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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration«- Prci« 22^ Sgr. (j Tbir.i vierteljährlich, Z THIr. für da» ganze Jahr, ahne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man »ränuinerirt aus diese» Beiblatt der Allg. Pr. Staais Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren Straße N». Z4>; in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllödl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 58. Berlin, Freitag den 15. Mai 1835 Spanien. Bartolom« de Las CasaS. (Nach Quintana - Viographice» berühmter Svanier l Bartholome de Las Sasas wurde ums Jahr 1474 zu Se villa geboren. Er entstammte einer Französischen Familie, die sich seit SeviUa's Eroberung dort niedergelassen hatte und zur Belohnung siir ihre Kriegsdienste gegen die Mauren von Ferdinand dem Katholischen mit Ländereien beschenkt worden war. Aus der Universität Salamanca, wo der junge Lae Casas studirte, hatte er einen Indianischen Knaben, den ihm sein Later — einer von Columbus Gefährten ans dessen zweiter gleise — aus Amerika milzebrachl — als Bedienten bei sich. Ler künftige eifrige Verfechter der Indianischen Freiheit fing also da mit au, daß er über einen Sklaven von Indianischer Stare gebot. Diese knabenhafte Prahlerei dauerte aber nicht lange, denn die Köni gin Isabella ließ ein Edikt ergehen, kraft dessen alle nach Spanien transportirte Indianer bei Todesstrafe in Freiheit gesetzt und aus Ko sten ihrer Herren in ihr Vaterland zurückgebracht werden sollten.") Als Las Casas seine Studien vollendet hatte und Licemiat ge worden war, begleitete er den Comendador Ovando nach Hispaniola. Acht Jahre spater empfing er die Priesterweihe, und bald darauf nahm ibn Diego Velasquez mit »ach Cuba, wo er den Indianern das Chri- stcnthum predigte und daneben öfter Gelegenheit halte, die Erzeffe der blutdürstigen und räuberischen Eroberer (roncznist-nlurL!,), wie sie selbst sich nannten, zu bekämpfen. Die Indianer, welche sahen, wie sehr der junge Priester ihre Sache sich angelegen seyn ließ, und in welcher Ehrfurcht er bei seinen Landsleuten stand, gehorchten ihm bald mehr als allen klebrigen. Der folgende Zug kann uns einen Begriff davon geben, wie un menschlich die Spanier in Cuba hausten. Sie waren auf ihren Streift partieen durch die Insel in den Distrikt Camaguei gekommen. Eines Tages machte der Trupp, bevor er ein Dors, Namens Caonav, erreichte, bei einem Bache Halt, an dessen Rande vortreffliche Echleissteine lagen. Hier wetzten Alle ihre Schwerter, als wüßten sie schon vorher, welchen verhängnißvollen Gebrauch sie bald davon machen würden. Dann zo gen sie in das Dorf ein; die Indianer'begrüßten den Europäischen Räuberlrupp mit ihrer gewohnten Gutmülhigkcit, reichte» ih»e» Früchte und kauerten sich dann am Boden nieder, um ihre so fremdartig au«- sehendc» Gäste gemächlich zu beschauen und jede Bewegung der Pferde zu beobachten. An zweitausend Indianer sollen auf jenem Flecke ver sammelt gewesen sevn. Narvaez saß zu Pferde, und Las CasaS führte näch seiner Gewohnheit die Oberaufsicht über die Vertheilung der Ra- zionen. Plötzlich zieht ein Spanier seinen Säbel, die anderen thun ein Gleiches, und die gange Schaar fällt über die Iudiancr her, sie verwundend und nicdermctzclnd. Bor Schrecken gelähmt ließen die armen Geschöpfe sich in Stücke bauen, und nur wenige versuchten zu entfliehen, Narvaez spielte bei dieser Gräuclscrne den ruhigen Zuschauer; allein Las Casas stürzte sich mit denen, die ibm zunächst standen, mit ten in das Gemetzel, dem er nicht ohne große Anstrengung Einhalt that; aber leider war schon großes und unheilbares Uebel geschehen. Das Mitleid und Grauen, welches diese schreckliche Begebenheit in der Seele des edlen La« Casäs erweckte, war noch lebendig genug, als er fünfzig Jahre später eine herzzerreißende Schilderung davon nicdcr- schricb. Wie groß aber auch der Abscheu war, mit welchem Las CasaS solche Unmcnschlichkeiten ansah, so hatte doch der Eifer unseres guten Geistlichen für die Sache der Eingeborenen noch nicht den Grad erreicht, daß er sich übcrzcuugt hätte, sic seyen zur Befreiung vom Sklavendicnste berechtigt. Er selbst sagt in seiner Geschichte mit jener edeln Aufrichtigkeit, die ihn immer charakteristrt bat: „In diesem Punkte war der gute Vater so blind wie seine Beichtkinder." Wäb- rend er aber auf seine Psingst-Predigten sich vorbereitete, seffelte das Z4ste Kapitel de« Buches der Weisheit, besondere VcrS 18 — 22, seine Ausmerksamkeit. Die strengen Vorschriften der Gerechtigkeit und Men schenliebe, die er hier versand, prägten sich so lief in sein Herz und brachten eine so große Siniiesändermig in ibm hervor, daß er von Stund an glaubte, es sev eines Christen und besonders eines Geistli- cben unwürdig, sich von dem Schweiße und Blute unglücklicher Ge schöpfe zu bereichern, die von Fremden, welche kein anderes Recht an sie haben, als