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119 denn morgen werben sie aller ihrer Kräfte bedürfen. Di« Tagesarbeit wird, allem Anschein nach, sehr heiß seyn, sowohl für diese armen Teufel, al« für uns." Der Bcfcblshaber und seine Offiziere brachten die Nacht damit zu, auf dem Verdecke zu promeniren, ohne, wie cs sonst ihre Gewohnheit war, mit einander zu plaudern. Dec Regen fiel in Strömen; der Donner börle nicht auf; aber sie dachten weder an den Siegen, der stc überschwemmte, noch an die feurigen Blitze, die sic auf eine gcspcn- stcrhafle Weise beleuchteten. Zwischen den rölblichcn Wolken, mit denen der östliche Horizont noch belastet war, erhob sich endlich die Sonne lebhaft und glänzend, wie gewöhnlich nach solchen Rächten, in welchen das Ungewitter gc- wülbcl und die ganze Atmosphäre in Aufruhr gebracht hat; und durch die Gunst ihrer ersten Strahlen entdeckte der Mastwächlcr in seinem Korbe, welcher hoch über die Sandbänke, wo die Korvette geankert hatte, hinübccragle, die Masten eines Schisses. Die Osfizicrc nahmen die Fcrnröhre zur Hand, um dieses Schiff zu beobachten, und berichte ten dem Kommandanten, daß man keinen Menschen am Bord des Dreimasters bemerke, welches, aller Wahrscheinlichkeit nach, ein starkes Negerschiff scvn muffe. Der Entschluß des Englischen Capitains war bald gefaßt. „Da es uns", fprach er, „unmöglich sehn wird, uns mit der Korvette die sem Sklaven-Händler zu näbcrn, ohne die Klippen zu berühren, die uns von ihm trennen, jo muffen wir ihn in unseren kleinen Fahrzeugen zwischen den Sandbänken selbst, in deren Mitte er sich vor jedem An griff sicher hält, überfallen. Man bewaffne sofort sünf Pcnischen; jeder Offizier soll eine davon kommandircn. und ich hoffe, die Eroberung wird uns Genuglhuung für die Dreistigkeit dieses Eienden verschaffen." In einigen Minuten waren die Befehle des Kommandanten voll zogen und die Kanols des „Soho" mit Kriegern gefüllt, steuerten gegen das Ncgcrfchiff, welches etwa zwei Kanonenschüste weit von der nachgescgelten Korvette geankert balle. Während der kleinen Uebersahrt, welche vor der Attacke crst be werkstelligt werden mußte, bestieg dec Eavitain die Barre des Bram segels, nin der Bewegung der süns Penischcn mit den Augen zu folgen. Ein von den Engländern erschallendes Hurrah überzeugte den Eapilain alsbald,-daß das Anlegen statlgesunden, und ec Halle noch die Freude, zu bemerken, daß sich noch kein Mensch auf dem Verdecke sehen ließ, welches doch seine Leute bald erschwingen muffen. Aber im Augenblick des Anlegens veränderte sich die Scene plötzlich. Ganze Massen Ma- troscn stürzten wie durch Zaubcrmacht aus den Lücken des Negerschiffes, richteten sich empor, stießen zurück und lödlclen die bereits aus das Verdeck gesprungenen Engländer, welche nach einem halbviertelstündigen Widerstande und nich einem eben so langen Blulbade gcuölbigt waren, sich von dem Dreimaster zu entfernen, und noch in ihren kleinen Fahr zeugen wurden sie von den Kartätschen, welche derselbe auf sie regnen ließ, sehr arg mitgenommen. Jedoch dieser uncrwarlclc Schlag, weil cuiscrnt, die Ossizicre der Penischcn zu enlmulhigcn, entstammte um so mchr ibrcn Mulk, und sobald die Ordnung unter ihren Leuten wieder hcrgcstclll war, kcbrtcn stc von Neuem zum Angriffe zurück. Diese zweite Attacke, schrecklicher noch als die erste, wurde auch von Seiten der Negerschiffs-Eguipage mit größerer Hitze ausgenommen. Das Blutbad dauerte eine halbe Stunde und die Penischcn, ihrer Anführer und ihrer besten Canoticrs beraubt, sahen sich endlich gezwungen, von dem furchtbaren Fahrzeuge abzulaffcn, gegen welche» ihre tapferste An strengung so unglücklicher Weise gescheitert war. Wie groß war nicht der Schmerz des Kommandanten, als er den Rest seiner unerschrockenen Mannschafl am Bord der Korvette anlangen sah'. Er sah zugleich, wie die Matrose» des siegreichen NezcrschiffcS wieder in den Schiffsraum znrückkchrlcn, ohne