die ihn umgeben, von dcn Franc», dic Thränen vergießen und Blumensträuße auf die Bühne werfen, und wie dann Alle auf den Autor zeigen und sagen würden: Seht, das 'st er! , Ach! der arme Träumer denkt nicht an die Schwierigkeit, seinem Stück eine Aufnahme zu verschaffen, nicht an die Plackereien, nicht an das Ermüdende der Probe», nicht au Herrn Porcher und nicht an dic Möglichlcit, daß sein Werk durchficle. So will ich den» dic« Alles dcn jungen Leuten erzählen, die ein Drama bcc»digl haben, und sie mit dem gcheimnißvollcn Lebe» bekannl machen, das sie sich so schön denken, und das ihnen noch ganz sremd ist. Wir wollen mit einander gehen, aber das Stück ja nicht etwa dem Thealre scan^ais anbielen, denn das Thratrc fran^ais nimmt nur Werke von bekamttcn Verfasser» an, von denen schon einmal irgend ei» Drama Glück gei>,acht hat, so daß einige Bürgschaft für den Erfolg vorhanden ist. Niemals läßt es sich mit einem jungen unbekannte» Talent ein; aber wen» sich ein Autor erst bewährt Hal, so wird er auch alle For derungen bei ihm durchsetzen können. An Herrn Harel muß man sich wenden. Mehr ein Man» von Geschmack, als ein geschickter Direktor, und oft, wo nicht immer, mit jener Nolhwendigkcit im Kampf begriffen, die uns Virgil so treffend schildert: sturm ur^ons in rohus verschmäht Herr Harel Niemanden und läßt es sich ruhig gefallen, wenn man ihm da» Slück vorlesen will. Merkt er aber schon beim ersten Akt, daß es für sei» Theater nicht paßt, so steht er aus und entfernt sich auf einige Augen blicke, wie er sagt, um einmal nach der heutigen Probe seiner Schau spieler zu scheu. Herr Harel kömmt dann aber nicht wieder zurück, und ein sehr höfliches Billet benachrichtigt dcn Verfasser, daß Herr Harel sich leider genölhigt sehe, plötzlich einen wichtige» Geschäftsgang abzumachen. Er verspricht übrigen«, nächstens einen Tag zu bestimmen, wo man mit der Vorlesung sorlsabreu wolle; doch braucht wohl nicht erst gesagt zu wer den, daß dieser Tag niemals erscheint. Sind Sie nun einem solchen Unglück entgangen, ist Ihr Drama im Theater der Porte St. Marlin angenommen, Hai mandie Rollen ausgeschrieben und der mit diesem Geschäft beauftragte Thcalcrschreiber Ihnen schon für seine Arbeit eine kleine Denkschrift, Verteuil unter zeichne! und tzä Francs betragend, cingereicht, ist dann da« Slück vor den zu diesem Zweck versammelten Schauspielern vorgelesc» und sind die Rolle» verweilt Ivorern, so kömmt c« zur erste» Probt, die mit Vergleichung der Abschriften zugebrachl wird, und wobei jeder Schau spieler seine Rolle nachlässig und mit schleppender Stimme abliest. Am folgenden Tage wird, da« Heft in der Hand, von neuem pro- dirt, und nach Verlauf von zwölf bis vierzehn Tage» sind die Nollen auswendig gelernt oder solle» c« wt»igstcn« sehn. Um bis dahin zu gelangen, Hal inan da» ganze, mit solcher Liebe gedichtete Drama zerkauen und Wiederkauen müssen; man hat die Bc- mcrlungcn nnd Kritteleien der Schauspieler und des Direktor« ertragen, man Hal an einem für so voücndcl und harmonisch gehaltene» Ganzen fortwährend seilen, abkürzen oder verlängern müsse». Diese gewissen haft einstudirle Scene verzögert den Gang des Stück», also heran« da mit; jene andere macht keme Wirkung, also etwa» stärker aufgetragcn; hier ist eine schöne Schilderung, aber sic erkältet die Handlung, also sortgestrichcn! So muß dcr arme Autor, wenn cr auch anfangs sich sträubte, am Ende ganz verwirrt, aufgeregt und verdutzt, dic Waffcn strecken, sich ergeben und beschneiden, znsctze», abkürzen, wie man e« will, blindlings, ohne zu wissen, wa» cr thut, bi« er zuletzt in den un geheuren Tiraden, die er seit vier Tagen immcr wieder vor seinen Au gen ertönen Hörl, sein eigenes Werk nicht mehr erkennt. Endlich wird mit größerer Sorgfalt zur Probe geschritten; dcr Autor hört nun sein Stück nicht mehr vom Theater ans, wo cr bishcr iicbcu dcm kleinen Souffleur-Tisch stand, der von einem blakige» Licht mit knapper Noth erleuchtet war. Jetzt werden nur noch die Personen de» Drama» auf das Theater zugelaffeu; dcr Autor und der Direktor befinden sich im Orchester. Sinn sängt der arme junge Mann allmälig an, sich wieder ein wenig in sein Werk zu finden und sich de» tiefen Widtrwillrn», den cs ihm crrcgte, zu emschlageu; nun vermag er, die Inlcnsiouen der Schauspieler zu beurtheilen^ dic jetzt nicht mehr stammel», sondcrn laut und deutlich sprechen, und cr wagt es, einige Bcmcrftmgrn an sie zu richte», die, man muß c« gestehe», siet« gut ausgenömmcn werde». Schatte» Sie setzt auf fenm dicken, etwa» hinkenden und ziem-