das Recht des Stärkeren, zu Sklavendiensten gezwungen ') „Wer", sprach Isabella, „hat dem Columbus Vie Erlaubnis ge-eben, meine Vasallen als Sklave» zu behandeln k" werden. Sogleich entschloß er sich, seine eigenen Ländereien und In dianer an den Slaltbalter zurückzustellen. Da« war ein noch nicht erhörter Fall. Velasquez staunte nm so mehr, als man glaubte, La« Casas liebe das Geld. Er sprach wohl meinend zu LaS CasaS: „Vater, bedenket, was Ihr thut, damit es Euch nicht später gereut Ich gebe Euch vierzehn Tage Bedenkzeit, und dann mögt Ihr mir Euren Entschluß mittbeilen." — „Ich danke für Euren guten Willen, Seilor", versetzte Las CasaS, „aber nehmt nnr die vierzehn Tage als verflossen an. Sollte ich je einmal Reue fühle» und Euch mit blutige» Thränen bitten, mir meine Indianer zurückzu- geben, so strafe Euch Gott, wenn Ihr'« tbnt." Von jetzt an predigte er fo frei, als er gewünscht halte; er führte den Kolonisten ihre geistige Blindheit zu Gcmülhe, sprach gegen die Ungerechtigkeit der rozmrtimiento» (Antheile an Sklaven, die Jedem zuflelen) und sprach denen, welche selbst Indianer als Sklaven unter hielten oder Anderen zutheillen, jede Hoffnung auf die ewige Seligkeit ab. Mit nicht geringem Staunen horchten die Kastilianer "einer neuen Lehre, die ihren Menmngen und Interessen fchnurstracks entgegenlief. Als seine eigene Verzichtlcistung auf Indianische Sklaven bekannt ward, bewunderte man seine nnintercsstrte Ehrlichkeit, ohne sie jedoch nachzu- ahmen. Keine Indianer als Sklaven gebrauchen, hieß bei den Spani sche» Ansiedler» so viel, als kein Vieh halten dürfen. Las Casas war jedoch nicht der Einzige, der die Rechts der India ner ü> Schlitz nahm. Sämmtiiche Dominikaner — in Europa die grau samsten Verfolger aller Ketzer und Ungläubigen — hatten in Amerika diese menschlichen Grundsätze angenommen, während die Franziskaner — vielleicht aus bloßer Rivalität — steif und fest behaupteten, die außerordentliche Unwissenheit und geistige Trägheit der Urbewohner niachte» die Sklaverei zur nothwendigen Bcdiügung ibrcr künftigen Civilisation. Im Jahre I5IS kam Las CasaS zum ersten Male wieder nach Spanien, um die Sache jener unglücklichen Opfer Europäischer Raub- sucht zu verlheidigen; und im folgenden Jahre, nach Ferdinand'« Tode, sand er in Kardinal Limenez, der damal« Regent war, einen Staats mann, der den Gegenstand aus höherem Standpunkt zu betrachten ver mochte. Der Kardinal ernannte Las Casas förmlich zum Protektor der Indianer und übertrug ihm die Entwerfung eines Verwaltungs-Plan«, welcher die Freiheit und gute Behandlung der Indianer mit den ver nünftigen Interessen der Kolonisten versöhnen sollte. Der Plan wurde vorgelegl und gebilligt. Wenn uns aber die Geschichte erzählt, daß man die Einführung des neuen Svstems dreien Hieronvmitischen Mönche» übertrug, die mit Amerika und den Geschäft le» der Welt gleich unbekannt wäre», so glauben wir nur von einer großen Abgeschmacktheit zu lesen, die einem beschränkten Kloster-Bruder besser anständ al- dem Staatsmanne Cisneros. Der Orden der Hieronvmiten wollte auch wirklich im Anfang dieses Amt von sich weisen; allein der Kardinal ließ ihre Entschuldigungen nicht gelten, und endlich wurden Bruder Luis de Figueroa, Brüder Bernardino Manzancdo und Bruder Alonso de San Do mingo zu Statthaltern von Westindien ernannt. Was uns aber sehr Wunder nehmen muß, ist der Umstand, daß diese drei Mönche des in sie gesetzte» Vertrauens sich vollkommen wür dig zeigten; sie entwickelte» die Talente wahrhaft großer Staatsmänner. Ihre Korrespondenz mit der Regierung während der kurzen Zeit ihre« Amtes ist noch vorhanden, und man staunt über die weise Mäßigung und Geschicklichkeit, mit der sie zu Werke gingen, über die vielen und trefflichen Reformen, die sic vorschlugen. Bis dahin war die neue Welt noch von Keinem so weise und unbescholten regiert worden. Die Grundsätze, denen die Nachfolger de« Cisneros folgten, enthoben jedoch die drei ehrwürdigen Mönche ihre« Amtes, und sie kehrten mit unbe flecktem Gewissen in ihre Zellen zurück. - Allein unfcrem glühenden Protektor der Indianer wollte es nie einleuchicn, daß zu Abschaffung von Mißbräuchen Klugheit und Mäßi gung erforderlich sind, wen» das Heilmittel nicht schlimmer werde» soll, als die Krankheit selbst. Mit dem langsamen Wirken der Hieronhmiten unzufrieden, kehrte er nach Spanien zurück, um entscheidendere Maßre geln zu erflehen. Karl V. und seine Flamändischcn Minister hörten ihn günstig an, und noch jetzt bewahren die Spanischen Archive ein Bruchstück seines neuen Planes zum Besten der Indianer. In diesem Plane machte er mehrere Vorschläge, wie man das Schicksal jene« Volke« erleichtern und sein gänzliche« AuSstcrben verhin dern könne Man möge, sagte er, Kastilianischc Bauern nach den In seln schicken, dgmit sie dieselben bevölkerten und anbaiucn; auch konnte man wohl den Spanischen Ansiedlern dir freie Einfuhr von Negern