aus Vorsicht das Brr- deck bewachen zu lassen; gleichsam als ob sie bloß ein friedliches Ma növer abgehallen hätten. In Folge dieser ungünstigen Erpedilion war die Englische Korvette gezwungen, sich mit dem kleinen Rest ihrer Mannichasl aus das Schleunigste aus einer Gegend zu entfernen, wo die Ankunft einiger Sklavenschiffe ihr sehr gesahrlich werden konnte. Man mußte sich scgelscrtig machen; aber in welch einer Lage und mit welchen Hulss- miticln, 2N bis litt Matrosen, die einzigen, welche noch thatig waren, ließen die Legel schicßcn; aber sie arbeiteten mit so vieler Ordnung und Umsicht, als wenn sic mchrcrc Hundert stark gewesen wären, und sahen sich endlich gerettet. Der Kommandant, ganz der Bctrübniß hingegebcn, einen Versuch scheitern zu schcn, von dem er sich so guten Ersolg versprochen, und dessen Ausführung ibm ko sehr leicht geschienen halte, war kaum ver mögend, das jetzt so nötbige Manöver zu befehligen; und zu dieser Entmulhigung trat bald noch ein schrecklicher Gedanke hinzu. Da» Ncgcrschiff, welches dis jetzt auf seinem Ankerplätze bleiben zu »vollen schien, fing an, sich ftgclscrug zu machen; einige seiner Matrosen waren aus die RaaS gesprungen, einige hallen die Masic erklettert und eine große blulrothc Flagge erhob sich aus dem Hintcrthcile an der Spitze des BcsanscgelS... Am Bord ter Korvette war es nicht mehr zu be zweifel», daß nun der Ncgcrhandlcr den „Soho", welchen cr von Mannschaft enlblößt wußte, angreiscn wolle. „O!" sagte der Englische Eapilain zu srincn Leuten, „der Streich wird zu arg; sie wollen unS erobern; aber, wen» die Korvette nicht mehr kämpfen kann, so kann sie doch springen." „Ja!" antworteten die Englischen Seemänner ihrem unglücklichen Ehef, „wir wollen lieber in die Lust fliegen, als die Kö nigliche Flagge diesem Räuber überlassen!" Und ein i» der letzten Attacke blcssirtcr Offizier nahm mit der brennenden Lunte an der Pul verkammer Platz, um auf den ersten Befehl des Kommandanten das Pulver zu entzünden, worauf der Letztere ganz ruhig die Annäherung de» Dreimasters crwarlctc. Er war endlich da, der stolze Sklavenhändler, zur Seite der Kor vette. Welch eine Zusammenkunft zwischen diesen Beiden!... Der eine, mit Mcnschcn bedeckt, manövrirte in stolzer und stiller Ruhe im Bogen; die andere beinahe verödet, schleppte sich schwierig mil ihren beiden Marssegeln, welche zu hissen ihr nur durch Lie mühsamste An strengung gelungen war. Kaum noch eine Pistolcnschußwcitc waren sic von einander ge trennt. Der Eapilain des Negerschiffes bestieg die hinlcrstc Schiffsvcr- schauzung, um sich zum Fcucrkommando anzuschickcn, und der verzagende Euglnchc Konnnandanl schicklc sich seincrseils an, das Feuer nach Kräs- len zu bcanlworlcn und zu sterben. .. Eine schwcigengcbictcndc Pseifc ließ sich vom Bord des Dreimasters hören. — „Der Eapilain will sprechen!" „Wie nennt sich Deine Korvette«" schrie gebieterisch der Sklavenhändler. „Und wie heißt Du Seeräuber«" antwortete der Eng lische Eapilain. — „Mein Name," crwicderle Jener , „warte, Dn sollst ihn wiffc», wenn Du lcscn kannst." Und in demselben Augenblick schoß der Dreimaster eine volle Ladung in die erschütterten Flanken der Kor vette, und wandle sich hierauf verächtlich, und sich entfernend, ließ cr den Englischen Eapilain auf seinem schwarzen Hnttcrlheilc das mil gro ßen weißen Buchstaben unlcr dem Backbord geschriebene salalc Wort: I ^roar" lesen. ") (ffournal sto In fflariuc.) Bibliographie. Neue Thcalcrstückc: jh, j'omino ezu'on n'almo zsius. — Von Fournier. b röiillon, «u la Hanna lillo. — Vaudeville in h Akten von Bavard und Dccomberouffc. läinliclölite voujuKnie, an I'äaalo ste msstisanco. — Lustspiel in i> Akten von A. Ehalcauncuf. 1834 ob 1835, au lo DomöuaAkNNttit eia I'nnnöe. — Bon Thüau- lon it. ^ai.