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256 Bibliographie. Neue Romane: -Vnsel'..-e. — Bon PH. Busoni. 2 Bbe. 18 Fr. In Humme 6sn8 coeur. — Bon Hippolyte Bonnelier. 2 Bbe. 15 Fr. Imcian 8z>«I>n<i. — Bon I. A. David. 2 Bde. 15 Fr. Aalaüies »in «iöcle. — Bon Edouard Alletz. 7^ Fr. Uemoires «I'un jenne oavaiier. Par llamos, auteur lls kiojie- lien. Prastnit sie I'anzlam, nar -1. 3. 11. Desaneouuret. — 2 Bde. 15 Fr. I>e nouveau <^anüisie. — Bon Louis Lavatcr. Erste Abtheilung: Rom. 8j Fr. 8anclie Oriillo, enince sie Viana, ou 1er Aoeue» o» Ls^szne. — Bon Baignoux. 2 Bde. 5 Fr. lsabel ste Laviere.— Bon Alexander Dumas. 2 Bde. 15 Fr. Les Prois ^s. Par 8pinstier et IV. Llumeniiszen. Praüuit sie pallemansi z>ar <-I>. Le ÜI>u^. — 2 Bde. 15 Fr. Ostindien. Les ^ventures sie kamrup, yur lusiein-Lüstin. (Die Aben teuer des Kamrup.) AuS dein Hindostanischen ni'ö Franzö sische übersetzt von Garcin de Taffy. Paris, 1835. Selbst diejenigen, welche es nicht zugeben wollen, daß alle mensch liche Wissenschaft göttlicher Offenbarung entstammt scp, müssen dennoch eingcstebcn, daß ein großer Theil dieser Wissenschaft wenigstens auf Uebcrlieserung beruhe. In dem Grade, als sich der Kreis pistorischer Forschungen erweiterte, hat man die Zahl antochtbonischcr Civilisationc» sich vermindern sehen. Für die Stämme, welche man bisher sür ur sprüngliche gehalten, entdeckt man mit jedem Tage Wurzeln, bald in dem Lande selbst, bald in anderen Gegenden. So haben Rom und Griechenland, dieses Calpc und Abpla der modernen Welt, erst ihre Ansänge auf. eine pelasgische Welt zurückgesührtz dann gingen sie hö her hinauf nach Aegypten. In unseren Tagen schwankt der Blick un gewiß zwischen der Assyrischen und Indischen Welt, .und wir haben keine Bürgschaft dafür, daß dort die "letzte Gränze sey, das nun yIus ulte» der Uebcrücferung. Zur Ebre der Orientalisten scp es gesagt — sie sind es, denen wir diese Entwirrung des alten Ehaos zu verdanken haben; sic allcin ha- bcn es vermocht, den Faden der Geschichte, der unter den Händen der früher nur mit der Kcnntniß dcr beiden klassischen Sprachen ausge rüsteten Gelehrten gerissen war, wieder auszunchmcn. Staatsumwal- zungeu, Lölkerzüge/Entdeckungen zur Unterjochung dcr materiellen Welt, moralische, politische, religiöse Gesetzbücher, Mythen und Sagen — alles dieses, in die alte Nacht dcr.Zeilen hinausrcichcnd, führt nach Asien. Dort haben die neueren Sprachen, wie in Europa, und noch mehr als in Europa, ihre Hcimalh gefunden; sie haben sich als Töch ter uralter Sprachen erkannt, und cs ist dcr Wissenschaft bereits ver gönnt gewesen, ihre Wurzeln und einen großen Theil ihrer grammatischen Formation auf ihren Ursprung zurückzuführcn. Unter diesen Sprachen des südlichen Asiens ist eine dcr intcrcffcm- testen, vermöge dcr politischcn Rolle, die sic bereits gcspicit hat, und welche sie noch lange zu spielen berufen scheint, die, welcher das oben angezeigte Buch angchört. Das Hindostanische, welches in dem größ ten Theile dcr Zndo-Britischcn Besitzungen gesprochen wird, bietet in seinen Schicksalen eine merkwürdige Analogie mit dem Englischen selbst dar. Das Englische hatte sich von dem alten Sächsischen Stamme abgelöst, als die Eroberung Wilhelm s cs mit dcm Französischen übcr- schwcmmlc. Das Indische, eine dcmotische Unterart des Sanskrit, erlei det eine Persische Färbung während der wiederholten Eünällc der mu- sclmännischc» Eroberer seit dem Gazncwidcn Mahmud bis Nadir-Schach. Das Persische behauptete sich als Hossprachc; cs ward an festlichen Ta gen bei Hofe gesprochen, aber in der Stadt und auf dcm Lande ver mischte es sich inniH mit dcm Hinduischen, so daß sich cine neue Sprache bildete, die endlich ihre Schriftsteller in Prosa und Bcrscn auszuwcisen hatte Ganz eben so ist die Geschichte des Englischen. Heutzutage sprechen die entarteten Sprößlinae des Timur, die dem Namen nach zu Delhi herrschen, Hindostanisch, wie die allen Kampsgenoffcn der Kaiser, ihrer Ahnen, und wie die Abkömmlinge der Hindus, welche sie unterjochten. Sieger und Besiegte haben sich vermischt, und ihre ur sprünglichen Unterschiede sind vor der Uebermacht eines neuen Erobe rers verblichen. Dieser, menschlicher gesinnt oder geschickter, hat ihnen weder seine Sprache noch seine Gesetze aufgcdrungen. Er vertraut ganz ruhig dcr Zuneigung, die spät oder früh cine umsichtige feine Bildung erwirbt, die durch ihre Künste für die Bequemlichkeit und Annehmlichkeit des Daseyns, durch ihre Gerechtigkeit und militairifche Zucht für die Sicherheit sorgt. Mit gleichem Vertrauen wird es nicht nöthig scy», sie zu zwingen, in unsere Tempel cinzuqchen; es ge nügt, die Thür offen gelassen zu haben. Indcß wird die uralte Astatische Organisation mit ihren Kasten und ihren autediluvianischcn Ucberlieferungc» längere Zeit, als sonst irgend etwas, den Formen Europäischer Civilisälion Widerstand leisten. Sie wird sich kräftig be haupten gegen unsere armen schlichten Sprachen und gegen unsere Li teraturen mit ihren Plagiaten! — Ja wohl, Plagiaten! — Denn wo gicbt cs einen Sittenspruch, eine dramatische Verwickelung, einen bild lichen Ausdruck, eine Fabel, eine Geschichte, die nicht ihre Analogie, ihr Urbild im Orient fände, dort, wo vor dreitausend Jahren ein König bereits klagte, daß cs nichts Neues gebe unter der Sonne k Aesop, Phädrns, La Fontaine haben Bidpap bestohlen. Die Paranas haben die Möglichkeit zur Erfindung neuer epischer Sujets vernichtet. Eine neuerdings erschienene Grammatik des Vulgär-Arabischen bat eine an- muthige Anekdote im Urtext und in Uebersetzung mitgctheilt, die sich angeblich unter der Regierung des Chalisen Mothadad mit einem Witz ling, Ebn-Elmaghazi, zugetragcn hat. Das ist aber Wort sür Wort die Geschichte des Colalto, womit uns vor einigen Jahren unsere Theater unterhielten. Der Hirt auch, welcher, nachdem er Minister gewor den, die Kleidung seines früheren Standes in einem Kästchen bewahrt, findet sich in der Erzählung von einem gewissen Ayaz, einem Sklaven des Gaznewiden Mahmud. Nachdem er Wesir geworden, verrichtete Ayaz alle Tage sein Gebet in den Bettclkleidern, die er früher getra gen Halle. Zn einer Anmerkung bat uns Herr Garcin de Taffy diese Geschichte, anmuthig erzählt, mitgclheilt. Wenn der hier von uns angezeigte Roman vom Kamrup keine vccidentalischc Composttion um das Verdienst der Originalität bringt, so wird man dagegen in demselben das Vorbild eines Werkes erblicken, das im Arabischen Orient von nicht geringerer Bedeutung ist; ich meine die Geschichte Sindbads des Seglers. Dcr Held desselben, Kamrup, in Liebe entbrannt zu einer Prinzessin, die ihm im Traum erschienen, ver laßt Aouda, sein Vaterland und schifft sich nach Ceylon ein mit einem Maler, einem Pundil, einem Arzte und mehreren anderen IUgcndfreun- dcu. Ein Schiffbruch zertrümmert sein Fahrzeug, zerstreut die Freunde, die sich sehr spat erst wieder zusammenfinden und Abenteuer zu bestehen haben, in denen das Wunderbare keineSweges gespart ist. Außer seinen natürlichen Fähigkeiten besitzt Jeder von ihnen noch einen Talisman, durch dessen Mitwirkung eS endlich dem Kamrup gelingt, in die Nähe der Prinzessin Kala zu kommen, ihre Liebe zu gewinnen und sie endlich nach vielen Widerwärtigkeiten zu heirathen. Um dieses Ziel zu erreichen, bedient sich Kamrup des Steins der Weisen, den ihm ein Derwisch ge schenkt; er macht Gold und errichtet ei» Heer, womit er seinen zukünf tigen Schwiegervater in seiner Hauptstadt belagert. Die Moral dcr Geschichte leuchtet ein und ist tröstlich genug: „Gott giebt allcn denjenigen gcdeshiichbn Erfolg, welche geduldig, wie Kamrup, die Mühsalc ertragen, die die Liebe in ihrem