-csauco et mariuM- — Bon Lafitte und bormont. l.e lazii^ieo. — Lustspiel in 3 Akten von Anceiot und Decomberousse. China. Verkehrte Ansichten von Chinesen und Chinesischem. Dcr geistreiche Verfasser der Vorlesungen über Welt-Literatur sNr. 22—24 des „Magazins") bat in einer Stelle, wo von den Ehinescn die Rede ist (S. 91, Sp. 2), einige verjährte Irrthümer mit so leben digen Farben wieder anfgeftischt, daß wir ein paar widerlegende Nand- bcmcrkcmgcn zu dieser Stelle nicht zurückbaltrn können. Nicht zufrieden mil einer vernünftigen Motivirung dcr starren Seldstgcnügsamkcit des Chinesischen Volkes, das die Nattir selbst von anderen kullivirlcn Völkern abgcspcrrt und immer nur mit Halbwilden umlagcrt hat, denen Ehincsische Bildung und Gelehrsamkeit ein non z>Ici!i ultra war, — nicht zufrieden damit, hascht man auch'nach einem unvernünftigen Motive und entwirft eine grausige Schilderung von dcr Chinesische» Schrift, die jedcS geistige Ventil, das andere tyrannisch cinwirkcnke Ursachen den Ehincscu noch lassen könnten, ebne Gnade vermauern und Verpichen muß. Man höre nur Herrn.EHaslcS selbst: „Im Besitz einer zeit langer Zeit der sestbestimmlcn Sprache, hat das Chinesische Volk eine Unzahl hicroglyphischer Zeichen zn Buchstaben (!) verwandt." Wir wissen zu dieser Ansicht keine schicklichere Parallele, als sol- gcude naive Bemerkung, die ein Chinese einem Engländer machte: „Ei! wie armselig muß doch Eure Sprache sepn, daß ihr alle Eure Wörter mit scchsundzwanzig Zeichen ausdrücken könnt!" Die Chinesen baden niemals weder eigentliche Hicroglvphen, noch viel weniger Buchstaben besessen: ihre ideologische Schrift, die nicht Laute, sondern Begriffe darstellt, war nie das ausschließliche Eigcnthum einer privilegirlen Kaste (dergleichen es überhaupt bei den Chi nesen niemals gegeben bat), sondern von j eh cr Gem cingut dcr ganzen Nation, wie bei andern Völkern die Alphabete. Sie ist nie zu einem ander» Zwecke verwandt worden, als ihr ursprünglicher Zweck war. Wohl aber bat tbcils das Bcdürsmß, thcils übertriebene Subtilität im Einschranken der Begriffe, endlich auch ein Streben nach eleganter Ab wechselung die Anfangs sehr cingcschcänklc Zahl dieser Zeichen außer ordentlich vermehrt. Wenigstens drei Vicrthcilc dcr vorhandenen sind wahre Lnzms.Artikcl, die keinen ncucn Begriff darstcllcn und keinen allen feiner nüancircn. Dafür begegnet man ihnen aber auch fast nur in Wörterbüchern, und die Zahl dcr wirklich gcbräuchlichcn Cha raktere, alle technischen Ausdrücke mit eingerechnet, beläuft sich nur aus fülis- bis sechstausend. Dcr Vers, fährt fort: „Diese Zeichen nun zu verändern, zu Ver vielfachen, oder sie zu ändern und umzustcllc», ist zum todcswurdigcn Verbrechen geworden." Dies ist ganz »»gegründet. Wegen graphischer oder stilistischer Neuerungen wird im Chinesischen Reiche kein Gelehrter und nicht einmal ein Ungelehrter mit dem Tote bestraft. Es giebt, wie schon angcdcum, unter der Masse dcr Ehineflschcn Charaktere eine Menge sinnglcichec Varianten, die nicht ctwa von dcn Weise» de« Aitcrlhums erfunden und sanclionirt, sondern nach und nach entstanden sind, ohne daß Jemand ihrem Aufkommen sich widersetzt hätte, als höchstens die Philologen, die hin und wieder ein Schriftzeicheu als unkorrekt verbannen, das ihnen zum Trotze sein erschlichenes Bürger recht nach wie vor behauptet. Selbst die bandcttrcibcnde Klaffe dcr Provinzen bat für gewisse, den respcktiven Provinzial - Dialekten cigen- tbümli.he Wörter besondere Zeichen crsundrn, dcncn man in Büchern nicht begegnet, und noch immer werden neue Charaktere gebildet, obschon wir nicht absehen können, was eine Sprache dadurch gewinnt, die schon längst an Neichlbum dcr dargcstclltcn Begriffe mit der gebildet sten Asiatischen Weltsprache sich messen kann. »; Das „Danton," ist etn eben ko bekanntes als qehcimnißvollcS Sce- räuberschiff, von dem unter E»gl>>chcn und Französische» Matrosen, wegen seiner veriwciselten und ost mit ganz unbegreissicher Sicherheit auSaesiibrten tollkühnen Streiche, die Sage geht, daß es mit dem Bösen ini Bunde siehe.