Gefolge hat." Die Motive des Romans schmecken sehr stark nach der Kindheit dcr Kunst. Die Intrigue ist frostig, und die Dazwischenkunft der Di- wcn oder Genien der Indischen Mythologie macht sic oft noch frosti ger. Der Stil, ohne gerade von Bildern überladen zu seyn, wird doch oft durch seinen eintönigen Schmuck lästig. Allein solche Fehler, wie die gerügten, sind fast lobenswcrth zu einer Zeit und in einem Laude wie Frankreich, wo die Literatur, auf den Spuren dcr Natürlichkeit einher wandelnd, sonst nichts erreicht hat, als Unsittlichcs, Bizarres, Geschraubtes. Es ist oben die Originalität dcr Europäischen Leistungen in Abrede gestellt worden; allein dies bcdars thcilweisc einer Berichti gung; hier ist nämlich ein Punkt, wo wir wahrhaft originell sind. Wir haben Werke, in denen die Leidenschaft viel toller rast, in dcncn die Intrigue viel mehr quälende Ungeduld erregt, in denen der Stil viel mehr sprüht und Funken giebt und die Bilder viel phantastischer und überspannter sind, als in den Büchern, welche die Kinderjahrc dcr orien talischen Literatur zu Tage gefördert. Ganz versenkt in die Beschäftigung mit den alten oder fernen Sprachen, waren unsere Gelehrten so glücklich, dieser Mode keinen Tribut darzubringeu. Eingcschlosscn in die Excgcsc, wie in cine Heils-Arche, babcn sie ihren besseren Sinn und ihren richtigen Geschmack übcr diese Sündstuth hinaus bewahrt. Einige gelehrte Gcsellschastcn bilden gegen wärtig eine Art von Einsamkeit, in welcher sich die Sprache von Port- Royal rein bewahrt; sic sind dic Hciligthümcr, aus welche» sie einst wieder hcrvorachcn und Frankreich erobern wird. Hicr hat auch Herr Garcin de Taffv das Geheimniß gefunden, seinen Text treu wiederzu- spiegeln in einer klaren, schönen. Französischen Uebcrsctzung. Seine Anmerkungen, voll von Gelehrsamkeit, geben den durch sic crläutertcn Partiec» cine» unendlich hohen Werth. Das Hindostanische, cin kost bares Denkmal für die mittelaltrige Geschichte, so wie für die neuere Geschichte von Asicn, ist jetzt die nützlichste Sprache für den Reisenden, den der Handel oder die Wissenschaft nach Indien ruft. Der Original-Text des Tahein-Uddin wird ebenfalls in kurzem er scheinen und uns die Mittel an die Hand geben, dic Treue dcr Ucbcr- sctzung zu bcurthcilcn Dic Englische Sociciät zur Verbreitung orienta lischer Schriften, von der Tüchtigkeit des Ucbcrsebers durch frühere Leistungen überzeugt, hat dic Herausgabe des Kamrup mit ihrer Unter stützung beehrt. (ffl. L) Mannigfaltiges. — Der Schädel-Thurm. Man zeigte «ns in Tunis ein über aus merkwürdiges Gebäude, genannt Burjer Rlchs, das ist, wie der Name es schon bezeichnet, ein Thurm, der aus lauter Menschen - Schä deln anfgesührt ist, dic in regelmäßigen Reihen auf den nnlergclcgten Bcin-Scknchien der dazu gehörenden Körper ruhen. .Dicstr merkwürdige Thurm steht dicht am Meere, in ckncr kleinen Entfernung von dcm Fort Burjes Suhk, und Hal gegenwärtig zwanzig Fuß Höhe und an dcr Basis zehn Fuß im Durchmesser, läuft aber nach oben in einen Kegel zu. Es ist hiernach leicht zu berechnen, wie viel Menschenköpse dazu gehörten, um den Thurm zu vollenden; ja, cs scheint sogar keinem Zweifel zn unterliegen, daß derselbe, wie auch die Eingeborncn behaup ten, vormals noch weit umfangreicher und hoher gewesen, als jetzt. Ucbrigcns hat sich übcr dcn Ursprung desselben gar nichts mehr erhalten, außer der Sage, daß die Schädel von Christen herrührcn. — Dcr Thurm wird von Zeit zu Zeit, um ihn gegen Wind und Wetter zn schützen, mit Mörtcl überstrichcn; doch, als ich jh„ sah, war ein großer Theil der Bekleidung abgesallcn und so boten die nackten Schädel einen schauerlich-gespenstische» Anblick dar. (leinz-Io, Lxcursions in tlie Aestiterranesn.) Herausgegeben von der Redaction der Allg. Preuß. Staats-Zeitung. Gedruckt bei A. W. Hayn.